Zurück auf Feld 1! – Stopp der Weitgehenden Eliminierung der Armee

Zurück auf Feld 1! – Stopp der Weitgehenden Eliminierung der Armee

Die Gruppe Giardino lehnt die vierte Armeegrossreform “WEA” (“Weitgehende Eliminierung der Armee”) grundsätzlich ab. Die WEA ist verfassungswidrig, überholt, verantwortungslos, überflüssig, kurzsichtig und undemokratisch. Giardino empfiehlt den eidgenössischen Räten die WEA-Vorlage zurückzuweisen und auf der Priorisierung eines neuen Sicherheitspolitischen Berichts zu bestehen. Parallel dazu sind die “Garantiearbeiten” (Behebung der Mängel aus früheren Reformen) rasch umzusetzen. Sollte die WEA im Parlament grundsätzlich durchgewunken werden, wird Giardino jene Kräfte unterstützen, welche ein Referendum als zwingend erachten.
Die Gruppe Giardino hat die WEA-Botschaft des Bundesrats zur Kenntnis genommen und wird sie nun eingehend analysieren. Fest steht jedoch bereits heute, dass gegenüber der Vernehmlassung keine wesentlichen Änderungen gemacht wurden. Das überrascht uns nicht. Es war seit Monaten abzusehen, dass die vielfältigen Einwände und kritischen Fragen aus den Reihen der Milizverbände kaum Einfluss auf das Ergebnis haben würden. Daher ist diese notabene vierte Armeegrossreform innerhalb von 20 Jahren eine Zwängerei. Die ehrliche Bezeichnung der Reform bleibt “Weitgehende Eliminierung der Armee”.
Im Gegensatz zur Kernbotschaft von Bundesrat Maurer und Armeechef Blattmann stellt Giardino fest:
Die WEA ist

  • VERFASSUNGSWIDRIG: Die Bonsai-Rumpf-Überwachungstruppe (für die Bezeichnung “Armee” ist sie viel zu klein) des Bundes kann den Verfassungsauftrag weder heute noch mit einer WEA erfüllen. Dies bestätigte selbst Bundesrat Maurer. Kantone wie auch die Bevölkerung werden bezüglich Leistungsfähigkeit brandschwarz angelogen. Die verbleibenden Kräfte genügen bei weitem nicht, die Schweiz nachhaltig zu schützen. Eine dissuasive/abschreckende Wirkung wie sie der Verfassungsauftrag “Kriegsverhinderung” fordert, ist nicht mehr da. Es bleibt ein potemkinsches Dorf.
  • ÜBERHOLT: Die WEA basiert auf einer über 14 Jahre alten Lagebeurteilung, welche mit dem SIPOL B 2010 nur marginal geändert wurde. Kriegerische Auseinandersetzungen sind nicht “unwahrscheinlich”. Bevor eine neue Grossreform in Angriff genommen wird, muss ein neuer, langfristig ausgerichteter Sicherheitspolitischer Bericht verabschiedet werden. Zudem muss ein Paradigmenwechsel stattfinden: Zurück zur gefährlichsten Möglichkeit der Gegner; Distanzierung von der NATO und dem Schönwetterprogramm “PfP”.
  • VERANTWORTUNGSLOS: In Anbetracht der sich weltweit immer schneller drehenden barbarischen Gewaltspirale, der von der NATO forcierten Aufrüstung Europas, dem Bürgerkrieg in der Ukraine, wirtschaftlich und gesellschaftlich fragilen Staatssystemen und nie enden wollenden Flüchtlingsströmen aus kulturfremden Regionen ist ein weiterer Abbau bei unserer einzigen und letzten strategischen Reserve verantwortungslos. Unsere Armee und damit unsere Sicherheit darf nicht auf Frondienste zugunsten der Kantone ausgerichtet werden. Sie muss für den gefährlichsten Fall gewappnet sein. Die aktuellen Ereignisse zeigen dies eindrücklich.
  • ÜBERFLÜSSIG: Die zahlreichen kosmetischen Verbesserungen (RS 2-Start-Modell, vollständiges Abverdienen, bessere Ausrüstung, Finanzierungsplafond, höhere Mobilmachungsfähigkeit, organisatorische Umstrukturierung) sind ohne Grossreform rasch vom Parlament zu verabschieden und von der Armeeführung umzusetzen. Dafür ist keine WEA nötig. Diese positiven Aspekte wurden bewusst in der Umsetzung verzögert und dienen einzig dazu, die Diskussion über die grundlegenden negativen Punkte der WEA zu unterbinden.
  • KURZSICHTIG: Die WEA-Armee zerstört die für einen Aufwuchs unabdingbare Logistik- und Kampfinfrastruktur. Reserven bei Mann und Material werden fahrlässig aufgehoben. Einsatzfähige Waffensysteme wurden und werden voreilig zerstört. Diese kurzfristige, finanzgetriebene Führung wird bei Banken und internationalen Firmen verteufelt, aber bei unserer Armee gutgeheissen. Selbst der Bundesrat hat in seiner Mitteilung vom Mittwoch, 27. August 2014 eingestanden, dass es bei der WEA nur um die “kurz- bis mittelfristige Ausrichtung” geht. Diese Politik verdient den Titel “UNsicherheitspolitik”.
  • UNDEMOKRATISCH: Das Volk hat sich wiederholt für eine moderne, starke Miliz-Verteidigungsarmee auf Basis der Wehrpflicht ausgesprochen. Sie hat eine Armee-Halbierung abgelehnt und mit der Armee XXI einen Bestand von 220’000 AdA (inkl. Reserve) gutgeheissen. All diese Entscheide des Volks werden mit der WEA zu Makulatur.

