Cockpit Editorial 10/12

Cockpit Editorial 10/12

Peinlich, peinlich, liebe FDP. Ein Präsident auf Blindgängerkurs. Ziellos, gefährlich, unkontrollierbar. Was an dieser Stelle schon mehrmals zu lesen war: Der Drang zur «Story» ist nicht immer gut – vorsichtig gesagt. Und Provokationen sollen sich nur Politiker leisten, deren Programm die Provokation ist.
Wie kann so etwas passieren? Weshalb kann ein gestandener Politiker von Uraltfliegern faseln, bar jeglicher Information? Von Papierfliegern – bar jeglicher Realität? Selbstdarstellungsbedürfnis? Fehlende Kompetenz? Fehleinschätzung der Meinungen in der eigenen Partei? (Zwischen Klammern und nur unter uns gesagt: ja, von alledem). Es war an dieser Stelle auch schon zu lesen: So umfassend hat wohl kaum ein Präsident seine Parteifreunde vor den Kopf gestossen. Seine bürgerlichen Mitpolitiker, seine Anhänger in den Kadern der Armee, seine liberalen Wähler. Eine Partei – präsidial trudelnd in den einstelligen Prozentbereich. FDP-Slogan: Aus Liebe zur Schweiz – mit Mut und Verstand. Müllers Hang zur eigentümlichen Interpretation des Programms der (inzwischen nur noch) Papier-Wirtschaftspartei lässt die ehemals stolze Staatsgründerin uralt aussehen. Wer hat Müllers Auftritt in der Arena gesehen, wo er – anstatt sich für den Werk- und Arbeitsplatz Schweiz stark zu machen – sich mit dem NRW-Finanzminister Walter-Borjans über mögliche Geldabflüsse nach Singapur echauffierte? Dies sei nur geschrieben – Sie verzeihen, da eigentlich kein Cockpit-Thema – weil Journis wissen: «Gib eine Plattform Philipp Müller – dann kriegst du deinen Tagesknüller.»
Urs Gehriger hat es in der Weltwoche kurz und knackig auf den Punkt gebracht: «Ein Volk von Piloten». Dem Volk von (ebenfalls) acht Millionen Fussballtrainern, Nuklear- und Verkehrsexperten, von Bildungs- und Geldmarktspezialisten muss Müller seine «massiven Zweifel» kundtun. Zweifel klingt immer gut – der wahre Politiker im Interesse der Nation. Aus meiner Sicht bleiben jedoch massive Zweifel an der Befähigung in seiner Funktion.
Ähnliche Argumentationen waren von der Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission, Chantal Galladé SP, zu hören. Bei der Vorstellung des Berichts der TTE-Subkommission (Cockpit war als einziges Fachmagazin mit dabei) hielt sich Galladé als Tischnachbarin von Thomas Hurter zwar weise zurück, ihre gequälten und gewundenen Formulierungen liessen jedoch erahnen, in welchem Konflikt sich die präsidiale Armeeabschafferin befand, als sie die Mehrheitsbeschlüsse der SiK zu vertreten hatte. In den anschliessenden Interviews trat die Präsidentin aber in den präsidialen Ausstand – ihre Antworten waren von «Zweifeln» gespickt. Zukünftigen Sprachwissenschaftlern sei hier schon gesagt: Im Duden der Ausgabe 2020 wird unter «Zweifel» stehen: Zweifel, sing., plu. – schweizerische Redensweise für nein. Bezieht sich insbesondere auf die Beschaffung von Armeematerial. Von links-grünen Kreisen zunächst instrumentalisiert, später auch von liberalen Parteien übernommen. Ob ein Zusammenschluss der sehr zersplitterten Schweizer Parteienlandschaft über die Linguistik erfolgen wird? Nur noch unterschiedliche Farben im Parteienlogo kann doch nicht Programm sein. Doch nun genug gelästert!
Ueli Maurers Presseinformation in Thun (Cockpit war als einziges Fachmagazin mit dabei) war ein Befreiungsschlag. Natürlich meldeten einige Kollegen im Nachgang noch immer Zweifel an. Nur: Sie brachten diese Zweifel schon nach Thun mit und wollten partout nicht zuhören. Auch an dieser Stelle schon zu lesen: Wir Schweizer sind Weltmeister im Wissen, weshalb etwas nicht gehen wird. Argumente, Erfahrungen, Kopf- und Bauchgefühl werden angeführt. Wir sind aber höchstens Regionalliga, wenn wir sagen sollen, wie es denn bitte schön zu machen sei. Wie es zu machen ist, zeigten dieses Mal die an dieser Stelle auch schon hart kritisierten Armasuisse und VBS: mit einem Vertrag von Regierung und Regierung. Nicht mit der Regierung Deutschlands (Sie wissen schon) oder der Regierung Frankreichs (Rafale-Besteller Indien lässt grüssen). Ein Vertrag mit Schweden – dem uns wohl ähnlichsten Land der Welt. Wer diese gelungene Konstellation mit einem Staat von höchster Reputation anzweifelt (schon wieder …), ist nicht über alle Zweifel erhaben (gut gelungene Formulierung, nicht?).
Nun zeichnet sich also, trotz aller Zweifel, eine glückliche Wendung ab. Ich bin überzeugt, dass die FDP – und andere bürgerliche Politiker – die Zeichen der Zeit erkennen; sich als Helfershelfer der GSoA zu betätigen, wird wohl selbst den Berufszweiflern ernsthafte Zweifel bescheren. Und: Es gab in den letzten Jahren zweifelsfrei keinen internationalen Vertrag aus Bern, der so exzellent ausgehandelt wurde. Sein leider einziges Manko im politischen und journalistischen Bundesbern: vom «falschen» Bundesrat …
Mit dem Eintreffen der ersten Gripen sind die Tage der F-5 gezählt. Was bedeutet dies für unsere Patrouille Suisse? André Blattmanns Bekenntnis zur PS «bis Ende des Jahrzehnts» ist wohl kaum aufrechtzuhalten. Aber die Schweiz braucht ein Jet-Team! Man soll sich doch bitte heute schon über eine Übergangslösung Gedanken machen. Vier F/A-18 beispielsweise. Um später ein Gripen-Achterteam auf die Beine zu stellen. Mixed Swedish-Swiss. Eine Weltpremiere! Ladies and gentlemen – the worldwide only binational Air Force Aerobatic Team: THE SWISS-SWEDISH PATROUILLE GRIPEN!
Max Ungricht, Chefredaktor Cockpit
Quelle: cockpit.aero

