Deutschland: Wir brauchen wieder eine Wehrpflicht

Deutschland: Wir brauchen wieder eine Wehrpflicht

Nach dem Zerfall der Sowjetunion setzte sich fest: Deutschland ist von Freunden umgeben, die Aufgabe der Landesverteidigung hat sich erledigt. Diese Annahme war falsch, schreibt der renommierte Sicherheits-Kommentator Karl Feldmeyer in der neuen Ausgabe von Cicero.
Aus dem Bericht der Weise-Kommission zur Struktur der Bundeswehr im Oktober 2010: „Das Ende des Kalten Krieges und der Fall der Mauer haben einen unvorhergesehenen Gewinn an Sicherheit für Deutschland gebracht. Deutschland ist heute umgeben von Partnern, viele der ehemaligen potenziellen Gegner sind heute Mitglieder in EU und NATO.“
Heute ist die Wehrpflicht abgeschafft. „Das deutsche Heer ist von einst zwölf Divisionen und 36 Brigaden auf zwei gepanzerte Divisionen und eine luftbewegliche Division aus Fallschirmjägern und Hubschraubern geschrumpft“, schreibt Karl Feldmeyer in seiner Analyse in der Juni-Ausgabe von Cicero. Feldmeyer hat die Entwicklung mitverfolgt: Er war lange Hauptstadtkorrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und Doyen der Berichterstattung über Sicherheitspolitik in Deutschland.
Die Gewissheit, in Europa sei Krieg kein Thema, habe Risse bekommen, schreibt Feldmeyer. In seinem Cicero-Beitrag analysiert er die Lage der Bundeswehr, die Chancen auf eine Reaktivierung der Wehrpflicht und die Fähigkeit der Nato, die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen zu verteidigen.
Hinweis auf cicero.de

 

Kommentare: 2

  1. Fritz Kälin sagt:

    Ob Feldmayer seinerzeit je die ‘Aussetzung’ der Wehrpflicht (und die Demontage Landesverteidigung im Allgemeinen) je kritisch hinterfragt hatte?
    Der ganze sicherheitspolitische Diskurs seit 1989 ist durch eine geradezu dogmatische Eindimensionalität geprägt. Hauptantrieb der breiten Einstimmigkeit, das ‘Landesverteidigung out und weltweites Rumintervenieren in’ sei, waren die unbequem nahen Balkankriege.
    Aber es trugen noch andere Faktoren zum eindimensionalen Denken bei. Etwa das Bestreben, dem ‘System Militär’ eine ‘neue Aufgabe’ zu geben, um weiterhin nahmahfte Mittel und Prestige für diese Institution generieren und ihren Kadern Karriereaussichten erhalten zu können. Man leitte aus der geringen Wahrscheinlichkeit eines Verteidigungsfalles einfach eine geringe Bereitschaft der Bürger ab, für ihre eigene Sicherheit und Freiheit einzustehen. Die Bürger wurden nicht gefragt, ob ihre Steuergelder stattdessen dafür verwendet werden sollen, für die angebliche ‘Sicherheit’ der Somalier, Afghanen uvm. zu sorgen.
    Hinzu kam seit Desert Storm die überwältigende Dominanz des ‘American Way of War’, der für die ganze Welt zum einzigen erstrebendswerten Massstab stilisiert wurde, unabhängig davon, ob derartige Militärapparate den Möglichkeiten und Sicherheitsinteressen der anderen Staaten wirklich entsprachen. Aber je mehr Länder ihre Streitkräfte gemäss Uncle Sam ‘modernisierten’, desto grösser blieb auch der Absatzmarkt für die Erzeugnisse des militärisch-industriellen Komplexes made in USA. In den Bereichen Aufklärung, Logistik etc. erhöhte sich dadurch die Abhängigkeit der europäischen Nato-Staaten vom grossen amerikanischen Bruder.
    Nun fällt auf, dass sich fast alle ‘sicherheitspolitischen Experten’ 20 Jahre lang einig waren und nun innerhalb weniger Monate öffentlich eingestehen, dass man sich geirrt, oder zumindest nicht genug in Alternativen zu denken gewagt hat. Man steigerte in Europa die vertikale Sicherheitsabhängigkeit aus dem Kalten Krieg bis zur völligen nicht-Verteidigungsfähigkeit. Einmal mehr haben sich die europäischen Staaten in ein Bündniskette verstrickt, die nur so sicher wie ihr schwächstes Glied ist. Aktuell sind die die baltischen Staaten das schwächste und zugleich (potentiell) am stärksten bedrohte Glied des mächtigsten Militärbündnisses der Welt.
    Eine Alternative wäre beispielsweise das Einstreichen einer echten Friedensdividende gewesen, welche die Landesverteidigung redimensioniert und den teuren Modernisierungsdruck des Kalten Krieges entschleunigt hätte. Dies hätte horizontal die Angriffspotentiale minimiert und die Verteidigungspotentiale auf tiefem, aber nicht beängstigendem Niveau stabilisiert. Nicht einmal die politische Linke hat sich in Europa jemals ernsthaft für so eine euorpäische Sicherheitsarchitektur eingesetzt, obwohl sie seinerzeit von Gorbatschow angeregt wurde.
    Weil alle Europäer den Frieden für selbstverständlich hielten, sahen sie kein Problem darin, ihre Sicherheit weiter auf US-Protektion und einseitig auf Kosten Russlands aufzubauen.

  2. Kurt Anton Brugger sagt:

    Hallo Giardinos,
    Die Schweizer haben die Wehrpflicht-Initiative (GSOA, Abschaffung der Wehrpflicht) vor kurzem mit grosser Mehrheit verworfen. In Deutschland hat nicht das Volk, als höchste politische Entscheidungs-Instanz, sondern der Bundestag die Wehrpflicht abgeschafft. Aber aus der jüngsten Vergangenheit wissen wir, auch das Volk kann falsch entscheiden, wenn es der Politik (im Fall Gripen auch dem Militär) nicht gelingt, im Meinungsbidlungsprozess (der vor Abstimmungen immer wichtig ist) mit glaubwürdiger Information und guten (einfach verständlichen) Argumenten, klar zu machen wohin “die Reise geht”.
    Wir haben die Wehrpflicht, wieder für ein paar Jahre “im Trockenen”. Was uns spürbar aus “dem Ruder läuft”, nach verlorener Abstimmung zur Gripen-Beschaffung, ist die Landesverteidigung (samt Armee und deren Budget). Hier besteht Handlungsbedarf! Aber bitte keine Halbheiten mehr!

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