Im Gedenken an Dr. Franz Betschon, ehem. Vizepräsident Giardino
Franz Betschon wurde am 29.11.1941 in Airolo TI geboren. Sein Vater war damals als Bauingenieur und Zivilangestellter beim Büro für Befestigungsbauten des Eidg. Miltärdepartementes in der Gotthardfestung tätig. Seine Kindheit verbrachte Franz mit 7 weiteren Geschwistern in Baden, wo er die Volksschulen besuchte. Nach der Maturität an der Kantonsschule Aarau nahm er an der ETH Zürich das Maschineningenieurstudium auf, das er im Herbst 1964 erfolgreich abschloss.
Franz Betschon hatte zunächst nichts anderes im Sinn als auszufliegen, in die Praxis, möglichst weit in die Welt hinaus. Er begann seine Tätigkeit als Versuchsingenieur bei der damaligen BBC, wo er bei Inbetriebsetzungsarbeiten von Kraftwerken in Europa, Nord- und Südamerika ein Betätigungsfeld fand, das seinem Wunsch entsprach. In der Schweiz war er als zweiter Ingenieur für die Inbetriebsetzung des KKW Beznau I verantwortlich.
1968 vermählte sich Franz mit Ruth Schürch, einer liebevollen Frau, die ihm bei seinen vielseitigen Tätigkeiten den Rücken freihielt. 1971 zogen die beiden der Sprache wegen nach Neuenburg, wo Franz bei der Textilmaschinenfirma Edouard Dubied & Cie. SA eine Stelle annahm. Nur knapp ein Jahr später wurde er in eine Tochtergesellschaft nach Rheineck SG delegiert. In Heiden bezogen Ruth und Franz ein Eigenheim, das sie bis heute bewohnen. Die Kinder Felix, Christine und Lukas wuchsen hier auf. Christine wurde eine begabte Graphikerin; Felix und Lukas Ingenieure, der Familientradition gemäss. Für Franz gehörte die Familie nach seinen eigenen Worten zum Wertvollsten, das man sich wünschen kann. Sie erst gebe unserem Dasein Tiefe.
Franz spürte bei seiner praktischen Ingenieurtätigkeit, dass er während seiner ETH-Zeit zu wenig vom Lernangebot profitiert hatte und sozusagen «back to school» sollte. Er entschloss sich, bei Dubied berufsbegleitend eine Doktorarbeit zu verfassen. Das strukturierte Denken in Ingenieurkategorien war eine seiner markanten Eigenschaften. Seine weiteren beruflichen Stationen waren neben einem Ausflug in die deutsche Industrie Führungsfunktionen bei Saurer, Wild-Leitz und Starrag Heckert. Einige VR-Mandate krönten seinen beruflichen Lebenslauf. Dies brachte ihm einen Korb voll Erfahrungen aus den verschiedensten Hochtechnologiegebieten, Führungserlebnisse auf allen Stufen und ein grosses Beziehungsnetz mit vielen Freundschaften.
Die fast 1‘700 Militärdiensttage haben Franz Betschon geprägt. Unter Miteinbezug von weiteren Nebenleistungen bedeutete dieser Einsatz nach seinen eigenen Aussagen den Gegenwert von rund zehn Jahren seines Lebens. «Im Militär nannte man mich immer fertiger Zivilist und im Zivilleben Militärkopf», sagte er selber. Er hätte sich zwischen den beiden Welten ohne Gesichtsverlust bewegt. Die Generalstabsausbildung kam ihm als intellektuelles Abenteuer sehr entgegen. Die Fliegerei interessierte ihn ebenso, obwohl er nicht Militärpilot werden konnte. Er wurde aber Inhaber eines beschränkten Berufspilotenbrevets und bekam leitende Funktionen bei den Flieger-Bodentruppen. 1997 verliess Franz Betschon die Armee als Oberst i Gst.
Die seit 1989 einhergehende Marginalisierung unserer Armee hat Franz Betschon sehr zu schaffen gemacht. Werte für unsere Gesellschaft, Klammerfunktion und Ausbildungsmöglichkeiten, die nicht mehr zu ersetzen sind, seien verloren gegangen. Franz war bei der Gründung der Gruppe Giardino neben Dr. Hermann Suter ein leitender Kopf, der die weltweite militärstrategische Entwicklung mit messerscharfem Intellekt zu analysieren verstand. Sein 2009 bei R.G. Fischer erschienene Buch «Das Eurasische Schachturnier, Krisen, Hintergründe und Prognosen» zeugt davon. Ein weiteres Buch hat er kurz vor seinem Tod praktisch fertiggestellt und sich auf die Suche nach einem Verlag gemacht.
