Rambos statt Polizisten schützen Bundesräte

Rambos statt Polizisten schützen Bundesräte

Mit der laufenden Armeereform soll das bewährte Schutzdetachement Bundesrat abgeschafft werden.
Die rigiden Sparvorgaben an die Armee und deren Verkleinerung in der laufen­den Armeereform haben auch unmittel­baren Einfluss auf die Sicherheit der Bundesratsmitglieder bei ausserordent­licher Lage. In einem Brief an Bundes­kanzlerin Corina Casanova (CVP) bestätigt Korpskommandant André Blattmann, Chef der Armee, dass das «Schutzdetachement Bundesrat» (SDBR) voraussichtlich auf Ende 2016 aufgelöst wird. Die Bundeskanzlerin ist von Amtes wegen Chefin des «Stab Ein­satzunterstützung Landesregierung». Casanova muss im Notfall das Schutz­detachement anfordern.
Offenbar hatte sich die Bundeskanz­lerin zuvor bei Blattmann nach der Zukunft des Schutzdetachements Bun­desrat erkundigt. Denn Blattmann leitet seinen Kurzbrief mit der Bemerkung ein: «Es ist richtig, dass das SDBR mit dem Inkrafttreten des revidierten Bundes­gesetzes über die Armee und die Militär­verwaltung aufgelöst wird, somit vor­ aussichtlich per 1. Januar 2017.»
Von Blattmanns Auflösungsbefehl betroffen sind Polizisten, oft aus Sondereinheiten der Kantone, die vor­übergehend Militärdienst leisten. Sie sind der Abteilung Militärische Sicher­heit zugeteilt. Die heutigen Personen­schützer des Bundesrats in ausseror­dentlicher Lage entsprechen also einer Art Profi­Miliz: Von Beruf Polizisten, ausgebildet in der heiklen Aufgabe des Personenschutzes – im Militär Perso­nenschützer in Militäruniform oder Anzug, mit militärischer Ausbildung. Gemäss BaZ­-Information handelt es sich dabei um eine hochmotivierte Spe­zialtruppe, die sich in einer ausser­ordentlichen Lage, etwa nach einer Serie von Terroranschlägen, in zivilem Umfeld bewegen kann und notfalls Gewalt anwenden kann, um die Regie­rung zu schützen.
Besondere Hochach­tung bringt Blattmann den Spezialisten aus dem SDBR in seinem Brief an Bun­deskanzlerin Casanova nun aber nicht entgegen. Denn als Begründung für sei­nen Auflösungsentscheid schreibt er despektierlich: «Diese Formation war lediglich für ausserordentliche Lagen vorgesehen, darum kam sie einerseits nie zum Einsatz, andererseits konnte sie einen allfälligen Einsatz aber auch nie wirklich realitätsnah üben.» Diese Begründung des Chefs der Armee treibt Kennern der kleinen, gut ausgebildeten Spezialtruppe Sorgenfalten in die Gesichter.
Beitrag der BaZ vom 11. Juli 2015, Seite 4 (PDF)
Kommentar:
Die Armeeführung beschwört zwar ständig das hohe Lied der “Milizarmee”, doch gleichzeitig baut sie diese bestens ausgebildeten Truppenteile Stück für Stück ab und ersetzt sie durch teure Ersatzlösungen: Kenner sprechen von 2-3x höheren Kosten. So erstaunt es nicht, dass die Betriebskosten der Armee ständig ansteigen. Statt Milizkompetenz zum Soldansatz kauft die Armee Leistungen lieber von Beratern mit hohen Stundenansätzen ein. Diese fatale Tendenz muss gestoppt werden!

 

Kommentare: 7

  1. Fritz Kälin sagt:

    Die Spezialkräfte der Armee bzw. das AAD10 hat also eine neue ‘Aufgabe’ gefunden.
    Der Bundesrat legt seine Sicherheit also in die Hände des Militärs – jenes Teils der Armee, der sich am weitesten von dem entfremdet hat, was wir unter einer Milizarmee verstehen. Jener Teil der Armee, der am ehesten dem entspricht, was seit dem Mauerfall in der Exekutive angestrebt wird. Rambos wäre für diese motivierten Armeeangehörigen auf den ersten Blick ein Schmähbegriff – aber wenn sie ihren soldatischen Ethos und Gehorsam über ihr Verantwortungsgefühl für die Gesellschaft stellen, würden sie eben genau jenem Stereotypen entsprechen. Jeder einzelne von ihnen muss es mit seinem Gewissen ausmachen, ob er im Zweifelsfall der Uniform treuer wäre als seinem Land und den Menschen, die auf seinen Schutz angewiesen wären.
    Die Bürger in Uniform, die sich verstört fragen, warum sie als Milizsoldaten sich im Aktivdienst vor so eine Regierung stellen sollen, die sich nicht mehr von der Miliz schützen lassen will, seien daran erinnert, dass sie im Aktivdienst auf die Eidgenossenschaft vereidigt werden. Nicht auf den General (oder ‘Friedensgeneral’…), oder die Verfassung oder das Parlament.
    In Afghanistan wird der Präsident meines Wissens von Navy Seals geschützt.

