Sicherheitspolitische Irrfahrt!

Sicherheitspolitische Irrfahrt!

Nachdem unsere Politik über Jahre hinweg „Friedensdividenden“ in ungerechtfertigter Höhe konsumiert hat, setzt der Bundesrat in grober Missachtung unserer Verfassung und mehrerer Parlamentsbeschlüsse zu einem weiteren Kahlschlag beim Armeebudget an. Das muss im Lichte der aktuellen weltweiten sicherheits- und geopolitischen Veränderungen und den damit einhergehenden Unwägbarkeiten sowie im Zusammenhang mit der sich im Parlament befindlichen WEA-Vorlage als fahrlässig und verantwortungslos bezeichnet werden.
Das VBS bzw. unsere Armee hat in den vergangenen Jahren – die Schmerzgrenze überschreitend – wiederholt echte Sparbeiträge geleistet. Dies im Gegensatz zu allen anderen Departementen, deren Ausgaben laufend zugenommen haben, lediglich etwas geringer als geplant. Dies als echtes Sparen zu bezeichnen, ist unredlich. Die eklatante, durch nichts zu rechtfertigende Ungleichbehandlung ist ein politischer Skandal. Sie hat u.a. zur gravierenden Folge, dass unsere laufend einer anspruchsvollen Transformation unterzogene Landesverteidigung seit Jahren über keine Planungssicherheit mehr verfügt. Das führt in jeder Organisation zwangsweise zu Schwierigkeiten. Bundesrat und Parlament stehen für diese unsägliche „Hüst und Hott“-Politik in der Verantwortung.
Der geplante erneute Abbau beim VBS gefährdet unseren bewährten „Sicherheitsverbund Schweiz für Schutz, Rettung und Verteidigung“ existentiell. So
dürfte z.B. die Beschaffung eines nächsten Kampfflugzeugs in einer ausreichenden Stückzahl aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich sein. Das wäre das Ende einer glaubwürdigen schweizerischen Landesverteidigung. Denn es gibt, das haben alle Krisen und militärischen Konflikte der jüngeren Geschichte eindrücklich belegt, keine Sicherheit am Boden ohne die Unterstützung durch eine leistungsfähige Luftwaffe!
Eine rasche und nachhaltige Korrektur dieser für die Sicherheit und Souveränität unseres Landes unakzeptablen Fehlentwicklung ist deshalb zwingend! Denn Einsatz, Unterhalt und Weiterentwicklung einer verlässlichen Armee lassen keine weiteren Druckknopfübungen, wie sie sich unser Bundesrat in den vergangenen Jahren mehrmals leistete, zu. Das kann nicht im Interesse unseres Landes liegen und darf deshalb fairerweise auch unseren, in einem Ernstfall dienenden Milizsoldaten nicht länger zugemutet werden.
Unserer Exekutive sei in diesem Zusammenhang auch in Erinnerung gerufen, dass sie mit einer nächsten VBS-Sparübung ihre einzige strategische Reserve, über die sie in einem grösseren Krisenfall verfügt, ein weiteres Mal substanziell schwächt.
Konrad Alder

 

Kommentare: 7

  1. Fritz Kälin sagt:

    Bei nahezu allen sicherheitspolitischen Diskussionsteilnehmern ist zu beobachten, dass man nicht in Alternativen zu denken bereit ist.
    Die vom Bundesrat vorgeschlagene Variante lediglich als ‘zu schach’ bzw. ‘unterfinanziert’ zu brandmarken ist schön und gut. Aber die für eine stärkere Armee (in der herkömmlichen Form) notwendigen, zusätzlichen (Geld-)Mittel sind nicht in Sicht.
    Denn einerseits wäre im Vergleich zu 1990 der geforderte 5Milliarden-Rahmen ein respektabler Betrag. Wenn man aber sieht, wie wenig sich für diesen Betrag noch aufrechterhalten lässt, wären diese Fragen denkbar:
    A) Stehen Kosten und Leistung in einem akzeptablen Verhältnis? Sprich: Können die Verfassungsaufträge damit erfüllt werden?
    Falls Nein:
    B) Wie viel mehr würde eine ‘glaubwürdige’/ verfassungskonforme Armee in der bekannten Form kosten?
    Falls diese Mehrmittel politisch nicht durchsetzbar sind:
    C) Liessen sich für 5 Milliarden jährlich (oder sogar noch weniger) die Verfassungsaufträge durch alternativen* Modelle erfüllen?
    * Beispielsweise die konsequente Wahl zwischen ‘klein aber fein’ oder ‘gross, aber Durchhaltefähig/Milizkonform etc. Seit der AXXI leidet die Armee daran, dass sie mit immer geringeren Mitteln den Spagat zwischen einer ambitionierten Verteidigungsdoktrin und den Bedürfnissen der wahrscheinlicheren, ‘eher subsidiären’ Szenarien bewältigen will. Der Spagat ist die Folge unserer politischen Kompromisskultur. Unsere CdAs fordert dann jeweils, diese zunehmend faulen Kompromisse mit ‘geschlossenen Reihen’ umzusetzen. Damit versteckt sich die Armeeführung bequem hinter dem Primat der Politik, statt dieser denkbare Alternativen wenigstens bekannt zu machen.