Zu Franz Betschon gehören Bücher im weitesten Sinne, Bücher in der ei-genen Bibliothek und Bücher, die er selber verfasste. Schreiben verschaffte ihm nach seinen eigenen Aussagen ein nicht unerhebliches Glücksgefühl. Es gelang ihm auch, andere aus seinem grossen Beziehungsnetz für seine Ideen zu begeistern. Zeuge davon ist das zusammen mit Div a D Louis Geiger 2014 in zweiter Auflage im Verlag Huber herausgegebene Buch «Erinnerungen an die Armee 61. Eine zeitgeschichtliche Dokumentation». Franz ging es darum, für spätere Generationen den Entwicklungsstand und die Fähigkeiten der auch im Ausland hoch respektierten «Armee 61» festzuhalten. Rund 25 renommierte Autoren haben zum eindrücklichen Zeitdokument beigetragen. In analoger Weise hat Franz Betschon das 2013 unter dem Label Giardino im Eikos-Verlag herausgekommene Buch «Mut zur Kursänderung» als Chefredaktor und Ideengeber vorangetrieben. Ferner hat er in der Gruppe Giardino die Inhalte des Manifests und der beiden Schwarzbücher geprägt. Auch im ihm am Herzen liegenden Ingenieurwesen hat Franz Betschon publizistisch gewirkt. Auf seine Initiative sind im Verlag NZZ Libro in den Jahren 2012 – 2014 die beiden erfolgreichen Bände «Ingenieure bauen die Schweiz» herausgekommen. Wiederum gelang es Franz mit seinem bei der NZZ als Wissenschaftsredaktor tätigen Bruder und zwei Freunden eine Herausgeberschaft zu formieren, die die Koordination der Beiträge von insgesamt über 80 Autoren übernahm. Es ging Franz darum, zu zeigen, was das Ingenieurwesen für die Schweizer Volkswirtschaft geleistet hat und leistet.
Mit Franz Betschon ist am 27. August ein hochintelligenter und eigenständiger Kopf mit vielseitigen Interessen dahingegangen. Die Gruppe Giardino verliert kurz nach dem Tod ihres Präsidenten Dr. Hermann Suter mit ihm als ehemaligem Vizepräsidenten ein prägendes Mitglied. Eine grosse Trauergemeinde hat am 4. September in der römisch-katholischen Kirche in Heiden von ihm Abschied genommen.
Nachruf im St. Galler Tagblatt – Peter Forster –
Wir laden die Mitglieder und Sympatisanten der Gruppe Giardino, aber auch andere Vertreter der sicherheitspolitischen Diskussion, dazu ein, sich in unserem “Kondolenzbuch” einzutragen. Nutzen Sie dazu bitte die Kommentarfunktion.
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Persönlichen Erinnerungen und Eindrücke aus der Feder von Adrian Déteindre
Wir kannten uns seit den beginnenden 70-er Jahren und das kam so:
Meine heutige Frau Ellen arbeitete von 1966 bis zur Hochzeit 1969 in Zürich als Chef-MTRA (=Medizinisch-Technische-Radiologie-Assistentin) am Institut für Nuklearmedizin am Kantonsspital in Zürich. Gegenüber studierte ich an der ETH, Abt Maschinenbau. Eine Mitarbeiterin von Ellen war eine sehr nette MTRA, Ruth Schürch,die vor allem darunter litt,dass ihr Freund und zukünftiger Ehemann Franz Betschon, der auch an der ETH Maschinenbau studiert hatte,nach Brasilien musste, um als Inbetriebssetzungs-Ingenieur mehrere Monate lang im Amazonas-Urwald eine grosse Anlage in Betrieb zu nehmen. Er war zu jener Zeit bei der BBC, heute ABB. Die jung verliebte Ruth wurde von den anderen Frauen getröstet, worunter auch ihre Chefin Ellen Hermannsen, meine heutige Frau war.So entwickelte sich zwischen den beiden eine Freundschaft.
