Aufruf an die Schweizer Sicherheitspolitiker

Aufruf an die Schweizer Sicherheitspolitiker

Die Schweizer Sicherheitspolitiker wurden heute per E-Mail nochmals auf die Stellungnahme der Gruppe GIARDINO sowie weiterer Dokumente hingewiesen. Dies vor dem Hintergrund, dass in diesen Tagen die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates tagt und über die Zusatzberichte debattiert. Wir publizieren unsere E-Mail hier im Wortlaut ab. Eintreffende Reaktionen werden als Kommentare publiziert.

Sehr geehrte Damen und Herren
In der Beilage erhalten Sie drei Dokumente, welche die Sorgen der Gruppe GIARDINO bezüglich der aktuellen Armeediskussion verdeutlichen und mit vielen Fakten und Denkanstössen unterlegen. Wir empfehlen Ihnen die Dokumente zur Lektüre.
Stellungnahme der Gruppe GIARDINO
Im ersten Dokument finden Sie die offizielle Stellungnahme der Gruppe GIARDINO zu den Armee-Zusatzberichten. Sie werden feststellen, dass wir uns intensiv mit dem Inhalt auseinandergesetzt haben und verschiedene gravierende Mängel an den Tag legen. Das beginnt mit der falschen Grundannahme (“wahrscheinliche Gefahren”) – obschon jeweils niemand eine Katastrophe vorhersehen kann. Selbst die aktuellen politischen Krisen (Libyen, naher Osten) wurden nicht zehn Jahre vorausgesehen. Das sollte uns zu denken geben.
Als nächstes weisen wir darauf hin, dass die nun konzipierte Armee nur noch minimalste Leistungen erfüllen kann. Gründe dazu sind: Die tiefste Leistungsanforderung an die Armee (“überwachen” = “Securitas-Dienst”), die mangelnde Durchhaltefähigkeit und die fehlende “Force Protection” (= Schutz der eigenen, militärischen Infrastruktur und der Verbände, welche die Basisleistungen erfüllen). Hier rächt sich die Grundannahme “wahrscheinlichste Gefahren” am deutlichsten! Die Kantone müssten regelrecht um die Zuweisung von ein paar wenigen Truppen “kämpfen”. Das kann nicht im Interesse der Kantone sein.
Stellungnahmen von Generalstabsoffizieren
Das zweite Dokument umfasst Aussagen von Generalstabsoffizieren – immerhin jenen Bürgern, welche die beste militärische Ausbildung in unserem Land geniessen und zum Denken in grossen Zusammenhängen befähigt wurden. Ihre Kritiken sind z.T. vernichtend und weisen ebenso auf das “Grundübel” sipol Bericht hin. Nimmt man ausserdem die von der Gesellschaft der Generalstabsoffiziere (GGstOf) letzten Herbst publizierte Studie “Die Zukunft der Miliz im Korps der Generalstabsoffiziere” (http://ggstof.ch/zukunftmiliz) zur Hand, muss davon ausgegangen werden, dass die Armee insbesondere diese bisher motivierten Bürger mit den vorliegenden Berichten noch schneller verliert als bis anhin. Ob diese Armee dann noch als “Milizarmee” und als “Kaderschule” für die Miliz bezeichnet werden kann, ist zu bezweifeln.
Im dritten Dokument nimmt Martin von Orelli, Div a D und Präsident der GGstOf zu den Zusatzberichten Stellung. Er kommt ebenfalls zum Schluss, dass der Armeebericht zurückgewiesen werden “MUSS”. Beide Dokumente der GGstOf sind öffentlich verfügbar und wurden unabhängig von den Überlegungen der Gruppe GIARDINO verfasst.
Fazit
Die Gruppe Giardino kommt daher zum Schluss, dass die Schweiz nur mit einer Rückweisung des Armeeberichts durch das Parlament wieder die Chance bekommt, zurück auf den sicheren Weg zu kommen.
Die aktuellen Zusatzberichte haben aufgezeigt, dass mit den Vorgaben der Politik (“wahrscheinliche” Bedrohungen, Konzentration auf Mannstärke und Finanzrahmen) keine genügende Sicherheit mehr möglich ist. Wir bitten Sie daher, Ihre Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes bewusst wahrzunehmen – Noch liegt es in Ihren Händen, einer (erneuten) Fehlkonstruktion den politischen Segen zu verweigern.
d.h.:
Die aktuelle “Übung” ist abzubrechen! Stattdessen ist der gesamte Prozess erneut aufzurollen. Der sipol Bericht muss neu geschrieben werden und sich auf unwahrscheinliche, aber höchst gefährliche Bedrohungen konzentrieren. Nur so kann der Verfassungsauftrag wieder erfüllt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir rufen Sie inständig auf von diesem Irrweg abzukommen. Die unruhigen Zeiten mit ihren sich immer deutlicher manifestierenden Gefahren lassen es nicht zu, dass die Schweiz weiter Ihre Sicherheit vernachlässigt. Viel steht auf dem Spiel – spielen Sie nicht mit unserem Schicksal!
Wir danken Ihnen für Ihre aufrichtigen Bemühungen und versichern Ihnen unsere vollste Unterstützung im Kampf gegen den Abbau unserer Sicherheit.
Mit besorgten, kämpferischen Grüssen
Gruppe GARDINO
Hermann Suter-Lang, Präsident ai
Franz Betschon, Präsident ai
Beilagen:
– Dokument “Auch Zusatzberichte verletzen Bundesverfassung grob
– Dokument “Stellungnahme zum Zusatzbericht 1 + 2
– Dokument “Resultate der Mitgliederumfrage “Armeebericht”

