Wehrdienstpflicht in Israel – Symbol oder Realität?
Am 1. August ist in Israel ein befristetes Gesetz über den Wehrdienst ausgelaufen. Das Gesetz regelte die Befreiung ultraorthodoxer Religionsstudenten vom Militärdienst. Weil die Regierung sich nicht auf ein neues Gesetz einigen konnte, liegt nun die Verantwortung vorübergehend beim Verteidigungsminister, welcher eine Ausweitung der Wehrpflicht auf ultraorthodoxe Religionsstudenten anordnete. Ob die Regelung wirklich umgesetzt wird, ist fraglich. Das Thema bewegt die Bevölkerung. Am Samstag fand der zweite grosse Protest mit der Forderung nach einer Dienstpflicht für alle statt. «Die Bürde teilen», ist zum Slogan in aller Munde geworden.
Artikel bei nzz.ch – Tipp von TB
Kommentare: 5
Der Artikel wirkt auf mich irgendwie unvollständig. Die Frage ob Wehrpflicht- oder Berufsarmee ist in Israel nicht neu. Der Frieden mit Ägypten besteht schon seit Jahrzehnten. Militärische Gründe für einen Wechsel zu einem Berufsarmee-Modell werden nicht genannt. Genau Zahlen kommen auch nicht vor. Es wird nur (freudig?) festgehalten, dass die Zahl derjenigen die keinen Dienst leisten, (aus demographischen Gründen) zunehme.
In ruhigen Zeiten werden die Reservisten logischerweise weniger einberufen, zumal die jungen Israelis nicht wie bei uns ca. 20 Wochen, sondern eher 20 Monate am Stück Dienst leisten. Die alltäglichen Aufgaben dürften also vom “Auszug” bewältigt werden. Ausserdem wurden die IDF durch Scharon von der Last der Bewachungsaufgaben innerhalb des Gazastreifens entlastet. Meiner Erinnerung nach meldeten sich 2006 mehr Israelis für den (nicht existenziell bedrohlichen) Krieg im Libanon, als von der Armee einberufen worden waren.
Der Artikel scheint mehr auf die Leserschaft und die Armeediskussion in der Schweiz (mit einer bestimmten Absicht) zugeschnitten zu sein, als sich ernsthaft mit den Fragen und Sorgen der Israelis zu beschäftigen. Will die N.Z.Z. ihre Leserschaft unterschwellig auf die Wehrpflichtabstimmung in der CH einstimmen?
Die AutorIn mag die Diskussion in Israel jedenfalls noch so selektiv wiedergeben, der Fakt bleibt: die nach wie vor am stärksten bedrohte (westliche?) Nation der Welt vertraut ihre Sicherheit noch immer ihren Bürgern in Uniform an – und offenbar wird die Wehrpflicht noch konsequenter ausgeweitet, auch aus gesellschaftspolitischen Gründen.
Die beste, schlagkräftigste Armee im Mittelmeer-Raum, bzw im Nahen und Mittleren Osten ist für die Israelis (ca 6 Mio Juden in Israel und den Siedlungen im Westjordanland) unverzichtbar und die einzige Garantie ihren modernen westlichen Staat zu schützen und als Nation zu überleben.
Vtg-Ausgaben: ca 15 – 18 Mrd USD
– ca 45’000 BerufssoldatenInnen
– ca 150’000 Durchdiener-Wehrpflichtige (18 – 21 Jahre für Männer)
– ca 450’000 Reservisten-Wehrpflichtige (bis ca 40 Jahre)
– ca 5’000 Grenzwache/Grenzschutz
Ein Vergleich dieser Zahlen sei nun gewagt (nur mit Blick aufs daily business, nicht die maximal mögliche Einsatzstärke):
…macht grosso modo ca. 150’000 israelische AdA, die nonstop für die alltäglichen Aufgaben und allfällige Überraschungen verfügbar sind. Dies für ein Land mit einem relativ prekären sicherheitspolitischen Umfeld, aus welchem praktisch alle denkbaren Bedrohungspotentiale (von ‘Steinewerfern’, Terroranschlägen über konventionelle Armeen bis bald hin zu A-Waffen) drohen.
