Tiger wird zum Thema im Ständerat
Das Parlament will vom Bundesrat mehr erfahren über die Möglichkeit, veraltete Tiger-Kampfjets der Luftwaffe zu modernisieren. Nachdem die Basler Zeitung letzte Woche berichtete, Brasilien und andere Staaten hätten ihre über 30-jährigen Tiger F-5 für sechs Millionen Dollar pro Stück erfolgreich einer Erneuerungskur unterzogen, hakt der Urner Ständerat Isidor Baumann nach. Der CVP-Sicherheitspolitiker hat gestern im Ständerat eine Interpellation eingereicht, mit der 23 Ratsmitglieder aller Parteien vom Bundesrat wissen wollen, ob eine Tiger-Aufrüstung für die Schweiz eine Option sei.
von Beni Gafner, BaZ-Redaktor
Mehr in Erfahrung bringen will Baumann auch über die Erkenntnisse der Beschaffungsbehörde Armasuisse, die vor zwei Jahren ein Upgrade für den Tiger zu prüfen hatte. Im April 2011 gab Bundesrat Ueli Maurer (SVP) den Auftrag, die Machbarkeit einer Tiger-Modernisierung zu überprüfen.
Die Resultate der Abklärungen, die in einen bisher unveröffentlichten Bericht mündeten, wurden in einem separaten Faktenblatt des Verteidigungsdepartements zusammengefasst. Es hiess dort nur, die Technologie des Tigers sei veraltet. Ein Upgrade des F-5 «wäre möglich, allerdings könnten die notwendigen Anforderungen bestenfalls annäherungsweise erfüllt werden». Zudem lasse sich die F-5-Lebenszeit auch durch Upgrades «nicht beliebig verlängern».
«Nicht verantwortbar»
Die Kosten veranschlagte Maurer mit einer Milliarde Franken. Im Zeichen der Beschaffung eines neuen Kampfjets herrschte vor der Gripen-Abstimmung somit Konsens darüber, dass eine Milliardeninvestition in über 30-jährige Jets keine vernünftige Option sein könne. Nach dem Volks-Nein zum Gripen am 18. Mai ist diese Variante auch in Parlamentarierkreisen plötzlich denkbar. Baumann jedenfalls zieht die damals genannten hohen Kosten in Zwei- fel. So schreibt er in seiner Interpellation: «Es heisst immer, eine Aufrüstung des Tiger F-5 sei zu ‹teuer›.» Baumann verweist dabei auf die letzte Rüstungsbotschaft, in der die Ausserdienststellung des Tigers begründet wird. In den letzten Jahren habe man verschiedentlich von einer bis anderthalb Milliarden Franken gesprochen, so Baumann. Stellung nehmen muss der Bundesrat deshalb zur Frage, wie er diese Kosten berechnet hat und ob eine Aufrüstung auch für weniger Geld zu haben sei.
Im Gespräch mit der Basler Zeitung kritisiert Baumann die von der Armee genannte Kostenspannweite von einer bis anderthalb Milliarden. «Die Unsicherheit von einer halben Milliarde Franken erachte ich als unseriös, sie hilft der Glaubwürdigkeit nicht.» Dass wegen des beabsichtigten Kaufs neuer Jets niemand die damaligen Angaben hinterfragt habe, sei für ihn nachvollziehbar. Schwieriger zu verstehen sei, dass heute begründet wird, die Tiger müssten ausser Dienst gestellt werden, weil eine Aufrüstung «teuer» komme. Dieser Begriff steht so in der Rüstungsbotschaft, die auch die «Ausserdienststellung» von veralteter Armeeausrüstung aufzeigt.
Baumann dazu: «Teuer ist ein Begriff, der bei einem armen Bergbauern zwei Franken ausmacht und bei einem reichen Banker vielleicht 200 000 Franken.» Er wolle dazu genauere Angaben – «umso mehr offenbar andere Länder tiefe Upgrade-Zahlen nennen, die geradezu erschreckend sind». Baumann selbst traut den Upgrade-Kosten Brasiliens von sechs Millionen Franken pro Flugzeug nicht. «Ich könnte mir aber vorstellen, dass es Upgrade-Möglichkeiten gibt, die sich in einem Kostenbereich bewegen, der eher verantwortbar ist, als man uns bisher sagte», so Baumann. Die Zahl von sechs Millionen Dollar pro modernisiertem Tiger datiert vom Jahr 2013 und war so in der Fachzeitschrift Skynews zu lesen.
Maurer will die Tiger verkaufen
Baumann geht es mit seiner Interpellation vor allem auch um den Luftpolizeidienst rund um die Uhr, während 365 Tagen im Jahr. Deshalb will er vom Bundesrat auch wissen, ob mit modernisierten F-5 Luftpolizei-Einsätze geflo- gen werden könnten.
Sorgen macht sich Baumann auch im Hinblick auf einen späteren Ersatz der F/A-18-Flotte: «Die Beschaffung ei- nes neuen Kampfjets kann bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen. Wie wird der Bundesrat mit der entstehenden Lücke in der Luftüberwachung später rechtfertigen, dass die Beschaffung neuer Kampfjets noch notwendig ist?»
Erste Signale aus dem Verteidigungsdepartement lassen vermuten, dass man dort eine Kampfwertsteigerung der Tiger nicht will. An einer Versammlung mit Vertretern von Milizorganisationen sagte Maurer letzte Woche jedenfalls, man wolle den geplanten Verkauf der Schweizer F-5 an die US- Navy nicht stoppen. Die im Bericht der Basler Zeitung genannten Zahlen seien «sehr ungenau» und «zu tief».
Die 54 Tiger der Schweizer Luftwaffe, von denen 42 noch in Betrieb sind, sollen gemäss Absicht von Bundesrat Ueli Maurer zum Stückpreis von einer halben Million Franken an die USA verkauft werden – 18 davon noch dieses Jahr. Die letzten 36 Jets sollen bis spätestens Mitte 2016 vom Himmel geholt werden. Die letzte Tranche Tiger erhielt die Schweizer Armee 1984.
Kommentar:
Noch im April 2011 schrieb das VBS:
“Die Armee kann bezüglich ihrer Auftragserfüllung in der dritten Dimension keine Lücken in Kauf nehmen. […] Modernisierte F-5 Tiger könnten die Flotte der 33 F/A-18 Hornet bei der Wahrnehmung der luftpolizeilichen Aufgaben unterstützen und somit auch entlasten.”
Ob das dem Abrüstungschef Catrina nicht gepasst hat und er seine Beamten befohlen hat, den Preis für eine Modernisierung in die Höhe zu treiben? Wir sind gespannt, wie die Faktenlage sich bietet und wie gerechnet wurde.