Manifest
Das Manifest der Gruppe GIARDINO (eine Kurzfassung finden Sie hier)
Ausgangslage
Die überparteiliche «Gruppe Giardino» besteht aus Schweizerbürgerinnen und -Bürgern, mehrheitlich aus aktiven und ehemaligen Angehörigen der Armee, jeden Alters, aller Grade und aus allen Landesteilen. Wir haben uns spontan zusammengefunden, weil
- wir bestürzt sind über die täglichen neuen Hiobsbotschaften und sich häufenden Pannen aus dem Bereich der Sicherheitspolitik.
- die oberste Richtschnur für die Ausgestaltung der Armee – die Bundesverfassung – von der Politik mit einer Nonchalance ohnegleichen missachtet wird.
- die Politik nicht in der Lage oder nicht willens ist, für die Armee die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen um den Verfassungsauftrag zu erfüllen.
- in einer Zeit, in welcher sich die internationale Gemeinschaft, hauptsächlich die Wirtschaft, in der grössten Krise der Nachkriegszeit befindet, die weltweite Rüstung neue Rekordhöhen erreicht und das Völkerrecht grob missachtet wird, keine Instanz sichtbar wird, die wenigstens für die Schweiz diesem Malaise ein Ende setzen will.
- wir feststellen, dass grosse materielle und immaterielle Werte vernichtet worden sind, ohne dass ein Konzept sichtbar wäre und wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten verloren gegangen sind, ohne dass man sich um Ersatz bemüht.
Wir fragen
- Warum lässt man den Bürger im Glauben, dass die Bundesverfassung (BV) noch Richtschnur sei? Wieso tut man so, als ob wir noch eine allgemeine Wehrpflicht und eine Milizarmee hätten? Wieso lassen es Bundesrat und Parlament zu, dass der gesetzeswidrige Zugang zum Zivildienst für Wehrpflichtige ohne Gewissensprüfung frei gewählt werden kann? Wieso blendet die Politik diese Schwachstellen permanent aus?
- Wieso lässt man den Bürger im Glauben, seine Armee umfasse 9 Brigaden (à rund 6’000 Mann)? Wieso bildet man jedes Jahr rund 20‘000 Rekruten aus und lässt diese im Glauben, man würde sie auf einen Aktivdienst vorbereiten, wenn nur 2 von 9 Brigaden heute ausgerüstet und aufgeboten werden können?
- Ist der «Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz» vom 23. Juni 2010 das letzte Wort unserer Landesregierung? Welche Schlussfolgerungen haben die übrigen Departemente über das VBS hinaus daraus gezogen? Die Armee ist das wichtigste sicherheitspolitische Mittel der Landesregierung. Wie kann es sein, dass ausgerechnet dieses Instrument im Sicherheitspolitischen Bericht einfach ausgeklammert und separat behandelt wird? Trifft es zu, dass sich Mitarbeiter des EDA geweigert haben, mit jenen des VBS in Sachen Sicherheitspolitik (und insbesondere in Armeefragen: u.a. Stichworte wie «Helfen, schützen, kämpfen») direkt zusammenzuarbeiten?
- Verfügt die Landesregierung über eine finanzielle Langfristplanung, die den Departementen Planungssicherheit ermöglicht und an die sich auch das Parlament halten muss? Sind sich Bundesrat und Parlament der Tatsache bewusst, dass es ohne genügende finanzielle Mittel keine glaubwürdige Armee geben kann?
- Verfügen wir in der Armee noch über eine Führung, die genügend geschult ist und das notwendige Fachwissen aufweist, um die Armee pannenfrei zu führen? Wird nicht nur die Truppe, sondern auch dieses Kader zusammen mit der zugehörigen zivilen Führung systematisch beübt?
- Wie viel Ausrüstung, Infrastruktur, Liegenschaften und Material, das noch im Jahr 2000 vorhanden war, ist „ausser Dienst gestellt“, was ist verschwunden, vernichtet, was ist verkauft worden? Was wurde dafür gelöst und wohin ist dieses Geld geflossen? Wer hat entsprechende Entscheide gefällt?
- Wie viele Rekruten eines Jahrganges 20-jähriger Schweizerbürger werden tatsächlich der Wehrpflicht unterstellt?
