Armee ohne Marschbefehl

Armee ohne Marschbefehl

In der sicherheitspolitischen Debatte läuft zurzeit einiges schief. Seit geraumer Zeit stehen nicht mehr Bedrohungen und Risiken im Vordergrund, sondern finanzielle Aspekte. Das Gezänk um das Armeebudget hat in den letzten Jahren zuweilen skurrile Züge angenommen. Der Bundesrat wollte das Kostendach auf 4,7 Milliarden Franken plafonieren, die bürgerliche Ratsmehrheit jedoch stockte es im Herbst 2011 auf 5 Milliarden Franken auf. Das Nein zum Kampfjet Gripen hat die Kontroverse um das Militärbudget erneut entfacht. Der Bundesrat will den Rotstift ansetzen; im Parlament regt sich dagegen wiederum Widerstand.

Kommt dazu, dass im Bundeshaus die Vorstellungen über die Zukunft der Armee nicht nur zwischen linker und rechter Ratsseite auseinanderklaffen. Neuerdings herrscht auch im militärfreundlichen Lager Dissens. Die bürgerlichen Befürworter einer schlankeren Armee, die sich von veralteten Kriegsbildern und eingebunkerten Truppen löst, stossen auf Widerstand in den eigenen Reihen. Über ein Crash-Szenario wird auch in militärischen Milizverbänden nachgedacht: Dort hält sich die Begeisterung für Maurers Reformprojekt «Weiterentwicklung der Armee» (WEA) vorderhand in engen Grenzen. Eine laute Minderheit – die Interessenvereinigung «Gruppe Giardino» – disqualifiziert die von den Armeeplanern entworfene Reform als verantwortungslose Schrumpfkur.
Kommentar von René Zeller auf NZZ.ch
Kommentar:
René Zeller war auch schon überzeugter von der Stossrichtung. Wir freuen uns derweil, dass man uns auch an der Falkenstrasse hört.

 

Kommentare: 10

  1. Fritz Kälin sagt:

    Was wurde alles geschrieben:
    “Die bürgerlichen Befürworter einer schlankeren Armee, die sich von veralteten Kriegsbildern und eingebunkerten Truppen löst, stossen auf Widerstand in den eigenen Reihen.”
    Wer ist damit gemeint? Wer hat in den letzten Jahren für eingebunkerte Truppen plädiert? Und wieso sollten im Umkehrschluss zwar möglichst alle Soldaten splittergeschützt verschieben, aber niemand splittergeschützt Stellung beziehen?
    Und was heisst “in nicht allzu ferner Zeit” wird die F/A-18 ihr Lebensende erreichen? Fünf Jahre? Fünfzehn Jahre? In 14 Äonen?
    Wieso muss es “begründet” werden, dass die Armee Ausrüstungslücken (nicht Neubeschaffungen!) für bestehende Verbände schliessen möchte?!?
    Zeller sieht das “sicherheitspolitische Armutszeugnis” im “Dissens” in Bundesbern, nicht in der himmelschreienden Diskrepanz zwischen dem heutigen Leistungsprofil der Armee und den in der Verfassung nachlesbaren Armeeaufträgen.
    Der Ukrainekonflikt und die “bluttriefende Eskalation im Irak” [welch Stilblüte] seien im SiPolB 2013 noch nicht berücksichtigt worden… auch hier liegt das Armutszeugnis nicht darin, dass diese Kriege vom SiPolB nicht hellseherisch vorhergesehen wurden, sondern dass die Verantwortlichen die Möglichkeit solcher Ereignisse ins Reich der Unwahrscheinlichkeit verbannen wollten und wollen.
    Und zum Abschluss: “Die notwendige Modernisierung des einzigen Sicherheitsinstruments des Bundes sollte deshalb nicht weiter verzögert oder gar prinzipiell bekämpft werden. Gedient wäre letztlich nur jenen Kreisen, die das Vertrauen in die Armee weiter aushöhlen wollen.” Seit 25 Jahren geht jeder Konsens im ‘armeefreundlichen Lager’ und jeder “Modernisierungsschritt” auf Kosten der Einsatzfähigkeit der Armee. Wer hierzu noch immer Kadavergehorsam einfordert, nimmt der GSoA und SP das letzte Bisschen Arbeit weg.

    • Kurt Brugger sagt:

      @Fritz Kälin, danke für die gute Analyse und den guten Kommentar! Es wird langsam Zeit, dass die GG von anderen “Kalibern” als einem redaktionellen “Brösmeler” der neuen NZZ ernst genommen wird. Man müsste sich mal die DB’s der heutigen Redaktion der NZZ näher ansehen!

    • S. Gerber sagt:

      René Zeller, stv. Chefredaktor der NZZ, ist Oberstleutnant der Artillerie

    • Kurt Brugger sagt:

      @S.Gerber, wenn der Inhalt dieses Artikels, die Funktion des Autors und dessen Grad in der Armee eine Aussage ergeben soll, stellt sich als Erstes die Frage: “Aufgrund welcher Leistungen, wird der AdA (TO 95) zum Oberstlt “gekürt” ?