  2. M. Quiblier sagt:

    Bravo, nur fröhlich weiter so. Unsere Armee und somit unsere Sicherheit wurde und wird gezielt konsequent kaputt gespart. Unsere Armee Leitung leistet sich einen unglaublichen Zick Zack Kurs ohne Perspektiven und die meisten Parlamentarier haben die Wörter Verantwortung und Verpflichtung durch Interessenvertretung und Bereicherung ersetzt.
    Wir alle tragen aber auch Verantwortung, wir Offiziere aD, auch die Offiziersgesellschaften wissen, dass die heutige Armee nicht ausgerüstet und nicht innert nüzlicher Frist aufgeboten und dass sie ihre Kernaufgabe gemäss Verfassung längst nicht mehr erfüllen kann.
    Die Frage ist berechtigt, ob man für dieses Gebilde von 100’000 AdA (Frauenfelder OpenAir 130’000 Besucher) noch 5 Milliarden CHF ausgeben soll.
    Anstelle von passiven Feststellungen sollte wir uns die Fragen stellen:
    a das nicht mehr einsetzbare Gebilde Armee mit allen Konsequenzen abzuschaffen oder
    b auf dem Initiativenweg das Parlament und den Bundesrat zu zwingen, endlich der Armee die Mittel und das Personal aufgrund einer realistischen Bedrohungsanalyse unserer Sicherheit zu garanieren und somit ihren Auftrag, welche sie von uns Bürgern haben, endlich zu erfüllen.
    Das wäre ehrlich.
    Vielleicht gelingt ein solcher Weckruf noch vor der nächsten Katastrophe.
    Werden wir aktiv und lassen die Verantwortlichen weiter lavarieren.

  3. Hohermuth sagt:

    Die derzeitigen Bundesräte müssen nun wirklich nicht geschützt werden.

  4. Karl Grau sagt:

    «Diese Formation war lediglich für ausserordentliche Lagen vorgesehen, darum kam sie einerseits nie zum Einsatz, andererseits konnte sie einen allfälligen Einsatz aber auch nie wirklich realitätsnah üben.»
    Richtig so Herr Blattmann: Jede Feuerwehr die nicht zum Einsatz kommt weil es nicht brennt soll abgeschafft werden???

  5. Willy P. Stelzer sagt:

    Das Schutzdetachement des Bundesrates, genannt SDBR, ist mit der britischen SAS-Eingreiftruppe zu vergleichen. Die durch den CdA Blattmann geplante Eliminierung deckt sich mit der Aktion der Vernichtung der 365 Schützenpanzer Spz 63/89 (M113) im Jahre 2012. Diese Planung ist umso unverständlicher als die Bedrohung durch Terroristen beträchtlich gestiegen ist. Aber wir haben ja im schlimmsten Fall die bestens für solche Einsätze ausgebildete und erprobte Durchdiener-Truppe, nicht wahr? Interessant zu sehen wie die beiden Sicherheitskommissionen des National- und Ständerates auf diesen letzten Schildbürgerstreich des CdA reagieren werden.

  6. Schaub Rudolf P. sagt:

    Lieber Willy
    Lese bitte die Protokolle der bisherigen WEA-Debatten im SR und NR! Es wird zwar eine Qual sein für Dich, und – wenn Du meine Empfehlung als Zumutung empfindest – habe ich volles Verständnis für Deine Haltung. Es ist aber ein grosser Irrtum zu meinen, die Damen und Herren im Parlament und den Sicherheitskommissionen würden sich sachverständig und gründlich mit solchen Detailproblemen wie dem SDBR beschäftigen. Im Parlament werden Deklamationen, die nicht zutreffen müssen, aus dem Fenster für die eigene Klientel gemacht. Die eigene Klientel ist so naiv bzw. unkritisch, dass sie diesen Deklamationen Glauben schenkt. Da gibt es bürgerliche Parlamentarier, die erklären, sie würden eine starke Armee voll und ganz befürworten, gleichzeitig legen sie ein vorbehaltloses Bekenntnis zur WEA ab, wahrlich ein eklatanter Widerspruch. Die Armee-18 wird den Auftrag zur Landesverteidigung gemäss BV 58 II nicht einmal ansatzweise erfüllen können. Sie soll ja nur noch eine theoretische Verteidigungskompetenz sicherstellen. Die dafür vorgesehenen Truppen werden nicht einmal vollständig mit Waffen ausgerüstet. Das gleiche gilt für die nachhaltige Erfüllung des neuen Auftrages bezüglich Bewachung von wichtigen Objekten und Transversalen für die Infanterie. Von einer starken Armee-18 kann also keine Rede sein, obwohl der Herr CdA und seine Gefolgsleute das Gegenteil plappern.

  7. Willy P. Stelzer sagt:

    Lieber Ruedi – Selbstverständlich habe ich die Wortprotokolle der letzten SR und NR-Sitzungen gelesen. Richtig – sie sind eine Qual! Und mit allen Deinen Ausführungen bin ich einverstanden; wir liegen auf der gleichen Linie. Die WEA-Armee kann den Auftrag gemäss BV, Art. 57/58 nicht erfüllen. Man kann dies nicht genug wiederholen!

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