Verfassungs- und völkerrechtswidrige Sicherheitspolitik von Bundesrat und Parlament

Verfassungs- und völkerrechtswidrige Sicherheitspolitik von Bundesrat und Parlament

von Dr. Rudolf P. Schaub, Walchwil

Bei seiner Verabschiedung als Armeechef Ende 2007 orientierte Korpskommandant Keckeis die Öffentlichkeit erstmals darüber, dass die Schweizer Armee nicht mehr einsatzfähig ist und ihren Verteidigungsauftrag gemäss Verfassung nicht mehr erfüllen kann. Diese gravierende Aussage nahmen Bundesrat und Parlament zur Kenntnis, als handle es sich um eine nebensächliche Mitteilung des politischen Alltags. Massnahmen, um die in der Verfassung (Art. 58 BV) und im Militärgesetz (Art. 1 MG) verlangte Verteidigungsfähigkeit der Schweiz wieder herzustellen, sind für die Mehrheit von Bundesrat und Parlament bis heute kein Diskussionsthema gewesen, geschweige denn eingeleitet worden. Wie es zur schleichenden und gegenüber dem Volk bis Ende 2007 verschwiegenen Verteidigungsunfähigkeit unseres Landes gekommen war und wer dafür verantwortlich gemacht werden muss, ist nicht untersucht worden. In den Eidgenössischen Räten hat niemand eine PUK verlangt, obwohl dies bei Staatsversagen von viel geringerer Tragweite schon oft getan worden war.
Die Missachtung von Verfassung und Gesetz scheinen für den Bundesrat und die Eidgenössische Räte kein Problem zu sein, wenn sie selbst die Haupttäter sind. Die seit 2007 bekannte Unfähigkeit der Armee zur Auftragserfüllung hat weder im Bundesrat noch im Parlament Bestrebungen ausgelöst, wenigstens ehrlicherweise mit Art. 58 BV und Art. 1 MG nichts vorzutäuschen, was in Wirklichkeit überhaupt nicht mehr sichergestellt ist.
Ende Juni 2010 präsentierte der Bundesrat hingegen seinen vorläufig letzten – erst nach aussergewöhnlichen Friktionen fertiggestellten – periodischen „Bericht an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz“ (unten „Bericht“). In diesem Bericht, der „die Leitlinien für die Ausgestaltung der Sicherheitspolitik der nächsten Jahre“ vorgibt (a.a.O., S. 2), bestätigt der Bundesrat seinen Willen, eine verfassungs- und völkerrechtswidrige Sicherheitspolitik zu betreiben. Auf Seite 35f. des Berichtes wird ausgeführt (Hervorhebung durch den Verfasser des Artikels): „Die Aufgaben der Armee sind in Artikel 58 Absatz 2 der Bundesverfassung definiert und in Artikel 1 des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 umschrieben. Sie umfassen Kriegsverhinderung und Erhaltung des Friedens, Verteidigung, Unterstützung der zivilen Behörden und Friedensförderung. Aufgaben sind die längerfristigen Vorgaben für die Armee. Aus ihnen leitet das VBS aufgrund einer regelmässigen Überprüfung der Bedrohungen und Gefahren die Aufträge an die Armee ab. Diese wiederum werden im Leistungsprofil der Armee konkretisiert.
Der Bundesrat ist also der Auffassung, das VBS sei sein eigener Auftraggeber in Sachen Sicherheitspolitik und könne die dem Bundesrat und Parlament durch die Verfassung übertragenen Aufträge nach eigenem Gutdünken für einzelne Zeitabschnitte festlegen. Die Ausführungen des Bundesrates stehen in offenkundigem Widerspruch zur tatsächlichen Kompetenzordnung und sind umso erstaunlicher, als die Eidgenossenschaft Heerscharen von Juristen beschäftigt. Von diesen wäre bestimmt einer zur Verfügung gestanden, um den Regierungsmitgliedern den dringend nötigen Nachhilfeunterricht über die Bedeutung von Verfassung und Gesetz als verbindliche Handlungsanweisungen für die Bundesbehörden im Allgemeinen und das VBS im Speziellen zu erteilen. Aber höchstwahrscheinlich wollte man keine juristischen Ratschläge entgegennehmen, weil diese nicht zu den eigenen Intentionen gepasst hätten. Der Bundesrat will mit seinen abstrusen Ausführungen über die Aufgabe des VBS dieses für eine angeblich selbst bestimmte Sicherheitspolitik verantwortlich machen können, für die jedoch einzig und allein er und die Eidgenössischen Räte die Verantwortung tragen.
