Szenario für einen Planungsauftrag "Gewalt unter der Kriegsschwelle"

Szenario für einen Planungsauftrag "Gewalt unter der Kriegsschwelle"

Die jetzige wirtschaftspolitische negative Lageentwicklung, in erster Linie Europas, aber auch längerfristig der ganzen Welt, kann jeden Tag in der Presse nachgelesen werden:

  • Das Bankensystem beginnt instabil zu werden, da sich die Fälligkeiten in Zusammenhang mit dem sogenannten „Rettungsschirm“ für den € abzeichnen.
  • Unruhen nehmen in ganz Europa (aber auch im Nahen Osten) überhand. Die Gewaltbereitschaft der Massen nimmt zu.
  • Ganze Bevölkerungsgruppen beginnen zu verarmen, nicht zuletzt die Rentner. Für die Jugend nehmen die Mittel zur Ausbildung ab. Die Infrastrukturen zeigen Abnützungserscheinungen.
  • Die Jugendarbeitslosigkeit ist sehr hoch.
  • China kauft strategisch wichtige Teile der europäischen Industrie (Volvo, Saab, Werkzeugmaschinenfabriken etc.)
  • China kauft sich in der Dritten Welt Rohstoffe zusammen.
  • Die EU fordert die Schweiz auf, sich am Rettungsschirm zu beteiligen.
  • Die EU ist nicht bereit, der Schweiz irgendwelche Sonderrechte zu zugestehen, Sympathien werden dem Musterschüler Schweiz schon gar nicht entgegengebracht.

Dies alles sind nicht mehr nur Möglichkeiten sondern bereits Tatsachen. Die Fortsetzung kann leicht abgesehen werden:

  • Die Grössenordnungen der Forderungen an die Schweiz nehmen Masse an, die sich an der Bereitschaft des Bundesrates messen, etwa eine systemrelevante Bank zu retten. Es kann davon ausgegangen werden, dass demnächst Forderungen in der Grössenordnung des Bruttosozialproduktes von der EU als angemessener Beitrag der Schweiz erachtet werden (>100 Mia CHF).
  • Ein krasser Angriff auf das, was für uns das schützenswerte Objekt unserer Sicherheitspolitik ist, nämlich unseren Wohlstand, ist damit verbunden.
  • Ein solcher Angriff wäre mit Erpressungen massiver Art verbunden, etwa auf die Rohstoffzufuhr, die Beschlagnahme schweizerischer Vermögen im Ausland etc. Die Beschränkung der Nordanflüge auf den Flughafen Zürich war bereits eine solche Massnahme, nur wurde sie nicht als Angriff auf unsere zwischenstaatlichen Rechte und damit auf unsere Souveränität erkannt.

Diese Form von Staatsterrorismus lässt kaum den Einsatz von militärischen Mitteln zu, ist aber ganz klar ein Verteidigungsfall der anderen Art. Zwar sieht der Sipol Bericht 2010 des Bundesrates auf S. 13 diese Bedrohung vor, ohne jedoch näher darauf einzugehen. Da wir uns jetzt nicht mehr in der Planungsphase befinden sondern in der Einsatzphase (einem Wirtschaftskrieg), ist nicht mehr die gefährlichste Feindmöglichkeit prioritär zu behandeln, sondern die wahrscheinlichste und Staatsterrorismus durch die EU ist dies.
Der genannte Verteidigungsfall kann sehr wohl sehr schnell zu einem militärischen werden. Die Schweiz ist nach ihrem fehlgeschlagenen Experiment AXXI bis auf Weiteres nicht mehr in der Lage das was englisch „Power Projection“ heisst, darzustellen. Früher hiess das  auch „Abschreckung“ oder die Möglichkeit Respekt für unsere Souveränität einzufordern.
Der aufgezeichnete Fall ist nicht nur materiell schwerwiegend. Er kann die Willensnation Schweiz nachhaltig schwer schädigen, weil ihr Selbstverständnis und Selbstbewusstsein in den Grundfesten langfristig betroffen wird.
Welche vorbehaltenen Entschlüsse hat die Landesregierung für diesen Verteidigungsfall? Wird sie wieder von den Realitäten überrascht wie seinerzeit im Fall „Holocaust“ oder später in den Fällen „Swissair“ oder „UBS“? Was ist zu tun, welche Möglichkeiten zur Reaktion verbleiben uns?

 

Kommentare: 4

  1. Willy Stucky sagt:

    Herzlichen Dank für Ihre ausgezeichnete strategische Analyse.
    Das meines Erachtens mit Abstand Gefährlichste ist der chinesische Neo-Neo-Kolonialismus. China wird seine bezahlten Rechte auf die Nutzung von Land und Rohstoffen in der Dritten Welt ohne Zweifel dereinst auch mit Waffengewalt verteidigen.

  2. Gruppe Giardino sagt:

    In China fragen sich einige Leute bereits, wann der Krieg beginne…

    • Hans-Ulrich.Suter sagt:

      Das braucht jetzt schon einen Kommentar. Also die chinesische militärische Denkweise ist nicht vom Schachspiel beeinflusst wie unsere (also ziehen und schlagen) sondern eher vom Go (Steine um den Gegner herumsetzen). Das heisst die chinesische Strategie beruht darauf den Gegener bewegungsunfähig oder optionslos zu machen, in dem man zum Beispiel die Fabriken aufkauft, die Materialflüsse blockierbar macht, die Währung unterhöhlt und ähnliches. Militärisch geht es mehr darum alle Kriegsmittel zu haben (z.B. Stealth) als diese einzusetezn. Wir kennen das doch auch, nämlich vom kalten Krieg. Europa wird auch durch die Steine in Afrika angegegrifen…Also wenn man so will hat der Krieg schon begonnen, oder wenigstens das Spiel. Ich vermute, dass es eine “westliche” Niederlage geben wird, ohne dass effektiv geschossen wird, ganz einfach weil wir in ein paar Jahren von zu vielen Steinen umschlossen sind undunsere Steine, auch den Bison-Werfer-Stein (haha), sinnlos zerstört werden z.B. um den Sozialstaat zu finanzieren.

  3. Alain Vincent sagt:

    Dies fragt sich unsereins schon seit über 10 Jahren, damals noch aufgrund gesellschaftlicher Beobachtungen im Heimatland.
    Heute ist evident: NATO Länder intervenieren nach Lust und Laune auf dem halben Globus. Da ist es nur eine Frage der Zeit bis andere – v.a. auch aufstrebende – Mächte, irgendwo irgendwelche Ansprüche geltend machen werden und diese ebenfalls mit sicherheitspolitischen Methoden durchsetzen werden.
    Im Prinzip hat der Krieg bereits begonnen – und zwar mit dem Ende des kalten Krieges – er ist einfach so vielfältig und facettenreich, dass es der Normalbürger vielleicht gar (noch) nicht als “Krieg” wahrnimmt.

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