Wir empfehlen den eidgenössischen Räten die WEA-Vorlage zurückzuweisen und den neuen Sicherheitspolitischen Bericht zu priorisieren. Parallel dazu sind die “Garantiearbeiten” (Behebung der Mängel aus früheren Reformen) rasch umzusetzen. Diese Position wird Giardino auch vor den Sicherheitspolitischen Kommissionen diesen Herbst/Winter vertreten.
Sollte die WEA im Parlament – allenfalls mit wenigen positiven kosmetischen Korrekturen – durchgewunken werden, wird Giardino jene Kräfte unterstützen, welche ein Referendum als zwingend erachten.

 

Kommentare: 7

  1. Schaub Rudolf P. sagt:

    Die publizierte Botschaft über die Weiterentwicklung der Armee ist ein geschicktes Papier, in dem der Bundesrat frühere “entlarvende” Aussagen über die Armee-Reform wohlweislich entfernt hat. Materiell ist sie aber wie der WEA-Bericht und der Entwurf eine “Katastrophe”. Die Armee erfüllt ihre Hauptaufgabe gemäss Art. 58 Abs. 2 BV mit zwei mangelhaft und unvollständig ausgerüsteten mechanisierten Brigaden, für die Material nur noch zur Sicherstellung der Ausbildung beschafft werden soll. Die Infanterie ohne 12 cm Minenwerfer, ohne Panzer- und Fahrzeugminen und ohne Panzerabwehrwaffen für mittlere Schussdistanzen (750 Meter) “trainiert die Überwachung, die Sicherung und den Schutz von Verkehrsachsen, wichtigen Objekten, Räumen und Grenzabschnitten, aber auch wie Stellungen gehalten und Durchgänge gesperrt werden”. Man kann nur hoffen, dass es beim Training bleibt und nicht zum Verteidigungseinsatz kommt. Geträumt wird von beweglichen Einsätzen, obwohl man eingesteht, dass die Luftwaffe nicht in der Lage ist, den erforderlichen Schutz gegen Angriffe aus der Luft sicherzustellen. Eigentlich muss der interessierte Bürger bzw. die interessierte Bürgerin nur den ersten Abschnitt der Botschaft lesen, um den wahren (nicht militärischen) Zweck der Reform zu erfahren (Ziff. 1.1.): “Dazu kommt, gerade bei der nun anstehenden Weiterentwicklung der Armee, die Notwendigkeit, das Verhältnis zwischen den für die Sicherheit des Landes notwendigen Leistungen der Armee und den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen in ein nachhaltiges Gleichgewicht zu bringen”. Vergessen Sie bitte nicht, dass die Schweiz mit ihren Armeeausgaben auf Platz 130 von 171 untersuchten Staaten steht, zwischen Paraguay und Benin. Der Bundesrat ist wie bisher der Auffassung: “Die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Angriffs auf die Schweiz ist für die absehbare Zukunft nach wie vor gering … .” Vielleicht waren die Ukrainer und ihre Regierung während der Olympischen Spiele in Sotschi auch noch dieser Meinung hinsichtlich ihres Landes. Zusammenfassung: Die bereits zum Skelett abgemagerte Armee wird weiter “kaputtgespart”.