Die CH hat meines Wissens laufend ca. 6’000 WK-Soldaten, ca. 10’000 +/- einsatzfähige Rekruten, die Berufsmilitärs und die rel. kleinen Bereitschaftsformationen, auf die zurückgegriffen werden könnte, also kaum 20’000 Mann, davon 3/4 Miliz. Dies für unser Land mit einem (noch) relativ sicheren sicherheitspolitischen Umfeld.
Vergleicht man die ad hoc verfügbaren Militärpotentiale beider Staaten wird klar ersichtlich, wie hoch unsere Friedensdividende Tag für Tag ist. Dazu kommen tieferes Technologieniveau, keine Kriegskosten, keine versehrten Veteranen etc. etc.
Israel darf uns vielleicht als Massstab dafür dienen, was uns Tag für Tag ERSPART bleibt, weil wir
a)(bisher) dank bewaffneter Neutralitätspolitik keinen äusseren Feinden und
b) dank unserem einzigartigen innenpolitischen System auch im Innern nicht schweren Bedrohungen
ausgesetzt sind.
Erstaunlich, dasss ausgerechnet unsere (bewaffnete) Neutralität und unsere Direkte Demokratie vielen Politikern in Bern und im Ausland ein Dorn im Auge sind…
Wir haben es eigentlich jeden Sommer mit einer Anti-Armee, Anti-Waffenbesitz Propagandalawine zu tun. Normalerweise kommt auch noch eine “globale Erwärmungs”-Artikelserie hinzu, die fiel diesmal auch aus…. Insofern ist dies ein eher abgekühlter Sommer, passend zum Wetter. Israels Armee ist sicherlich sehr interessant, insofern, dass im Gegensatz zum Zitat reichsten Land der Welt, in Israel die Beschaffung von Militärgütern nicht in ein hysterisches Affentheater ausartet, wie bei uns. Aber auch sonst sehe ich keine Gemeinsamkeiten. Natürlich bewundere ich die militärischen Erfolge der israelischen Armee und man könnte viel daraus lernen….
Hallo Giardinos, seit es Israel (von der Weltgemein-schaft angeordnet)als selbständigen Staat gibt, wird Israel politisch und faktisch von einem Teil der muslimischen Araber bekämpft. Fast täglich offene und verbale Angriffe auf einen souveränen Staat, von Terroristen, Regierungen und Armeen.
Weniger als 20 Jahre nach seiner Gründung, sollte Israel im 6Tage-Krieg von der Landkarte verschwinden. Trotz seither permanenter Bedrohung, hat sich dieser Staat wirtschaftlich und gesellschaftlich erstaunlich gut entwickelt. Eine grandiose Leistung.
Die linken Schweizer Politiker, welche mit den Gegnern von Israel symphatisieren (und damit als Personen der Oeffentlichkeit das Neutralitätsprinzip unseres Landes verletzen), beschwören die Hamas und al Fatah und huldigen dem Terrorismus, während sie einem souveränen Rechtsstaat territoriale Empfehlungen geben.
Aktuell wird Israel einmal mehr atomar bedroht. Um zu Ueberleben müssen sie sich Gedanken machen zur Wehr- dienstpflicht von Bürgern mit orthodoxer Glaubens-richtung. Frauen sind schon seit vielen Jahren wehrdienst-pflichtig. Zudem überlegen sie sich einen präventiven Erstschlag, weil ihr Todfeind die nukleare Vernichtung ihres Staates plant. Die ganze Welt zwar hinschaut, aber die ernsthafte Bedrohung eines ganzen Volkes ausblendet.
In diesem Kontext, die generelle Wehrpflicht zumin- dest thematisieren, würde wohl auch in unserem Land zur zwingenden Notwendigkeit.
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