Der Versuch des Bundesrates, die Verantwortung auf das VBS abzuschieben, hat seinen guten Grund. Seit langem verweigert er dem VBS die finanziellen Mittel, welche nötig wären, um den Auftrag des Volkes gemäss Verfassung und Gesetz zu erfüllen. Sollte dieser tatsächlich überholt sein, dann wäre es Pflicht des Bundesrates, für die Änderung von Art. 58 BV und Art. 1 MG besorgt zu sein. Dies hat er bis heute nicht getan, weil er weiss, dass sich die realistisch denkende Mehrheit des Schweizer Volkes nicht für eine wehrlose Schweiz mit einem nicht funktionierendes Armeeaufwuchskonzept entscheiden würde. Zu diesem hat Bundesrat Maurer selbst in einem Referat am 16. Oktober 2010 in Luzern gemäss Manuskript (abgedruckt in Pro Militia, Nr. 4/10 vom 22. November 2010, S. 1) vielsagend bemerkt: Dieses Aufwuchskonzept diente vor allem der Gewissensberuhigung und erlaubte, den Verlust der umfassenden Verteidigungskompetenz zumindest auf dem Papier zu kaschieren.Deshalb sprach Bundesrat Maurer im Vortrag auch ehrlich vom Kunstgriff mit der Papierarmee“.
Da der Bundesrat trotz der „unberechenbarer gewordenen, diffusen Bedrohungslage“ (Bericht, S. 8, 60) die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Angriffs auf die Schweiz für die absehbare Zukunft als gering einschätzt (Bericht, S. 13), soll „die Akzentverschiebung von der Verteidigung hin zu umfassenden Überwachungs-, Bewachungs-, Sicherungs- und Schutzaufgaben fortgesetzt“ werden (Bericht, S. 53). Die Armee soll aber die „zentralen Fähigkeiten zur Führung militärischer Verteidigungsoperationen erhalten und weiterentwickeln, qualitativ hochstehend, aber quantitativ begrenzt“ (Bericht, S. 36). Es wird vorausgesetzt, dass die Armee „im Sinne einer Kernkompetenz“ mindestens den Einsatz von Brigaden / Kampfgruppen beherrscht und über die dafür nötigen führungsmässigen Voraussetzungen verfügt (Bericht, S. 36).
Mit der Reduktion der Armee auf noch zwei Kampfbrigaden mit erheblichen Ausrüstungsdefiziten ist klar gesagt, dass die Armee den Verteidigungsauftrag gemäss Art. 58 BV nicht mehr erfüllen muss. Sie wäre dazu auch nicht mehr in der Lage. In diesem Zusammenhang ist übrigens erwähnenswert, dass in neuen (noch nicht publizierten) VBS-Papieren nicht mehr von einer „qualitativ hochstehenden, aber quantitativ begrenzten Weiterentwicklung der Fähigkeit zur Führung militärischer Verteidigungsoperationen“, sondern nur noch von einer angestrebten qualitativ angemessenen, aber quantitativ begrenzten Verteidigungskompetenz“ („savoir faire“) gesprochen wird. Mit diesem neuen Massstab hat sich das VBS vom Kriterium „qualitativ hochstehend“ gemäss Sicherheitsbericht verabschiedet und kann die Verteidigungsanstrengungen, die Investitionen erfordern würden, weiter reduzieren. Allerdings wird in den neuen VBS-Unterlagen auch höchst unverfroren behauptet, die Reduktion der Verteidigungskompetenz auf den Erhalt und die Weiterentwicklung einer angemessenen Verteidigungskompetenz entspreche den geltenden sicherheitspolitischen Vorgaben.
