Kommentar BaZ: Diese Übung ist abzubrechen
von Beni Gafner, BaZ Redaktor
Die Schweiz vermittelt in der Person von Aussenminister Didier Burkhalter als OSZE-Präsident vielbeachtet in der Ukraine-Krise. Gleichzeitig beteiligt sich die Schweizer Armee unter Verantwortung von Verteidigungsminister Ueli Maurer seit Montag im Norden Deutschlands am grössten Nato-Manöver seit Jahren. Elf Nato-Länder und 4500 Nato-Soldaten fahren übungshalber ihr Kriegsgerät auf, vom Flugabwehrraketensystem bis zum Kampfjet. Unter dem Kommando der USA soll die eigene Handlungsfähigkeit gegenüber Russland unter Beweis gestellt werden. Geschult wird die Fähigkeit der Luftstreitkräfte und deren Einbindung in die Operationsführung von Land- und Seestreitkräften.
Die Schweizer Armee ist mittendrin, als Handlanger der einen, potenziellen Kriegspartei Nato. «Mit drei Cougar-Transporthelikoptern, einem Observer aus dem Bereich Luftverteidigung und einem Messfahrzeug der Führungsunterstützung» übe man nicht nur die Elektronische Kriegführung (EKF), man könne auch beim Zusammenwirken von Luftwaffe, Marine und Bodentruppen wertvolle Erfahrungen sammeln, schreibt unsere Luftwaffe auf ihrer Homepage.
«Erfahrungen sammeln» , wenn die Grossen mit den Säbeln rasseln? Das ist im neuen Ost-West-Konflikt nicht nur instinktlos, das ist in unerlaubtem Ausmass naiv. Die Schweiz hätte ihre Teilnahme an der Nato-Übung «Jawtex» aus neutralitätspolitischen Überlegungen absagen müssen. Doch das Verteidigungsdepartement kennt seit Wochen nur noch ein Thema: den Gripen. Der Bundesrat hat mit der Genehmigung dieser Übungsteilnahme einen politischen Fehler begangen. Er gefährdet damit nicht nur einen möglichen Erfolg von OSZE-Vermittler Burkhalter, er beschädigt – was schwerer wiegt – die glaubwürdige Position einer unabhängigen, neutralen Schweiz. Ausgerechnet jener Schweiz also, die Bundesrat Maurer erhalten will.
Der Fehler des Gesamtbundesrats deutet auf ein tiefer liegendes Problem, das auf die Agenda gehört. Mit ihrer Einbindung in das Nato-Programm «Partnerschaft für den Frieden» bewegt sich die Schweiz seit 18 Jahren auf gefährlichem Terrain. Die Leitlinien des erfolgreichen neutralen Kleinstaates heissen Skepsis und Vorsicht. Das unerledigte 20. Jahrhundert lebt fort im 21. Wo alles möglich erscheint, darf die Schweiz nicht alles tun, was man auch noch tun könnte – etwa bei Luftlandungen in Brandenburg dabei sein. In einer Welt ohne Halt bietet Neutralität den Schweizern den sichereren Boden, um sich nicht in die Abenteuer anderer entführen zu lassen. Diese Übung ist abzubrechen.