Nach dem Abschluss als Dipl.Ing.ETH 1968 heuerte ich bei SAURER in Arbon an, wir heirateten 1969 und zogen nach Horn am Bodensee. Unsere beiden älteren Kinder kamen auf die Welt und wir machten häufig Spaziergänge in der Umgebung. Auf einem dieser Spaziergänge in der Umgebung von Heiden, oberhalb des berüchtigten Bodenseenebels, trafen wir auf ein anderes Ehepaar,welches ebenfalls den obligaten Sonntagsspaziergang machte. Die beiden Mütter Ruth und Ellen trafen sich unvermutet wieder und wir beiden Jung-Ehemänner stellten fest,dass wir zusammen einen militärischen Kurs besucht hatten und uns daher auch kannten. Es war ein Flugzeugerkennungskurs in Dübendorf,zu dem die beiden jüngsten gelben Offiziere des PzRgt, ein Robert Fräfel, Pfarrer und später Oberst im Stab FAK 4, und ich als «Hamburger» abkommandiert wurden. Franz nahm wohl auch kommandiert daran teil, denn als flugzeugbegeisterter Of der Flugwaffe kannte er alle gegnerischen Flugzeuge auswendig. Mich interessierte es relativ wenig, meine Leidenschaft waren die Panzer. So kamen wir uns auch später nie in die Quere.
Es entwickelte sich eine Freundschaft,die mit gelegentlichen gegenseitigen Besuchen in Heiden und später in Mörschwil,wo wir ein Haus bauten sowie in Braunwald,wo die Familie der beiden ein Ferienchalet besass, fortgesetzt wurde. Wir waren zwei Jahre im Altersunterschied,im Studium aber vier Studienjahre auseinander, da ich nach der Matura zuerst zwei Jahre Militärdienst gemacht hatte und Franz direkt studierte und in den Semesterferien seinen Militärdienst leistete. Er schloss an der ETH 1964 ab zu jenem Zeitpunkt,als ich mit den Vorlesungen begann. Als ich 1968 abschloss,war er schon vier Jahre im Berufsalltag bei BBC. Die Interessen waren ähnlich gelagert, beide Familien hatten drei Kinder, wir hatten alle nicht viel Geld weil wir beide ein Haus gebaut haben und so verbrachten wir recht viel Zeit zusammen. Franz war zu jener Zeit Betriebsleiter der Nadelfabrik DUBIED in Rheineck und ich Hauptabteilungsleiter «Planung» bei SAURER,er war Kp Kdt und später Bat Kdt und Flpl Kdt bei der Flugwaffe, ich Kp Kdt und später Kdt eines Pz Bat in der Mech Div 11 und F Div 7. So waren die Interessen von allen vieren etwa gleich. Dazu kam, dass wir in der Ostschweiz nicht gerade am Nabel des Weltgeschehens waren,zu einer Zeit, als es noch kein schweizweites Netz von Autobahnen gab.
Da ich militärisch gesehen früher dran war, konnte ich ab 1975 in die Gst Schulen gehen, was Franz mit einer Promotionsarbeit beantwortete, etwas,das ich damals als unrealistisch beurteilte, denn an der ETH waren berufsbegleitende Doktorarbeiten sehr selten. Die Doktoranden wurden nämlich zu diesen Zeiten als billige Assistenten durch die Doktorväter ausgenützt, was bei einem berufsbegleitenden Arbeiten an der Dissertation ja nicht möglich war. Franz konnte seinen Doktorvater damals überzeugen mit einer interessanten Arbeit aus der Industrie, denn Prof Krause war der Textilpapst an der ETH und DUBIED eine Textilmaschinenfabrik. Franz fragte mich damals, ob ich mit ihm zusammen diese Dissertation machen wolle, denn ich war auch ein Absolvent von Krause und arbeitete bei SAURER, u.a. ebenfalls einer Textilmaschinenfabrik. Für mich kam das nicht in Frage,denn unsere persönlichen Neigungen waren zu unterschiedlich,was sich später auch in der militärischen Laufbahn zeigen sollte. Franz war der intellektuelle Generalstabsoffizier und ich der Troupier im Generalstab. Ein alter Kalauer besagt ja bekanntlich,dass die eine Hälfte der Generalstabsoffiziere zwischendurch ein Bat kommandieren müssen und die andere Hälfte zwischen den Kommandos Generalstabsdienste leisten müssen, bevor sie ein höheres Kommando übernehmen dürfen.