Der Armeebericht 2010 des Gesamtbundesrates vom 1. Oktober 2010 (unten „ABericht“) bestätigt ebenfalls, dass die Armee nicht nur ihren nach wie vor bestehenden Verteidigungsauftrag nicht mehr erfüllen kann, sondern dass sie auch nicht in der Lage sein wird, die oben geschilderten „zentralen Fähigkeiten zur Führung militärischer Verteidigungsoperationen … , qualitativ hochstehend, aber qualitativ begrenzt“ zu erhalten und weiter zu entwickeln. Dies ist ausgeschlossen, weil „militärisch an sich notwendige Systeme“ nicht beschafft worden sind, was gemäss Bundesrat Fähigkeitslücken zur Folge hat (ABericht, S. 21).
Hier muss angefügt werden, dass nicht nur unterbliebene Beschaffungen, sondern auch bereits erfolgte (voreilige) Liquidationen von wichtigem Armeematerial zu solchen Fähigkeitslücken geführt haben (beispielsweise der vorhandenen Brückenlege-, Entpannungs- und Minenwerferpanzer sowie der Infanterie Minenwerfer). Das Know-how zum Einsatz dieser unerlässlichen Mittel auf dem heutigen und künftigen Gefechtsfeld kann nicht auf dem Papier, oder mit dem Computer (wieder) erworben und erhalten werden. Der wahre Zustand unserer Armee wird vollends offenkundig mit dem Zugeständnis des Bundesrates, die Armee habe keine umfassende, aktualisierte Verteidigungsdoktrin (ABericht, S. 15). Deshalb hat der Bundesrat auch völlig unrealistische Vorstellungen über die Komplexität und erforderliche Vorbereitung des Armeeaufwuchses.
Gemäss Bericht (S. 50) will der Bundesrat kein „detailliertes Aufwuchskonzept für einen möglichen künftigen militärischen Konflikt“ ausarbeiten, „weil Art und Ausmass der benötigten Fähigkeiten von der konkreten Bedrohung abhängen würden“. Seines Erachtens ist es nicht möglich, „die Erlangung der nötigen militärischen Fähigkeiten im Detail zu planen“, solange es nicht klar ist, „worauf die Armee sich vorbereiten muss“. Mit dem postulierten „Aufwuchs“ der Armee nach einer klar gewordenen Bedrohungslage hat der Gesamtbundesrat endgültig bestätigt, dass ihm auch die Sachkompetenz im militärischen Bereich fehlt, oder er handelt sogar wider besseres Wissen.
In Anbetracht der notorischen Schwierigkeit, in der Schweiz kostspielige Rüstungsprojekte rasch und ohne erfolgreiche Verzögerungsmanöver seitens irgendwelcher besonders „sachverständiger“ oder „prinzipieller“ Rüstungsgegner zu realisieren, hätte der Bundesrat mit wenig gesundem Menschenverstand zum Schluss gelangen müssen, dass sein Aufwuchskonzept in einem künftigen (klar gewordenen) Bedrohungsfall nicht funktionieren kann. Es vermag aufgrund zahlreicher Hürden die rechtzeitige Dissuasionswirkung und Verteidigungsfähigkeit der Armee nicht zu gewährleisten.
Die Tatsache, dass mit der rechtzeitigen Verteidigungsfähigkeit aufgrund des postulierten „Armeeaufwuchses“ in der Tat etwas Unmögliches verlangt wird, dürfte für den Bundesrat freilich nicht schlimm sein. Denn das Aufwuchskonzept muss am Tage X nicht funktionieren, sondern soll nur heute als Beruhigungspille für die durch den Zustand der Armee verunsicherte Bevölkerung wirken. Darauf hat bekanntlich sogar Bundesrat Maurer hingewiesen (vgl. Zitat oben). Es erstaunt schon, dass die Eidgenössischen Räte den „Sicherheitsbericht“ und den „Armeebericht“ ohne nennenswerten Widerstand zur Kenntnis genommen haben. Entweder sind alle Parlamentarier Leisetreter oder bequem oder niemand verfügt über den erforderlichen juristischen oder militärischen Sachverstand, um die Winkelzüge und Fehlüberlegungen des Bundesrates in einer Debatte schonungslos aufzudecken.
