Alles Gold der Nationalbank liegt unbewacht im Wald
“Das Direktorium der Nationalbank teilt mit, es habe sämtliche Goldvorräte der Schweiz im Ostermundiger Wald aufstapeln lassen. Ein Bewachung sei unnötig, da sie dort für jeden zugänglich lägen. Früher wurde daraus geschlossen, dass ein solcher Ort besondere Sicherheitsrisiken berge. Heute gelte allgemein, dass darin gerade eine Sicherheitsgarantie liegt: Alle bräuchten dieses Gold. Deshalb werde es niemand stehlen! Mit dieser Auslagerung können die Kosten für teure Tresore und Bewachungspersonal gespart werden.”
von Gotthard Frick
Würden wir eine solche Mitteilung in den Medien lesen, wäre das Direktorium der Nationalbank wohl schon notfallmässig in eine psychiatrische Klinik zur Untersuchung ihres Geisteszustandes eingeliefert worden. Glücklicherweise haben wir die weltweit als am kompetentesten betrachte Nationalbankführung und wir müssen uns um die Goldreserven unseres Landes keine Sorgen machen.
Aber die zweitgrösste Partei der Schweiz kann es sich anscheinend leisten, so in ihrem, von der Parteileitung im letzten Sommer genehmigten „Sicherheits“-Bericht zur Frage der Sicherheit der Schweiz, d.h. zur Landesverteidigung, zu argumentieren. An diesem Bericht „Verantwortung und Schutz“ ist schon die Tatsache bemerkenswert, dass er im Auftrag der SPS von einem Herrn Lutz Unterseher aus Berlin erstellt wurde. Er hat anscheinend noch nie selber Militärdienst geleistet. Obschon die Schweiz eine Jahrhunderte alte militärische Tradition hat und wir Schweizer wohl am besten wissen, was wir für unsere Sicherheit tun müssten, hielt es die SPS für nötig, einem Deutschen die Verantwortung für ihren „Sicherheits“-Bericht zu übertragen.
Dort steht: “Die Schweiz liegt an dem zentralen Kreuzweg Europas. Früher wurde daraus geschlossen, dass die Position besondere Sicherheitsrisiken berge, heute gilt allgemein, dass darin gerade eine Sicherheitsgarantie liegt. Alle brauchen dieses Land.”
Auch wer nicht viel von Strategie versteht, sieht sofort bei einem Blick auf die Karte, dass wir mit den Alpentransversalen, d.h. dem Kreuzweg, (Eisenbahn und Pass- bzw. Tunnelstrassen) ein Element von gesamteuropäischer strategischer Bedeutung haben. Man kann Wetten darauf eingehen, dass schon bei der ersten grösseren Krise in Europa die USA oder die NATO, oder einzelne grössere Nachbarländer diese Alpentransversalen sofort militärisch besetzen würden, falls deren Generalstäbe zur Überzeugung kämen, dass wir diese Aufgabe nicht mehr selber wahrnehmen können (was heute schon der Fall ist). Eine solche Besetzung würde natürlich so begründet, dass man der kleinen, demokratischen und befreundeten Schweiz helfen und in unserem Land auch Menschenleben vor einem Angriff durch eine andere Mächte schützen wolle. Wie haben ähnliche Argumente in den letzten Jahren im Falle anderer, mit Krieg überzogener Länder schon gehört.
Zur Armee sagt die SPS in den Punkten 5 und 6, Seite 45 des Parteiprogrammes: „Ziel ist die Abschaffung der Armeen und deren Ersatz durch internationale Truppen zur Friedenserhaltung im Rahmen eines kollektiven Sicherheitssystems unter Führung der UNO.“ Also die UNO, konkret der Sicherheitsrat, dieses undemokratische, undurchsichtige Machtinstrument der Vetomächte, darunter Russland und China, soll für die Sicherheit unseres Landes zuständig werden, nicht mehr freie Schweizer und Schweizerinnen!
Soeben musste die Schweiz ja ihren Antrag zurückziehen, mit dem hätte erreicht werden sollen, dass der Sicherheitsrat etwas transparenter wird und in gewissen Fällen die Generalversammlung der UNO auf demokratischer Basis entscheiden kann. Die Vetomächte wehrten sich mit Händen und Füssen dagegen. Heute haben Abstimmung in der UNO Generalversammlung nur empfehlende Wirkung. Nur der Sicherheitsrat kann Entscheide fällen.
