Armeebefürworter in der Offensive

Armeebefürworter in der Offensive

Dem klaren Ja zur Wehrpflicht folgen Forderungen nach einer Stärkung der Streitkräfte 

Infrage gestellt, geschrumpft, gebeutelt: Die Armee galt die letzten 20 Jahre wenig, entsprechend wurde sie behandelt. Mit Armee- und Sicherheitspolitik konnten Politiker im Bundeshaus während der vergangenen Legislaturen keinen Blumentopf gewinnen; persönliche Karrieren liessen sich als Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommissionen kaum fördern. Innerlich folgten Bürgerliche und Offiziere bis in hohe Armeepositionen der These des Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama, dass sich nach dem Zusammenbruch der UdSSR bald die Prinzipien des Liberalismus in Form von Demokratie und Marktwirtschaft endgültig und überall durchsetzen würden. Sein Buch aus den Neunzigern, «das Ende der Geschichte», war nicht nur ein Bestseller, sondern Doktrin. Man gabs zwar offiziell nie zu, aber Armeeverantwortliche machten der GSoA Konzession um Konzession. Schlägt jetzt das Pendel zurück?
von Beni Gafner, BaZ Bundeshausredaktor
Sicher ist: Das unerwartet klare Abstimmungsresultat vom Wochenende zur Beibehaltung der Wehrpflicht überrascht Warner von damals ebenso positiv wie Armeeverantwortliche und Sicherheitspolitiker. Interessant ist, dass die Kritik am Tag danach, die deutlich vernehmbar ist, nicht die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) trifft, sondern Armeespitze und Bundesrat. In den Fokus gerät der geplante Armeeabbau, der unter dem Titel WEA (Weiterentwicklung der Armee) nächstes Jahr ins Parlament kommen soll. Merkmal dieser Armeereform, die Verteidigungsminister Ueli Maurer (SVP) vorwärtstreibt, ist ein Bestand von 100000 Soldaten, verkürzte Wiederholungskurse à zwei Wochen, eine geringere Dienstleistungszeit insgesamt und ein Abbau beim Einsatzgerät. Weiterhin sollen nicht alle Soldaten ausgerüstet werden.
Aufforderung an Armeespitze
Einem Wink mit dem Zaunpfahl entspricht in dieser Hinsicht die Stellungnahme des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV). Dessen Direktor Hans-Ulrich Bigler sagt: «Der SGV erwartet nun die Konzentration auf das Wesentliche, nämlich auf die Strategie, die Aufgaben sowie auf die solide Ausrüstung und den vernünftigen Aufbau der Armee.» Diese Aufforderung gilt der Armeespitze und dem Verteidigungsdepartement und nicht der GSoA.

Noch deutlicher wird die Vereinigung ehemaliger und eingeteilter Angehöriger der Armee, «Pro Militia». Ihr Präsident Simon Küchler, ein ehemaliger Korpskommandant, fordert den Bundesrat im Lichte des Abstimmungsresultats kurzerhand auf, «seine Vorlage zur Revision der Militärgesetzgebung und zur sogenannten Weiterentwicklung der Armee (WEA) grundlegend zu überarbeiten». In erster Dringlichkeit habe das Verteidigungsdepartement längst erkannte Mängel der Armeereform XXI in Ausbildung, Ausrüstung und Bereitschaft ohne weiteren Verzug zu beseitigen. Dazu bedürfe es keiner Änderung des Gesetzes, sondern des politischen Willens von Bundesrat sowie der Führung von VBS und Armee.
100 000 sind zu wenig
Als klaren Auftrag an die verantwortliche Armeeführung wertet auch der letzte Ausbildungschef des Heeres das Abstimmungsergebnis, der bis vor Kurzem aktive Divisionär Hans-Ulrich Solenthaler. Der ehemalige Kommandant der Territorialregion 4 erwartet von der Armeeführung nun ein bestimmteres Auftreten gegenüber der Politik als bisher. Die Politiker müssten dort abgeholt werden, wo das Setzen politischer Leitplanken notwendig sei. Klar sei, dass die Bürger die Armee als polyvalentes Sicherheitsinstrument be- trachteten, das als letzte Einsatzreserve unverzichtbar sei. Solenthaler ist über- zeugt davon, dass eine Mehrheit im Volk auch für mehr Mittel zugunsten gut ausgerüsteter Bodentruppen zu fin- den sei. Man erwarte nun eine Armee, die gut funktioniere.
«Das Volk würde auch einer Armee zustimmen, die einen Bestand von 200 000 statt nur 100 000 Angehörigen hat», sagt SVP-Nationalrat Pirmin Schwander (SZ). Der Präsident der Aktion für eine Unabhängige und Neutrale Schweiz (Auns) rechnet vor: «Wenn für den Schutz des Weltwirtschaftsforums in Davos bereits 4000 Soldaten benötigt werden, reichen 100 000 Mann für den Schutz kritischer Infrastrukturen im ganzen Land während Wochen und Monaten nicht aus. Schwander ist überzeugt, dass das Volk mehr Geld und mehr Soldaten genehmigen würde als das Parlament.

