Die Luftwaffe in der «Kopfstruktur» der WEA

Die Luftwaffe in der «Kopfstruktur» der WEA

Die Luftwaffe hat im letzten Jahr in Payerne ihr 100-Jahr-Jubiläum an der denkwürdigen Air14 gebührend gefeiert. Mit den Veränderungen, die mit der Weiterentwicklung der Armee WEA auf die Luftwaffe zukommen werden, wird es das letzte Jubiläum für die Teilstreitkraft Luftwaffe gewesen sein. International hat keine ernst zu nehmende Armee die Unabhängigkeit ihrer Luftwaffe dermassen aufgegeben oder hat dies vor. Mit dem missverständlichen Begriff «Kopfstruktur» ist eigentlich die Organisationsstruktur der neuen Armee gemeint. Der gewählte Begriff ist bezeichnend und ein Ausdruck des uralten und verheerenden Hanges der Schweizer Armee zum «Hüseli» zeichnen.
Beitrag von Roger Harr im Schweizer Soldat Nr. 6 / Juni 2015 (PDF)

 

Kommentare: 5

  1. Schaub Rudolf P. sagt:

    Der Schreibende ist nicht Pilot, erlaubt sich aufgrund seiner beruflichen Erfahrung aber trotzdem zu den Plänen des VBS betreffend Luftwaffe gemäss WEA zu äussern. Die Luftwaffe ist heute völlig unzweckmässig organisiert, da verschiedene Teilaufgaben, die für den rechtzeitigen und erfolgreichen Einsatz unserer Kampfflugzeuge entscheidend sind, durch unterschiedliche “Truppenkörper” bzw. “Behörden” erfüllt werden sollen. Dies führt zwangsläufig zu Friktionen. Über die unbefriedigenden Zustände, die nicht KKdt Schellenberg zu verantworten hat, gibt es einen ausführlichen VBS-Bericht, der bereits vor einigen Jahren verfasst worden ist. Oberstleutnant i Gst Roger Harr hat darüber den oben erwähnten Beitrag im Schweizer Soldat verfasst. Die offenkundig suboptimalen Bedingungen für die Arbeit der Luftwaffe sollen mit der WEA trotz erfolgter Kritik nicht korrigiert werden. Wie müsste die Luftwaffe organisiert sein? Die Luftwaffe müsste als “Totalunternehmerin” arbeiten, verantwortlich für den gesamten Flugbetrieb und den gesamten Betrieb der für den Flugbetrieb nötigen Infrastruktur etc. Es darf keine aufgeteilte Verantwortung geben, welche zu Friktionen führt, für die im entscheidenden Moment niemand verantwortlich gemacht werden kann. Oberstleutnant i Gst Harr müsste einmal zu einem Gedankenaustausch mit dem CdA eingeladen werden. Aber dieser zieht es vor, Kolumnen im “Blick am Abend” zu publizieren anstatt offenkundige und schwerwiegende Organisationsmängel in seinem Betrieb zu beheben.

    • Roger HARR sagt:

      Danke Herr Schaub! Eine kleine Korrektur: ich zweifle die aktuelle Situation der Luftwaffe und die geplante Entwicklung mit der WEA-Organisationsstruktur nicht aufgrund meiner beruflichen Biographie an, sondern weil ich – mit wenigen Ausnahmen – während Jahrzehnten Dienst in der Einsatzzentrale (AOC) der Luftwaffe geleistet habe und mich ebenso seit Jahrzehnten mit Airpower und Luftkrieg auseinandersetze.
      Mit dem Begriff Total- oder Generalunternehmer bringen Sie es jedoch präzise auf den Punkt. Mit den in den letzten Jahren geschaffenen Schnittstellen hat man das Generalunternehmen auseinander gerissen, sagt, dass der verbleibende Rest nicht mehr fähig ist ein Haus zu bauen und versucht das geschaffene Chaos nun mit einem Bauführer in den Griff zu bekommen. Wer das frühere perfekt funktionierende Räderwerk von innen erlebt hat, dem kommen heute die Tränen. Dies nicht weil sich die Handwerker oder die Baumaterialien geändert haben, sondern weil der “moderne” Hausbau eine groteske Ineffizienz geworden ist.

  2. Konrad Alder sagt:

    Die vorgesehene Integration der Luftwaffe in die neue WEA-Organisationsstruktur unserer Armee wird im Krisen- und Verteidigungsfall nicht bestehen und versagen. Das belegen alle in den letzten 100 Jahren gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen von Operationen der Luftkriegsführung. Oberstlt iGst Roger Harr muss in dieser Frage vorbehaltlos zugestimmt werden. Am Thema Interessierte studieren u.a. die von John Andreas Olsen herausgegebenen Werke „A History of Air Warfare“ (ISBN 978-1-59797-440-0) und „Global Air Power“ (ISBN 978-1-59797-555-1), beide herausgegeben bei Potomac Books, Inc., Washington, D.C. und bei der Bibliothek am Guisanplatz erhältlich.

  3. Ueli Gruber sagt:

    Seit es die heutige Armeestruktur und die Funktion des “Chef der Armee” (CdA) gibt, stammen zwei von drei CdA aus der Luftwaffe. Das kurze Intermezzo des CdA aus dem Heer hielt ja bekanntlich nicht lange an.
    Umso erstaunlicher ist es, dass die Armeeführung nicht erkennt, dass eine Luftwaffe, die den Namen verdient, möglichst autonom funktionieren können muss, was z. B. Logistik und FU anbelangt.
    Die Schweizer Friedensarmee orientiert sich aber nicht am Einsatz, sondern an der Ausbildung, was für eine Streitkraft grundsätzlich falsch ist. Es muss der Grundsatz “train as you fight” gelten.

  4. Franz Betschon sagt:

    Im Hintergrund jeglicher Reorganisationen steht stets die Notwendigkeit, zugesagte Strukturen an die NATO auch innenpolitisch abzusichern. Aus diesem Grund gehen ja auch NATO Generäle in Bern ein und aus, ohne einen Umweg über das Vorzimmer des Chefs VBS zu machen und so sind auch die Übungsszenarien der gegenwärtigen Übung mit der NATO im Nordmeer (NZZ vom 27.5.15) zu verstehen, welche eindeutig einen Krieg gegen Russland simulieren. Dass ein norwegischer General die Übung kommandierte ändert nichts daran, dass die USAF stets die Oberaufsicht hat.
    In einer (Auftrags-) Studie der ETHZ wurde das früher “Assignierbarkeit” genannt. Die Studie vom 5.4.1996 trägt den Titel “Die Überwindung der Schweizer Neutralität” und enthält viele Vorschläge, wie man diese “sanft einschlafen” lassen könne, da man den Volkswillen als sehr beharrlich einschätzte. Aus der genannten Studie gehen auch sämtliche unverständliche Abrüstungsmassnahmen, stillzulegende Flugplätze und Verschrottungen des Rest des Materiales der Schweizer Armee hervor.
    Eine definitiv in die NATO eingefügte Schweizer Luftwaffe benötigt natürlich überhaupt keine Kopfstruktur mehr. Was dann zu tun und zu lassen sein wird, teilt dann die NATO zeitgerecht mit. Das Kommando Luftwaffe scheint also eine Art Wartezustand zu sein für den vorgesehenen Rücktritt des CdA und das Nachrücken des jetzigen Kdt Luftwaffe in diese Position.

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