Gegen den wiederholten Angriff der Armee-Abschaffer

Gegen den wiederholten Angriff der Armee-Abschaffer

Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) – der Name ist ihr Ziel – greift diesmal den Sicherheitsraum Schweiz nicht frontal an, sondern flankierend. Sie will mit ihrer Volksinitiative «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht» die verfassungsmässige Militärdienstpflicht für Schweizer Bürger aufheben.
von 

Heinrich L. Wirz, Oberst a D – Quelle: Pro Militia 1/2013

Heute lautet Artikel 59 der Bundesverfassung: «Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.» Die armeegegnerischen Initianten, unterstützt durch das rot-grüne parlamentarische Lager, versuchen nach ihren 1989 und 2001 gescheiterten Initiativen zur Totalabschaffung der Armee einen neuen Anlauf. Sie wollen den Verfassungsartikel wie folgt umkehren: «Niemand kann verpflichtet werden, Militärdienst zu leisten. Die Schweiz hat einen freiwilligen Zivildienst.»
Mogelpackung: absurder Inhalt
Die ideologisch-gesellschaftspolitischen Beweggründe der Wehrpflicht-Abschaffer halten einer seriösen Prüfung nicht stand. Da ist fälschlicherweise von einem «Relikt des Kalten Krieges» die Rede, wie wenn «Jeder Schweizer ist wehrpflichtig» nicht schon in der Bundesverfassung von 1848 gestanden hätte. Da wird gegen das «Massenheer» argumentiert, wobei ausgerechnet in unserem Lande im Normalfall nur eine geringe Zahl von Armeeangehörigen gleichzeitig und erst noch zeitlich befristet Militärdienst leistet. Die Initiative stelle das Milizprinzip gemäss Artikel 58 der Verfassung nicht in Frage, schliesse damit eine Berufsarmee aus und führe zu einer «freiwilligen Milizarmee»: Etikettenschwindel und weltfremde Vorstellungen. – Aus nahe liegenden Gründen wären auch Freiwillige als militärische Berufsleute vertraglich zu binden, obschon sie gemäss Initiativtext gar nicht zum Militärdienst verpflichtet werden könnten. Bei drohenden Konflikten müssten zwecks Wieder-Einführung der Militärdienstpflicht zuerst Bundesverfassung und Militärgesetz geändert werden – ein zeitlich und sachlich absolut irreales Vorgehen. Die Initianten ziehen jedes erdenkliche Argument gegen die Wehrpflicht an den Haaren herbei, verschweigen jedoch, wie Freiheit und Sicherheit sowie Unabhängigkeit und Neutralität unseres Landes gewahrt werden sollen.
Für die Militärdienstpflicht – gegen die Abschaffung der Milizarmee – für die erforderlichen Finanzen
Das einzigartige helvetische Dienstpflichtsystem – Armee und Zivilschutz (beides freiwillig für Schweizerinnen) sowie Wehrpflichtersatz und Zivildienst – ist in Verfassung und Gesetz demokratisch abgestützt. Es begegnet den heutigen Bedrohungen glaubwürdig und kann dank den beruflichen Fähigkeiten der Dienstleistenden auch auf neuartige Gefahren ausgerichtet werden, zum Beispiel in der Elektronischen Kriegsführung (Cyber War). Die Bestände der Polizei und die verfassungsmässigen Aufgaben der Armee zur Unterstützung der zivilen Behörden in der Inneren Sicherheit erfordern, dass schlimmstenfalls eine grosse Zahl Militärdienstpflichtiger über längere Zeit aufzubieten ist. Deren Einsätze dauern rund um die Uhr, zum Beispiel für die Bewachung landeswichtiger und völkerrechtlich geschützter Einrichtungen. Solche Aufträge einerseits und die wirtschaftliche Notwendigkeit von Ablösungen andererseits bedingen wiederum hohe verfügbare Personalbestände.
Die Sicherheit von Land und Bevölkerung des Werk- und Finanzplatzes Schweiz darf doch nicht von einer aus finanziellen Gründen kleinen Zahl bezahlter «freiwilliger» Berufsmilitärs abhängen – eine äussert beunruhigende Horrorvorstellung. Zum grundlegenden schweizerischen Selbstverständnis gehört der Einsatz für das Gemeinwohl im Sinne von Artikel 6 der Bundesverfassung, wonach jede Person «nach ihren Kräften zur Be- wältigung der Aufgaben in Staat und Gesellschaft» beiträgt. Die Militärdienst leistenden Mitbürgerinnen und Mitbürger haben jedoch Anrecht auf eine gründliche Ausbildung sowie auf eine kampftaugliche Ausrüstung und Bewaffnung. Zu diesem Zwecke sind das Parlament und vor allem der Bundesrat aufgefordert, der Armee endlich die erforderlichen Finanzen zu bewilligen – für eine sichere Schweiz mit Militärdienstpflicht und bewährtem Milizprinzip.

HenryWirzHeinrich L. Wirz, Oberst a D
letzte Einteilung im Stab Operative Schulung
Militärpublizist SFJ/BR
Verfasser militärpolitisch/-historischer Publikationen.