Frieden in Europa könnte wackeln

Frieden in Europa könnte wackeln

Schneller, höher, weiter. Fenster voller Möglichkeiten öffneten sich, als im Übergang von den Achtziger- zu den Neunzigerjahren der Eiserne Vorhang fiel und der Kalte Krieg seinen Schrecken verlor. Grenzen verschwanden, nationale Fesseln wurden gesprengt, der Weltmarkt war das neue Mass aller Dinge.
«Das Ende der Geschichte» schien nach dem Zusammenbruch der UdSSR und der von ihr abhängigen sozialistischen Staaten besiegelt. Überall und endgültig würden sich die Prinzipien des Liberalismus, der Demokratie und der Marktwirtschaft durchsetzen. So nicht die Hoffnung, sondern die Erwartung. Vielerorts wurde zügig die Friedensdividende eingestrichen. In Europa wurden die Verteidigungsbudgets gekürzt. Wurden in der EU 1988 noch 2,9% des Bruttoinlandprodukts (BIP) für militärische Zwecke ausgegeben, waren es 2012 noch 1,6%. In Deutschland und der Schweiz halbierten sich die ­Militärausgaben im vergangenen Vierteljahrhundert von 2,6 auf 1,3% bzw. von 1,7 auf 0,8% des BIP (nur ­Island, Moldawien, Irland und Luxemburg geben in Europa im Verhältnis zum BIP noch weniger als die Schweiz für die Landesverteidigung aus).
Gefordert (wenn auch vom Volk abgelehnt) wurden eine Schweiz ohne Armee und die Aufhebung der Wehrpflicht. Überall in Europa sanken Verständnis und Akzeptanz für militärische Belange. Die von einer mittlerweile fast siebzigjährigen Friedensphase, der längsten in Europas Geschichte, verwöhnte Nachkriegsgeneration hält Sicherheit und Freiheit und den integralen Schutz von Grund- und Menschenrechten für normal und unumkehrbar. Wieso also sollte man noch die Kosten für eine Landesverteidigung aufwenden?
Beitrag von Thomas Straubhaar auf fuw.ch

 

Kommentare: 5

  1. Willy Stucky sagt:

    Ach so ist das, Herr Professor! Mit Verlaub, ich muss Sie korrigieren: Die Krimkrise ist durch den ukrainischen Nationalismus ausgelöst worden und nicht durch den russischen. Die Niederlassungsfreiheit kann es nur in einem homogenen Staat geben, wovon die EU noch weit entfernt ist. Mit Nationalismus hat der Schweizer Entscheid vom 9. Februar folglich gar nichts zu tun, sondern mit Logik. Ohne die deutschen Aggressionen hätte es zwischen 1815 und 1914 trotz verbreitetem Nationalismus sogar 100 Jahre Frieden gegeben in Europa.
    Krieg fällt nicht vom Himmel, Herr Professor. Ich empfehle Ihnen das Studium der deutschen Geschichte…

  2. Jean Pierre Peternier sagt:

    Es wäre für den Beitrag “Frieden in Europa könnte wackeln” wertvoll gewesen, wenn der Verfasser sich vorgängig über den Unterschied zwischen “Nationalismus” und “Nationalstaat” schlau gemacht hätte. Diese Differenzierung hätte die Qualität des Artikels wesentlich gehoben.