Als VBS-Chef konnte Bundesrat Maurer mit dem „Sicherheitsbericht 2010“ und dem „Armeebericht 2010“ des Bundesrates nicht zufrieden sein, umso mehr als für ihn ein erhebliches Risiko besteht, dereinst als die Verfassung missachtender „Liquidator“ der Verteidigungsarmee dargestellt zu werden. Als Vorsteher VBS beauftragte er Herrn Professor Dr. Rainer J. Schweizer, Lehrstuhlinhaber für öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der Universität St. Gallen, unter anderem ein „Gutachten zu den verfassungs- und völkerrechtlichen Anforderungen an die Verteidigungskompetenz der Armee und das zukünftige Leistungsprofil“ zu erstatten.
Gemäss Professor Schweizer erfordert eine „partielle Neuausrichtung“ der Armee keine Änderung der Bundesverfassung, „solange sich die Armee an die bewährten Aufträge von Art. 58 Abs. 2 BV hält“ (Gutachten, S. 11). Die Armee kann aber ohne Verfassungsrevision nicht vom Verteidigungsauftrag dispensiert werden (Gutachten, S. 28). Dieser ist eine „Kernaufgabe“ (Gutachten, S. 41) und verlangt eine „reale Verteidigungskompetenz“ (Gutachten, S. 10 und 44). Mit zwei Kampfbrigaden, welche schwerwiegende Ausrüstungslücken aufweisen, und einem untauglichen Aufwuchskonzept erfüllt die Armee das Erfordernis der „realen Verteidigungskompetenz“ selbst in der aktuellen günstigen Sicherheitslage nicht. Das Erfordernis einer bloss „partiellen Neuausrichtung“ wird auch nicht eingehalten, wenn sich noch 22‘000 Angehörige der Armee um die Erfüllung der „Kernaufgabe“ gemäss Verfassung kümmern und 35‘000 Angehörige der Armee (in der Verfassung ungenügend geregelten) Assistenzdienst zu Gunsten kantonaler Behörden leisten. Die Sicherheitspolitik des Gesamtbundesrates ist deshalb verfassungswidrig. Sie verletzt aber auch das Völkerrecht, welches für die gebotenen Verteidigungsanstrengungen ebenfalls massgebend ist (Art. 5 Abs. 4 BV). 
Für die Schweiz als neutralen Staat besteht nämlich die völkerrechtliche Verpflichtung, dass sie „mit einer ihr zumutbaren, finanziell tragbaren, materiell und personell umsetzbaren und der jeweiligen Bedrohungslage angepassten Verteidigungskompetenz die geforderten Abwehrpflichten gewährleisten kann“ (Gutachten, S. 50). Es kann nicht im Ernst behauptet werden, der Bundesrat und die Eidgenössischen Räte hätten in den Jahren seit dem Fall der Mauer in Berlin der Armee finanzielle Mittel im zumutbaren und tragbaren Umfang zur Verfügung gestellt, wenn die Aufwendungen für die Schweizer Armee mit den Aufwendungen der anderen (weniger reichen) europäischen Staaten für ihre Streitkräfte verglichen werden. Die Sicherheitspolitik des Bundesrates ist zudem auch deshalb völkerrechtswidrig, weil mit dem blossen Schlagwort „Aufwuchs“ kein Instrument geschaffen worden ist, das sicherstellt, dass die völkerrechtlich verlangte reale Verteidigungsfähigkeit bei Bedarf bestehen wird.
Der Bundesrat hat die Überlegungen von Professor Schweizer zu Kenntnis genommen (vgl. ABericht, S. 80f.). Auf die sehr klare Argumentation des Gutachters hinsichtlich der gemäss Verfassung und Völkerrecht unerlässlichen realen Verteidigungskompetenz geht der Bundesrat im Abschnitt „Verteidigungskompetenz“ schliesslich mit dem lapidaren Satz ein (ABericht, S. 81): „Die Verfassungskonformität des im vorliegenden Bericht umschriebenen Leistungsprofils der Armee kann laut dem Gutachter erst beurteilt werden, wenn eine verfassungsrechtliche Klärung über die Rollenverteilung und die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen im Sicherheitsverbund Schweiz erfolgt ist.“ Damit unterstellt der Bundesrat Professor Schweizer eine Aussage, die er nicht gemacht hat. Professor Schweizer bezeichnet die Verteidigung des Landes vorbehältlich einer Verfassungsrevision als Kernaufgabe der Armee (Gutachten, S. 8, 41) und weist in diesem Zusammenhang an keiner Stelle auf nötige Absprachen mit den Kantonen hin. Hingegen bemängelt er die ungenügende Verankerung des Assistenzdienstes der Armee in der Verfassung (Art. 58 Abs. 2 BV) und empfiehlt in diesem Zusammenhang Gespräche mit den Kantonen im Hinblick auf die Schaffung einer adäquaten Regelung (Gutachten, 12, 76).