Jedenfalls waren wir oft zusammen und so kam es, dass Franz nach der Promotion zum Dr.sc.tech.ETH nach einer neuen beruflichen Herausforderung Umschau hielt.Zu jener Zeit wurde der Technische Direktor «Nutzfahrzeugbau» bei SAURER pensioniert und man suchte einen Nachfolger. Der Bereich wurde aufgespalten in zwei Vizedirektionen «Fahrzeugkonstruktion» und «Motorenentwicklung». Da Franz gemäss meiner Beurteilung alle Voraussetzungen für die Leitung des Unterbereiches Fahrzeugkonstruktion hatte, lud ich ihn mit seiner Frau Ruth und den damaligen Vorsitzenden der Geschäftsleitung Herrn Roost, dem ich als Vizedirektor und Leiter der gesamten Produktion unterstand, zu einem Abendessen zu uns ein und machte sie bekannt. Herr Roost war von mir über die Qualifikationen von Franz im Voraus informiert worden und so ergab sich aus dem Gespräch, dass wir in der Folge beide als Vizedirektoren bei SAURER zusammenarbeiteten. Es war eine intensive Zeit der Zusammenarbeit.
Wir beide beurteilten Ende der 70-er Jahre die Zukunft von SAURER eher pessimistisch, die ersten Verhandlungen mit Mercedes waren aus Eigennutz der Geschäftsleitung und unrealistischen Forderungen gescheitert und man wollte eine Fusion mit IVECO (=FIAT),was wir beide ablehnten. So verliess ich SAURER Ende 79 und Franz ca 80/81.Die Verbindung mit FIAT kam nicht zustande und in einer Aktion «Heimatschutz» sorgte der damalige Vizepräsident des Verwaltungsrates von SAURER und VR-Präsident der SBG Dr.Robert Holzach,einem sehr engagierten Thurgauer, dafür, dass von SAURER der Nutzfahrzeugbau,resp was von ihm noch übrig war,von Mercedes übernommen wurde. Der erste Übernahmevertrag, an dem Franz und ich mitgearbeitet hatten, beinhaltete 1978 noch den ganzen Nutzfahrzeugbereich,der schlussendliche Vertrag 1982 nur noch einige wenige für Mercedes interessante Abteilungen, unter anderem die Schlussmontagehalle, die für Spezialvarianten umgerüstet wurde. Was aus SAURER wurde,wissen wir.
Franz und ich arbeiteten nach dieser Zeit in Horgen und Zug resp in Zürich, Choindez und Herisau und wir trafen uns verschiedentlich am Freitagabend auf dem Heimweg auf dem Ricken zum essen,da wir «Kontermärsche» absolvierten,er von der Innerschweiz nach Heiden,ich von Herisau nach Wollerau, meinem damaligen Wohnort. So hielten wir Kontakt und tauschten uns über Familie, Militär, die allgemeine Weltlage und weitere Berufschancen aus.
Unsere Kontakte reduzierten sich in der Folge etwas, denn nach dem Fall der Mauer verschlug es Franz beruflich nach Deutschland in die neuen Bundesländer und ich war für METROHM ca 20-30% der Arbeitszeit im Ausland, zudem war ich oft militärisch abwesend. Wir hielten aber immer losen Kontakt und trafen uns gelegentlich mit den Frauen zuhause oder allein in Autobahnraststätten und auch in den Lounges der Flughäfen Frankfurt und Stuttgart. Der Kontakt intensivierte sich erst wieder, als Franz die Leitung der STARRAG in Rorschach übernahm, wir uns gegenseitig die Firmen zeigten und uns über die allgemeine Weltlage, das Militär und die geschäftlichen Chancen in China unterhielten.Wir waren beide unter den ersten,die die Chancen in China erkannten, uns dort umsahen und eigene Geschäftaktivitäten aufbauten. Wir beurteilten die Möglichkeiten einer Expansion in Fernost ähnlich, aber mit einem wichtigen Unterschied. Franz sah eine Zukunft für Produktions-Verlagerungen aus Kostengründen nach China, ich war aus Kopiergründen strikte dagegen und nur an einer sehr starken eigenen Vertriebsfirma interessiert. Wir bei METROHM entwickelten Hightech-Geräte und Franz als nebenamtlicher VR-Präsident des Halbleiterherstellers MICRONAS hatten noch ein weiteres spezielles Interessengebiet,aber wiederum mit unterschiedlichen Ansichten. Ich beurteilte die Zukunftschancen eines Mikroprozessoren-Herstellers in Europa nicht so positiv wie er,denn in der Halbleiterindustrie mit den grossen zyklischen Schwankungen musste eine Firma in der Lage sein, aus Kostengründen innert kürzester Zeit die halbe Belegschaft zu kündigen und nach ein paar Jahren wieder einzustellen, was mit den Wertvorstellungen in Europa,im Gegensatz zu den USA und Taiwan,nicht möglich ist.
