Die Gruppe Giardino sagt NEIN zur WeiterEliminierung der Armee (WEA)

Die Gruppe Giardino sagt NEIN zur WeiterEliminierung der Armee (WEA)

Vernehmlassungsantwort der Gruppe Giardino zur WEA (Kurzversion)
1. Die Gruppe Giardino ist gegen die vorgeschlagene WEA ohne wenn und aber!

Da die WEA keine Analyse des Ist-Zustandes und keine transparente Zieldefinition liefert, kann zu ihr erst Stellung genommen werden, wenn diese Grundvoraussetzungen erfüllt sind.  Alle nachfolgenden Feststellungen der Gruppe Giardino beruhen auf VBS-Dokumenten.

2. Keine Transparenz

Fachleute haben seit drei Jahren aufgrund eigener Recherchen und öffentlich zugänglicher Daten den heutigen Zustand der Armee ermittelt und sind zum alarmierenden Resultat gelangt, dass die Armee heute ihre militärische Verteidigungsfähigkeit weitgehend verloren hat und ihren Verfassungsauftrag nicht mehr erfüllen kann. Alle vorherigen Reformen seit der Armee 95 sind im Chaos stecken geblieben.

Bevor uns also die Armeeplaner eine neue wenig durchdachte Reform zumuten, muss dringend eine neutrale „Due diligence“ oder „Generalinspektion“ der Armee durchgeführt werden um die Ausgangslage dieses Schrittes darzulegen.

3. Unübersichtliche Unterlagen

Die Unterlagen zur «WEA» sind ebenso umfangreich wie unübersichtlich. Sie sind hauptsächlich auf nicht fundierten Behauptungen aufgebaut. Zur Stellungnahme der Gruppe Gisrdino gehören noch folgende Dokemente:

    • Gruppe Giardino. Mut zur Kursänderung – Schweizerische Sicherheitspolitik am Wendepunkt. Baden: Eikos 2013 (ISBN 978-3-033-03917-9)
    • Lezzi Bruno. Organisation statt Strategie. Infosperber 3. Juli 2013

Die WEA bedeutet den neuerlichen „Verzicht“ auf Material, das ohnehin nicht mehr vorhanden ist. Viele in den „WEA“-Unterlagen vorgeschlagenen Verbesserungen sind in Wirklichkeit Rückverbesserungen früherer «Reformen», so etwa bei der Mobilmachung oder bei der Ausbildungskonzeption. Die Probleme in diesen Bereichen müssen beförderlichst und ohne Militärgesetzrevisionen angegangen werden.

4. Grösster Armeeumbau seit Jahrzehnten

Mit der «WEA» wird auf Gesetzesebene der grösste Umbau unseres Wehrwesens seit Jahrzehnten geplant – ohne Auftrag vom Parlament, ohne Volksbefragung und ohne Anpassung der BV!

Es ist zu vermuten, dass ein Teil der Armeeimmobilien, von denen man sich trennen will, bereits unter der Hand verkauft oder «guten Freunden» versprochen wurden. Das Schweigen im VBS über diesen Punkt ist auffallend. Es herrscht keine Transparenz.

Der geplante Sollbestand von 100 000 Soldaten hätte selbst laut Bundesrat Ueli Maurer zur Folge, dass die Armee das Land nicht mehr verteidigen kann und deshalb nicht mehr verfassungskonform ist!

5. Spardruck als Scheinargument?

Als Begründung für die «WEA» nennt das VBS nicht etwa eine Veränderung der sicherheitspolitischen Ausgangslage – obwohl diese sich laut politischen Beobachtern mit dramatischer Geschwindigkeit verschlechtert, sondern angeblich knappe finanzielle Ressourcen. Bundesrat Ueli Maurer deutet aber an, dass das Kostenargument nur vorgeschoben sein könnte:

“Die Hauptmotivation für eine WEA zum jetzigen Zeitpunkt sind vordergründig die Finanzen.”

Der Zusammenhang zwischen Kosten und Effizienz der Armee ist keineswegs klar. So zeigt eine Untersuchung, dass die reale Leistung der Schweizer Armee in den letzten Jahren kontinuierlich abnahm, obwohl die Kosten ständig zunahmen. Die Armee hat ihren Kampfwert seit 1992 trotz laufend steigenden Kosten weitgehend verloren. Absurderweise will nun das VBS die Leistung der Armee noch weiter abbauen. Die «WEA» werde unweigerlich zu einem Abbau von Sicherheit führen, bestätigt Bundesrat Maurer.

Auch für die Armee müsste, gleich wie für andere Bundesbetriebe (Post, SBB, RUAG), jährlich eine vollständige Rechnung gelegt werden können, insbesondere ein Anlagen- und Ausrüstungsverzeichnis und letzteres würde zeigen, dass das Unternehmen Armee schon seit längerer Zeit Konkurs ist, respektive Bilanzverluste in zweistelliger Milliardenhöhe erlitten hat.