Da die UNO auch in einer ferneren Zukunft kaum über eine eigene Armee verfügen wird, muss sie wie bisher nationale Truppen für ihre Aufgaben einsetzen (sog. Blauhelme). Konkret heisst das, dass in einer von der SPS herbeigewünschten armeefreien Schweiz in einer Bedrohungslage der UNO Sicherheitsrat beschliessen müsste, z.B. einer chinesischen Luftlandedivision zusammen mit einer nigerianischen Brigade und US Marines den Auftrag zu erteilen, Bern zu verteidigen.
Abgesehen von allen anderen Überlegungen zu dieser absurden Sicherheitspolitik der SPS: Würden einzelne Grossmächte nicht von ihrem Vetorecht Gebrauch machen, falls sich die Bedrohung der Schweiz aus einem Konflikt zwischen ihnen ergäbe, was angesichts der wachsenden Spannungen zwischen den USA und NATO auf der einen Seite, und dem aufrüstenden Russland auf der anderen nicht unwahrscheinlich wäre? Wo bliebe dann dieser „Schutz“?
Da dieser aus Sicht der SPS ideale Zustand nicht so schnell verwirklicht werden kann, soll die Armee sowohl laut SPS Parteiprogramm wie auch laut deren „Sicherheits“-Bericht in einem Zwischenschritt auf 50’000 Mann reduziert werden und im Auftrag der „Weltgemeinschaft“ in anderen Ländern zur „Friedenssicherung“ eingesetzt werden. Wörtlich steht dort: „Aus dem Verteidiger (defensor) wird der Schützer (protector)“. (Seite 15, Pt. 3.3, Bericht „Verantwortung und Schutz“ der SPS). Unsere von der SPS angestrebte Rumpfarmee soll nicht mehr den Frieden für die Schweiz und ihre Menschen sichern und unsere Land im Angriffsfall verteidigen, sondern andere Völker „schützen“. Lybien lässt grüssen.
Die Schweiz hat sich mit ihrer Neutralität und auch mit ihren „Guten Dienste“ weltweit ein sehr hohes Ansehen als friedliebendstes Land erworben. Das soll nun aufgegeben werden, um überall, dort, wo es die „Weltgemeinschaft“ wünscht, d.h. wo es den Interessen der Grossmächte entspricht, militärisch zu intervenieren.
Konkret wird auch gesagt, wo Schweizer Soldaten eingesetzt werden könnten: „Dabei wird auf die UNO-loyalen Staaten (dazu gehört in der Sicht der SPS auch die Schweiz) mit Sicherheit die Aufgabe zukommen, in einem oder mehreren arabischen Staaten nach Ende von Bürgerkrieg und Unruhen an den Grenzen an der Garantie von Ruhe und Ordnung mitzuwirken, wobei die Verwendung von militärischen Mitteln nicht ausgeschlossen werden kann.“ (Seite 12, Pt. 2.3, Bericht „Verantwortung und Schutz“ der SPS). Wir sehen Herrn Ständerat Christian Levrat, Präsident der SPS, schon als Oberbefehlshaber von Schweizer Truppen im Syrien im Einsatz.
Will das Schweizervolk eine solche „Sicherheitspolitik“?
Seit der Studienzeit Mitglied der SPS, hofft der Verfasser, er werde es noch erleben, dass sie wieder zu einer staatstragenden Partei werde, was sie während langer Jahrzehnte war. Deshalb schenkten ihr damals auch bis zu 10% mehr Schweizer WählerInnen in eidgenössischen Wahlen des Vertrauen, als heute, und das Schweizervolk stimmte dem von ihr angestrebten Aufbau eines Sozialstaates zu (AHV, Arbeitslosenversicherung, Invalidenversicherung, Pensionskassen). Heute erleben wir u.a. das Entstehen eines feudalen Finanzsystem als neuer Weltordnung Es bräuchte eine starke, staatstragende linke Partei, d.h. eine Partei, die weder die Sicherheit des Landes noch die Wirtschaft mit Experimenten aufs Spiel setzt, um die Interessen der grossen Mehrheit und eine menschenwürdige Gesellschaft zu verteidigen.