Dann kam die Zeit,als er vom Inhaber und Hauptaktionär der STARRAG auf eine sehr unfreundliche Weise behandelt wurde. Dies nachdem Franz die Firma HECKERT in Ostdeutschland, die er aus seiner Zeit in den neuen Bundesländern bestens kannte, in die STARRAG integrierte,was ohne ihn kaum gelungen wäre. Ich wurde vom VR via Headhunter kontaktiert, um die Funktion des nebenamtlichen VR-Delegierten der STARRAG zu übernehmen und den Vorsitzenden der Geschäftsleitung zu ersetzen. Was der VR nicht wusste war, dass wir uns bestens kannten und gut befreundet waren. Als wir genügend wussten über die Absichten, sagte ich die Anfrage ab und in der Folge verliess Franz dann die STARRAG und er begann das berufliche Leben als Schriftsteller, Weltenreisender und Militärpublizisten.
Schlussendlich kam seine Anfrage,ob ich mit ihm zusammenarbeiten würde, wenn die vor der Gründung stehende Gruppe GIARDINO aufgestellt sei, bei der er die Funktion des Vizepräsidenten übernehmen werde. Ich sagte ihm unter der Bedingung zu,dass ich aus beruflichen Zeitgründen – ich nahm verschiedene Mandate in Verwaltungsräten wahr – keine neue Beschäftigung suche. Wenn er unter diesen Umständen immer noch an meiner Mitarbeit interessiert sei,dann werde ich ihn nach allen Kräften und Möglichkeiten unterstützen. Der Zerfall der Armee und die laue Haltung der Armeespitzen sowie der Umverteilungspolitiker waren uns beiden ein Dorn im Auge.Was dabei herausgekommen ist, wissen wir. Die in der 100’000 Mannarmee noch als Kampfverbände zur Verfügung stehenden Truppen betragen nur noch ca 33’000 Mann und können einen Verfassungsauftrag nie und nimmer erfüllen.Keiner wird je zur Rechenschaft gezogen, das ist bei Politikern im Gegensatz zu Managern nicht der Fall. Und all die anderen,die in der wohligen Hängematte der Pensionierung liegen und dem Zerfall der Armee zugesehen haben ohne etwas zu sagen oder zu opponieren, klopfen sich auf die Heldenbrust und schwärmen von der alten funktionierenden Armee: «Ja,ja,das waren noch Zeiten». Derweil rüsten Russland und China technologisch auf wie noch nie und am Rande von Europa herrscht Krieg, euphemistisch «terroristische Aktionen» genannt!!!
Franz war ein guter Kamerad,ein sehr guter Analytiker und Schriftsteller, aber kein begnadeter Diplomat. Er war sehr direkt, aber das muss eine Freundschaft aushalten. Er war immer sehr sachlich und nie persönlich. Er wird uns fehlen.
