Leopard-Beschaffung – Zeitenwende für den «Rüstungsfilz»

Leopard-Beschaffung – Zeitenwende für den «Rüstungsfilz»

Die Zeit grosser Panzerschlachten ist vorbei, das betont auch SVP-Bundesrat Ueli Maurer. Ein anderer Wind wehte vor dreissig Jahren. Der Kalte Krieg sollte zwar nicht mehr lange dauern, doch das ahnte in der Wintersession 1984 kaum einer der Nationalräte, die über den Kauf neuer Kampfpanzer zu entscheiden hatten. In den frühen 1980er Jahren lieferten sich die USA und die Sowjetunion einen unerbittlichen Rüstungswettkampf, Deutschland hatte 1983 der Stationierung von Nato-Mittelstreckenraketen zugestimmt, in Moskau war Gorbatschow noch einfaches Politbüro-Mitglied. Ein Angriff der Truppen des Warschauer Paktes auf Westeuropa und damit der Verteidigungsfall für die Schweizer Armee galten somit in weiten Kreisen als realistisches Szenario.
Angesichts dieses Zeitgeists war ein Scheitern des Rüstungsgeschäftes im Parlament undenkbar. «Aus neutralitätspolitischen Gründen dürfen wir es uns nicht leisten, auf den Ersatz veralteten Kriegsmaterials zu verzichten. Eine Armee ohne Panzerverbände kann als Einladung zum Durchmarsch durchs Mittelland gesehen werden», sagte selbst SP-Nationalrat und Theologe Heinrich Ott. Dass nur ein paar Pazifisten die Notwendigkeit einer Panzeranschaffung grundsätzlich infrage stellten, bedeutete aber nicht, dass das Parlament die Vorlage des Bundesrates einfach durchwinkte, im Gegenteil.
Beitrag auf NZZ.ch

 

Kommentare: 10

  1. Hans Ulrich Suter sagt:

    Für mich und noch mehr für meinen Vater, der wegen dem unseligen Leo2-Entscheid, seine Stelle verlot. Hat das Desaster schon früher angefangen. Tatsächlich, und da werden hier wohl einige nicht ganz meiner Meinung sein, ist der Kauf ab Stange des Leopard 2 Panzers militärisch unsinnig gewesen. Schon die Vergabe des Konstruktionsauftrages an ein deutsches Büro (in den 70ern) war ein Fehler. Man hat damals die Chance verpasst einen modernen Kampfpanzer zu beschaffen, bzw. selber zu entwickeln, der auch für das Schweizer Gelände tauglich war. In wiefern nicht-militärische und ev. korrupte Machenschaften schon damals an der Zerstörung der Armee gearbeitet haben kann ich nicht sagen ich vermute allerdings schlimmes. Es waren aber sicher sog. “militärfreundliche” Kreise die der Armee massiv geschadet haben und nicht die “militärkritischen” Kreise. Dass die NZZ die Mechanismen auch heute nicht durchschaut ist nicht weiter erstaunlich und auch der Abgang des jetzigen Chefredaktors wird die Qualität der einstigen Vorzeigezeitung leider auch nicht steigern.

  2. johannes fischer sagt:

    Sehr zu empfehlen das Editorial in der ASMZ Nr. 12/2014, Seite 3, von Peter Schneider, Chefredaktor: “Ich habe mich getäuscht”. Also Vorsicht mit Prognosen, wir kennen die Zukunft nicht. Die für uns gefährlichsten Entwicklungen herausfinden, feststellen und entsprechende Massnahmen treffen.

  3. Willy P. Stelzer sagt:

    Mit der Beschaffung des Leopard 2 hat die Schweiz ihre eigene Panzer-Entwicklung und -Produktion für immer aufgegeben. Dabei wäre die Eigenentwicklung des NKPz durchaus möglich gewesen. Auf dem Prüfstand der Firma Saurer lief ein Zylinder eines 1’000 PS-Motors, bei der FFA ein Hydrop-Fahrwerk, die Contraves hatte das Funktionsmodell eines Ladeautomaten auf dem Prüfstand und G+F hatte den Panzer-Stahlguss weiter entwickelt. Der Bundesrat entschied am 3. Dezember 1979 die Eigenentwicklung einzustellen. Einer der Gründe ist im Buch “Erinnerungen an die Armee 61” auf Seite 293 erläutert. Die Schweiz wird nie mehr Panzer herstellen. Einerseits fehlt die industrielle Kapazität und andrerseits ging das Wissen/Know How verloren.