  3. Christoph Becker sagt:

    Der Frieden wird nicht nur wackeln, er wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sogar Vernichtungskriegen weichen, wie die Welt sie noch nicht gesehen hat.
    Um dies zu verstehen muss man sich das globale Bild ansehen und etwas nachdenken:
    Die Europäer können keinen Krieg mehr führen. In Libyen haben die europäischen Mächte Frankreich und GB die eine Hälfte eines 6-Millionen-Völkchens beim Krieg gegen die andere Hälfte dieses Völkchens mit ihrer Luftwaffe geholfen, und schon wurde nach kurzer Zeit die Munition knapp und die überschuldeten Amis mussten helfen.
    In Afghanistan hat die Nato gegen ungebildete, schlecht bewaffnete und zudem schlecht ausgebildete Männer (und deren fleißig Nachwuchs gebärende Frauen) faktisch verloren. Im Irak haben die Amis im Grunde auch verloren.
    Die deutsche Bundeswehr hat angeblich gerade mal noch 8000 Mann an einsatzfähigen Kampftruppen, und davon sind dann auch noch viele eher wenig kriegstaugliche Frauen. Die Panzertruppe der Deutschen soll auf unter 300 Kampfpanzer schrumpfen (man vergleiche das mit dem was die Türken und die Araber heute jeweils in den Krieg schicken können, von den Russen und Chinesen ganz zu schweigen).
    Die Elektronik und Stromversorgung, ohne die in Europa und Nordamerika heute nichts mehr funktioniert und ohne die die Mehrheit der Bevölkerung verhungern müßte, kann in Europa voraussichtlich mit ein oder zwei, in den USA voraussichtlich mit ein bis drei Atomsprengköpfen nachhaltig unbrauchbar gemacht werden. D.h., es würde ausreichen, wenn der chinesische, indische, pakistanische oder russische Geheimdienst Terroristen mit den nötigen Waffen versorgt und so indirekt für einen Angriff sorgt. Der Angriff dürfte von See her und anonym erfolgen.
    Ein interessantes Sachbuch dazu ist das Buch „A Nation Forsaken: EMP: The Escalating Threat of an American Catastrophe“ von Michael Maloof, dessen Vorstellung man hier sehen kann: http://www.heritage.org/events/2013/02/emp . Auf http://www.heritage.org und auf http://www.c-span.org mit „emp“ suchen bringt überhaupt einige interessante Beiträge zum Thema EMP-Bedrohung.
    Man betrachte ferner die weitere Weltlage:
    1. Die demographische Dynamik. Siehe dazu z.B. das Buch „Söhne und Weltmacht – Terror im Aufstieg und Fall der Nationen“ von Gunnar Heinsohn.
    2. Das Sinken der Grundwasserspiegel in wichtigen Getreideanbaugebieten in Nordafrika, Arabien, der Türkei, Indien, China und auch in Nordamerika. Was das heißt können sich viele Europäer nicht vorstellen: Mitteleuropa wird zu einen Flecken Erde mit fruchtbarem Land und reichlich Wasser, dessen Eroberung für so manche nichteuropäische Regierung wünschenswert bis alternativlos werden wird.
    3. Die Versteppung und Wüstenbildung in wichtigen Weideländern (Hier könnte allerdings die von Allan Savory entwickelte Weidenutzungsmethode die Lage zum Besseren wenden und damit den Druck auf Europa mindern. Man google dazu mit “Allan Savory” und sehe http://www.ted.com/talks/allan_savory_how_to_green_the_world_s_deserts_and_reverse_climate_change)
    4. Die Entwicklung der Rohölimporte Chinas und Indiens, vor dem Hintergrund des Rückgangs der Fördermengen konventioneller Ölfelder und des Anstiegs der Eigenverbrauchs der Förderländer. Öl aus alternativen Ölquellen ist teuer und wird immer teurer. Die alternativen Ölquellen sind zu dem weniger ergiebig und erschöpfen sich drastisch schneller als herkömmliche Ölquellen. Es sieht ganz danach aus als ob vieles was über Fracking und Schieferöl geschrieben und gesagt wurde nichts weiter als Propaganda war und ist um naive Investoren an zu locken.
    5. Die allgemeine Erschöpfung der nutzbaren Rohstoffvorkommen.
    Zu den Punkten 2 bis 5 siehe z.B. auch die Bücher „The Long Emergency“ und „Too Much Magic“ von J.H. Kunstler, sowie „Das Ende des Wachstums“ von Richard Heinberg. Eine sehr gute Einführung ist der ins Deutsche übertragene Vortrag von Chris Martensen ( http://www.peakprosperity.com/crashcourse/deutsch )
    Alles in Allem sind meines Erachtens sind große Kriege in Zukunft gerade auch in und um Europa unvermeidlich. Die zum Krieg letztlich einladende Verwundbarkeit und Schwäche Europas und auch der USA, sowie die Mischung aus demographischem Druck, Verknappung von Rohstoffen, landwirtschaftlicher Nutzfläche und Wasser in anderen Weltgegenden, und nicht das Aufleben der alten europäischen Nationalegoismen, werden den Frieden in Europa sehr gründlich zerstören.
    Interessant wird wer wie in Europa überleben wird. Die Schweizer könnten durch ihre Miliz mit ihren zuhause aufbewahrten Waffen in Kombination mit ihrer Geographie militärisch eine Überlebenschance haben, während die Deutschen und andere Länder chancenlos sein dürften.
    Ob die Schweizer überleben können wird dann aber auch davon abhängen ob sie ausreichende Lebensmittelreserven haben und ob es der Schweiz gelingt (sofern sie dazu überhaupt motiviert ist) eine von Diesel, Strom und Importen unabhängige, ausreichende, nachhaltige Lebensmittelproduktion auf zu bauen.
    Machbar wäre das, wie z.B. die Bücher „How to Grow More Vegetables (and Fruits, Nuts, Berries, Grains, and Other Crops) Than You Ever Thought Possible on Less Land Than You Can Imagine“ von John Jeavons und „Mini-Farming: Autark auf 1000 Quadratmetern“ von Brett L. Markham zeigen.

  4. E. Haas sagt:

    @ C. Becker:
    Aber ja klar, nach Ihrer Lesart wird die Schweiz dank ihrer Neutralität und Miliz-Armee den 3en Weltkrieg praktisch unbeschadet überstehen und von einem ehemals hochgradig industrialisierten und vollständig von IT-Infrastrukturnetzwerken und von Importen aller Art abhängiger Dienstleistungs- und High-Tech-Staat als künftiger einfacher Agrar-Staat weiterexistieren, Sie haben ihre eigenen Ausführungen nicht zu Ende gedacht…
    Was Sie beschreiben ist der dritte Weltkrieg, der mit dem ganzen Potenzial an vorhandenen Kernwaffen (ca 15’000 Atomsprengköpfe weltweit) geführt wird und mindestens 70% der Menschheit innert 7 Tagen nicht überleben wird und die überlebenden 30% sind eigentlich zu bedauern, da sie in einer zur Hölle verwandelten Erde noch ein paar Tage, Wochen oder Monate schwer verseucht, ohne medizinische Hilfe, dahinvegetieren müssen…

  5. E. Haas sagt:

    Die Reagan-Administration glaubte bis im Herbst 1983 auch noch an die Führbarkeit eines Atomkrieges gegen die Sowjetunion, entsprechende Planungen existierten, nach ein paar beinahe Zufalls-Auslösungen des nuklearen Infernos auf dem Höhepunkt des kalten Krieges im Herbst (Sept-November) 1983 und der landesweiten TV-Ausstrahlung des Films “The day after” in den U.S.A. wurde ernsthaft mit Entspannungs- und Abrüstungspolitik vorwärtsgemacht (Gipfeltreffen im November 1985 in Genf zwischen Reagan und Gorbatschow), der Rest der Geschichte verlief glücklicherweise unblutig (und ohne Massensterben).

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