Geopolitische Lagebeurteilung – eine wirtschaftliche Perspektive

Geopolitische Lagebeurteilung – eine wirtschaftliche Perspektive

Rede von Dr. Josef Ackermann
anlässlich der
Generalversammlung der Gesellschaft der Generalstabsoffiziere (GGstOf)
21. Februar 2013 in Luzern/Kriens

Josef Ackermann

Bild: Stefan Meienhofer

Vor 15 Jahren hat mich der damalige EMD Chef Adolf Ogi in die Kommission für sicherheitspolitische Fragen berufen, die vom Spitzendiplomaten Edouard Brunner geleitet wurde. Viele der dabei gewonnenen Erkenntnisse sind heute noch gültig. Dazu gehört, dass das Bedrohungsspektrum seit dem Ende des Kalten Krieges breiter geworden ist. Zu nennen wären die Terroranschläge des 11. Septembers sowie der Auftritt von neuen Atommächten – darunter wohl bald auch Iran. Hinzu kommen der Aufschwung der Schwellenländer und die Finanz- und Schuldenkrise. Diese Entwicklungen haben die Vorrangstellung des Westens erschüttert, den Fluss von Rohstoffen wie Erdöl umgepolt und den Abstand zwischen arm und reich vergrössert. Schliesslich wurden mit militärischen Drohnen völlig neue Waffensysteme eingesetzt. Und mit dem Computerwurm Stuxnet sahen wir vor kurzem das erste Geschoss im Cyber-Krieg.

Die unvollständige Aufzählung zeigt, dass zu den konventionellen Bedrohungen neue Risiken gekommen sind. Heute möchte ich mich jedoch in erster Linie auf die wirtschaftlichen Entwicklungen und deren geopolitischen Folgen beschränken. Und ich tue dies auf Grund meiner persönlichen Laufbahn in der Wirtschaft, zu der die militärische Ausbildung und Führungserfahrung viel beigetragen haben. Als Kommandant habe ich gelernt, Probleme gesamtheitlich anzugehen. Und wenn ich auf die Finanzkrise zurückblicke, so haben jene Spitzenkräfte die Krise weniger gut bewältigt, die sich vorwiegend auf Finanzmodelle oder eindimensionale, bankenspezifische Lagebeurteilungen abstützten. Demgegenüber haben mir die gesamtheitliche, auch politische, gesellschaftlich-soziale und makroökonomische Kriterien berücksichtigende Lagebeurteilung geholfen, eine grosse globale Bank ohne fremde Hilfe durch die Stürme zu navigieren.

Zu den Stationen meines Rundgangs gehören der relative wirtschaftliche Niedergang des Westens und damit verbunden das wachsende Gewicht der Schwellenländer, allen voran Chinas. Als Zweites werde ich auf die wachsende soziale Ungleichheit und deren Bedeutung für den arabischen Frühling eingehen. Zum Schluss lege ich einige politische Empfehlungen vor.

Die Rede im Manuskript