  2. Kurt Brugger sagt:

    Guten Tag Giardinos,
    Was dieser Artikel an Informationen vermittelt, bringen militär-politisch interessierte Zeitgenossen seit Jahren und mit wesentlich handfesteren Argumenten zum Ausdruck. Der Artikel passt zwar ins Gesamtbild der heutigen Positionierung der NZZ in der CH-Medienlandschaft. Sprachrohr einer Partei, die längst nicht mehr kompromisslos für jene Werte der Schweiz einsteht, welche uns in der Vergangenheit Anerkennung, wirtschaftlichen Erfolg, Wohlstand und Sicherheit vermittelt haben.
    Ein Druckerzeugnis das seit seiner Gründerzeit bis in die 80er Jahre, von Redaktoren bis VRP, der Armee, ihrer politischen und militärischen Führung, aktiv Unterstützung zusicherte, als Sicherheitsgarant für unser Land. Berichterstattungen, Beiträge zu Fragen über Armee und Landesverteidigung fanden nationale und internationale Beachtung. Der vorliegende Aufsatz, falls er überhaupt breite Beachtung finden sollte, wird eher Verwunderung und Kopfschütteln auslösen. Einerseits wegen der ungenügenden Aussagekraft des Inhalts, andererseits wegen chaotischen Agierens der Classe Politique.
    Die Aussagen zu den Reformen der Armee sind halbherzig, wenig überzeugend und formuliert von einem Verfasser, welcher sich offensichtlich nicht der Kritik aussetzen will. Dem der desolate Zustand unserer Landesverteidigung so ziemlich gleichgültig ist. Positiv ist nur der Hinweis auf die “Gruppe Giardino”, um im gleichen Satz, allfällige Kritik auf die GG zu lenken, für den vom Verfasser kreeierten Begriff “verantwortungslose Schrumpfkur” der Armee.
    Die GG ist (sehr) bescheiden geworden, wenn wir solchen Schreiberlingen Anerkennung zollen, diese an die Falkenstrasse nach Zürich schicken, weil wir am Rande auch noch erwähnt wurden!

  3. Gotthard Frick sagt:

    Cetero censeo müssen wir dem Volk ein klares, glaubwürdiges Bild möglicher echter KRIEGE in Europa und sich daraus für die Schweiz ergebende Bedrohungen vermitteln und dann sagen, wie die Armee im Prinzip aussehen sollte, um solche Bedrohungen abzuwenden.
    Eines solche Aktion müsste von möglichst vielen armeebefürwortenden Kreisen unterstützt werden.

    • Kurt Brugger sagt:

      @Gotthard Frick, sehr gute Erkenntnis! Die Grundlage dafür könnte Ihr Buch sein, Hitlers Krieg und die Selbstbehauptung der Schweiz 1933-45. Mag sein, dass moderne Kriege “ein anderes Gesicht” haben, weniger statisch, mobiler Kleinkrieg, terroristische Guerilla-Taktik. Lehrstücke wie solche Waffengänge verlaufen können, von Korea, Vietnam bis Nordafrika, Afganistan und Irak gibt es zuhauf an denen sich Armeeführung und Politik orientieren können. Die Anforderungen an die Sicherheit unseres Landes und der Bevölkerung, an unsere Landesverteidigung, sind anspruchsvoller, unberechenbarer und mit ebenso grossem Aufwand verbunden (wie in WW1 und WW2).
      Da stellt sich erst einmal die Frage: Wie geerdet (oder realitätsverweigernd) ist eigentlich die Classe Politique, die Armeeabschaffer, Pazifisten und Wehrdienstverweigerer, welche dieses Land regeieren?