In seinem Vortrag „Chance Miliz“ vom 16. Oktober 2010 in Luzern (Fundstelle dazu oben) beklagte Bundesrat Maurer, dass die Politik der Armee seit 1990 die finanziellen Mittel entzogen hat (Reduktion von 1.6% auf 0.8% des Bruttosozialprodukts) und dass die Folge davon ein „Reformmarathon“ gewesen ist. Jede Reform scheiterte, weil die finanziellen Mittel für die neue, reduzierte Armee wieder nicht ausreichten. Der Entwicklungsschritt 2008/11 als neuestes Projekt unterscheidet sich hinsichtlich Problematik und Qualität nicht von den früheren Reformen. Bundesrat Maurer führte dazu im Vortrag aus: „Mit dem Entwicklungsschritt 2008/11 wurde der Fokus noch stärker auf die subsidiäre Unterstützung der zivilen Behörden gelegt. Die Fähigkeit zur Abwehr eines militärischen Angriffs wurde abermals reduziert. Der Grund lag auch hier vor allem bei den finanziellen Ressourcen.“ Mit dem letzten zitierten Satz macht Bundesrat Maurer in verdankenswerter Offenheit einmal mehr klar, dass für den Gesamtbundesrat nicht militärische Fakten, sondern finanzielle Überlegungen für die Reduzierung der Verteidigungsfähigkeit, welche etwas kostet, ausschlaggebend sind.
In seinem Vortrag kündigte Bundesrat Maurer eine Botschaft an die Bundesversammlung über Anpassungen des Militärgesetzes und der Verordnung über die Armeeorganisation bis Ende 2012 an. 2013 sollen die Eidgenössischen Räte die Vorlage behandeln. Gemäss Bundesrat Maurer ist die „Umsetzung“ ab 2015 vorgesehen. Hoffentlich täuscht er sich in dieser Annahme. Aufgrund der bisherigen Entwicklung der Sicherheitspolitik ist nicht davon auszugehen, dass Bundesrat und Parlament in der Lage sein werden, eine sachlich überzeugende und verfassungskonforme Lösung zu präsentieren. Höchstwahrscheinlich werden sie versuchen, den bereits geschaffenen Zustand mit einer blossen Gesetzesänderung nachträglich zu legitimieren und damit Art. 58 Abs. 2 BV auszuhebeln. Dessen Änderung würde dem obligatorischen Referendum unterstehen. Eine zwingende Volksbefragung in Sachen Sicherheitspolitik sollte aber gemäss Bundesrat und Parlament wohl tunlichst vermieden werden. Hingegen wäre eine blosse Gesetzesänderung unter politischen Gesichtspunkten insofern vorteilhaft, als das Referendum fakultativ wäre. Dieses müsste von 50‘000 Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern innert 100 Tagen verlangt werden, was unter Umständen nicht gelingt. Damit wäre eine nachträgliche Legitimation der verfassungswidrigen Sicherheitspolitik seit dem Fall der Mauer in Berlin ohne lästige Auseinandersetzung mit dem beunruhigten Volk elegant erreicht.
Die bürgerlichen Kräfte, die eine wehrlose Schweiz ablehnen, die militärischen Verbände und Organisationen sowie alle Schweizerinnen und Schweizer, die ihren Kindern und Enkelkindern in unsicheren Zeiten eine sichere Schweiz wünschen, müssen dafür besorgt sein, dass das Volk aufgrund eines Referendums über seine Sicherheitspolitik selbst entscheiden kann. Diese ist zu wichtig, als dass man sie dem Bundesrat und den Eidgenössischen Räten überlassen lassen darf.
Beitrag als PDF

