Deutschland: Rekruten sollen täglich mindestens acht Stunden Schlaf bekommen

Deutschland: Rekruten sollen täglich mindestens acht Stunden Schlaf bekommen

Wer in der Bundeswehr gedient hat, dürfte vor allem die ersten Wochen als unangenehm in Erinnerung haben: Schlafentzug, brüllende Ausbilder, Dauerlauf im Dunkeln. Doch mit der Schinderei in karger Umgebung ist es offenbar vorbei.
Die nächtliche Ruhezeit beträgt grundsätzlich acht Stunden. Ein Unterschreiten hat die Ausnahme zu bleiben”, so steht es in einer Weisung, mit der das Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr “Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Grundausbildung im Heer” angeordnet hat. Ziel sei, den Rekruten “vom ersten Tag an einen guten Eindruck vom Heer” zu vermitteln. Sie sollten “erkennen, dass sie bei uns willkommen sind”.
Willkommen? Acht Stunden Schlaf? Hunderttausende ehemalige Wehrdienstleistende dürften da nachträglich neidisch werden – zumal die Truppe nun laut Weisung maximal zwei bis vier Rekruten je Stube unterbringen sollte, für deren Einrichtung “das beste verfügbare Mobiliar” zu nutzen sei. Dienstpläne seien so zu gestalten, “dass die Rekruten behutsam an die Belastungen des militärischen Alltags herangeführt werden”. Dies setze “moderate” Dienstzeiten sowie “das Unterlassen überzogener Härten” voraus. […]
Offenbar setzte daraufhin das Nachdenken ein, wie man es dem Nachwuchs künftig angenehmer machen könnte, jedenfalls gab das Verteidigungsministerium kurz danach seine vertrauliche Weisung heraus. Nur der Erfolg lässt auf sich warten: Inzwischen liegt die Abbrecherquote laut Ministerium bei 30,4 Prozent.
Den ganzen Bericht gibt es auf sueddeutsche.de

 

Kommentare: 6

  1. Fritz Kälin sagt:

    Die US-Streitkräfte bekommen auch selten so viele (brauchbare) Freiwillige, wie sie auf dem Papier bräuchten. Dennoch käme es keinem amerikanischen Verteidigungsminister je in den Sinn, z.B. den Drill Instructors des Marinekorps vorzuschreiben, wie sie ihre Arbeit zu verrichten hätten.
    Die deutsche Politik scheint zu meinen, der Soldat des 21. Jahrhunderts sei nur noch ein Beamter in Uniform, der in ‘Krisengebieten’ korrekt und höflich die Rules of Engagement einhält. ‘Postheroischer’ geht gar nicht mehr…
    Womöglich entsteht jetzt auf die Ausbildner der Bundeswehr ein hässlicher ‘Quotendruck’. Wer die Frischlinge zu Soldaten formen will und höhere Dropout-Quoten hat, wird von oben gerügt. Wer hingegen seine Rekruten ihre zivilen Schlendriane weiterleben lässt und wenig Aussteiger generiert, wird gelobt und befördert.

  2. Hans Ulrich Suter sagt:

    Man könnte sich vielleicht freuen, wenn man sieht, wie das wohl grösste Problem Europas, der deutsche und falsch verstandene MIlitarismus (sagen wir mal so deutscher Militarismus, interpretiert von schnauzbärtigen Oesterreichern) sich ins absurde verdreht. Das Problem ist nur, dass das auch bedeuten könnte, dass langfristig das Gewaltmonopol vom Staat weggeht, auch das auftauchen der “unstaatlichen” EU ist da ein schlechtes Omen, Insofern erschrecke ich immer wieder bei solchen Meldungen, andererseits, hatte ich ja auch eine Vorschrift, mindestens 8 Stunden Ruhezeit zu haben, sonst durfte ich nicht hinters Steuerrad, was merkwürdig im Befehl ist, dass steht “nächtliche” Ruhezeit, das ist natürlich nicht das gleiche, aber wir wissen ja: Kriege finden am Tag, aber nicht an den Wochenenden oder religiösen Feiertagen statt.

  3. Fritz Kälin sagt:

    Machiavelli schreibt in seinen “Discorsi” (Erstes Buch, 21. Kapitel):
    “Nachdem Pelopidas und Epaminondas ihre Vaterstadt Theben befreit und das Joch Spartas abgeschüttelt hatten, verzweifelten sie in ihrer Mannhaftigkeit doch nicht daran, das an Knechtschaft gewähnte und verweichlichte Volk wieder kriegerisch zu machen und sich mit den Spartanern im Felde zu messen, ja sogar sie zu besiegen! Jene beiden […] hätten in kurzer Zeit bewiesen, dass nicht nur in Sparta Kriegsmänner geboren werden, sondern überall, wo Menschen zur Welt kommen, wenn sich nur einer findet, der sie zu Soldaten macht […].”
    Wer lieber ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte hat, sei an die Entstehung und die Behauptung des Staates Israel erinnert.
    Es geht hierbei um eine Vorstellung von “Freiheit”, bei der die Freiheit des Individuums untrennbar an die Freiheit der Gemeinschaft gekoppelt ist, der es angehört. Zur Erhaltung der Freiheit des Ganzen sind persönliche Opfer gerechtfertigt und werden nicht als ‘Eingriff in die individuelle Entfaltung’ skandalisiert.

  4. Hans Schmid sagt:

    Die Ruhezeitordnung soll gleich dem Gegner geschickt werden, sonst greift der u U noch an, während die Soldaten schlafen.

  5. René Koller sagt:

    Das ist der Anfang vom Ende einer Armee!
    Wenn man in der Ausbildung auf die weiche Tour setzt, wird das Interesse am Militärdienst bei den jungen Leuten sehr rasch schwinden. Der Erfolg in jeder Armee beginnt mit klaren Zielsetzungen, die auf harte Leistungen getrimmt sind. Ich spreche da aus Erfahrung als Berufsoffizier und Kommandant einer Offiziersschule.
    Erlebnisse und überdurchschnittliche Leistungen stehen bei den Soldaten im Vordergrund. Die vermeintlichen patrotischen Gefühle sind vernachlässigbar.
    Oberst i Gst René Koller, ehem. Kdt Uem OS

  6. Hans Ulrich Suter sagt:

    Vielleicht sollte man auch sagen, dass solche Befehle mehr etwas über die den Befehl erteilenden Offiziere, als über die “verweichlichten” Soldaten aussagt. Es gilt immer noch der Spruch “Führen heisst vorangehen” und wenn man nicht vorlebt, was man befiehlt, so wird das nicht funktionieren, das gilt beim Lehrer oder der Lehrerin (neudeutsch Lehrperson) vor einer Schulklassse, wie auch bei einem Geschäftsführer (neudeutsch CEO) eienr Firma und eben erst recht bei Offizieren, gerade darum ist ja die Ausbildung in einer Milizarmee nicht zu unterschätzen. Das Verteilen von Bologna-Punkten, hohe Solde auszahlen oder Leute anderweitig in Watte einpacken ist wahrscheinlich wirklich sehr kontraproduktiv.

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