FDP verabschiedet Positionspapier "Armeepolitik" – eine Kurzanalyse

FDP verabschiedet Positionspapier "Armeepolitik" – eine Kurzanalyse

Die FDP hat ein neues Positionspapier zur “Armeepolitik” (PDF) verabschiedet. Wir begrüssen es, dass die FDP wieder ein Armee-Papier hat und sich Gedanken über Sinn und Zweck einer Landesverteidigung gemacht hat. Dennoch finden wir ein paar Punkte, die so falsch oder inkonsequent sind:

Die drei Armeeaufgaben Verteidigung, Unterstützung der zivilen Behörden, Friedensförderung sind folgerichtig Bestandteile eines modernen umfassend verstandenen Verteidigungsbegriffes. Die Gewichtung dieser drei Aufgaben ist periodisch zu überprüfen und den aktuellen und wahrscheinlichsten Bedrohungen anzupassen.”

Falsch. Die Armee ist auf die gefährlichste Bedrohung auszurichten. Militärisch geschulte Bürger wissen, dass man erst in der Führung die wahrscheinlichsten Bedrohungen für die Lagebeurteilung heranzieht. Entweder die FDP kann deutlich machen, wie sie die Armee rasch von einer wahrscheinlichen Bedrohung zur nächsten Umfunktionieren kann oder sie erachtet uns bereits als “im Gefecht stehend”.
Als “Potentielle Bedrohungen” nennt die FDP: Regionale Krisen und Destabilisierung, Internationaler Terrorismus, Erpressung, Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation), Ressourcensicherheit, Gefahr von Cyber-Attacken auf Verwaltungen und Wirtschaft, Existenzielle Gefahren. Was diesen Bedrohungen entgegengesetzt wird, bleibt aber das Geheimnis der FDP. Wie stellt sich die FDP z.B. vor, wie unsere EKF-Formationen Cyber-Attacker auf die Wirtschaft verhindern sollen? Wie werden mit der Armee unsere benötigten Ressourcen gesichert?

“Wahrscheinlicher als die konventionelle Bedrohung durch einen symmetrischen Gegner sind Bedrohungsformen durch nichtstaatliche Gruppierungen mit asymmetrischen Kräfteverhältnissen, diffusen Strukturen und ungewöhnlichen Angriffsmethoden.”

Hoppla – das ging etwas rasch. Wie wird diese – offenbar unbestrittene – Meinung denn begründet? Die staatliche Machtausübung mittels Streitkräften wird von der FDP einfach so beiseite geschoben, als ob sie nicht existieren würde. Dabei zeigt uns gerade die NATO (und die USA), dass diese Bedrohung doch sehr real ist.

Je nach Bedrohungslage kann so [mit Wehrpflicht/Milizsystem] rasch die nötige Anzahl Truppen geschaffen werden, ohne dass ständig grosse Truppenbestände im Dienst stehen müssen.

Drückt die FDP einfach einen Knopf und dann stehen 100% mehr AdA zur Verfügung? Das ist eine Illusion! Woher nimmt man die zusätzlich benötigten Kader?

Die FDP ist bereit, die nötigen Mittel [= 5 Mia.] zu sprechen, um die Armee zur Abwehr gegen die Gefahren von heute, aber auch morgen, zu rüsten. […] Die Armee muss auf einem vernünftigen technologischen Niveau derart weiterentwickelt werden, dass das sicherheitspolitisch Notwendige mit dem staatspolitisch Gebotenen und finanziell Tragbaren übereinstimmt.

Was denn nun? Sind die nötigen Mittel zu sprechen oder gilt dann doch wieder ein finanzielles Korsett? Wo befindet sich dieser Schnittpunkt, wo sich das “sicherheitspolitisch Notwendige” mit dem “finanziell Tragbaren” trifft? Bei 5 Mia.? Wird damit das Ziel aus dem 1. Satz erreicht (“um die Armee zur Abwehr gegen die Gefahren von heute, aber auch morgen, zu rüsten”)? Versucht hier die FDP die Quadratur des Kreises? Im nächsten Satz wird gefordert, dass “[a]lle Einsatzverbände wie auch die Lehrverbände (Ausbildung) […] vollständig und mit modernem angemessenem Material ausgerüstet sein [müssen]“. Die Armee hat dazu aber einen Finanzierungsbedarf von 5,4 Mia. ausgerechnet. Wieso fordert die FDP dennoch “nur” 5 Mia.?
Was halten Sie von Positionspapier der FDP?