  2. Urs Berner sagt:

    Haben Sie die 100 Seiten Botschaft denn schon gelesen? Ich brauche da noch einen Moment dazu.

    • Gruppe Giardino sagt:

      Es ist primär die Allgemeine Richtung, die nicht stimmt. Wir verlieren uns nicht in den Details. Und wir schreiben ja: Wir analysieren nun detailliert.

  3. Schaub Rudolf P. sagt:

    Sehr geehrter Herr Berner
    Ich kommentiere nur Schriftstücken, die ich gelesen habe. Mein Kommentar enthält übrigens Zitate, die zeigen, dass ich die Botschaft studiert habe. Aufgrund meiner Ausbildung und aufgrund meines Berufes, den ich seit mehr als dreissig Jahren ausübe, kann ich sehr schnell lesen und Texte beurteilen. Zudem beschäftige ich mich seit Jahren mit dem Niedergang der Schweizer Armee. Ich möchte Sie aber nicht durch weitere Ausführungen vom Studium der Botschaft abhalten, damit Sie sich auch ein Urteil bilden und dazu Stellung nehmen können.

  4. Gotthard Frick sagt:

    1. Die Schweiz setzt auf ein eindimensionales Bedrohungsbild! Ich zitiere Herrn KKdt. Blattman (NZZ vom 4.09.2014): “Es beginnt mit einer Cyperattacke auf die Netze der Armee und anderer Institutionen. Darauf attackieren Sonderoperations-kräfte, die bereits zu Friedenszeiten eingeschleust worden sind. Erst dann kommen schwere Mittel zum Zug.” All die anderen möglichen Bedrohunsbilder werden nicht gesehen. Zudem: Jedes Land, das sich ein anderes Land unterwerfen will, muss mit Truppen dorthin.
    2. Die Armeebefürworter können dem Volk noch immer kein klares Bild möglicher militärischer Bedrohungen vorlegen, das ich seit einigen Jahren fordere, und wie die Armee aussehen muss, um sie abwehren zu können.
    3. Wir müssen unserem Volk laut und deutlich sagen: In einem nächsten militärischen Konflikt in Europa, sofern ein solcher in den nächsten Jahren ausbricht, werden wir zum ersten mal nach 200 Jahren hinein-gerissen, weil wir keine Armee mehr haben, die im Kalkül potenzieller Gegner zu stark ist. Den grossen Preis “Schweiz” kann jeder heute fast gratis haben.
    Wir lernen dann auf sehr schmerzliche und auch teure Weise, dass es sich gelohnt hätte, eine glaubwürdige Landesverteidigung aufrecht zu erhalten.
    Gotthard Frick,Bottmingen, 4.09.2014

