Deutschland: Schonungslose Abrechnung mit der Rüstungspolitik

Deutschland: Schonungslose Abrechnung mit der Rüstungspolitik

Unabhängige Experten haben im Auftrag von Ursula von der Leyen den Dschungel der Rüstungsprojekte durchforstet. Ihr Fazit: Das Beschaffungswesen ist rückständig, die ausgehandelten Verträge sind schlecht, wichtige Posten bleiben zu lange unbesetzt.
Zum Beispiel diese Sätze: Die “personelle Ressourcenausstattung der Projektteams” sei “weder quantitativ noch qualitativ ausreichend”. Und weiter: “Infolgedessen werden wichtige Tätigkeiten im Projekt häufig nur eingeschränkt oder überhaupt nicht ausgeführt.”
Worum es geht? Um Rüstung. Die beiden Sätze finden sich in der 50-seitigen Zusammenfassung einer umfassenden “Bestandsaufnahme und Risikoanalyse” zentraler Rüstungsprojekte, vorgelegt von einem Konsortium aus Beratern und Anwälten von KPMG, der Ingenieurgesellschaft P3 und der Kanzlei Taylor Wessing. Es finden sich darin viele ähnlich harte Sätze. Am Montag soll die Studie, die in Gänze eine vierstellige Anzahl an Seiten umfasst, offiziell an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) übergeben werden.
Beitrag auf sueddeutsche.deZusammenfassung der Ergebnisse (PDF) – TV-Beitrag auf frontal21.de
Kommentar:
Deutschland handelt. Für 1,15 Mio. Euro hat die Verteidigungsministerin innert kürzester Zeit die Rüstungsgeschäfte überprüfen lassen. Das Ergebnis schockiert v.a. die Politik. Bei uns dürfte es nicht besser aussehen. Vor einer Blamage will man sich retten und versucht die Forderung der Gruppe Giardino zu ignorieren. Dabei wäre es dringend nötig, eine Generalinspektion durchzuführen. Es muss ja nicht KPMG sein.

 

Kommentare: 2

  1. Schaub Rudolf P. sagt:

    Diejenigen, die von einem Aufwuchs unserer “Rumpfarmee” im sich abzeichnenden Verteidigungsfall träumen, sollten sich die zugängliche gekürzte Fassung des Gutachtens zu Gemüte führen. Diese ist aufschlussreich hinsichtlich der Probleme, die ein Aufwuchs stellen würde. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird dieser schon allein deshalb scheitern, weil die personellen Ressourcen zu Behandlung der einzelnen Beschaffungsprojekte nicht mehr vorhanden sind. Unsere Beschaffungsprobleme dürften übrigens noch gravierender sein als diejenigen Deutschlands, weil wir nicht nur die Armee kaputt gespart, sondern auch noch die hiesigen Waffenproduzenten “erdrosselt” haben. Dies setzt – ausser bei Beschaffungen in Deutschland – Fremdsprachenkenntnisse voraus, die beim letzten ArmaSuisse-Chef nicht vorhanden gewesen sind. Das erstaunt freilich nicht, wenn der Liegenschaften-Verwalter der ArmaSuisse zum “Rüstungschef” avanciert, ein weiteres erschreckendes Beispiel für die wenig überzeugende Führung im VBS.

  2. Franz Betschon sagt:

    Ich träume schon lange nicht mehr von einem Aufwuchs, ich träume nicht einmal von einem realistischen, scharfen Armee Einsatz. Ich frage mich, wer, wann wieder welche Ausreden verbreiten wird. Dass das Schweizer Volk immer noch glaubt, unsere “Armee” entspreche der Bundesverfassung, ist das Resultat einer ungewöhnlichen Manipulation der öffentlichen Meinung und der Medien durch die grösste Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit aller Zeiten im VBS. Ja, unsere Gesellschaft hat sich tatsächlich in früher kaum vorstellbarem Masse verändert und lässt sich nun manipulieren, wie es noch nie in der jüngeren Geschichte der Fall war. Siehe das Buch “Spin Doctors im Bundeshaus” von Judith Barben.
    Was Frau von der Leyen tat, war das was wir vorsichtig immer “Mut zur Kursänderung” und vor allem was wir eine “Generalinspektion durch unabhängige Experten”, eigentlich eine General-PUK, nannten. Wer aber die grotesken Beträge für Beratungsdienstleistungen des VBS zur Kenntnis nimmt, weiss, dass die ganze Beratungsindustrie der Schweiz bis weit ins Ausland sicher nicht mehr “unabhängig” ist, von Ausnahmen abgesehen.
    Frau von der Leyen hat das getan, was man in der französischen Führungslehre “Prise en main” nennt und für diese Führungsstärke nun Prügel bezogen. Nochmals: Mich interessiert nicht mehr das Unfallprotokoll sondern wie die Verantwortlichen, die bekannt sind, sich aus dem Staub machen werden.

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