  4. S. Gerber sagt:

    Das ist ein Mahnmal: was immer wir aufgeben, kommt nie zurück:
    Sei das die Fähigkeit zum Panzerbau in der Schweizer Rüstungsindustrie.
    Sei das die Fähigkeit zum Erdkampf bei der Luftwaffe.
    Sei das die Fähigkeit zur Panzerabwehr bei der Infanterie.

  5. Ueli Gruber sagt:

    Wir haben auch die Fähigkeit, Dampfmaschinen zu bauen und Telegrafen zu installieren aufgegeben, ebenso mit Steinen Feuer zu machen oder mit Speeren Mammuts zu erlegen…
    so what?

    • Hans Ulrich Suter sagt:

      Der Unterschied liegt darin, dass man weder Dampfmaschinen noch Telegrafenmasten für die heutige Industrie braucht. Panzer hingegen sind immer noch ein wichtiges Mittel der Kriegsführung (man muss nur mal die Nachrichten anschauen…) Natürlich werden auch diese irgendwann militärtechnisch überholt sein, ich sehe das allerdings nicht in nächster Zeit: Man müsste eine kleine tragbare materialbrechende Waffe haben (wie die Partikelwaffen in den Science Fiction Filmen). Das VBS tut natürlich immer so, als wären wir schon 200 Jahre in der Zukunft und vielleicht sind ja auch irgendwo die Phaserpistolen von Captain Kirk und dem Raumschiff Enterprise eingelagert, ich glaube aber die 7 Treckies im Bundesrat träumen das nur….

    • Ueli Gruber sagt:

      Ich schaue in der Tat ab und zu Fernsehen. Allerdings habe ich dort bis jetztt den Kanal noch nicht gefunden, wo man Panzer in Westeuropa im 21. Jahrhundert im Einsatz sieht.
      Vielleicht können Sie, Herr Suter, mir da weiterhelfen und mir sagen, wo Sie das schon gesehen haben?

    • Hans Ulrich Suter sagt:

      http://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/nato-kommandeur-russische-kampftruppen-dringen-mit-panzern-in-ukraine-ein_id_4269058.html
      aber ich weiss schon, das ist nicht “Westeuropa” und nein der Panzer ist nicht durch Ihren Garten gefahren und sie kommen auch nie bis zu Ihrem Garten, denn wir sprengen die Brücken über die der fahren könnte. Oh Sch…, das können wir ja nicht mehr……

  6. Franz Betschon sagt:

    Wenn schon das Buch “Erinnerungen an die Armee 61 – ein zeitgeschichtliches Dokument” zitiert wird, so sei dort auch auf die S. 275 hingewiesen (Kap.7.1: “Rüstungspolitik und Rüstungsorganisation”). Als seinerzeitiges Mitglied im Leitungsgremium des Generalunternehmers Contraves und Vertreter des Fa. Wild Heerbrugg AG bin ich froh, dass im genannten Buch viele Informationen für die Nachwelt erhalten worden sind und sich so mutwilligen Geschichtsfälschungen entziehen sollten.
    Das eigenartige Gutachten von Hayek war ein reines Gefälligkeitsgutachten für den Auftraggeber, die SP. Die Flottengrösse Leo 2 machte im damaligen sicherheitspolitischen Umfeld durchaus Sinn. Wenn schon ein schweizerischer Eigenbau durch mannigfaltige egoistische inländische Störaktionen verunmöglicht wurde, war der Lizenzbau wenigstens eine Nullfehlerübung. Die Endabrechnung lag trotz grossen Gewinnen der Konsortialmitglieder und einem stattlichen Technologietransfer um 800 Mio Fr. tiefer als veranschlagt. Dabei spielten zwar auch Währungsgewinne eine, aber nicht entscheidende Rolle. Wichtig ist zu wissen, dass die schweizerische Endabrechnung nie publiziert wurde, um Krauss Maffei gegenüber seinem deutschen Auftraggeber, der Bundeswehr, nicht in Verlegenheit zu bringen. Helmuth Hubacher hat, wie er es oft tat, die Sache mit den hälftigen Kosten bei Kauf ab Stange frei erfunden und dann eben die Hayek Engineering AG für ein Gutachten gewinnen können.
    Die Schweizer Leo 2 lagen qualitativ im oberen Drittel des vorgesehenen Toleranzbandes und sind deshalb vom Lizenzgeber (wie übrigens die Tiger auch) immer noch sehr gesucht. Ersatzteile wurden in grosser Zahl geliefert. Unser Land hat vor einiger Zeit 42 Stück an Krauss Maffei zurück verkauft. KM suchte sich dabei natürlich die Filetstücke heraus. Unsere Leo 2 sind mit grösster Wahrscheinlichkeit heute in Saudi Arabien im Einsatz und KM dürfte dabei einen satten Gewinn eingefahren haben

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