Bundesrat Maurer setzt Verkauf der Tiger aus

Bundesrat Maurer setzt Verkauf der Tiger aus

Eine Modernisierung der alten Tiger­ Flotte der Schweizer Luftwaffe ist nach dem Ständerat auch im Nationalrat ein Thema. Gestern hat Bundesrat und Ver­teidigungsminister Ueli Maurer (SVP) der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats versprochen, er werde vorläufig keine Tiger F­5 verkaufen oder ausser Dienst stellen – und zwar so lange, bis zusätzliche Abklärungen über eine mögliche Aufrüstung und Weiterverwendung getroffen worden sind. Die Resultate dieser Abklärungen sollen in einen «Konzeptbericht dritte Dimension» einfliessen, also in eine Planung über die Anforderungen an die Schweizer Luftwaffe. Maurer hat an der gestrigen Sitzung der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK) weiter gesagt, über eine Ausserdienststellung der Tiger werde erst entschieden, wenn neben dem Konzeptionsbericht auch eine Auslegeordnung über die Beschaffung neuer Rüstungsgüter vorliege sowie die Botschaft über die Weiterentwicklung der Armee (WEA). Über diesen Sach­ verhalt informierte der neue SIK­ Präsident, Nationalrat Thomas Hurter (SVP), gestern vor den Medien.
von Beni Gafner, BaZ vom 25.06.2014, Seite 4
SVP korrigiert Haltung Maurers
Die Basler Zeitung berichtete vor 14 Tagen erstmals über die Möglichkeit einer vergleichsweise kostengünstigen Aufrüstung von Tiger Kampfflugzeugen, wie sie beispielsweise in Brasilien umgesetzt wurde. Dort wurde ein Upgradeprogramm mit neuem Radar, neuen Lenkwaffen und moderner Avionik letztes Jahr abgeschlossen, und zwar zu einem deutlich tieferen Preis, als ihn das Verteidigungsdepartement (VBS) in einer Studie vor wenigen Jahren errechnet hatte. Das VBS nannte damals Kosten von mindestens einer Milliarde Franken. Über die Möglichkeit einer Aufrüstung der Tiger F­5 erkundigte sich zuletzt auch der halbe Ständerat. 23 Ratsmitglieder unterschrieben eine Interpellation des Urner CVP-Sicherheitspolitikers Isidor Baumann. Der Bundesrat hat die Fragen Baumanns bis Herbst zu beantworten. Mit der Ankündigung Maurers in der Nationalrat-SIK ist der rasche Verkauf von 18 Tiger F­5 an die USA vorerst einmal vom Tisch. Gemäss ursprünglicher Absicht des VBS-Chefs Maurer sollten diese noch im Herbst zum Stückpreis von einer halben Million Franken veräussert werden. Die übrigen 36 Tiger wollte er im Jahr 2016 vom Himmel holen. Für eine Weiterverwendung der Tiger­Jets ausgesprochen hatte sich zuletzt auch Maurers Partei, die SVP. «Der Tiger soll zu Ausbildungszwecken, Luft­ polizeiaufgaben und als Zieldarstellung weiterhin für den Luftkampf eingesetzt werden», forderte etwa SVP­Fraktions­ präsident Adrian Amstutz letzte Woche.
Mehr Geld für die Armee
Ein deutliches Signal sandte die SIK gestern auch an jene aus, die nach dem Nein zum Gripen an der Urne schon den nächsten Armee-Abbau gefordert hatten. Mit einer Kommissionsmotion verlangt die SIK, dass der Bundesrat das Rüstungsprogramm 2015 mit einem Rüstungsprogramm «15+» ergänzt. Damit sollen Ausrüstungslücken bei den Bodentruppen geschlossen werden. Mit Blick auf Bundes­ und Armeefinanzen hiesse dies, dass die Armee weiterhin auf einem Planungsplafond von jährlich fünf Milliarden Franken basieren kann.
Damit verlangt die Kommissions­ mehrheit von CVP, FDP und SVP, dass die Gripen-Gelder trotz Nein zum Gripen­Fondsgesetz bei der Armee bleiben sollen. Die SIK stellt sich hier somit erneut gegen den Bundesrat. Dieser hatte den Armee-Plafond wiederholt tiefer angesetzt, als das Parlament vor­gab. Nach der Gripen­Abstimmung be­schloss der Bundesrat, dass von 2014 bis 2016 insgesamt 800 Millionen der für den Gripen eingeplanten Gelder an­ deren Departementen zur Verfügung stehen sollen. Stimmen die Räte der SIK-Motion zu, muss der Bundesrat die Ergänzung zum Rüstungsprogramm 2015 bis Februar vorlegen und die Gripengelder können kurzfristig für die Armee verwendet werden.

