Bericht aus Peking: Konflikt mit Japan
Ich möchte hier meiner Meinung Ausdruck verleihen, dass je nach der weiteren Entwicklung der von Ihnen in Ihrem Jahresbericht dargestellten politischen und wirtschaftlichen Lage Europas in den kommenden Jahren auch in unserem näheren europäischen Umfeld wieder ein eigentlicher bewaffneter Konflikt ausbrechen kann. Wenn man das unserem Volk klar macht, glauben wahrscheinlich nicht mehr so viele Wehrmänner, ihr Dienst trage nicht zur Sicherheit des Landes bei.
von Gotthard Frick
Ich bin soeben von einem mehrwöchigen Aufenthalt aus China zurückgekehrt und habe dort erlebt, wie sich innert weniger Monate aus einer friedlichen Stimmung heraus eine kriegerische Spannung aufbauen kann, die zu höchst emotionalen, nationalistischen, von Hass auf die Gegenseite geprägten Meinungsäusserungen auf der Stufe der einfachen Bürger auf beiden Seiten führen kann. Forderungen, wie „China solle das Problem Japan ein für alle mal mit einem Atomschlag lösen„, sprechen da eine so klare Sprache wie des Plakat an einem Restaurant in Beijing, das sagte „Zutritt für Japaner, Vietnamesen, Filipinos und Hunde verboten„.
Aber auch die Menschen, die den Anspruch Japans unterstützen, drücken sich gleich aus.
Da täglich Schiffe der Marine und Kampfflugzeuge beider Parteien im umstrittenen Gebiet unterwegs sind, kann angesichts dieser emotionalen Lage ein kleiner Zwischenfall leicht zu einem Krieg führen.
Und wenn selbst chinesische Parteizeitungen, unter Hinweis auf den von der Armeeführung erstmals erlassenen Befehl an die 2.5 Millionen Mann starke Volksbefreiungsarmee, sich für einen Krieg vorzubereiten, einen Krieg für möglich halten, muss uns das zu denken geben.
Ein Krieg in Ostasien würde uns wahrscheinlich nicht direkt berühren, aber da das Südchinesische Meer die Wasserstrasse mit dem höchsten Verkehrsaufkommen weltweit ist und da die Wirtschaft dort stark beeinträchtigt würde, würden wir die indirekten Folgen zu spüren bekommen. Und was ein Krieg in einer Weltgegend an weiteren Entwicklungen alles auslösen kann, kann man sich auch gut vorstellen.
Das Bespiel zeigt, wie rasch sich die politische Grosswetterlage verändern kann. Wer kann eine solche Entwicklung in Europa ausschliessen?