  4. Wir können es nicht genug wiederholen: Die Hauptverantwortung für die sicherheitspolitischen Illusionen und entsprechenden Fehlentscheidungen, welche seit dem Fall der Berliner Mauer “Bundesbern” gelenkt und schliesslich zur enormen Schwächung der Milizarmee bis Heute geführt haben (und mit der verfassungswidrigen WEA-Vorlage weiter führen werden!) liegt ganz klar beim Gros der Landesregierung und den Eidg. Räten. SIE, der Bundesrat und die Mitte-Links-Allianz im Eidg. Parlament haben weder die Weitsicht noch den Willen aufgebracht, der bewährten Maxime der “Bewaffneten Neutralität” die nötige Glaubwürdigkeit zu verleihen. Diese Glaubwürdigkeit war ist und bleibt nur durch eine kampfstarke Milizarmee erreichbar. Soll mir Niemand mit der faulen Ausrede kommen und sagen: “Wir haben für die Armee einfach zuwenig finanzielle Mittel”.
    Die Stunde der Wahrheit kommt. Wenn die Mehrheit des Stände- und Nationalrates in der kommenden WEA-Debatte nicht MINDESTENS 5 Milliarden pro Jahr, nicht mindestens 120’000 Mann Kampftruppen (PLUS Reserven!) und die Voraussetzungen für die Mobilisierung der GANZEN ARMEE innert 72 Stunden schafft, die Vollausrüstung ALLER Truppen sicherstellt, die Zurückweisung des verfehlten “Stationierungskonzeptes” und die geplante massive Verkürzung der Ausbildungsdauer (max 5 Mio Diensttage pro Jahr, 225 statt 260 Diensttage pro AdA, 2 statt 3 Wochen WK usw.) beschliessen wird, hätte DIESES Parlament sein Gesicht und damit die Glaubwürdigkeit als Volksvertretung definitiv verloren und dürfte im Herbst 2015 nicht wieder gewählt werden.
    Und noch ein Wort zu den Medien: Diese lassen sich oft und immer wieder regelrecht durch Heerscharen von Spin Doctors im Bundeshaus über den Tisch ziehen (die Ausnahmen BASLER ZEITUNG und WELTWOCHE bestätigen die Regel!). Sie tragen deshalb ebenfalls eine gewaltige Verantwortung dafür, dass sie die seit 1995 völlig verfehlten Armeereformen nicht energischer kritisiert und hinterfragt und damit das Volk ungenügend informiert haben.
    Die Schweiz steht mit der kommenden WEA-Debatte vor einer existentiellen Schicksalsfrage: Die WEA-Befürworter führen das Land und die künftigen Generationen unwiderruflich in die Wehrlosigkeit. Wer unser schweizerisches Vaterland liebt und es nach Aussen und Innen wirklich zu verteidigen bereit ist, der/die sagt NEIN zu dieser unseligen WEA-Vorlage. Deshalb geschätzte Stände- und Nationalräte/-innen gibt es nur eine einzige Antwort zur WEA: So nicht! Und deshalb zurück an den Absender! Hermann Suter, Präsident Gruppe GIARDINO.

    • Kurt Brugger sagt:

      @Hermann Suter, mein hochgeschätzter Hermann, alles was Du uns mitteilst, kann ich ohne Gegenrede übernehmen. Leider werden unsere Volksvertreter mehrheitlich, auf beiden Ohren taub und für die realen Gefahren (welche sich täglich, erkennbar in Bild und Ton manifestieren) auf beiden Augen blind sein. Sie sind ihrer Ideologie verfallen und daher unfähig die Sicherheitslage (auch für unser Land)in gebührendem Mass wahr zu nehmen.
      Regierung (BR) und Parlament (NR+SR) brauchen den Weckruf aus dem Volk! Parteiunabhängige Armeebefürworter bündeln ihre Kräfte! Treten mit einer Stimme auf! Bauen politischen Druck auf! Die politischen Wirren um unsere Landesverteidigung erfordern diese Massnahmen.
      Die GG ist das “Tool” um diese überparteiliche Organisation auf die Beine zu stellen!

  5. Beda Düggelin sagt:

    In und von der NZZ nicht Neues im Westen!
    Die tiefgreifende Reform, die Verteidigungsminister Maurer vor mehreren Jahren eingeläutet hat, ist in Verzug geraten. Planungsunsicherheit herrscht. Es fehlt ein politischer Marschbefehl. Da liegt René Zeller nicht falsch. Falsch liegt er allerdings mit seiner Schlussfolgerung! – Rückkehr zum Start unerwünscht. Dies ist weder logisch noch zielführend! „Wir wissen zwar nicht was wir wollen, aber das mit ganzer Kraft!“ Dies gilt offenbar bezüglich dieser unsäglichen WEA!“
    Es geht nicht um die vieldiskutierten Eckwerte, diese sind als absolutes Minimum festgesetzt und werden nicht mehr zur Diskussion gestellt. Dies sollte sich auch der Gesamtbundesrat hinter die Ohren schreiben und nicht erneut die Parlamentsentscheide desavouieren! Es geht um den Inhalt – viel Verpackung wenig Inhalt, dies kann festgestellt werden. Es droht eine weitere Dezimierung der Armee. Erst überlegen, dann Handeln, dies ist der VBS-Spitze ins Auftragsbuch zu schreiben, im jetzigen Zeitpunkt, bei diesem desolaten Zustand der Armee, tut ein Marschhalt Not: „keine weitere operative Hektik, bei geistiger Windstille!“ Offenbar hat die VBS-Spitze ein Interesse, die WEA mit wenig Aufklärung über die wahren Verhältnisse (Auftragserfüllung gemäss Art. 58 und 59 der Bundesverfassung) an Parlament und Souverän vorbeizumogeln! – Diesem Tun muss Einhalt geboten werden, je früher desto besser!

Kommentare sind geschlossen.