 

Kommentare: 8

  1. Suter Hermann sagt:

    Mit diesem Kommentar trifft Dr. Rudolf Schaub voll ins Schwarze! Seit dem Fall der Berliner Mauer hat die Mehrheit des Bundesrates und die Mehrheit der Eidg. Räte/-innen die Armee vollkommen im Stich gelassen und damit in die heutige Schieflage manövriert. Es sind diese Mehrheiten in “Bundesbern”, welche hiefür ganz klar die Hauptverantwortung tragen. Wir werden mindestens 15 Jahre brauchen, bis diese katastrophal-verfehlte Sicherheitspolitik wieder einigermassen korrigiert sein wird. Im Grunde genommen muss man hier von eigentlichen Straftatbeständen sprechen. Aber die Immunität schützt die Herrschaften nahezu hundertprozentig. Hermann Suter, Präsident Gruppe GIARDINO.

  2. Franz Betschon sagt:

    Klare Worte, würde man meinen. Ob diese irgendwann von den verantwortlichen Politikern ernst genommmen werden, muss bezweifelt werden, denn die Sachverhalte sind schon lange bekannt. Die früheren Gutachten der beiden Staatsrechtsprofessoren Schweizer und Schindler liegen seit längere Zeit vor. Was muss passieren, bis die Politik endlich die Verfassung ernst zu nehmen beginnt?

  3. M. E. sagt:

    Liebe Giardinos, liebe Kameraden……!
    Das ist aber endlich einmal guter und fundierter Klartext, herzliche Glückwünsche dazu Herr Dr. Schaub.
    Ja die Verfassung……….! wie sehr wird sie doch auf alle Arten und Weisen missbraucht. Dadurch rächt sich ein schlimmer Geburtsfehler unseres Staates nämlich jener, dass es hierzulande kein Verfassungsgericht gibt. Würden wir hier statt von der Schweiz z. B. von Deutschland diskutieren, wären wir jetzt ganz sicher NIE so weit gekommen. Aber was soll’s, unsere Magistraten/innen können ja scheinbar machen was sie wollen, und das (dumme…?) Volk, der Souverän, schaut nur zu und lächelt noch dabei.
    Ich bin nur gespannt wie lange sich das Ganze noch so hinziehen wird; kommt schlussendlich die Wende aus einem auf sich besinnen des obgenannten Volkes, oder…. viel wahrscheinlicher, wird sie unter dem Druck äusserer Ereignisse erzwungen werden? dies ist hier die Frage.

