Historiker: "Zum Militär geht, wer keine andere Wahl hat"

Historiker: "Zum Militär geht, wer keine andere Wahl hat"

  • Freiwillig gehen die Menschen nicht zum Militär, es sei denn, sie kommen dadurch zu Macht, Ansehen oder Geld.
  • Es gehen die zum Militär, die keine andere Wahl haben. Sie kommen meist aus wirtschaftlich schwachen Regionen, vor allem aus Ostdeutschland, wo der zivile Arbeitsmarkt wenige Möglichkeiten bietet. Es ist ein Gerechtigkeitsproblem, wenn die Ärmsten zum Militär müssen. Was bei der Zweiklassenmedizin gebrandmarkt wird – wenn du arm bist, musst du früher sterben –, das wird hier übertragen auf die Sicherheitspolitik.
  • Die Verzweifelten, Perspektivlosen neigen eher zur Gewalt. Es ist kein Zufall, dass in einer Berufsarmee wie der amerikanischen Abu Ghraib passieren konnte. Auch in Israels Armee mit Wehrpflicht gibt es hier und da Übergriffe.
  • Wann wurde die Wehrpflicht eingeführt? Mit der Französischen Revolution. Zum Recht auf politische Teilhabe kam die Pflicht: Teilhabe an der Sicherheit der Nation. Wahlrecht und Wehrpflicht gehören zusammen. Sobald Sie das trennen, wird jede Streitmacht zum Staat im Staate. Und wenn zu wenige zum Heer wollen, brauchen wir wieder Söldner – ein historischer Rückfall.
  • Wer wählt rechtsextreme Parteien? Vornehmlich die wirtschaftlich schlechter Gestellten. Damit können Sie eins und eins zusammenzählen: Es werden mehr Rechtsextremisten in die Bundeswehr drängen. […] Wenn aber die Rechten kommen, wird das Heer in seiner demokratischen Substanz bedroht. Wir wollen ja das Primat der Politik aufrechterhalten. Und das wird schwieriger, wenn sich breite Mannschaftsgrade vom politischen System distanzieren. Die Wehrpflicht wurde abgeschafft, weil die demokratisch-bürgerlichen Schichten sich ihr entzogen haben – und die bekommen jetzt die Rechnung präsentiert.
  • Aber sie [die Oesterreicher] müssen wissen, was Abschaffung bedeutet: Man braucht dramatisch mehr Geld für diejenigen, die man im Heer haben will.

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