Ideologie verstellt den Blick aufs Wesentliche
Die eidgenössischen Räte sind gefordert, der Milizarmee den Weg in die Zukunft zu weisen. Das ist angesichts der diffusen Risikofaktoren eine anspruchsvolle Aufgabe. Kann es sein, dass unsere Parlamentarier im sicherheitspolitischen Dickicht den Überblick verloren haben? Vieles deutet darauf hin. Das Parlament hat sich in Detailfragen verheddert. Ein Beispiel nur: Nachdem die Sicherheitskommission des Nationalrats im April die Vorlage «Weiterentwicklung der Armee» (WEA) einer ersten Lesung unterzogen hatte, vermeldete sie: Armeeangehörige sollen auch künftig ein obligatorisches Schiessen absolvieren. Handkehrum sei aber eine militärische Ombudsstelle unnötig. Strategisch bedeutsam ist beides nicht. […]
Demnächst wird sich im Nationalrat – und später vielleicht an der Urne – weisen müssen, ob jene Kräfte obsiegen, die eine auf die real existierenden Risiken fokussierte Armee bevorzugen. Dazu sind Mängel in der Ausbildung zu beheben, Ausrüstungslücken zu schliessen, das Bereitschaftskonzept anzupassen, die Bewaffnung zu modernisieren. Bundesrat Maurer benötigt hierfür den Support von FDP, CVP, BDP, aber auch der pragmatischen Kräfte seiner SVP. Auf der gegnerischen Seite stehen glühende Kalte Krieger, die das Reformvorhaben als inakzeptable Halbierung der Armee geisseln – und jene Kreise, welche die Armee lieber heute als morgen abschaffen wollen. Dieser unheiligen Allianz ist zu raten, ihre Kräfte aufzusparen für den ideologischen Grabenkrieg, der 2016 ansteht. Dannzumal will der Bundesrat einen neuen Bericht zur Sicherheitspolitik der Schweiz vorlegen.
Beitrag auf NZZ.ch
Kommentar:
Selbst René Zeller von der NZZ tappt im Dunkeln und hat den Blick für’s Ganze verloren. Sonst würde er erkennen können, dass die knackigen Versprechungen nur Worthülsen sind (z.B. “vollständige Ausrüstung” erst ab 2027 oder “Mobilmachung” nur weniger Tausend AdA – innert 10 Tagen, etc.) und die Milizarmee als Ganzes mit der WEA irreparabel vernichtet wird.
Der “ideologische Grabenkrieg” muss VOR einer Reform stattfinden – nicht erst nachdem der Schaden angerichtet wurde. Die Lage hat sich in den letzten Jahren signifikant verändert. Der sipol B 2010 ist veraltet. Auf diesem Fundament ist die WEA völlig verkehrt aufgestellt. Deshalb spricht das VBS auch von einem “Desaster”, wenn sipol B und WEA gleichzeitig diskutiert würden. Lage und Entschluss passen nicht mehr aufeinander.