Von Dolchstössen und westlichen Werten
Der Kampf um die politische Formierung der öffentlichen Meinung in der Ukraine-Krise durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten spitzt sich zu. Nachdem vorletzte Woche bekannt wurde, dass der ARD-Programmbeirat dem Sender schon im Juni eine tendenziell antirussische Berichterstattung und eine völlig unzulängliche Recherche vorgeworfen hat, ist jetzt auch Kritik im ZDF-Fernsehrat laut geworden. Anlass war die Frage einer überregionalen Zeitung, ob das Gremium es hinnehme, dass in ZDF-Nachrichtensendungen Milizionäre mit NS-Affinität ohne kritischen Kommentar gezeigt und in einen Zusammenhang mit “Freiheitskämpfern” gestellt würden. Der ZDF-Cefredakteur hält es mit Verweis auf einen angeblichen “Unterton” des Einwands nicht für nötig, die Frage, die von einer demokratisch gewählten Bundestagsabgeordneten gestellt wurde, zu beantworten. Gleichzeitig wird der Intendant des WDR mit der intern geäußerten Mitteilung zitiert, man müsse in den TV-Sendungen “westliche Positionen verteidigen”. Medien denunzieren Kritiker der einseitigen Berichterstattung als “fünfte Medienkolonne” Moskaus und warnen vor einem “Dolchstoß aus den eigenen Reihen”.
Beitrag auf german-foreign-policy.com
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Vor gut achtzig Jahren haben russische Kommunisten aus dem Arbeiter-Milieu in der stark bäurisch geprägten Ukraine unsägliche Gräueltaten verübt, und zwar mit dem Ziel, alle ukrainischen Bauern zu enteignen und sie in eine kommunistische Kollektivwirtschaft zu zwingen. Dies führte verständlicherweise zu einem Trauma des ukrainischen Volkes, das bis heute nachwirkt und welches in der Folge zum Phänomen des ukrainische Faschismus geführt hat: 1942 haben ukrainische Faschisten Schulter an Schulter mit deutschen Nationalsozialisten gekämpft und zugunsten des Dritten Reichs Hunderttausende von Juden, die mehrheitlich als kommunistenfreundlich galten, den Nazischergen ausgeliefert.
Deutschland, Russland und die Ukraine sind folglich in einen furchtbaren Schuldkomplex verwickelt, der selbstverständlich nicht propagandistisch ausgeschlachtet, sondern sozusagen politisch-therapeutisch angegangen werden sollte. Es geht nämlich nur vordergründig um einen West-Ost-Konflikt. In Tat und Wahrheit geht es um Spätfolgen der Gräueltaten des einst kommunistischen Russland stalinistischer Prägung.
Dass unsere sozialistischen Geschichtsprofessoren angesichts dieser vertrackten Situation nur noch durch ihr Schweigen auffallen, hat durchaus seine Logik, denn sie müssten zugeben, dass ihre eigen Ideologie in letzter Konsequenz zu menschenverachtendem Handeln mit unabsehbaren Folgen führen kann. Es ist halt einfacher, bei jeder Gelegenheit die Anti-Faschismus-Keule zu schwingen, als den einfachen Bürger über das aufzuklären, was im letzten Jahrhundert tatsächlich geschehen ist. Pikant an ihrer derzeitigen Lage ist, dass die feinen Damen und Herren mit akademischen Weihen gegenüber der Ukraine genau diese Anti-Faschismus-Keule nicht schwingen können, weil die Sache komplexer ist, als sie selbst zuzugeben bereit sind. – Putin tut es an ihrer statt!
Übrigens wären solche Tatsachen gute Gründe für eine starke schweizerische Armee. Aber unsere Linke diffamiert halt lieber die “Bauernregimenter”, die anlässlich des Generalstreiks vor 95 Jahren die Errichtung einer Diktatur in der Schweiz mit Entschlossenheit verhindert haben. Natürlich ist es schrecklich, dass damals einige streikende Arbeiter erschossen wurden. Aber im Vergleich zu dem, was später in Europa geschehen ist, wohl halt doch nur eine Bagatelle.
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