Das Ende der Festungsartillerie
Die Armee stellt die noch verbliebenen Bisonbatterien und Festungsartillerie ausser Dienst. Der Chef des Eidg. Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hat den Bundesrat an der heutigen Sitzung über diesen Entscheid informiert. Damit setzt Bundesrat Ueli Maurer einen Aspekt der Weiterentwicklung der Armee um, der im Sicherheitspolitischen Bericht 2010 konkret genannt ist. Bestehende moderne permanente Anlagen, welche für militärische Führungsaufgaben nötig sind, sind nicht betroffen.
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Die Gruppe GIARDINO ist enttäuscht von diesem Entscheid. Die Schweiz gibt ein System auf, welches stark zur Dissuasion beigetragen hat. Es ist uns zudem nicht klar, wie ein “Aspekt der Weiterentwicklung der Armee” umgesetzt werden kann, der noch nicht einmal in der kommenden parlamentarischen Debatte über den Armeebericht zur Sprache gekommen ist. Weiter ist zu fragen, wieso denn die Munition plötzlich nicht mehr vorhanden sein soll?
Kommentare: 13
Wieder so ein unsinniger Abbau-Entscheid. Weshalb sollen die funktionsfähigen und im Konfliktfall sehr nützlichen Systeme nun einfach abgeschafft werden?
Die ganze Diskussion um Zweck, Aufgabe und Auftrag der Armee hat keinen Sinn, wenn gleichzeitig materielle Tatsachen geschaffen werden, die kaum rückgängig zu machen sind.
Als Offizier sagt man da “Übung halt” – erst einmal das ganze vom richtigen Ende her aufrollen: Erst der Auftrag, dann die Mittel dazu.
Aber eben, die Politik (bzw. die Parteien links der SVP) sehen die Armee in erster Linie als Steinbruch.
Sie haben Recht. Zuerst müsste die Bedrohung analysiert werden, dann davon abgeleitet der Auftrag formuliert und am Schluss des Prozesses die entsprechenden Mittel gesprochen werden. Aber: Die Vorstellungen einer Verteidigungsarmee à la SVP sind in einer Welt von Abstandswaffen, überragender Bedeutung der Luftmittel und von Massenvernichtungswaffen völlig realitätsfremd. Was wir u.a. brauchen ist eine funktionierende Raketenabwehr und taugliche Luftabwehrmittel. Diese Bedrohungsformen dürften in nicht allzu ferner Zukunft zunehmend akuter werden. Für den Bodenkampf hätte aber die gebaute Fest Art schon noch eine gewisse Nützlichkeit an den Tag legen können. Eine relativ kostengünstige Einmottung bzw. regelmässige Instandhaltung wäre wohl die beste Lösung gewesen.
Apropos Steinbruch: Wenn es um Anlässe wie Lauberhornrennen, Schwingfeste etc. geht, die der SVP ideologisch nahe stehen, hat diese Partei via ihre Bundesräte auch überhaupt keine Hemmungen sich bei der Armee im Selbstbedienungsverfahren zu bedienen. Nebst dem, dass diese Einsätze genau gar nichts mit dem Auftrag der Armee zu tun haben, sind sie auch weit unter der Würde des Soldaten und stellen verpönte Zwangsarbeit zu Gunsten Privater dar.
Die Argumente der Armeeabschaffer (VBS, GSOA, etc.) erschöpfen sich immer mehr in Behauptungen, die auf die Schnelle nicht nachgeprüft werden können: Keine Munition mehr, keine Ersatzteile mehr, zu teure Unterhaltkosten etc. Eine neue Verteidigungsgoktrin ist nicht ersichtlich, ein substanzieller Personalabbau im VBS ebensowenig.
Dass die Festungsartillerie überdacht werden musste, wurde schon im Buch “Erinnerungen an die Armee 61” festgestellt (S.88). Immerhin verbleiben für den Autor als Ingenieur das geschütztechnisch hervorragende Resultat der BISON, die bezüglich Reichweite sicher immer noch die unübertroffen beste Rohrwaffe der Welt sein dürfte. Dieses Know how lebt gottseidank in der Firma RUAG LANDSYSTEMS in Thun weiter.
Zum Thema Ersatzteile: Überall dort, wo dieses Argument gebraucht wird, kann der Autor mit Sicherheit feststellen, dass stets (F/A-18 bin ich nicht sicher) genügend Ersatzteile beschafft worden sind um auch eine überlange Lebensdauer sicher zu stellen. Meine direkte berufliche Verwicklung in verschiedene wichtige Rüstungsprojekte der Armee 61 (und mehr hat auch die AXXI nicht beschafft!) lassen mich diese Feststellung machen.