Adrian Déteindre
VRP Metrohm AG, Herisau
ehem. Kdt Pz Rgt 3
Franz Betschon und ich haben in den 1970er-Jahren auf dem Flugplatz Mollis vier WKs zusammen absolviert (1973-76). Er als Kommandant der Flieger (Rep) Kp 20, ich als frischgebackener Leutnant und Rep Of im Stab der Abteilung (Flpl Abt 11). Meine Erinnerungen an die damalige Zeit sind mir immer noch sehr präsent. Ich habe auch noch sehr gut in meinem Gedächtnis, wie er mich als jungen Leutnant in meinem ersten WK einlud, seinen «Betrieb», sprich seinen Werkstatt-Hangar (U69 Feldbach) zu besichtigen und mir seine äusserst professionelle Arbeitsweise vorzustellen. Was ich in seinem KP dann vorfand, überraschte mich sehr positiv: Alle Wände im KP waren mit Tabellen, Graphiken, Magnet-Haft-Tafeln, Pinwänden und dergleichen ausgerüstet, sodass Franz Betschon selber und die dort Dienstleistenden sich sofort über den Wartungs- und Bereitschaft-Zustand jedes Flugzeuges (damals Venom) mit einem Blick informieren konnten und Zustands-Änderungen sofort entsprechend dargestellt wurden. Wie in der Industrie. Natürlich wusste ich, dass Franz Betschon sich seine Kenntnisse und Fähigkeiten an der ETH und in der Wirtschaft erarbeitet hatte und sie nun selbstverständlich auch für die Erfüllung seines militärischen Auftrages einsetzte und zur Wirkung brachte.
In seinem militärischen Bereich war kein «Befehlston» notwendig, er führte durch seine natürliche Autorität, und ich habe gespürt, welches ausgezeichnete Arbeitsklima in der von ihm geführten Einheit herrschte. Eben: äusserst professionell und gleichzeitig sehr menschlich.
Anders als gewisse andere Offiziere auf dem Flugplatz Mollis hat mich Franz Betschon von der ersten Minute an als Junior-Partner betrachtet und ist stets hilfsbereit mit mir als «Newcomer» umgegangen. Das habe ich damals menschlich ausserordentlich geschätzt.
Franz Betschon war und ist für mich ein Paradebeispiel dafür, was eine Miliz-Armee ausmacht. Jeder bringt seinen Erfahrungsschatz, seine Kenntnisse und Fähigkeiten aus seiner zivilen Tätigkeit ins Militär mit. Durch die Ballung der diversen Talente entsteht so eine Leistungsfähigkeit, die von keiner Berufsarmee auch nur annähernd erreicht wird.
Leider will sich unsere aktuelle oberste Landesführung nun von diesem äusserst erfolgreichen Konzept verabschieden und eine Armee-Organisation (WEA) einführen, deren wirkliche Kaderpositionen ausschliesslich durch Berufsmilitärs gebildet werden. Diese düstere Perspektive muss Franz Betschon tief in seinem Innersten verletzt haben.
Mit Franz Betschon hat die Gruppe Giardino zweifellos ihren grossen “Think Tank” verloren. In dieser Rolle wird er unersetzlich sein.
Adrian Déteindre bringt es mit seinem Schlusssatz auf den Punkt: “Franz war ein guter Kamerad,ein sehr guter Analytiker und Schriftsteller, aber kein begnadeter Diplomat. Er war sehr direkt, aber das muss eine Freundschaft aushalten. Er war immer sehr sachlich und nie persönlich. Er wird uns fehlen.” – Es wäre der Armee zu wünschen, mehr “Diplomaten” vom Kaliber eines Franz Betschon zu haben, sie wäre nicht in einem so desolaten Zustand!
Etwas abgewandelt mögen die folgenden Zeilen aus Goethes Faust zutreffend sein:
Meine teurer Freund, ich rat Euch drum:
Zuerst Collegium analyticum:
Da wird der Geist Euch wohl dressiert,
In viele Worte eingeschnürt.-
Ihr lernt relativieren,
Ihr lernt abstrahieren,
Fokussieren, konzentrieren,
Argumentieren, experimentieren,
Ausprobieren, archivieren,
Integrieren, interpretieren,
Extrapolieren und organisieren,
Kombinieren und kapitulieren,
Aber auch lamentieren und resignieren
Dies nennen die Leute im Parlament schlicht „analysieren“.
In der Tat, das Parlament und das VBS haben längst kapituliert und Franz Betschon hat dies sehr früh erkannt. Franz Betschon bestärkt uns, in unseren Bemühen keine Abstriche zu machen!
Nach dem Hinschied von Hermann ein weiterer, schwerer Verlust für uns Giardinos!
Mein aufrichtiges Beileid an seine Angehörigen.
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