- Wie wird die Geheimhaltung gehandhabt? Wie wird sichergestellt, dass sensitive Informationen und Datenträger auch im Ausland (z.B. bei ausländischen Beratern) unter unserer Kontrolle bleiben?
- Wie ist die Einsatzbereitschaft der bestehenden Verbände zu beurteilen? Kennen alle diese Verbände ihren Primärauftrag und innert welcher Zeit ab Auslösung eines entsprechenden, unangekündigten Befehls können sie ihren Primärauftrag erfüllen? Welches sind die Konzepte für den Einsatz inklusive die Kampfführung für den Primärauftrag gemäss BV?
- Gibt es einen standardisierten «Rüstungsablauf» der Beschaffungspannen verhindern hilft? Wie funktioniert die Zeit-, Kosten- und Qualitätskontrolle bei der Rüstungsbeschaffung der AXXI?
Wir fordern
Im Sinne der Rückkehr zu einem Klima der politischen Redlichkeit fordert die „Gruppe Giardino“ die vollständige Beantwortung der obgenannten 10 Fragen zuhanden der schweizerischen Öffentlichkeit.
Insbesondere fordern wir
- eine bestandesstarke, vollständig ausgerüstete Armee, die bei Bedarf rasch mobilisiert werden kann und entsprechend logistisch abgestützt ist.
- eine Armee, die den Verteidigungsauftrag der BV effizient und nachhaltig erfüllen kann.
- eine Armee, die bei einer ausserordentlichen Veränderung der Rahmenbedingungen (z.B. Versagen von Schengen, Auseinanderbrechen der Währungsunion, Bedrohung durch Migrationsströme, Unmöglichkeit der Handhabung der Verschuldungssituation, Netzkrieg etc.) der Sicherheitslage in Europa (und in der übrigen Welt) militärische Übergriffe auf die Schweiz, allenfalls auch zusammen mit der Polizei und dem Grenzwachtkorps, verhindern kann.
- militärisches Berufspersonal, das sich als Rückgrat der Milizarmee versteht.
- dass höhere Stabsoffiziere, die Sinn und Chancen des schweizerischen Milizprinzips und die Möglichkeit einer auf eigenen Mitteln basierenden Landesverteidigung nicht zu erkennen vermögen und damit Artikel 58 BV missachten, die Armee und den Bundesdienst verlassen.
- eine schlanke Verwaltung, die effizient und proportional zu den Beständen der Armee arbeitet.
- dass die Vernichtung oder der Verkauf jeglicher militärischer Ausrüstung oder militärischer Infrastruktur sofort und bis auf weiteres gestoppt wird.
- politische Führungsorgane, die in grundsätzlichen Fragen einer schweizerischen Aussen-, Wirtschafts- und Armeepolitik geeint sind, das heisst in einer Sicherheitspolitik, die umfassend ist und nicht nur der Armee den Schwarzen Peter zuspielt.
- eine Sicherheitspolitik, die den Namen einer glaubwürdigen Gesamtverteidigungsstrategie auch tatsächlich verdient. Wir fordern von den politischen Parteien den unbedingten Willen, sich im Gesamtinteresse des Landes in sicherheitspolitischen Kernfragen zeitverzugslose zu einem Konsens zusammenzuraufen.
- dezentrale politische und militärische Führungsorgane, denen eigene Mittel und Kompetenzen bekannt sind und die in wiederkehrenden Gesamtverteidigungs-Übungen (GVU) geschult sind, ausserordentliche, überraschend auftretende Sicherheitsrisiken zu meistern.
- ein unabhängiges schweizerisches Expertengremium, wie es früher in Form von Miliz-Beraterkommissionen bestand, das für das Unternehmen Armee eine Due-Diligence-Prüfung (Werthaltigkeitsprüfung) macht, umfassend alle Aspekte der Aufbau- und Ablauforganisation, der Einsatztauglichkeit und der Verfassungsmässigkeit. Dieses schweizerische Beratergremium stand früher jederzeit und praktisch kostenlos zur Verfügung und war aus fachlich hochkarätigen Experten der verschiedenen Waffengattungen (Panzer, Informatik, Artillerie etc.), der Wirtschaft und der Wissenschaft zusammengesetzt, wie es sich eine gewinnorientierte Beratergesellschaft nie leisten kann.