 

Kommentare: 7

  1. Beda Düggelin sagt:

    Vom FDP-Positionspapier muss soviel gehalten werden, wie von den Lippenbekenntnissen unserer Landesregierung und den wenig glaubwürdigen Schritten unserer bürgerlichen Bundesparlamentarier in den letzten vierundzwanzig Jahren, seit dem Fall der Berliner Mauer! – Die Glaubwürdigkeit bleibt auf der Strecke! Giardino fordert von den “bürgerlichen Kräften” mehr Biss, Chris von Rohr würde sagen: “mee Dräck”!! – Es scheint, dass der unrühmliche Professor Eichenberger bereits sehr viel Unheil angerichtet hat. Er fordert, ähnlich wie die FDP eine “Instant-Armee”, eine Armee, welche im Ernstfall sofort um einige Zehntausend Soldaten aufgestockt werden könne, da es dann genügend Freiwillige gäbe…… Aber ausgebildet müssten diese Soldaten ja dann auch noch sein. Und wie stünde es mit der Ausrüstung, welche heute bereits nur unvollständig vorhanden ist? Eine solche Meinung eines Professors ist grobfahrlässig und weltfremd. Es gibt zwar den “Instant-Kaffee” von Nestlé, den kann man wenigstens geniessen, die Ideen von Reiner Eichenberger sind schlicht ungeniessbar und eines Professors unwürdig! Alma Mater quo vadis?

  2. Guido Pescio sagt:

    Was ich oben in Bezug auf das FDP-Positionspapier lese, ist ein gewürgtes, den Anschein von Vernunft erwecken wollendes Statement, welches von der aktuellen Realität immer noch weit entfernt ist. Das in einem Ernstfall, wann und woher auch immer, rechtzeitig eine “Instant-Armee” mit passender Mannschaft und Ausrüstung via “Mausklick” auf die Beine gestellt werden kann, zeugt nicht nur von akuter Blindheit, sondern auch von mangelnder Intelligenz! Es wird wieder einmal sichtbar, welche Parteien sich klar zur Landesverteidigung stellen, und welche sich in unglaublichen rhetorischen Windungen dazu krampfhaft äussern. Die Armee ist in einer Demokratie eine politische Frage, und so soll es auch sein. Das heisst: es wird somit wichtig sein, welcher (oder eventuell sogar welchen) Parteien wir bei den nächsten Wahlen den Vorzug geben werden. Diejenigen Parteien, welche sich gegen die Armee und somit gegen eine Landesverteidigung stellen, sollten auch dem letzten Deppen klar sein. Irrtum meinerseits vorbehalten, scheint die SVP die einzige Partei sein, welche sich noch klar hinter eine Landesverteidiung stellt, und zwar einer effektiven! Oh ja, gewisse Exponenten dieser Partei benehmen sich teilweise etwas rüpelhaft. Aber mir sind ehrliche, klare Worte benutzende Rüpel lieber, als niederträchtige, hinterlistige, schleimige Lackaffen, aus welcher Küche sie auch immer kommen mögen. Fazit: Unsere Armee kann nur wieder auf “realitätsbezogene” Beine gestellt werden, wenn es bei den nächsten Parlamentswahlen gelingt, den aktuellen politischen “Linksdrall” abzubremsen.

  3. Johannes Fischer sagt:

    Der kritische Kommentar von Giardino ist in allen Belangen zutreffend. Auch Beda Düggelin kann man zustimmen.
    Seit Jahren betreibt leider die FDP, die sich staatstragend nennt, eine verheerende Sicherheitspolitik. Sie war mit ihrem FDP NR Edi Engelberger, ehemals Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des NR, eifrige Befürworterin des Projektes Armee XXI, die man in guten Treuen als gescheitert bezeichnen kann. Engelberger war als FDP-NR ein treuer Gefolgsmann von SVP-BR Samuel Schmid, welcher die Armee nach Vorgaben von SVP-BR Adolf Ogi und nach Vorspurung von FDP-BR Kaspar Villiger in den Abgrund geführt hat. Als die negativen Folgen für die Schweizer Milizarmee immer deutlicher wurden, hat sich die FDP nicht dazu durchringen wollen und können, Korrekturmassnahmen zu verlangen.
    Man fragt sich, warum? Könnte etwa die Gefährdung ihres 2. Sitzes im BR eine Rolle gespielt haben, denn sie war in Sicherheits- und Armeefragen immer darauf bedacht, die zerstörerischen linken Kräfte nicht zu reizen.
    Man fragt sich zudem, wie die FDP so unsinnige und falsche Forderungen über die Begrenzung von Finanzmittel und Personalbestände der Armee fordern kann? Warum wird vorsätzlich der verfassungsmässig Auftrag der Armee ignoriert? Sind denn nicht unter den Mitgliedern und in den Vorständen auf allen Ebenen der FDP Leute vorhanden, die führende Positionen in der Wirtschaft haben? Und die doch genau wissen müssten, dass die verlangte Lösungsmethode i.S. Finanzen und Bestände für die Armee untauglich ist? Sicher werden alle diejenigen, die erfolgreich “Geschäften”, niemals so operieren. Der Konkurs wäre programmiert.
    Die FDP nennt sich auch “Die Liberalen”. Sind sie es noch wirklich? Hat nicht mit Franz Steinegger eine Hinwendung zum etatistischen Denken und Handeln stattgefunden? Zu oft musste man doch feststellen, dass sie sich mit den linken Kräften in der sog. “Koalition der Vernunft” mit CVP-SP-Grüne-Linke zusammen getan hat, wo es um echte Landesinteressen gegangen ist. Entsprechend sind dann die gesetzlichen Massnahmen vom linken Fahrwasser geprägt worden. Und werden es immer noch. Die FDP weigert sich bis heute, die Linke, in der Schweiz stark marxistisch geprägt (man nehme das gültige Parteiprogramm der SPS zur Kenntnis), als den Gegner des liberalen Staates zu erkennen. Politische Rankünen zur Bewahrung von Pfründen sind vorherrschend.