 

Kommentare: 6

  1. Gruppe Giardino sagt:

    Geschätzter Hermann
    Ich möchte keine Unterlagen mehr von Eurer Gruppe Giardino, weil Eure Aussagen und Eure Forderungen uns in der Gestaltung einer guten und wirksamen Armee nur hindern.
    Liebe Grüsse
    Pius Segmüller

  2. Elvana Indergand sagt:

    Ich bin schockiert, dass Pius Segmüller eine solche Aussage macht. Ich frage mich, welche Politiker in unserem Parlament und im Bundesrat denn überhaupt noch uns, das Volk vertreten und den Verfassungsauftrag ausführen.
    Aus diesem Grunde habe ich mich der Gruppe Giardino angeschlossen, weil ich mich mit solchen Volksvertretern und die Art und Weise wie sie für die Schweiz schauen, nicht mehr identifizieren kann. Wir brauchen neue Leute. Auch im Bundesrat. Die ganze Welt rüstet auf, die Schweiz entwaffnet sich selbst. Es wird Voksvermögen vernichtet, indem die ganzen baulichen Zeugen der letzten Jahre rückgebaut werden, indem Munition in einer Menge von 68000 Tonnen vernichtet wurde. Und dann heisst es, die Soldaten hätten keine Munition zum Ueben. Es führt zu weit, in einem kleinen Kommentar ausführlich zu werden. Kurz und bündig: so wie es jetzt in der Schweiz läuft, bin ich dagegen, fernab von jeder Partei.

  3. Andi Waeger sagt:

    @Elvana Indergard
    Ich schliesse mich Ihnen an!
    Auch mich wundert die Aussage von Pius Segmüller. Ich persönlich sage nur: So wie unsere Armee nur schon im Grundgerüst aussieht und funktioniert, kann weder eine gute noch eine wirksame Armee gestaltet werden!! Im Gegenteil, studiert man SIPOL und Armeebericht, entfernt man sich in Dimensionen bei der man der Armee entgültig den Todestoss gibt!! Wir brauchen keine überdimensionierte Polizeitruppe,die auf Schutzaufgaben reduziert wird, wir brauchen eine Armee für die “schlimmsten Fälle”, alles andere ist nicht zu verantworten gegenüber der Schweizer Bevölkerung. Ich bin überzeugt, dass andere, schwierige und nicht voraussehbare Zeiten und Spannungen kommen werden. Und für das muss mann nicht mal mehr ein “schwarzmaler” sein, es genügt ein Blick in die Welt und was uns alles erwarten wird!
    Schlussendlich wird es das Volk mit einer Initiative richten müssen, den ich glaube, die Politiker haben weder den Willen noch den Mut, auch nur ansatzweise eine funktionierende Armee auf die Beine zu stellen….