Man kann uns Alten vorwerfen, dass unser Kurzzeitgedächtnis, medizinisch nachgewiesen, mit zunehmendem Alter gelitten hat, nicht jedoch unser Langzeitgedächtnis!
Ich begrüsse den Entscheid. Die Armee braucht die vorhandenen finanziellen Mittel für moderne Kriegstechnik. Die abschreckende Wirkung (Dissuasion) der Festungsartillerie ist spätestens seit Bora Bora Geschichte. Jedoch weiss man bereits seit dem 2. Weltkrieg, dass Festungssysteme nichts bringen. Man denke nur an die Maginotlinie oder den Atlantikwall. Mit Bunker brechenden Waffen werden Festungen zum Sarg. Ausserdem können Bergfestungen nicht verhindern, dass ein Angreifer das Mittelland und die grossen Städte in Schutt und Asche legt. Wir brauchen vorallem eine starke Luftwaffe um Bombardierungen wie in Dresden, Köln, Berlin, Bagdad usw. erschweren zu können, Kampfhubschrauber für Sondereinsätze und mechanisierte Truppen um schnell von einem Einsatzort zum nächsten zu gelangen. Auch Mehrfachraketenwerfer wären meiner Ansicht nach aufgrund ihrer Feuerkraft geeignet um grössere Flächen, wie sie im Mittelland verbreitet sind, zu verteidigen. Jedenfalls besser als die alten M109-Panzerhaubitzen.
@Müller
Wenn die Mehrfachraketenwerfer, die Kampfhelikopter und die Kampfflugzeuge da wären und ich sie anfassen könnte, damit ich weiss dass ich nicht träume, dann könnte ich mit Ihnen einverstanden sein, wenn nicht folgendes auch noch wäre:
1.) Die Maginot-Linie wurde nie durchbrochen und wenn sie die Photos der im Stau stehenden deutschen Wehrmacht 1940 in den Ardennen gesehen haben, wissen sie, dass die Franzosen nicht zuviel Festungsartillerie, sondern zuwenig davon hatten (oder am falschen Ort).
2.) Das Schlachtschiff Blücher wurde genau von so einer “veralteten” Festungsartillerie (oder waren es Torpedo-Abschussrohre) versenkt (wollen die Leute nicht wissen ich weiss schon) und damit war aber das Ende der deutschen Uebrseekriegsführung eingeleitet.
3.) Ich wäre wirklich nicht gerne dabei gewesen, als man in der Normandie landen musste. Wenn die
Verlustzahlen von D-Day nicht dissuasiv sind, was denn dann?
4.) Natürlich machen auch Festungsmörser eine Entwicklung durch. Wenn Sie sie automatisieren so würde ein Angriff mit einer (übrigens extrem teuren) “intelligenten” Bombe bei uns kein personeller Schaden anrichten, die Bodentruppen, die das Ziel aber beleuchten müssen und das anfliegende Bomberflugzeug sind dafür sehr attraktive Ziele für eine Verteidigungsarmee, und man sieht man braucht sowohl high-Tech gegen Flugzeuge, wie auch ortskundige “Jäger”-Einheiten die diese Zielmarkierer abfangen. Das heisst die Baukosten müssen gegen die Kosten der “Bomben” aufgewogen werden, also Beton gegen Computer, das ist einfach ausserdem haben wir mehr als genug Beton!
Die Maginotlinie wurde umgangen. Was meinen sie was geschieht, wenn sich unsere Pfadfindertruppe in den Bergen versteckt? Dann werden als erstes die Städte und das Mittelland besetzt und anschliessend gehts den Leuten in den Bergen so ähnlich wie den Taliban rund um Bora Bora an den Kragen. Ich würde den Berglern den Nachschub abstellen und warten bis ihnen die Nahrung ausgeht. Dann kann man vor den Toren ihrer Festungen warten bis sie mit erhobenen Händen herauskommen. Um die Sache zu beschleunigen könnte man die Festungen auch ausräuchern.
Zu Ihren Ausführungen bezüglich Invasion in der Normandie, haben Sie mitbekommen, dass sich die Kriegstechnik inzwischen weiterentwickelt hat. Heute kann man Bunker gezielt aus der Luft knacken bevor man mit Bodentruppen angreift. Das ist nicht mehr so wie früher als man noch mit verhältnismässig langsamen Probellerflugzeugen Angriffe geflogen hat.
