Die Implosion der Schweiz ante portas?

Die Implosion der Schweiz ante portas?

Wir erweitern unsere Kompetenzen im Bereich der Bedrohungsanalysen und freuen uns, Ihnen in Zukunft exklusiv ausgewählte “Kommentare der Woche” von Prof. Dr. Albert A. Stahel präsentieren zu dürfen. Prof. Stahel ist Dozent für Strategische Studien an der Universität Zürich und Leiter des Institutes für Strategische Studien in Wädenswil.
 
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Während in Syrien ein von den Saudis und der Türkei initiierter Bürgerkrieg tobt, die USA gleichzeitig von Jordanien aus gegen das Assad-Regime Spezialeinheiten einsetzen und den Druck gegen den Iran durch ihre Armada im Persischen Golf aufrecht erhalten, sieht es danach aus, als ob nach dem Sturz des Assad-Regimes radikale Salafisten, die durch die Saudis gefördert werden, aber auch Al-Kaida-Kämpfer des Islamic State of Iraq and Levante die Macht in Syrien an sich reissen könnten. Diese Extremisten bekämpfen zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Syrien auch die sogenannten säkularen Aufständischen, die durch die USA unterstützt werden.
Der ägyptische Präsident Mursi ist durch die Armee gestürzt worden. Die Herrschaft der Moslembrüder ist beendet. Nun tobt ein Machtkampf zwischen den Moslembrüdern und der Armee! Die Möglichkeit, dass dadurch Staat und Wirtschaft zusammenbrechen, erscheint durchaus plausibel. In der Folge könnte Ägypten nur noch die Hälfte seiner über 80 Millionen Einwohner versorgen und ernähren! Dann würden 20-40 Millionen Ägypter nach Europa wandern! Dazu kämen noch 2 Millionen Christen aus dem zerfallenen Syrien und vermutlich weitere Millionen Menschen aus Tunesien und dem Libanon.
Während sich diese Entwicklung bereits abzeichnet, ist die EU immer noch mit der Euro-Krise konfrontiert. Gleichzeitig hat in den östlichen (Rumänien, Ungarn) und südlichen Randgebieten der EU ein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Zerfallsprozess eingesetzt. Diese Staaten sind auch mit der Masseneinwanderung aus Nordafrika und Syrien konfrontiert. Sollte diese Masseneinwanderung zunehmen, dürften die Volkswirtschaften dieser Staaten in noch grössere Bedrängnis geraten.
Bei einer solchen Entwicklung ist ein definitiver Zusammenbruch der Volkswirtschaften Spaniens, Portugals und Griechenlands denkbar. Italien dürfte entsprechend seiner bisherigen Politik diese Menschenbewegungen nach Norden weiterleiten. Dadurch könnte die Schweiz in naher Zukunft mit 5-10 Millionen Asylsuchenden aus Nordafrika und dem Mittleren Osten konfrontiert sein.
Bereits heute ist die politische Führung in Bern mit der Bewältigung dieser Aufgabe überfordert. Erst recht wird sich Bern unter der Belastung zusätzlicher Asylsuchender als unfähig zur Krisenbewältigung erweisen! In einer solchen Lage werden auch die kantonalen Polizeikorps, die Unterbestände aufweisen, nicht mehr funktionsunfähig sein. Staat, Wirtschaft und Gesellschaft der Schweiz dürften als Ergebnis einer solchen Entwicklung sehr schnell kollabieren!
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Wir danken Prof. Stahel und Frau Nick für die Einwilligung zur Publikation.
Quelle / (c) strategische-studien.com

 

Kommentare: 8

  1. Keller René sagt:

    Gute Sache, wobei ich leider eher pessimistisch bin, dass solche Beiträge von breiteren Kreisen zur Kenntnis genommen würden. Trotzdem weiter so! Danke.