 

Kommentare: 9

  1. Kurt Anton Brugger sagt:

    Hallo Giardinos,
    Der CVBS ist gut beraten, wenn er in dieser verfahrenen Situation eine gründliche Lagebeurteilung anordnet, alle Optionen prüft, einen Marschhalt einschaltet, die aktuelle Situation beruhigt und erst zum richtigen Zeitpunkt seine definitiven Entscheide anordnet.
    Bis es soweit ist, wird er (hoffentlich) die Transparenz zu diesem Geschäft verbessern. Nach der verlorenen Abstimmung hat die Oeffentlichkeit Anspruch auf schnelle und vollständige Information.
    Den Politikern (vor allem den selbsternannten Luftwaffen-Experten) wünsche ich die Einsicht, weise und zurückhaltend abzuwarten was im VBS entschieden wird.

  2. Matthias Kuhn sagt:

    Es ist wahr, dass viel Verwirrendes geschah im Umfeld der Gripen-Beschaffung. Was da teilweise an Halbwahrheiten und Polemik kursierte, war schon ziemlich heftig. Fast tragisch-witzig muten einige Kommentare an, die aus der Ecke kommen, die z.B. mit der F35 liebäugeln. Hierzu folgender Link: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/f-35-lightning-neuer-us-kampfjet-kostet-unsummen-a-541002.html
    Ein Phänomen, das auch (manchmal fast hartnäckig) auftauchte war die Favorisierung russischer Kampfjets. Doch wer sich unvoreingenommen, seriös und umfassend mit dieser Thematik befasst wird bald einmal feststellen, dass die Anschaffung solcher Flugzeuge in einem finanziellen Fiasko enden würde. Deutschland hatte genau aus diesem Grund die Mig29 ausser Dienst gestellt!
    Was sehr schade ist in unserer heutigen Gesellschaft, dass viele nicht mehr zu wissen scheinen, wie man in Achtung und Respekt miteinander umgeht. -Ist wohl eine Frucht der antitautoritären Erziehung… Wie soll jemand wissen, was sich gehört, wenn es ihm nicht beigebracht wird?!
    Zum Thema Tiger-Aufrüstung: Es gibt doch tatsächlich Leute, die sich wundern, weshalb ein solches Life-Extension-Programm hierzulande mehr kosten würde, als in Brasilien! Es sollte doch allgemein bekannt sein, dass Preise und Löhne bei uns wohl mehr als doppelt so hoch sind. Könnte es demzufolge sein, dass die Unterstellungen, die in diesem Zusammenhang an die Adresse des VBS gemacht werden nochmals überdacht werden müssten?
    Gemäss einem Zeitungsbericht hätte das Upgrade unserer Tiger F5 ca. 20Mio. pro Stück gekostet. Hierzu ein Gedankenanstoss: Die JF-17 Thunder kostet NEU ca. gleichviel und ist deutlich leistungsfähiger. (Nicht nur der „Motor“) Vor allem hätte sie auch eine etwa doppelt so lange Lebensdauer… Wurde diese Option vom VBS schon geprüft?
    Zum Stichwort Leistungsfähig: Was mir auffiel bei den ganzen Forenbeiträgen ist die Tatsache, dass viele Leute immer noch die Vorstellung zu haben scheinen, dass die sogenannte Leistungsfähigkeit eines Kampfjets sich anhand der flugtechnischen Daten und allenfalls der Waffenzuladung orientiert. Mit anderen Worten: Sie orientieren sich immer noch an einer Auslegung, die zur Zeit des kalten Krieges Massstab war. Zu diesem Thema kam in der Fachzeitschrift „Cockpit“ ein exzellenter Beitrag über den Gripen, der genau diese Zusammenhänge sauber, fachlich und fundiert darlegte.
    Kampfjetenthusiasten scheint (noch) nicht bewusst zu sein, dass die von ihnen bevorzugten Flugzeuge typische Angriffs-Plattformen sind. (Oder soll ich sagen: Aggressoren?)
    Der Gripen ist ganz klar als Verteidiger ausgelegt und wäre darum hervorragend geeignet für unsere Bedürfnisse.
    Nun ja; er ist knapp abglehnt worden. – Dabei darf nicht vergessen werden: KNAPP!!! Man darf gespannt sein, was die Analyse von VBS und Parlament ergibt.
    Noch ein Kommentar zur SIK: Es verwundert mich, was eine gewisse Exponentin der SP dort verloren hat. Sie dürfte wohl kaum über ein vertieftes Fachverständnis für Militärsrategische Zusammenhänge verfügen.
    Da sich die SP vor ein paar Jahren die Armeeabschaffung zum Ziel gesetzt hat, dürfte wohl klar sein, woher der Wind weht…

    • Hans Ulrich Suter sagt:

      Ich denke nicht, dass man die Diskussion russischer Kampfflugzeuge unter rein technischem Aspekt behandeln muss. Dass man anfängt sich dafür zu interessieren liegt daran, dass die NATO sich von einem reinen Verteidigungsbündnis zu einer globaler überall-aber-nirgends-richtig-Eingreiftruppe verwandelt hat. Und die zu nahe Verbandlung mit der NATO auch gerade in hohen Offizierskreisen steht im krassen Gegensatz zu der „Volksmeinung“ die immer mehr sich von der NATO distanziert. In dem Umfeld sucht man neue Waffenlieferanten und auch Verbündete, daher ist es logisch, dass man über russiche Kampfflugzeuge nachdenkt. Ich bin erstaunt, dass man in dem Zusammenhang Taiwan, Brasilien und Israel übersieht, die alle auch zumindestens interessantes zu beiten hätten. Daher sind die Nichtfachleute hier schon eigentlich weiter als das VBS, dass dann natürlich mit seinem durch Scheuklappen-Wissen marginalisiert wird.
      Daher vermute ich, dass man langfristig darüber nachdenken muss, wie man die Armee aus der Bundesaufsicht löst. Ich glaube aber auch, dass man rusische Kampfflugzeuge, da alle Industriestandards anders isnd als in Europa, in der Schweiz nicht verwenden kann, aber das sind Ueberlegungen, die nach der Evaluation und nicht vorher gemacht werden. Ich bin natürlich auch erstaunt, wenn so was von Ihnen (Mig-29: Kosten) oder von mir gesagt werden muss und nicht vom VBS kommt.

  3. Urs Tischhauser sagt:

    Wir müssen jetzt nicht darüber lamentieren, was zum Absturz des Gripen geführt hat. Ob er das ideale oder nur das drittbeste Flugzeug der vorgenommenen Evaluation war. Ob er knapp oder sogar sehr knapp keine Mehrheit fand. All dies interssiert nur noch die Historiker.
    Es dürfte aber jedermann klar sein, dass die heute vorhandenen 42 FA-18 Jets nie und nimmer für alle durch die Luftwaffe durchzuführenden Flüge ausreichend sind. Damit künftig die Luftwaffe auch noch Piloten ausbilden kann – und dafür muss man mit Verlaub kein Luftwaffenspezialist sein – ist dieser Bestand absolut ungenügend. Denn sonst nehmen wir die FA-18 auch früher ausser Dienst.
    Also ist der Marschhalt bei Veräusserung unserer schon stark reduzierten Tigerflotte höchstes Gebot. Die „Berner“ sind bekannt für ihre Langsamkeit. Aber, nun ist diese Message – Gott sei Lob und Dank – selbst dort angekommen!

  4. Walter Häcki sagt:

    Nach der Tat hält der Schweizer Rat.
    Die Tat bestand darin, dass man die Grippenabstimmung auf Druck der SP und anderen Armeegegnern im Parlament überhaupt ermöglichte.
    Man wollte dem CVBS Br Ueli Maurer den Grippenerfolg nicht gönnen.

  5. Kurt Brugger sagt:

    @Urs Tischhauser, einiges in Ihrem Beitrag hat seine Berechtigung, deckt sich aber nicht mit dem was vernünftigerweise nach einer verlorenen Abstimmung unumgänglich ist: „Uebungsbesprechung“
    1. Alle Fakten analysieren die zum Misserfolg geführt haben.
    2. Die Verantwortlichen benennen, oder besser sie benennen sich selber.
    3. Lehren daraus ziehen.
    4. Die nächste Rüstungsvorlage (Argumentation und Kommunikation)geeint, professionel und überzeugend vertreten und damit mehrheisfähig machen.
    Falls es sich um einen Kampfflieger handeln sollte, können Sie vorher (während der Evaluation) Ihre Kenntnisse einbrinen.

  6. Ueli Gruber sagt:

    @Kurt Brugger: In den nächsten Jahren werden in den Rüstungsprogrammen nur Güter durchkommen, die für subsidiäre Einsätze geeignet sind:
    – AC Material
    – Motorspritzen un Feuerwehrschläuche
    – Transportfz und -heli
    – Uem Mat
    Alles Schwere für den Vtg Einsatz (Panzerabwehr, Bogenfeuer, …) wird keine Chance mehr haben, resp. das VBS bringt das erst gar nicht, weil es nichts mehr fürchtet als eine erneute Niederlage.
    Allenfalls Chancen hat noch die neue Flab, weil der GLP Fläbler während der Gripen Diskussion ja mit stoischer Ignoranz stetig behauptet hat, dass es genau das brauche und nicht ein Flugzeug.

  7. Urs Tischhauser sagt:

    Lieber Herr Brugger
    Wir haben die von Ihnen eingebrachte Übungsbesprechung bereits andernorts unter dem Hauptthema Gripenbeschaffung auf diesem Forum diskutiert. Dass das Debakel Konsequenzen haben müsste, steht ausser Zweifel.
    Hier ist das Thema Ausserdienststellung der Tigerflotte. Ganz klar, darf diese wie auch anderes schweres Material nicht einfach verkauft, verschenkt oder verschrottet werden. Wenn wir künftig unsere Armee nicht mehr ausrüsten und ausbilden können, dann können wir uns mittels Parlamentsbeschluss vielleicht auch noch selber auflösen…..

  8. Fritz Kälin sagt:

    Hier noch eine weitere Stimme zur Frage, ob bzw. wie gut man Flugzeugzellen ‚am Leben halten‘ kann (ab 10./11. Minute, das Video ist aber auch sonst interessant).
    https://www.youtube.com/watch?v=8kssZua8MVc&index=2&list=PL88EAA52C61C2C525

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