Das Problem vom Festungen ist folgendes:
1. Sie können umgangen werden
2. Bislang wurde noch jede Festung geknackt
3. Sie ermöglichen keine flexible und umfassende Verteidigung
4. Mauern sind da um überwunden zu werden
Wenn der Wind weht bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen. Was ist besser?
Zitat – „Der Entscheid bedeutet auch, dass die Festungsartillerie Abteilung 13 (Fest Art Abt 13) dieses Jahr den letzten Wiederholungskurs in ihrer angestammten Funktion absolvieren wird“.
Wenn man schon immer wieder von sparen spricht, würde mich interessieren weshalb hat man den Mut nicht diesen letzten WK der Festungsartillerie Abteilung 13 schlicht und einfach abzustreichen. Ich kann mich gut vorstellen dass in diesem WK nebst der Kameradschaftspflege nicht viel Positives geschehen wird… Einmal mehr ist das VBS inkonsequent. Ich habe auch schon Auflösung von Einheiten erlebt vor ca 15 Jahren und mag mich gut erinnern wie die Stimmung und das Arbeitsprogramm sehr locker angegangen wurden aber eben, dazumal, waren noch die Finanzen vorhanden
Die besondere Topografie unseres Landes ist seit jeher ein Hauptpfeiler der Schweizer Landesverteidigung. Dem Festungswesen kam in der Vergangenheit im Verbund mit den beweglichen Einheiten der Armee stets eine hohe Bedeutung bei der Abwehrwirkung zu. Der Stellenwert des Festungswesens müsste deshalb von Militär und Politik ernsthafter untersucht werden. Auch intelligente Waffen müssen nämlich zuerst ein Punktziel erreichen, bevor sie es treffen können. Zusammen mit einer effizienten Luftverteidigung, die auch gegen Luft-Boden-Abstandswaffen schützen kann, sind moderne Festungsanlagen für verschiedene Einsatzzwecke nach meiner Meinung miiltärisch durchaus sinnvoll. Als Beispiele neuer Anwendungen wären zu erwähnen: Stützpunkte für Kampf- und Transporthelikopter, Abschuss-Anlagen und weitere Installationen der Boden-Luft-Flugabwehr bzw. Raketenabwehr.
Ja ok, Ich kann diesen Entscheid noch nachvollziehen. Festungen haben spätestens seit Verwendung von Präzisionswaffen stark an nutzen verlohren. Aber die Armee muss sich jetzt überlegen, wie die Artillerie (PZ Haubitze M109) in der Zukunft der Schweizer Armee Bestand hat. Die Rede ist ja auch von einer nochmaligen Reduktion bis hin zum kompletten! Verzicht. Für mich wäre ein solcher Entscheid katastrophal. Artillerie hat auch in einem modernen Konflikt seinen enorm wichtigen Nutzen. Sie ist als Feuerunterstützung für grosse Reichweiten enorm wichtig. Und da muss die Artillerie , da die Festungsartillerie nun aufgelöst wird, auch entsprechend modernisiert , oder ersetzt, (wie angesprochen durch Raketenwerfer) werden. Es darf nicht sein, das dauernd Systeme aufgelöst, nicht aber ersetzt werden. So haben wir, wie durch die SIK Ständerat angedeutet, bald eine reine Überwachungsarmee mit Priorität Nr.1, Unterstützung der zivilen Behörden.. Es kann aber nicht sein, das die Armee ihre wichtigste Aufgabe, den Schutz der Bevölkerung bei schwerwiegenden Bedrohungen nicht zuoberst auf ihrer Liste hat! Die Schweiz hat und will eine Armee, sie kostet nun mal sehr viel Geld, aber die ganze Sicherheit haftet bei Konflikten an diesem EINZIGEN Sicherheits-Instrument. Nacher kommt nichts mehr, wenn die Armee versagt ist es vorbei mit Wohlstand und Eigenständigkeit usw. Es ist vorbei mit allem was in der Schweiz immer so hoch angepriesen wird. Ob je ein Panzer, ein Kampflugzeug usw. gebraucht wird, um das geht es nicht. Solange die Schweizer Bevölkerung hinter der Armee steht, muss zu einer funktionierenden Armee ein sinnvoller Grundstock aller Ausrüstung vorhanden sein, die auch beim Gefecht der verbundenen Waffe benötigt werden. Die Bereischaft einen Krieg zu führen ist ein Ablauf der permanent und dauernd beübt werden muss. Man kann nicht da mal einen Panzer auflösen und da mal ein Flugabwehrsystem und dann auf deren Ersatz rein aus Wille oder Geldmangel verzichten. Moderne Systeme können nicht von heute auf morgen beschafft werden, von jahrelangen Vorwarnzeiten halte ich gar nichts!
