Wie erhöhen wir die Akzeptanz unserer Miliz-Armee?

Wie erhöhen wir die Akzeptanz unserer Miliz-Armee?

Sicher nicht durch folgendes Verhalten:

  • Resignierte und apathische Gleichgültigkeit.
  • Mit Panzerbrigaden durch Dörfer rasseln, was an vergangene Kalte-Kriegs-Bilder erinnert.
  • Laufend das VBS kritisieren,welches Fehler der Vorgänger korrigiert, was immer länger dauert, als man plante.
  • Glauben, dass die heutige Bedrohungslage keine Armee mehr brauche.
  • Ideologisches Träumen, dass mit Friedensaktionen Kriege erstmals seit Menschengedenken aus der Welt geschafft werden können, denn es gibt heute mehr kriegerische Auseinandersetzungen als im “Kalten Krieg”.

Was es dringend braucht: Die neuen Bedrohungen erkennen und entsprechend handeln!!
Schutz unserer Sicherheit primär im Innern, vorerst nicht an unseren Landes- Grenzen
Objekt-Schutz als erste Dringlichkeit. Was passiert, wenn fehlgeleitete “Fundis” sogenannte “Superreichendomizile” ins Visier nehmen und z.B. einen Bombenanschlag auf die Palace-Hotels in St. Moritz oder Gstaad, oder die entsprechenden Flugplätze in Samaden oder Saanen verüben? Oder die Jungfrau- oder die Titlisbahn stillegen? Solche Ereignisse würden in Windeseile um die Welt gehen. Nachdem man im gegenwärtigen Wirtschaftskrieg bereits den Finanzplatz Schweiz geschleift hat und nun die steuerlichen Standort-Vorteile unseres Landes ins Visier nimmt, ist eine Attacke auf milliardenschwere Bewohner solcher Tourismusorte keine Illusion mehr und würde den für unser Land auch sehr wichtigen Tourismussektor schwer treffen. Die ausländischen Erpressungen werden auch nach der teilweisen Konfiskation undeklarierter Vermögen kein Ende nehmen.
Was, wenn gleichzeitig die Gotthardlinie (Eisenbahn und Strasse) sowie die Lötschberg-Verbindung blockiert oder der Bahnhof Zürich durch politische Extremisten- oder Terrorzellen stillgelegt würden. Könnten dies die entsprechenden Strassenverkehrsämter resp. SBB-Stellen in akzeptablen Zeitperioden korrigieren? Man müsste doch einmal testen, ob z.B. Telephonzentralen und Funkanlagen attentats-sicher sind, um die offensichtliche Gelassenheit der Behörden zu rechtfertigen.
Von den im “Kalten-Krieg” geübten Szenarien eines Dammbruchs des Sihlsees oder der Grande-Dixence Staumauer, welche das Sihltal und Teile Zürichs respektive das Unter-Waliis und die Genfersee-Region Tsunami-artig unter Wasser setzen würde, sei hier nicht mehr lange die Rede.
Personen-Schutz in grösserem Ausmass. Genügt dazu unsere zu kleine Polizei, die immer mehr Administativ-Aufgaben erhält und beispielsweise bei Diebstahlmeldungen nur noch ein müdes Lächeln übrig hat? Noch in den 80er-Jahren hätte in einer Uebung ein entführter Bundesrat mit einem Panzerregiment befreit werden sollen. Wer befreit heute hunderte von Flugpassagieren, die in einem überfallenen Flughafen oder in mehreren Grossraumflugzeugen als Geiseln festgehalten würden, wenn nicht speziell ausgebildete Elite-Soldaten. Geiselnahmen, Erpressungen, Entführungen sind erprobte Mittel von Terrororganisationen, wie sie auch die Schweiz schon erleben mussten. Sind der von ausländischen Angreifern verübte Ueberfall auf eines der grössten Hotels in Mumbai schon vergessen oder die Terroranschläge auf Eisenbahnen in London und Madrid, welche Hunderte von Toten zur Folge hatten. Beim World-Trade Center in New York gab es schon vor der Katastrophe “September 11” einen Anschlags-Versuch, welcher aber niemanden zum Anlass besonderer Vorsichtsmassnahmen veranlasste.
Schutz der Energieversorgung.
Erträgt unsere Sozial-Wohlstandsgesellschaft einen mehrwöchigen Stromausfall mit einem weitgehenden Zusammenbruch des Internets, der Nahrungs- und Treibstofflieferungen sowie der dramatischen Beeinträchtigung der Gesundheitsversorgung? Zynisch könnte man sagen, davon wären auch alle Armee-Gegner betroffen, hilft aber nicht weiter. Beeindruckend ist schon, wie US-Bürger in der Umgebung von New York noch Monate nach dem Hurrican “Sandy” wegen Strommangels immer noch ohne Licht, Heizung und Arbeit sind und nicht rebellieren. Wären Schweizer auch so geduldig? Auch hier die Frage, wer würde bei uns in vernünftiger Zeit eine so zerstörte Infra-Struktur wieder herstellen, wenn nicht gut ausgebildete Geniesoldaten, Logistiker, Informatiker and Sanitätssoldaten.
Schutz unseres Luftraums
Wie sagte doch ein alter Fernseh-Direktor in einer Gesprächsrunde am Fernsehen: “Das Problem unserer Armee heute ist, dass wir von Freunden umgeben sind!! Dass also keine fremden Heere vor unseren Landesgrenzen stehen. Der Mann hat leider noch nicht mitbekommen, dass heute die gefährlichsten Bedrohungen von Leuten kommen, die schon in unserem Land sind oder dass die Angriffe ferngesteuert aus der Luft kommen. Immer weniger durch Kampfjets und Luftlandetransporter, aber immer mehr durch Cruise Missiles, Raketen und Drohnen, alle ferngesteuert, so dass Angreifer immer weniger eigene Tote zu rechtfertigen haben, während auf der Gegenseite nicht primär Feindsoldaten, aber viel mehr Zivilpersonen das Leben verlieren oder verkrüppelt werden. Eine Entwicklung, welche die Kriegshemmschwelle in einem bisher noch nie gekannten Ausmasse senkt und zu Kriegsspielen aus dem geschützten Bunker geradezu animiert. Es ist ein Erfolgserlebnis, wenn man aus dem sicheren Unterstand Drohnen, Minihelikopter, Raketen etc. in die entsprechenden Feindeshäuser oder Roboter-Soldaten in unsere Wohnungen steuert. So etwas können in der Zukunft nicht nur die Amerikaner und Israelis, sondern auch Terroristen. Ist die Schweiz dagegen immun? Nur Dummköpfe und Naivlinge glauben so etwas. Haben wir heute die entsprechende Luftabwehr oder müsste nicht primär eine umfassende Luft- und Roboterabwehr geschaffen werden, als selbst an der Entwicklung offensiver Drohnen mitzuwirken?