  4. Elvana Indergand sagt:

    Herzlichen Dank, R. Schaub, das ist das beste und fundierteste, das ich in den letzten Monaten über unser Land gelesen habe. Ich lebe zurzeit im Sinai-Egypt, wo ich versuche zu erklären, was Demokratie ist und dass wir die älteste haben. Aber je länger je mehr kann ich nicht mehr hinter unserer Landesregierung stehen. Und das ist eine bittere Erkenntnis für ein Land, da so lange ein Vorbild und ein Wunschtraum für andere war (und für Nordeuropäer immer noch ist…) Frage: wie lange überlässt man einem schwachen Bundesrat dieses Departement, oder wie lange dauert es, bis man bei uns auf die Strasse geht. So lange, bis die zivile Polizei aufgerüstet ist oder die Restarmee umgeschult, um gegen das Volk vorzugehen? Ich grüsse aus Aegypten.

  5. voni alfi sagt:

    Ach hätten wir doch einen Verfassungsschutz, dann könnten vielleicht die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Ich persönlich stehe schon länger nicht mehr zu unserem Bundesrat, ausser zu Bundesrat Ueli Maurer. Erledigen wir unseren Job im Geschäft nicht, schickt man einem ins Pfefferland. Hoffentlich nehmen sich einige Genossen im Bundesrat die Mühe diese Artikel zu lesen, welche hier geschrieben werden. Liebe Bundesrätinnen und Bundesräte., nehmt Ihr euere Bürger ernst?
    Gruss Alfi Voni

    • M. E. sagt:

      Liebe/r Kamerad/in……….!
      Den Verfassunsschutz haben wir in Gestalt des Nachrichten- u. anderer Dienste zwar, es fehlt eben nur das dazu gehörende rechtliche Regelwerk in Gestalt eines Vefassungsgerichts.
      Aber bleiben wir doch zuversichtlich: bekanntlich stirbt die Hoffnung immer zuletzt!

  6. Beda Düggelin sagt:

    Bauernschlauer Trick des Bundesrates?
    Die Vorgehensweise des Bundesrates hat System! Parlamentsbeschlüsse
    des National- und Ständerates werden nicht befolgt und abgeändert.
    Dies ist nicht nur bei der Bildungspolitik so, sondern auch beim
    Budget des VBS. Allerdings muss man sich die Grössenordnungen vor Augen führen!
    Gemäss Bundesrat Schneider-Ammann sollen gegen 26 Milliarden Franken
    der Bildung, Forschung und Innovation zugute kommen, fürs VBS bleiben nach
    dem Willen des Bundesrates nicht einmal 5 Milliarden übrig. Die Budgeterhöhungen
    für Bildung und Forschung waren über die Jahre mehr als üppig, einzig beim VBS
    wurde gespart! Diese kurzsichtige Politik könnte sich eines Tages verheerend
    auswirken. Die Sicherheitspolitik unseres Landes wird seit vielen Jahren ausgeblendet und vernachlässigt. Man muss anfügen, die Sicherheitspolitik unseres Landes wird vom Bundesrat
    mit Füssen getreten!

  7. Hans Ulrich Suter sagt:

    Der hier geforderte Verfassungsschutz würde kaum etwas nützen, solange keine von Gerichten anerkannte strafbare Handlungen bei den Verantwortlichen festgestellt und geahndet werden. In der Tat verletzen zum Beispiel Exekutivmitglieder bereits existierende Straftatbestände, wenn Sie ihren Pflichten (schon arbeitsrechtlich) nicht nachkommen. Das Problem ist, dass es von den Gerichten nicht geahndet wird. im Gegensatz natürlich zum “kleinen” Mann, der eine überraschende Anzahl von Pflichten hat.

Kommentare sind geschlossen.