  4. Fritz Kälin sagt:

    “[…] weil Eure Aussagen und Eure Forderungen uns in der Gestaltung einer guten und wirksamen Armee nur hindern.”
    In der Öffentlichkeit profiliert sich Herr Segmüller gerne als ‘armeefreundlicher Sicherheitspolitiker’, aber von Seiten der engagiertesten Kenner und Freunde der Armee will er nicht einmal mehr auf Missstände aufmerksam gemacht werden? Was für eine “gute und wirksame” Armee ihm da wohl vorschwebt, dass die Gruppe Giardino dabei nur hinderlich sein kann? Klingt wie ein ‘Umweltpolitiker’, der aber von den Standpunkten von Greenpeace nichts wissen will…
    Das Volk hat in mehreren Abstimmungen unsere Armee und die Rüstungsindustrie vor Kahlschlägen der politischen Linken bewahrt. Dieser fehlt es auch im Parlament an politischem Gewicht, um für den heutigen und künftigen Zustand der Armee verantwortlich zu sein. Es wird vielleicht wirklich Zeit, dass das Volk die Chance erhält, auch jenen bürgerlichen Politikern die rote Karte zu zeigen, welche die ‘Wirksamkeit’ unserer Armee allein an amerikanischen Vorbildern oder fiskalischen Wunschvorstellungen messen und unsere eigenständigen(, bewährten) Wehrtraditionen opfern, um besser mit ‘befreundeten Armeen ‘ kooperieren zu können/müssen, die uns im Ernstfall ja doch nicht zur Hilfe kommen werden. (ich meine damit weder die humanitären Hilfsaktionen, noch unsere Trainingsmöglichkeiten im Ausland)

  5. Simon Weber sagt:

    Bitte sagen Sie mir wann sich unser System den bewährt hat?! Im 2. Weltkrieg? Oder im Kalten Krieg?! Das sind spekulative Aussagen! Niemand kann mit Sicherheit sagen, dass es am System gelegen hat, dass die Schweiz nie Ziel eines Angriffs wurde! Sicher die Schweiz galt mal als Festung! Und dies hat abgeschreckt! Dies heisst aber nicht das wir komplett zurück in diese Zeit müssen! Teilweise ja! Im Strategischen und Taktischen sollte wieder zurückgegriffen werden! Aber nicht mit der Technologie! Die Schweiz als Land mit eigenen Hochschulen sollte doch möglichkeiten finden, dass selbst die Privatwirtschaft mit der Armee zusammen arbeitet! Sicher die Schweiz hat keine grosse Rüstungindustrie! Aber die möglichkeit besteht, dass es sie geben könnte! Die Schweiz sollte sich da die Amerikaner als Vorbild nehmen! Dort wird seitens der Armee mit einigen Hochschulen zusammengearbeitet, ob bei Kommunikationstechnik oder Waffentechnik! Dies wäremal ein Ansatz zur Kostenreduktion!

  6. Andreas E. Thomann sagt:

    Als Oblt a D, aber nach wie vor in verschiedenen Gremien in der Sicherheitspolitik und für den Erhalt einer wirksamen und effizienten Milizarmee engagiert und verpflichtet, möchte ich den heute einzig brauchbaren Grundsatz zur aktuellen Schweizer-Armee festhalten: Die aktuelle Situation, in der sich die Schweizer Armee befindet, ist eine reine politische Angelegenheit.
    Der verantwortungsbewusste Stimmbürger wird an den nächsten Wahlen im kommenden Herbst die einzigartige Gelegenheit erhalten, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen, indem unhaltbare “Volksvertreter” ungeachtet ihrer Parteizugehörigkeit, ganz einfach a b g e w ä h l t werden. Nur so werden wir die
    Thematik Sicherheitspolitik und Armee XXI irgendwann wieder in Griff kriegen.
    Die Einstellung zu Sicherheit, Freiheit und Unabhängigkeit verschiedenster “profilierter” Politiker ist heute ganz einfach unhaltbar und eine Frechheit, und diesem Umstand muss nun mit aller Härte und Konsequenz Einhalt geboten werden. Fazit: An den nächsten Wahlen unbedingt an die Urne. Es sind leider nicht nur Einzelne, welche “abgewählt”, “weggewählt” werden müssen, sondern bereits zu viele!, Tendenz zunehmend. Geldgier, Profit, und Selbstverherrlichung bestimmen heute die Marschrichtung. Dies können wir korrigieren, indem wir die entscheidende Mehrheit finden und zusammenbringen. A.T.

Kommentare sind geschlossen.