Recht und Pflicht von Armeeangehörigen zur Befehlsverweigerung in einem künftigen Verteidigungsfall

Recht und Pflicht von Armeeangehörigen zur Befehlsverweigerung in einem künftigen Verteidigungsfall

Mit ihren Verteidigungsausgaben von 0.8 % des Bruttoinlandprodukts rangiert die reiche Schweiz (Pro-Kopf-Einkommen: Rang 2 weltweit; Pro-Kopf-Vermögen: Rang 1 weltweit) gegenwärtig noch auf Platz 130 von 171 untersuchten Staaten, zwischen Paraguay und Benin. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass sie in Zukunft sogar noch weniger des Bruttoinlandprodukts für ihre Armee aufwendet als Europas traditioneller militärischer Minimalist und Trittbrettfahrer Öster- reich. Das aktuelle Armeebudget beträgt teuerungsbereinigt nur noch zwei Drittel oder 66.6 % des Armeebudgets 1990. Selbst wenn es auf 5 Milliarden Franken pro Jahr erhöht würde (was nicht geschehen wird), wäre es immer noch tiefer als das Budget 1990. Damals war der Anteil der Armeeausgaben am Gesamtbudget des Bundes 15,7 %, gegenwärtig weniger als 7 % (Botschaft zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Armee vom 3. September 2014 (unten «Botschaft»), S. 25).
von Dr. iur. Rudolf P. Schaub, Walchwil, Oberstleutnant ausser Dienst, Ehemals Zugeteilter Stabsoffizier Infanterieregiment 24 (Aargau)
Gemäss Botschaft (S. 8) besteht die «Notwendigkeit, das Verhältnis zwischen den für die Sicherheit des Landes notwendigen Leistungen der Armee und den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen in ein nachhaltiges Gleichgewicht zu bringen». Für die Weiterentwicklung der Armee sind somit nicht die tatsächlichen militärischen Bedürfnisse aufgrund des Auftrages in der Verfassung (Art. 58 Abs. 2 BV) und der Waffenarsenale im relevanten militärischen Umfeld, sondern die finanziellen Mittel, die der Bundesrat für die Landesverteidigung noch ausgeben will, ausschlaggebend. Die kritisierte Entwicklung seit dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums soll nicht korrigiert werden. Vielmehr werden der Armee mit weiteren Sparanstrengungen (Botschaft, S. 27) die letzten Zähne gezogen werden. Die Anforderungen an die Armee werden auf das zusammengestutzt, was mit ihrem geschrumpften Budget noch möglich ist, und entsprechen nicht dem, was militärisch geboten wäre. Die Botschaft ist – nebenbei bemerkt – in zahlreichen Punkten ein Desinformations- und Manipulationspapier.
Die Broschüre als PDF (Sie kann auch über uns als Hardcopy bestellt werden – E-Mail genügt)

 

Kommentare: 6

  1. Gotthard Frick sagt:

    Bottmingen, 1.11.2014
    Ein sehr gute Argumentation. Auch, um die Unverantwortlichkeit der gegenwärtigen politischen Führung und des Parlementes gegenüber unseren Soldaten sehr überzeugend aufzuzeigen.
    Trotzdem hoffe ich, dass so etwas nie Wirklichkeit wird, denn dann ist das Ende der Armee endgültig eingeläutet. Jeder Wehrmann könnte im gegebenen Fall argumentieren, die Waffe, die er habe, sei der des Gegners nicht ebenbürtig.
    Gotthard Frick