Punkt ist: Solange die Schweiz eine Armee hat, muss sie entsprechend ausgerüstet sein und das auch für den Fall eines militärischen Angriffs. Und sonst muss uns die Politik mitteilen, das der Schutz der Schweiz und ihrer Bevölkerung, (bewusst) nicht mehr gewährleistet werden kann. Und dann muss das Volk entscheiden, ob sie damit zufrieden sind.
Was jetzt passiert ist einfach tragisch. Es wird endlich seit langem diskutiert wie wir zu einer besseren ung gut ausgerüsteten Armee kommen können, und mit dem Entscheid mit 100000 ADAs auszukommen wird bereits wieder ein Entscheid gefällt bei dem man jetzt schön weiss, dass diese Anzahl nirgends wohin reicht und nicht mal die Durchhaltefähigkeit gesichert ist. Für was diskutiert man überhaupt noch???
Träumen sie weiter, lieber Herr Müller.
Offenbar haben sie aus der Geschichte nichts
gelernt.
Mit freundlichen Grüssen
@Müller
Ihre Ausführungen zur Maginot-Linie sind einfach so nicht richtig. Nochmals: Wenn die Bison-Stellungen nicht besetzt sind, weil automatisch, dann gibt es keine Verluste, aber der potentielle Feind muss sie zerstören, was für ihn einen grossen Aufwand bedeute. Sogar als Laie sieht man das, warum dann nicht die militärisch so gebildeten Leute vom VBS?
Apropos gebildet: Bora Bora ist ein (sehr schlechtes) Lied von Tony Marshall, ein Musikinstrument oder eine Inselgruppe in Französisch-Polynesien (Südpazifik) (übrigens mit alten Bunkern die nie erobert wurden).
Sie meinen “Tora Bora” und zum Afghanistan-Krieg sage ich lieber nichts…
Der militärische Wert von Windmühlen erschliesst sich mir nicht.
zu A. Müller:
Wir hatten die Verteidigungslinien im Mittelland,aber Sie wissen es leider nicht. Die gingen vom Bodensee bis Genf. Da hatten wir JENSTE Abwehrmöglichkeiten, für den Nordwesten. Diese Stellungen konnten nicht ohne weiteres überrannt werden, oder dann nur eine einzelne. Und dahinter folgte die nächste. Bis ein Angreifer in Nähe der Bergfestungen gekommen wäre, hätte er jedes einzelne Tal separat aufrollen müssen. Das wäre für einen Gegner unglaublich schwierig gewesen. Und zu ToraBora ist nur zu sagen, dass niemand aus diesen Löchern herausgekommen ist und abgeschossen werden konnte. Das ist einfach Quatsch Herr Müller! Und mit der Schweiz und was sie aufgebaut hat mit wenig Mitteln notabene, absolut nicht zu vergleichen. Bin Laden wurde je erst vor ein paar Wochen gefunden und nicht bei ToraBora. Sparen Sie sich also Ihre unfundierten Kommentare!
Funktionierende, hochwertige Verteidigungsanlagen im Wert von ca. 1.Mia CHF* werden aufgegeben, obwohl Abbau und Entsorgung bedeutend teurer sind als der Unterhalt. Klingt nicht gerade nach einer Sparübung. Welche Absicht steckt wirklich dahinter? Mir scheint, als wollte eine politische Mehrheit in Bern das ‘réduit in den Köpfen’ dadurch überwinden, indem sie das réduit in den Bergen demontiert. Wir Schweizer sollen nicht mehr im Stillen darauf vertrauen können, dass wir im Ernstfall noch einen ‘Plan B’ haben, sondern sollen das Gefühl bekommen, wir seien auf Gedeih und Verderb auf ‘Sicherheit durch Kooperation (und Abhängigkeit)’ angewiesen. Oder mit anderen Worten: wenn es darum geht, den Kampfwert unserer Armee zu senken, werden dafür sogar Mehrkosten in Kauf genommen.
PS: Die Führungsbunker sind davon interessanterweise nicht betroffen. Wenn es um das eigene, leibliche Wohl im Krisen- und Kriegsfall geht, erscheint den obersten Verantwortlichen ein paar Meter Stahlbeton und Felsgranit über ihren Köpfen doch nicht so ‘überholt’…
*Oberst i Gst Stadlin, ASMZ 09/2010, S. 8-9.
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