  4. Willy Stucky sagt:

    Ausgezeichnet, Herr Fischer! Die FDP betreibt über weite Strecken Etikettenschwindel. Ihr effektiver Etatismus ist viel näher beim Marxismus als beim bürgerlichen Liberalismus. Zur Vertuschung dieser Tatsache wurde der unsinnige Begriff des Linksliberalismus kreiert. Bei diesem Begriff geht es in keiner Weise um Liberalismus im Sinne der Forderung nach staatsbürgerlicher Selbstverantwortung des (wirtschaftlich tätigen) Individuums, sondern um die Förderung der Voll-Kasko-Mentalität des Individuums mit dem Ziel, es von allen persönlichen Verpflichtungen gegenüber Familie und Staat zu entbinden. Das Resultat einer solchen Entwicklung heissen: Kinderkrippen, Altersheime, obligatorische Krankenkasse etc. sowie Abschaffung des politischen und militärischen Milizsystems.
    Freiheit ist leider ein sehr unbestimmter Begriff. Wer Freiheit sagt, müsste immer gleichzeitig angeben, wovon die genannte Freiheit entbinden solle. Die Freisinnigen alter Schule wollten von klerikaler und staatlicher Bevormundung entbunden sein, weshalb sie von den Klerikalen zu Recht als Radikale bezeichnet wurden. Gegenüber der staatlichen Bevormundung verhalten sich die modernen „Freisinnigen“ jedoch alles andere als radikal, weshalb sie sich vor Jahren nicht einmal mehr dagegen wehrten, zusammen mit der Sozialdemokratie und den Grünen die sogenannte „Koalition der Vernunft“ bilden zu dürfen.

  5. Alexander Steinacher sagt:

    Das Positionspapier der FDP zeugt nicht gerade von Professionalität in dieser für unser Land existenziellen Frage. Man verharrt in einem bequemen Kurzzeitdenken, das sich schon mehrfach in der Geschichte als gefährlich erwiesen hat. Es fehlt auch hier der deutliche Wille, den Verfassungsauftrag unbedingt ernst zu nehmen. Strategieschwäche – wie notorisch im Bundesrat!

    • Hammond sagt:

      Und es fehlen insbesondere bei den grossen Medienhäusern an Journalisten und Redaktoren, welche ihre journalistische Arbeit noch gewissenhaft ernst nehmen. Und so ist die Wahrscheinlichkeit leider hoch, dass diese Widersprüche der FDP nie Thema eines prominenter platzierten Artikels/TV-Beitrags werden…

  6. E. Haas sagt:

    Was die FDP (Die Liberalen) eigentlich sagen will, aber nicht sagen darf:
    Die Schweiz braucht eine professionellere und kleinere Armee mit motivierten Personal,
    das sich klar für die Armee entscheidet:
    1) 10’000 Berufs/Zeitmilitär (heute 4400)
    2) 50’000 Freiwillige Miliz (Modell US Nationalguard-Miiz, 18 – 65 jährige CH-Bürgerinnen)
    3) 3’000 Zivilangestellte (Verwaltung, Logistik, Zeughäuser)
    Total Lohnkosten = ca 2.1 Mrd Fr (1 Mrd BM/ZM, 800 Mio FM, 300 Mio Zivilangestellte)
    Betriebs/Operationskosten/Immobilien/Waffenplätze = ca 1.5 Mrd Fr
    Rüstungsbeschaffungen / Investitionen: ca 0.5 – 0.8 Mrd Fr
    Vtg-Ausgaben total = ca 4.1 – 4.4 Mrd Fr (ohne die versteckten Opportunitäskosten zulasten der CH-Volkswirtschaft)

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