  5. Willy P. Stelzer sagt:

    Bundesrat Ueli Maurer und vor allem KKdt André Blattmann widersprechen sich fortlaufend. Ich zitiere den CVBS, Interview mit den Redaktoren der ASMZ, Peter Schneider und Hans Wegmüller, ASMZ Nr. 07/Juli 2013, Seite 6: Kompetenzerhalt – Eine Armee von 100’000 Mann ist nicht in der Lage den Auftrag gemäss Bundesverfassung, Art. 58, Absatz 2, zu erfüllen: Sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung”. Sie ist damit nicht mehr verfassungskonform”. Und was antwortet Bundesrat Maurer? “Diese Aussage ist grundsätzlich richtig. Es geht darum eine permanente sorgfältige Lagebeurteilung vorzunehmen mit dem Ziel, eine zunehmende Bedrohung zu erkennen. Entscheidend ist dabei, dass die Verteidigungskompetenz erhalten bleibt, damit auf dieser Grundlage ein neuerliches Anpassen der Bestände und des Materials möglich ist; allerdings sind dafür mehrere Jahre erforderlich”. – Was erfordert der Bericht des Bundesrates WEA vom 3. September 2014? Die WEA-Armee kann den Auftrag nicht erfüllen. Deshalb zurück auf Feld EINS – Das Ganze Halt! Unter keinen Umständen eine weitere, d.h. eine vierte Reform welche wieder von allem Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Aber die notwendigen Anpassungen, wie zwei Rekrutenschulen pro Jahr, Abverdienen der Kader usw. können sofort – ohne Anpassung des Militärgesetzes – umgesetzt werden.

  6. Johannes Fischer sagt:

    Der frühere Ständerat Franz Muheim hat in weiser Erkenntnis der politischen Entwicklung von einer “kalten Revolution von oben” gesprochen. Der Vorschlag i.S. WEA des BR bestätigt seine Befürchtung voll und ganz.
    Die Mitglieder des BR haben sich nach ihrer Wahl verpflichtet, sich an die Verfassung zu halten. Tun sie es?
    Im Bundesrat hat es mind. 3 Bürgerliche. Bemerkt man z.B. von FDP BR Johann Schneider-Ammann, der ja als Generalstabsoberst vertiefte Kenntnisse haben sollte in Dingen der Armee und sicherheitspolitischen Belangen, irgend einen Widerstand gegen das die Verteidigungsfähigkeit verunmöglichende Projekt des VBS?
    Warum stellt sich die FDP hinter den WEA-Vorschlag des BR, obwohl sie sich in ihrem Parteiprogramm zur Souveränität und bewaffneten Neutralität bekennt? Warum ermuntert sie BR Schneider-Ammann nicht zum Widerstand und bindet den FDP Reg. Rat Maudet von Genf nicht zurück, als er verkündete, eine 30.000 Mann-Armee würde genügen? Bind, wer nicht die dahinter stehende Absichten erkennt, nämlich langfristig den EU-, EU-Armee- und den darüber stehenden Nato-Beitritt zu erzwingen mit dem Argument, die Schweiz sei nur noch durch supranationale Zusammenarbeit, Flieger und Truppen zu schützen. Da sitzt sie im gleichen Boot zusammen mit der SPS.
    Warum lässt es der SVP BR Ueli Mauer zu, von seinem links geprägten engsten Mitarbeiter, Dr. Catrina, (kürzlich von der Weltwoche entlarvt) gesteuert zu werden? Warum merkt Ueli Mauer nicht, dass Catrina und ein Teil seiner Generalität das gleiche Ziel wie die FDP und die SP verfolgen?
    Man merke sich, dass nun auch der SVP BR Ueli Maurer die gleichen Unwahrheiten verkündet, um die WEA zu begründen, wie sie damals bei der Armee XXI von SVP BR Adolf Ogi verkündet worden sind: Die Armee werde schlanker, moderner, effizienter, sei den möglichen Gefahren, die dem Land drohen, gewachsen… Das sagt nun der mit Ueli Maurer der gleiche BR, der feststellt hat, dass die Armee XXI untauglich sei.
    Man merke sich auch die Rolle der SOG, die damals die Armee XXI und heute wieder BR-gläubig die weitere die Armee schwächende Reform WEA begrüsst. Wie die NZZ ist sie im Einfluss der FDP.
    Den bemerkenswerten Beiträgen von Rudolf P. Schaub und Gotthard Frick ist voll zuzustimmen. Insbesondere das von Gotthard Frick in Ziffer 2 Verlangte muss endlich auf den Tisch, und zwar von der Milizseite her. In einer vom Volk verstandenen Sprache muss es dargelegt werden. Es hat genügend Organisationen, die dazu fähig sind. Nur so kann auf die Politik Einfluss genommen werden.

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