6. Gibt es eine verdeckte Agenda?

Es wäre naiv, sich die Frage nach einer möglichen verdeckten Agenda hinter solch gravierender Fehlplanung nicht zu stellen. Interne Dokumente belegen, dass gewisse Strategen im VBS seit Jahren systematisch daran arbeiten, die Fähigkeit der Schweiz zur autonomen Landesverteidigung zu liquidieren, die Neutralität abzuschaffen und die Milizarmee durch eine Berufsarmee unter internationalem Kommando zu ersetzen.

7. Angriff auf Milizprinzip und Neutralität

Dabei war VBS-intern längst klar, dass man das Milizprinzip und die Neutralität nach der Abstimmung zur Armee XXI so schnell wie möglich abschaffen wollte. Auch hierzu haben Exponenten des VBS schriftliche Dokumente hinterlassen z.B.  Anton Thalmann, damaliger Generalsekretär VBS und Verfasser des Sicherheitspolitischen Berichts 2000, oder Heiko Borchert, damaliger Berater des VBS für die Armee XXI oder Oberst i Gst René Eggenberger, damals Chef Prospektivplanung. Eine autonome Verteidigung war nicht mehr geplant.  Dabei stand insbesondere das Milizprinzip im Wege. Zur Zielerreichung wird auch vor Empfehlungen für manipulative Psychotechniken durch Borchert und Eggenberger nicht zurück geschreckt.

8. Elementarste Planungsregeln verletzt

Mit der WEA sollen die Strukturen der Schweizer Armee nun zum vierten Mal innert 18 Jahren verändert werden, ohne dass ein sauberer Strategieprozess stattgefunden hätte. Auch Regeln, die zur Grundausbildung in militärischer Führungslehre oder in Projektmanagement gehören, werden nonchalant verletzt. Was die Bedeutung der sogenannten „gefährlichsten Feindmöglichkeit“ im Planungsprozess bedeutet und wann zu „Wahrscheinlichkeiten“ übergangen werden kann, ist bei den Autoren der VBS-Dokumente der letzten Jahre vergessen gegangen. Die Auseinandersetzung mit gefährlichsten Möglichkeiten ist  zu unangenehm.

9. Engpass robuster Armeeeinsatz

Aufgrund dieser Gesichtspunkte beziehen sich die folgenden Überlegungen nur auf die Engpassstelle «robuster Armeeeinsatz

 Der heutige Gegner kann:

    1. Lebensgrundlagen vernichten oder bedrohen.
    2. Strategische Ressourcen abpressen 
    3. Strategische Schlüsselräume (wie Elektrizitätswerke oder Flughäfen) und/oder strategische Achsen in Anspruch nehmen
    4. Vertikale Umfassungen durchführen.
    5. Terrestrische Operationen über grosse Distanzen durchführen. Tatsache ist, dass – nachdem auch die übrigen Westeuropäer abgerüstet haben – sich ein Krieg unter aussereuropäischen Mächten auch auf europäischem, insbesondere auf schweizerischem Boden abspielen könnte,
    6. Einen A-, B-, und/oder C-Krieg führen. 

In keinem «WEA»-Dokument werden solche Feindmöglichkeiten analysiert.

10. Dramatisch abgebaute Einsatzbereitschaft

Die Mobilmachung ist auch in der Gegenwart noch die erste Operation, die eine Milizarmee durchzuführen hätte.  Die Mobilmachungsorganisation, früher das Markenzeichen der Schweizer Armee, wurde Ende 2003 aufgelöst, vermutlich um vollendete Tatsachen zu schaffen und den Übergang zur Berufsarmee zu erzwingen. Denn nur eine Berufsarmee braucht keine Mobilmachungsorganisation.

Alarmierend ist, dass durch die Zentralisierung der Logistikbasis der Armee und durch die Aufhebung der dezentralen Munitionslagerung die materielle Basis der Armee mit wenigen einfachen prophylaktischen Luftschlägen zerstört werden kann. Damit würde nicht nur die organisatorische, sondern auch die physische Unmöglichkeit einer Mobilmachung schon vor der Einleitung von Kriegshandlungen erreicht. Die geographischen Standorte der wenigen zentralen Materialdepots sind im Internet leicht aufzufinden. Übungen, die die Möglichkeiten der Armee im Rahmen von subsidiären oder Katastropheneinsätzen zeigen sollen, müssen von langer Hand vorbereitet werden und haben sich damit schon vor deren Beginn selber ad absurdum geführt.

11. Realistisches Armeemodell für moderne Bedrohungen  –  oder:  die Rückkehr zum aufrechten Gang

Im Buch «Mut zur Kursänderung» wird ein Armeemodell vorgeschlagen, das auf einer modernen Gefahrenanalyse beruht, bestehende Schwachstellen ausmerzt und mit den derzeit diskutierten Mitteln bewerkstelligt werden kann. Die fehlende Ausrüstung infolge jahrelanger systematischer Vernichtung hochwertigen Materials muss allerdings sonderfinanziert werden und die Wiedererlangung der militärischen Handlungsfreiheit dürfte mindestens 10 Jahre dauern.

 
Die vollständige Vernehmlassungsantwort der Gruppe Giardino als PDF