Deutschland: Desaster mit Ansage

Deutschland: Desaster mit Ansage

Kein Tag vergeht ohne Neuigkeiten über den deprimierenden Zustand der deutschen Streitkräfte. Der Bürger erfährt von Flugzeugen, die nicht fliegen. Er liest von Gewehren, die nicht geradeaus schießen. Er sieht eine Ministerin, die ein Gutachten über die Rüstungsbeschaffung in Händen hält, das zu der Erkenntnis gelangt: alles zu schlecht, zu teuer, zu spät. Wenn ein privater Verbraucher ein mangelhaftes Auto kauft, kann er Preisnachlass verlangen oder die Abnahme verweigern. Das Bundesministerium der Verteidigung kann das nicht. Es verwendet zur Bestellung von Panzern Musterverträge aus dem hauseigenen Intranet, die vielleicht zu den Flachbildfernsehern passen, mit denen Ursula von der Leyen die Kasernen ausstatten will. Aber sicher nicht für die Bestellung von Multi-Millionen-Euro-High-Tech. […]
Was bei den Soldaten für Wut sorgt, ist die geheuchelte Überraschung derer, die in Bundesregierung und Bundestag die Verantwortung für die heruntergewirtschaftete Armee tragen. Ein Mitglied des Verteidigungsausschusses behauptet, er sei in der parlamentarischen Unterrichtung über die Materialmängel „fast vom Stuhl gefallen“. Der Soldat fragt: Was macht dieser Wehrexperte eigentlich beruflich? […]
Fakt ist: Wer von den Problemen wissen wollte, die bei der Ersatzteilversorgung anfangen und bei der nicht mehr gewährleisteten Bündnisfähigkeit im Rahmen der Nato längst nicht aufhören, der konnte wissen. Sie sind das Ergebnis einer systematischen Demilitarisierung der Bundeswehr, die 1990 ihren Lauf nahm. Sie hat eine finanzielle und eine strategische Dimension.
Beitrag auf welt.de

 

Kommentare: 2

  1. Franz Betschon sagt:

    Die übertriebene Reaktion auf ein Phänomen, das allgemein „westlich“ ist, ist typisch Deutsch! Das Problem ist von der Politik verursacht. Diese wollte „mehr Verantwortung übernehmen“ und liess sich von der Nato-Führungsmacht (USA) alles aufbürden: Auslandeinsätze, überteuertes Material etc.
    Wer jetzt in deutschen Fernsehsendern Strassenbefragungen die Stimmung hört, stellt fest, dass einhellig auf die Verteidigungsministerin eingehauen wird, dabei verdiente sich diese höchstes Lob: Sie hat den Zustand der Bundeswehr erstmals unabhängig untersuchen lassen und öffentlich gemacht. Das Desaster wurde von früheren Ministern angezettelt, beispielsweise der abrupte Übergang zum Freiwilligen Status.
    Nochmals: Die Bundeswehr ist verpolitisiert und hat ihren ursprünglichen Auftrag aus den Augen verloren. Die Verteidigungsministerin bekommt nur für ihre Ehrlichkeit Prügel. Bei uns heisst das „Neue Ehrlichkeit“ will sagen unter „dem Deckel halten“, verdrängen, leugnen, Eisschollen Hüpfen. Bei uns gilt immer noch „Fehlende Substanz durch stramme Haltung ersetzen!“.
    Die Bundeswehr stellt im sog. „Firepower Index“ immer noch den Rang 8, die Schweiz Rang 27. Dieser wäre gelegentlich neu zu untersuchen. Wahrscheinlich würde dann die BW und alle Nato-Partner weiter abrutschen und wahrscheinlich würde demnächst Russland wieder die Nummer eins. Wohlverstanden: Wenn Kampfkraft („Firepower“) und nicht Dienstleistungsqualität beurteilt werden (Gratistransporte, Schneestampfen etc.).

  2. Thomas Vogelsang sagt:

    Könnte man auch für uns Schweizer sagen….

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