 

Kommentare: 2

  1. Hans Ulrich Suter sagt:

    Es ist natürlich auch für uns peinlich, dass “wir” erst seit dem Erscheinen dieses Kasperli aus dem “Tschamäugguland” oder dem “Tal der Ahnungslosen”, wie man im oberen Wynental das Gebiet aus dem Präsidente Müller kommt, bezeichnet, gemerkt haben dass es in der FDP Kreise gibt, die gerne an der Armee herumsägen. Ich möchte dazu jetzt nicht die endlosen Namen der FDP Grössen aufzählen die Sicherheit durch Unterwerfung, oder wie sie sagen Zusammenarbeit, anstreben, sondern darauf hinweisen, dass das Reform-Desaster mit Hptm ad Villiger angefangen hat, der (wer hätte es anders erwartet) auch aus dem Tal der Ahnungslosen stammt.

  2. Hammond sagt:

    Auf international-fighter.com ist vor einigen Tagen eine Folien-Präsentation über den Gripen NG veröffentlicht worden, welche von Saab sein dürfte. (Genauger gesagt, ist es fast die gleiche wie jene hier von der Saabgroup homepage.)
    Stimmen diese beworbenen Eckwerte, dann muss sich der Gripen NG kaum hinter dem F/A-18 verstecken und ist ein fähiger & würdiger Nachfolger des F-5 Tiger II.
    Bei der Reichweite dürfte er demnach beispielsweise gar merklich besser als der F/A-18 sein.

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