Waffeninitiative bringt massive Einschränkungen für Jäger und Schützen
Die Waffeninitiative sieht die Einführung eines Bedürfnisnachweises für den Waffenerwerb und den Waffenbesitz auch für Jäger und Schützen vor. Was hat das für Konsequenzen?
von RA Dr.iur. Hans Wüst, Zürich Autor des Buches „Schweizer Waffenrecht“
1. Bedürfnisnachweis des aktiven Jägers und Schützen
Solange ein Jäger über eine Jagdbewilligung und ein Schütze über eine Lizenz verfügt und zur Ausübung der Jagd bzw. des Schützensportes altersbedingt und gesundheitlich noch in der Lage ist, dürfte der Nachweis des Bedürfnisses für den Waffenbesitz eines Jägers oder Schützen gelingen.
Nun gibt es aber auch noch zehntausende Schützen/Innen, die keine Lizenz haben und die nur an lizenzfreien Schiessen wie Feldschiessen, Oblig. Programm, vereinsinterne-Wettkämpfen, lizenzfreien Wettkämpfen von Jugendlichen und Junioren etc. teilnehmen. Schon heute ist absehbar, dass alle diese Schützen ohne Lizenz einen bürokratischen Hürdenlauf (Teilnahmebestätigungen etc.) absolvieren müssen, bis sie ihr Schiessbedürfnis genügend nachweisen können. Und wehe dann, wenn sie bei den vermutlich jährlichen Kontrollen nicht nachweisen können, dass sie aktiv an den erforderlichen Schiessen teilgenommen haben! Ohne anhaltendes Bedürfnis kein Recht auf Waffenbesitz und die Waffen müssen wegegeben werden oder wer- den eingezogen.
2. Wegfall des Bedürfnisses nach Aufgabe der Jagdtätigkeit bzw. des Schiesssportes
Was aber passiert, wenn ein Jäger wie auch ein Schütze nicht mehr aktiv ist, das heisst, wenn er die Jagd nicht mehr ausüben kann oder will, beziehungsweise, wenn ein Schütze, aus welchen Gründen auch immer, seine Schützentätigkeit aufgibt. Der Initiativtext verlangt eben auch für den Waffenbesitz einen Bedürfnisnachweis. Wenn der Jäger oder der Schütze nicht mehr aktiver Jäger oder Schütze ist, fehlt automatisch das Bedürfnis für den weiteren Waffenbesitz. Das bedeutet konkret: Wenn ein Jäger kein Patent mehr hat und der Schütze über keine Schützenlizenz mehr verfügt, fehlt ihm das Bedürfnis für den Waffenbesitz und dann hat er die Waffen an Personen zu veräussern, die den Bedürfnisnachweis erbingen oder dann kann er seine Jagd- und Schützenwaffen den zuständigen polizeilichen Behörden zur Weiterverwertung oder Vernichtung abgeben.
Die Einführung eines Bedürfnisnachweises für den Waffenbesitz hat Auswirkungen, die viele Bürger verkennen. Die Schweiz hat mit der Einführung des Eidgenössischen Waffengesetzes 1999 beim Waffentragen einen Bedürfnisnachweis eingeführt. Dies hat in den letzten elf Jahren in der Praxis zur Konsequenz geführt, dass mit Ausnahme von privaten Sicherheitsdiensten praktisch kein Bürger mehr eine Waffentragbewilligung erhält, nicht einmal zur Selbstverteidigung!
Das Deutsche Waffenrecht kennt für den Waffenbesitz ebenfalls den Bedürfnisnachweis. Seit der Einführung des Eidgenössischen Waffengesetzes 1999 wurde unser eigenes Gesetz der EU-Waffenrichtlinie angepasst und es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir inhaltlich auch in der Schweiz die restriktive Waffengesetzgebung von Deutschland übernehmen werden. Die Annahme der Initiative ist ein grosser Schritt in diese Richtung. Dies hat dann zur Konsequenz, dass auch die Schweizer Bürger inklusive Jäger und Schützen Waffen nur solange in Privatbesitz behalten können, als sie aktive Jäger und aktive Schützen sind. Dann aber ist Schluss!
Gerade Jäger und Schützen haben indes ein hohes Affektionsinteresse an ihren eigenen Jagd- und Schützenwaffen und möchten diese auch nach Aufgabe ihrer Aktivitäten noch behalten. Mit der Annahme der Initiative können die inaktiven Jäger und Schützen die Waffen nicht mehr behalten, weil ohne Jagd- oder Schützentätigkeit kein Befürfnisnachweis mehr vorhanden ist. Die Waffen müssen veräussert oder vernichtet werden. Eine Schenkung oder Vererbung der Waffen an Nachkommen ist nur dann zulässig, wenn diese selber aktive Jäger oder Schützen sind, denn sonst fehlt das Bedürfnis.
3. Bedürfnisnachweis für den Besitz von mehreren Jagd- oder Schützenwaffen fehlt
Für die Ausübung der Jagd benötigt ein Jäger grundsätzlich eine Jagdwaffe und eine Fangschusswaffe. Der Schütze braucht eine Waffe für seine konkrete Schiessaktivität. Für den Erwerb und Besitz dieser Waffen ist ein Bedürfnis nachgewiesen. Möglicherweise werden die zuständigen Behörden auch noch ein Bedürfnis für den Erwerb einer zusätzlichen Ersatzwaffe bejahen. Wenn ein Jäger oder Schütze aber mehrere Waffen erwerben und besitzen will, wird die zuständige Behörde einen solchen Waffenerwerb und Waffenbesitz mit der Begründung ablehnen, ein Jäger oder Schütze benötige doch nur eine (eventuell nur dann mehrere, wenn dies vom Kaliber her nötig ist) Waffen, wozu mehrere. Dann wird das Bedürfnis verneint. Das wird dazu führen, dass ein Jäger oder Schütze beim Erwerb einer neuen Waffe die Bisherige veräussern oder vernichten muss, damit ein Bedürfnis für den Neuerwerb einer Waffe bejaht werden kann. Für den Besitz mehrerer gleichartigen Waffen wird indes ein Bedürfnis verneint.
Wollen die Jäger und Schützen sind künftig vom Gesetzgeber vorschreiben lassen, dass sie ihre Waffen nach Aufgabe ihrer Tätigkeit abgeben müssen? Wollen sich auch vorschreiben lassen, wie viele Jagd- oder Schiesswaffen sie erwerben dürfen?
Wenn nein, dann muss die Initiative abgelehnt werden.