Der “Cyber War” wird in der Zukunft nicht mehr alleine in den Kinder-Zimmern stattfinden sondern in unserer Realität. Ist man sich bewusst was eine Stillegung der Elektronik in unserem täglichen Leben (in der Wirtschaft, im Flug- und Strassenverkehr etc) alles bewirkt?
Ist dieses und wohl verstanden nicht vollständige Bedrohungsbild utopisch, unwahrscheinlich oder unrealistisch?
Wenn ja, hätte es nie den Anschlag auf das World Trade Center mit Tausenden von Toten gegeben, keine Anschläge auf Londoner Untergrundstationen und Eisenbahnen in Spanien mit Hunderten von Opfern. Anschläge auf jüdische Personen in Frankreich, Amokläufe in Europa (Frankreich, Norwegen etc.) und den USA belegen mit aller Deutlichkeit, dass unsere Polizei nicht mehr in der Lage ist, unsere innere Sicherheit zu gewährleisten. Hacker-Angriffe auf nationale Sicherheitssysteme, wie dies kürzlich im Nahen Osten schon sichtbar wurde, werden sich in Zukunft noch vermehrt auf zivile Netze (Zahlungs- und Bankverkehr etc.) konzentrieren. Nehmen wir dies in unserer Wohlstands-Behaglichkeit einfach so hin? Oder schafft dies auch die Grundlage für das Aufkommen extremistischer, gewaltbereiter Zellen und Formationen? Es ist Zeit aufzuwachen und zu handeln. Aber wie? Indem wir Schutz suchen bei professionellen Sicherheitsdiensten, wie dies z.B. die USA im Irak zeitweise machten und dann wieder aufhörten, Freiwilligen-Trupps oder Berufsarmeen beauftragen?
Welches sind nun daraus entstehende Konsequenzen für die Schweiz?
Einen proaktiven und intelligent kommunizierenden Nachrichtendienst, vor allem in Friedenszeiten.
Weshalb müssen wir aktuelle und zukünftige Bedrohungen vereinzelt aus mehr oder weniger seriösen Medienberichten entnehmen, wobei man nie genau weiss, wie relevant diese sind. Ist es in einer direkten Demokratie wie der Schweiz, wo über wichtige militärische Entscheide bei Referenden und Initiativen vom Volk abgestimmt wird, nicht absolut notwendig, dass uns der Nachrichten-Dienst durch unseren Bundesrat aus erster Hand und korrekt über wichtige Entwicklungen, die unsere Sicherheit betreffen, informiert. Alles ruft heute nach Transparenz, weshalb das Schweigen unserer Behörden sehr seltsam ist, während im Internet erschreckende Informationen ungefiltert die Runde machen. Während im “Kalten Krieg” die grosse Bedrohung unserer Sicherheit fast allen, nicht ideologisierten Staatsbürger bewusst war, ist das heutige Bedrohungsbild sehr diffus aber nicht weniger gefährlich. Unser Nachrichtendienst verfügt über die relevanten Erkenntnisse und der Bundesrat hätte die Pflicht, diese unserem Volk mitzuteilen und nicht bewusst zu verheimlichen, was zur Folge hat, dass unsere Stimmbürger/innen über die aktuellen und zukünftigen Bedrohungen viel zu wenig informiert sind.
Aus dem nur in Umrissen gezeichneten aktuellen und zukünftigen Bedrohungsbild geht klar hervor, dass wir eine effiziente, hochprofessionelle Armee brauchen, um
Erstens allfällige Uebeltäter möglichst durch Abschreckung (Sicherung, Bewachung, bereite und eingeübte Notfallszenarien etc.) vor Aktionen in der Schweiz abzuhalten.
Zweitens ist im Angriffs- und Schadenfall eine sofort mobilisierbare und ausreichende Einsatztruppe (mehrere Bataillone) von höchster Dringlichkeit, die dann über Wochen und gar Monaten verfügbar ist, um Infrastruktur und Ordnung sowie die Versorgung mit Energie, Nahrung, Gesundheitsdienstleistungen wieder herzustellen, so dass unsere Wirtschaftstätigkeit nicht zum Erliegen kommt. Unsere Polizei wie Zivilschutz sind dazu nicht in der Lage.
Drittens braucht eine moderne und effiziente Armee Leute, die mit den Bedürfnissen unseres tägliche Lebens sehr vertraut sind und über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, um mit den neusten Entwicklungen des Handwerks und der Technologie Schritt halten zu können.
Dazu eignet sich nur eine Milizarmee, so überraschend dies in der heutigen, kampfmüden Zeit auch tönen mag. Neben optimal ausgerüsteten Elitesoldaten (auch mit Roboter-Hilfen) für den Häuserkampf braucht es mehr und mehr sofort aufbietbare Spezialisten aus dem Bausektor, der Logistik, der Informatik, des Gesundheitswesens, der Luftraumüberwachung etc. die nur aus dem Zivilbereich rekrutiert werden können. Angehörige einer Berufs- oder Freiwilligenarmee werden nie den gleichen hochprofessionellen Background mitbringen, um den hohen Anforderungen des modernen Bedrohungsbildes zu genügen.
Zum Schluss noch einige Fragen eines nicht im Detail eingeweiten Staatsbürgers:

  • Verfügen unsere Staatsbürger/innen wirklich über den notwendigen Wissensstand bezüglich der aktuellen und zukünftigen Bedrohungen, um bei den anstehenden militärischen Entscheiden (Referenden, Initiativen) mitbestimmen zu können? Wie motiviert man unsere Soldaten, wenn diese über konkrete und glaubwürdige Bedrohungen nicht im Bilde sind?
  • Hält unsere lebensnotwendige Infrastruktur wie Strassen- und Eisenbahnverkehr, Telephon- und Funkzentralen, Spitäler, Energie- und Nahrungsversorgung, Regierungs- und Administrationsgebäude etc. einem terroristischen Angriff Stand? Sind entsprechende Notfallprogramme vorhanden und vor allem eingeübt?
  • Verfügen wir über den notwendigen Schutz unseres Luftraums, um personen- oder ferngesteuerte Angriffe durch Kampfjets, Raketen, Cruise Missiles, Drohnen und Minihelikopter etc. abzuwehren?
  • Verfügt das VBS noch über die notwendigen Mittel, um den hohen Anforderungen gerecht zu werden? (nach all den Budgetkürzungen)
  • Und: woher nimmt der Bundesrat die Legitimation, Beschlüsse unseres Bundesparlaments bezüglich des Armeebudgets nicht zu respektieren?
  • Was unternehmen unsere vom Volk gewählten Parlamentarier, um dem Volkswillen, der immer noch eine starke Milizarmee will, NACHACHTUNG ZU VERSCHAFFEN?

Ich danke für die wohlwollende Prüfung dieser Fragen und Anregungen.
Bruno Merki
Major a.i. ehemals SCOS (Stab Operative Schulung)
Le Lémanoir