Europa verabschiedet sich vom Ende der Geschichte
Mit dem Ende des Kalten Krieges 1989/90 begann in den Augen vieler Europäer ein neues, besseres Zeitalter; eine Zukunft schien heraufzuziehen, die sich fundamental von der Vergangenheit unterscheiden würde. In Europa entstand offenbar eine neue politische Ordnung, die die Irrungen und Wirrungen der Vergangenheit – Konflikte und Kriege – ein für alle Male hinter sich liess. Europäische Geschichte als «Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit» (Hegel) schien endlich, nach den totalitären Abwegen des 20. Jahrhunderts, zu sich selbst zu finden.
In dieser neuen Welt gab es keine Feinde mehr. Konflikte waren nichts anderes als Missverständnisse, die man durch Kommunikation beheben konnte. Die neuen Aufgaben der Politik waren transnational und liessen die Enge der Staatenwelt hinter sich: Ökologie, Klima, Gerechtigkeit. Der Weltstaat, von dem Kant geträumt hatte, als Verwirklichung einer Weltgesellschaft und einer globalen Rechtsordnung, schien in greifbare Nähe zu rücken.
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Kommentar:
Wer gilt nun noch als “Ewiggestriger”? Wer hat die Grösse einzugestehen, dass man falsch lag? Jetzt zeigt sich, wer über Rückgrat verfügt.