 

Kommentare: 5

  1. Hans Steffen sagt:

    Man beklagt jetzt da und dort die Schrumpfarmee von 100’000 Mann und Frau. Trotz meiner Hinweise an die Adresse geeigneter Persönlichkeiten aus Militär und Politik lese ich nirgends, dass der Aufbau der dänischen Heimwehr studiert wird, sind doch in diesem Heeresteil rund 60’000 (2004) mehrheitlich freiwillige Reservisten eingeteilt. Die Idee müsste eigentlich bei Schützen-, Of- und Uof-Vereinen und natürlich bei Ueli Maurers Entourage auf Interesse stossen.

    • Giardino Nof sagt:

      Danke für diesen Hinweis. Die Erfahrung zeigt, dass das VBS sich kaum um ähnliche Armeen oder ähnliche Länder interessiert. Den Vereinen fehlt es an Zeit und Personen, die sich für diese Fragen intensiv interessieren. Wir sind jedoch interessiert, Beiträge zu Erfahrungen von anderen Armeen bei uns zu publizieren.

  2. Hans Steffen sagt:

    Es würde den Kommentator Steffen interessieren, was Exponenten der GRUPPE GIARDINO zu seinen Gedanken meinen.
    Mit freundlichen Grüssen
    Hans Steffen (e.Oblt)

  3. Philipp Hofmann sagt:

    Zu den verschwiegenen Neuigkeiten: Das Schweizer Parlament will weiterhin zulassen, dass die Terrorregime dieser Welt mit Schweizer Waffen versorgt werden dürfen. Bravo! Gutgemacht, wieder mal vor dem Gott Mammon niedergekniet. Sich vor den Waffen-Lobbyisten in den Staub geworfen. Das Neutralität-Geschnorr der verlogenen rechten Brut erweist sich mehr und mehr als groteske Absurdität. Aber es geht ja bloss ums schönefärberische Auslegen von Neutralität: Solange man alle Seiten brav mit Waffen beliefert, wird keine Neutralitätsregel verletzt, keine Seite bevorteilt, keine Partei ergriffen. Und wenn der Diktator Han Spher einem versichert, er werde die Vernichtungswaffen “ganz bestimm nicht gegen die Bevölkerung” einsetzen, muss man ihm einfach glauben. Schliesslich war der Ueli vor Ort und hat die Lage abgeklärt. Und wunderbar sind die Selbstge-Rechten wieder aus dem Schneider und etwas Geld ist dabei auch noch gescheffelt worden. Klasse! Zum Glück ist man kein Gutmensch!

  4. Hans Ulrich Suter sagt:

    Der Hauptabnehmer der “Schweizer Waffenindustrie” ist Deutschland, also einer der uns “umzingelnden Freunde”, andere erwähnenswerte “Waffenexporte” sind unbewaffnete Trainingsflugzeuge der Pilatus, ab und zu wird auch eine Spezialanfertigung einer Jagdwaffe ans Ausland geliefert. Genügt das um beleidigende Aeusserungen gegen eine sog. “rechte Brut” loszulassen, ich denke eher nicht. Dann müsste man vielleicht noch erwähnen, dass die MOWAG nicht mehr schweizer Besitzern gehört, auch die Swiss Arms gehört der Sauer GmbH (Eckenförde (D)), meines Wissens ohne schweizer Beteiligung. Ich erachte es als grosse Katastrophe, dass man wahrscheinlich in der Schweiz nicht in der Lage ein militärtaugliches Gewehr, in genügender Anzahl und in nützlicher Frist zu produzieren. Ich mache da gerne darauf aufmerksam, dass man das Sturmgewehr 91 (hervorragend um im Stand zu schiessen, sozusagen die finale Version der Idee die im Sturmgewehr44 und danach in der Kalaschnikov umgesetzt wurde) langsam ersetzen sollte, mit anderer Munition natürlich.

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