  2. Edwin Rüegsegger sagt:

    Eine Hervorragende Analyse, Herr Dr. Kälin! Eine glaubwürdige dissuasive Milizarmee kann nur Eines sein: gross aber fein! Die Verteidigungsdoktrin muss erlauben, eine konzentrischen Angriff der EU zwecks Durchsetzen des Anschlusses zurückzuschlagen und die strategischen Alpenpässe (Gotthard!) zu behaupten. Dazu benötigt es eine Mech. Div. pro Armeekorps, vollständig ausgerüstet und eine schlagkräftige Infanterie in den Felddivisionen – geschult in harten Kriegsgenügenden Uebungen. Alles topmodern ausgerüstet, weshalb die Verschrottung von einsatzfähigem Armeematerial (Festungsmienenwerfer, Panzer, Artillerie, Mirage, Tiger) subito zu stoppen ist. Eine solche Milizarmee ohne faulen Kompromisse wäre dann auch wieder für mehr junge Milizoffizieren wie Sie attraktiv. Damit würde auch das Personalproblem gelöst, dass die Armeeführung hinter dem Primat der Politik versteckt.

    • Fritz Kälin sagt:

      Herr Rüegsegger, ich habe (noch) keinen Dr.-Titel und ich bin auch kein Offizier (ich habe meinen Dienst als einfacher Sdt geleistet).
      Das von Ihnen als Alternativlos skizzierte Armeemodell ist ein Beispiel für das nicht-Denken in Alternativen. Selbst wenn eine derartige Armee wieder aufgebaut (bzw. das dafür nötige Geld von der Politik gesprochen) würde, wäre sie nicht unbedingt das optimale Modell für die heutige und künftige Zeit.
      Die A61 und A95 haben gezeigt, zu was eine Milizarmee imstande sein kann. Diese Armeen und deren Verteidigungsdoktrinen waren aber auch auf ein bestimmtes Umfeld ausgerichtet. Man kann die damalige Berechnung eines Eintrittspreises nicht einfach auf heute umrechnen und das veränderte Umfeld dabei völlig ignorieren. Früher konnten wir davon ausgehen, dass wir es nur mit einem Teil der Warschauer Pakt-Armeen zu tun gehabt hätten. Deshalb konnte man hoffen, einem solchen Angriff aus eigener Kraft widerstehen zu können (sofern der Angreifer seine Kernwaffen nicht allzu freizügig genutzt hätte…). Wir wären also nicht allein einer Übermacht gegenübergestanden und waren deshalb auch nicht zwangsläufig bzw. im vornherein auf den Beistand der Nato angewiesen gewesen. Deshalb konnten wir es uns nach 1945 weiterhin ersparen, Unabhängigkeit gegen externe Sicherheitsgarantien einzutauschen.
      Die Schweiz ist heute von einer einzigen militärischen Grossallianz weitgehend umzingelt. Sollte sich diese Übermacht aus irgendeinem Grund gegen die Schweiz richten (Wahrscheinlichkeiten/ Plausibilität blenden wir mal aus…), dürften wir nicht mehr darauf hoffen, dem Angreifer einen ‘Eintrittspreis’ abverlangen zu können.
      Manche folgern daraus, dass wir uns deshalb nur durch Anschluss/Unterordnung an diese Grossmacht vor ihr ‘schützen’ können. Auch diese Leute weigern sich, in Alternativen bzw. über den europäischen Tellerrand hinaus zu denken.
      Auf die denkbaren Alternativen gehe ich an dieser Stelle nicht ein, sondern möchte allseits zum eigenständigen Nachdenken anregen. Es sei nur gesagt, dass ich meinerseits nicht an Guerillakriegführung denke, wenn ich von Alternativen spreche.
      Es ging damals wie heute darum, unsere Sicherheit soweit aus eigener Kraft zu gewährleisten, dass wir nicht im vornherein auf die Hilfe von Grossmächten wie der Nato angewiesen sind – denn die Inanspruchnahme deren Hilfe würde für uns einen weitgehenden Souveränitätsverlust bedeuten. Also das, was die Armee eigentlich verteidigen müsste.

  3. Gotthard Frick sagt:

    Einverstanden mit den Herren Fritz Kälin und Edwin Rüegsegger. Ergänzend möchte Herrn Ruegsegger’s Katalog noch Gebirgstruppen anfügen. Es ist unannehmbar, dass das Gebirgsland Schweiz laut WEA in Zukunft keine Gebirgs-truppen mehr haben soll. Selbst China hat Gebirgstruppen aufgestellt.