  2. Hans-Peter Neuweiler sagt:

    Danke an die Gruppe Giardino, dass Sie die Analysen von Prof. Stahel publiziert und dies auch in Zukunft tun will.
    Die heutige (falsch orientierte und linke) Mehrheit im Bundesrat geht immer noch von antiquierten Bedrohungs-Szenarien aus und begründet damit die Schwächung der Armee. Auch FDP und CVP müssen aufgerüttelt werden!
    Weiter so – HP. Neuweiler

  3. Franz Betschon sagt:

    Giardino soll sich auf den militärischen Teil der schweizerischen Sicherheitspolitik konzentrieren, das heisst auf unsere Armee. Betrachtungen zum Ausland sind nur heranzuziehen, wenn daraus Schlussfolgerungen für eine gefährlichste Feindmöglichkeit auf dem schweizerischen Territorium abgeleitet werden können.

  4. Beda Düggelin sagt:

    Die Ueberlegungen von Prof. Stahel sind sehr wertvoll, seine erwähnten Zahlen bedeuten das “Worst Case” Szenario, welches kaum eintreten dürfte, allerdings müssen seine Gedanken sehr wohl in die Liste der gefährlichsten Bedrohungsszenarien einfliessen, sonst haben die Verantwortlichen der Schweizerischen Sicherheitspolitik ihren Auftrag nicht erfüllt! Es würde genügen, wenn 300´000 weitere Migranten den Weg in die Schweiz finden würden, die Polizeikräfte sind ja heute bereits überfordert und die Gefängnisse überfüllt.

  5. Richard Denzler sagt:

    Wenn Experte Stahel nicht so kompetent wäre, würde ich dieses Szenario absolut undenkbar halten.
    Bei seiner Fachkenntnis muss dies aber sehr ernst genommen werden. Hoffentlich kommt es erstens anders und zweitens als man denkt!
    Richard Denzler

  6. Johannes Fischer sagt:

    Bravo, Beda Düggelin und Richard Denzler, so ist es. Aufhören mit Verdrängen und Weiterwursteln. Die schweizerische Sicherheitspolitik muss sich wo auch immer am Geschehen im Ausland orientieren, weil es wegen den offenen Grenzen doch Folgen für das Inland haben kann. So wie Italien und alle an den Mittelmeerraum angrenzenden neuen EU-Mitglieder vertragsbrüchig sind i.S. Grenzüberwachung, ist doch Vorsicht und Voraussicht geboten.

  7. Alexander Steinacher sagt:

    Was Prof Stahel schreibt, tönt pessimistisch, ist aber natürlich realistisch. Man braucht nur Zeitungen und TV-Berichte verschiedenster Provenienzen zu beachten. Dieses weltweite Brodeln betrifft uns ohne Zweifel direkt. Und Sicherheitsbedrohungen von den zitierten Ausmassen, die auf friedliches Arbeiten und Konsumieren ausgerichtete Strukturen und Instanzen zielen, lassen zunehmend Überforderungen wahrscheinlich werden. Da können und dürfen wir die Armee als stärksten Sicherheitsfaktor nicht “in den Kasernen lassen”! Der Verfassungsauftrag in Art 58 BV ist klar und umfassend formuliert! Bundesrat und Parlament sollten das endlich einsehen, danach handeln und unverzüglich eine glaubwürdige Strategie Schweiz auf die Beine stellen. Die teils unheimlichen dynamischen Vorgänge auf dieser Welt dürfen wir nicht isoliert betrachten! Wir sind schon mitten drin!

  8. Hans Ulrich Suter sagt:

    Es handelt sich um eine langsame Entwicklung, nicht um eine schnelle. Prof. Stahel hat meiner Meinung nach immer etwas Pech bei seinen Voraussagen. Wenn die Entwicklung schnell wäre, würde sie von den “Doofies” in Bern (ihr wisst schon, die mit Raclette-Käse bedeckten) auch als solche erkannt. Das Problem ist, dass sich die Lage unseres Landes verschlechtert und man dies nur erkennt, wenn man ein gutes Gedächtnis hat, oder lesen kann. Deshalb braucht es ja ältere Leute und historisch/militärisch Gebildete.

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