  2. Hans Ulrich Suter sagt:

    Nun bin ich nicht Jurist, ich vermute aber, dass es sich um ein sog. Kriegsverbrechen handeln würde.
    Ich zitiere aus Art. 8 Abs. 2 b) des Römischen Statuts
    iv) vorsätzliches Führen eines Angriffs in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben….. Auslassungen …. verursachen wird, die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen.
    Als Rat würde man den Truppen sagen, dass sie a) einen Schuss (und nur einen) abfeuern und dann sofort kapitulieren müssen. Das war das früher übliche Vorgehen und damit sinda lle Bedingungen erfüllt. Sollte dann die schweizer Regierung weiterhin auf dem Einsatz der Armee bestehen wäre dann der Art wie oben zitiert zu verwenden um sie als Kriegsverbrecher anzuklagen, da helfen dann die “schweizer” Gesetze der Immunität des Parlaments auch nichts mehr…..
    Aber wie gesagt meine Meinung und ich bin gerne bereit abweichende Juristenmeinungen zu diskutieren

  3. Peter Bosshard sagt:

    Die mahnenden Worte von Dr.Rudolf P.Schaub gehören zur Pflichtlektüre eines jeden Bürgers, Offiziers und Politikers, der den verfassungsmässigen Auftrag unserer Armee noch ernst nimmt. Mit schonungslosen Bemerkungen und konstruktiver Kritik verweist der Autor auf die «Konsequenzen einer grobfahrlässigen Sicherheitspolitik» und zieht die Verantwortungsträger zu Rechenschaft, die bewusst in Kauf nehmen, im Worstcase mangelhaft ausgerüstete und ausgebildete Soldaten an die Front zu schicken. Schönreden gehört – Gott sei Dank − nicht zu den Tugenden des Autors sondern ausschliesslich Klartext, auch wenn dieser für «Angesprochene» schwer verdaulich sein mag. So verstehe ich die hervorragende Broschüre «Recht und Pflicht von Armeeangehörigen zur Befehlsverweigerung in einem künftigen Verteidigungsfall» als Schwarztreffer und Grundlage für eine dringend notwendige Diskussion – nicht nur im Bundeshaus.

  4. Hans Ulrich Suter sagt:

    Ich denke man kann aus der Servilität gegenüber dem Ausland der jetzigen Regierung durchaus vermuten, dass sie sich nicht wehren würde. Eventuell wenn es dann zu weit geht werden sie nach der Armee plärren, aber man wird Ihnen nicht mehr Folge leisten. Daher glaube ich, dass die Befürchtungen von Dr. iur. Schaub nicht berechtigt sind. Jetzt kommt, das ganz grosse ABER: Aber ich muss natürlich schliessen, dass die Regierung unseres Landes gezwungen wäre, nicht servil zu sein, also militärische Abwehr zu leisten (schon wegen 1815 und den Abmachungen des Wiener Kongresses), aber nicht die notwendigen Mittel bereitstell. Daher ist davon auszugehen, dass ein Kriegsverbrechen geplant sein könnte. Zugegeben ist das sehr kompliziert, aber ich denke nun mal so und kann ja nicht davon ausgehen, dass die hochwohlgeborene Regierung nicht nur dümmer, sondern auch noch feiger als ich ist, sonst muss man zuerst ernsthaft über deren und meinen Lohn diskutieren.

  5. Alexander Steinacher sagt:

    Übrigens: alles schon mal da gewesen; ich zitiere aus Jacques Presser “Napoleon”: die Diktatur im Krieg
    “In der Legende strömen die Soldaten zu den Fahnen des vergötterten Feldherrn (Bonap). In Wirklichkeit meldeten sich aus ganz Frankreich in sieben Wochen ganze 473 Freiwillige, so dass Bonaparte von Glück sprechen konnte, dass er über die Armee verfügt, die gerade die Vendée zur Ruhe gebracht hatte.
    Schweizer, Polen, Italiener und Holländer mussten die Reihen auffüllen, in die vor allem durch Desertion grosse Breschen geschlagen waren. Ohne Sold, auf Regimentsunkosten lebend, musste die Truppe aufmarschieren, ungenügend mit Kleidung, Munition, Gewehren und Pferden ausgerüstet. Der Soldat bezahlte mit seinem Leben für die Fehler bei der Vorbereitung!
    Der Soldat zahlte für die Fehler!

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