  4. Walter Roth sagt:

    Richtig Herr Rüegsegger……
    Angesichts des drohenden Europa-Crashs ist Abschreckung angebracht. Die aber kann nur mit einer gewissen Masse erreicht werden, …..ist diese Masse dann auch noch Modern ausgerüstet, was in einem ultramodernen Land wie der Schweiz ja eigentlich selbstverständlich sein sollte, dann ist man gut aufgestellt.
    Liest man Artikel wie den Unsinn in den DWN Nachrichten…… http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/07/22/griechenland-vor-steuer-abkommen-mit-der-schweiz/ so sollte ein politisch versierten erkennen auf was wir in Europa zusteuern. Dieser Artikel tut doch tatsächlich so, als ob die Schweiz die Griechen retten könnte, wenn die Mutmasslich 20 Milliarden der Griechen in der Schweiz nur endlich besteuert würden.
    Prof Schachtschneider hat es so formuliert….. https://www.youtube.com/watch?v=gFltc7PgcQ4
    Auch Wilhelm Hankel, Hans-Werner Sinn, und viele mehr haben das auf etwas feinere Art schon genau so vorhergesagt. Hankel, Sinn, und sie alle haben Jahre ihres Lebens in den Finanz-Behörden verbracht und kennen den Apparat aus dem FF.
    @Kälin………….
    Hören sie sich mal an was Prof. Schachtschneider sagt und sie wissen warum wir eine Aufrüstung einleiten sollten.
    Denn unsere Linken werden unseren Wohlstand, angesichts der zunehmenden Armut im Euroraum, geradezu zu einer Schande erklären und lieber gemeinsam untergehen, …….denn alleine Gesund zu bleiben.
    Die Aggressionen aus der EU werden ungeahnte Dimensionen annehmen, denn wir werden ihr jeden Tag zeigen, ….. das eben gerade “ihr nicht anzugehören” das Rezept für gesunden Wohlstand ist.

  5. Erwin Markus sagt:

    UM DIE SACHE AUF DEN PUNKT ZU BRINGEN MEIN HERREN…!
    Diese höchst unselige WEA ist nur eine weitere Attacke seitens EU, NATO, usw. gegen unser Land, dessen Souveränität und last but not least, unseren Wohlstand allgemein.
    Deswegen, ist es jedes aufrechten Bürgers dieses schönen Landes Heilige Pflicht, solcherlei durch Unterwanderung zustande gekommenen landesverräterrischen UNSINN, mit allen Mitteln bis auf das Äusserste zu bekämpfen.
    ES LEBE DIE EWIGE SCHWEIZ…!

  6. Ein Wiederaufbau der Armee ist sicher denkbar, aber er würde 1. bedeutend mehr als 5 Milliarden kosten, und zwar deshalb weil viel Infrastruktur und viel Wissen vernichtet wurde, sonst ginge es etwa mit dem Betrag. Wir wissen, dass die Armee 61 etwa 8 Milliarden gekostet hat und da es seither keine Teuerung gab ist das somit in etwa der Betrag für den Betrieb. Wobei man natürlich die Diensttage reduzieren und die Waffenbeschaffung vergrössern müsste, das wären aber Details. Ein Neuaufbau ist aber teurer! Nun das Geld ist beim Bund sicher vorhanden, auch bei den Kantonen und Gemeinden. Ich erinnere daran, dass alleine die Asylanten schätzungsweise 9 Milliarden pro Jahr kosten (allerdings über Bund, Kantone und Gemeinden verteit). Die Schulen usw. sind in der Grössenordnung 40 Milliarden, hier wären v.a. im Tertiärsektor (zur Erinnerung, die ETHZ hat über 60% ausländische Dozenten, was natürlich de facto Kolonialzahlungen an Deutschland sind) und so gibt es viele kleine Löcher die man stopfen müsste. Der 2. aber grössere Fehler liegt darin, dass man meint man könne top-down mit Reformen die Armee aufbauen, es geht aber nur mit level-up, das heisst Strukturen von unten her aufbauen und das wiederum geht nur, wenn man den Milizgedanken ernst nimmt und wieder alle Bürger auch die “Grufties” über 32 verpflichtet. Da es jetzt um den Aufbau geht werden die wenigsten Aelteren auch wirklich zu Grenadieren ausgebildet, sondern es geht darum die Leute wieder zu erfassen, ihr Vorwissen und ihre Ausbildung (und Einstellung) zu klassifizieren, Einheiten zu bilden und fehlendes soldatisches Wissen zu schulen. Ich glaube aber natürlich nicht dass das jemals gemacht wird. Lieber quasselt man von Gripen ja oder nein, den Vertragstext mit dem Kleingedruckten in Schwedisch von Flugzeugbeschaffungen (FDP-Präsident), oder 5 oder 4.8 Milliarden (Leute das ist eine Zahl nichts weiter!) und anderem Unfug der militärisch irrelevant ist, aber die Leute davon abhält ihre Pflicht zu tun.

Kommentare sind geschlossen.