Editorial von Roger Köppel: Die Schweizer Wehrpflicht muss bleiben

Editorial von Roger Köppel: Die Schweizer Wehrpflicht muss bleiben

Die Schweizer Wehrpflicht muss bleiben. Warum? Hochgestochen, aber ehrlich formuliert: weil sich in ihr das republikanische Ethos der Schweiz manifestiert. Weil sich durch die Wehrpflicht eine intensivere Identifikation des Bürgers mit dem Staat ergibt. Wehrpflicht bedeutet: Der Staat kann von den wehrtauglichen Männern und Frauen ver­langen, für den Staat im Ernstfall ihr Leben hinzugeben. Wer sich für den Staat im Krieg opfern muss, pflegt und überwacht den Staat in Friedenszeiten. Man setzt sein Leben nicht für eine Organisation aufs Spiel, in der man sich nicht wiedererkennt. Die Wehrpflicht ist die existenzielle Grundlage, ja der Lebensnerv der direkten Demokratie, die vom Waffen tragenden Bürger ausgeht – wie schon im alten Griechenland die Hopliten-Miliz. Ein Bürgerheer aus Wehrpflichtigen begrenzt zudem den aussenpolitischen Appetit der Regierung, sich an auswärtigen Konflikten zu beteiligen. Die Amerikaner hatten bis Vietnam die allgemeine Wehrpflicht. Als der Widerstand gegen den fragwürdigen Dschungelkrieg wuchs, stiegen die USA auf professionelle Truppen um. Was angesichts landesweiter Proteste als Entgegenkommen verkauft wurde, war eine Machtanmassung durch die Regierung: Seit es an ­einem Bürgerheer fehlt, kann sich Amerika wieder ungehinderter auf militärische Abenteuer einlassen. Profi-Truppen stärken die ­Zentrale auf Kosten der Demokratie (Volksherrschaft). Kein Vorbild für die Schweiz.
Quelle: weltwoche.ch

 

Kommentare: 5

  1. Philipp Hofmann sagt:

    Die Hopliten waren zwar Bürger der griechischen Stadtstaaten, nur waren diese Polis keine Demokratien, sondern bloss Timokratien sprich Herrschaft durch die Vermögenden. Männer notabene. Aber ich weiss, den Selbstge-Rechten schwebt dieses Modell auch heute noch als Ideal vor. Wie auch immer: Ohne die freiwilligen Hopliten wären viele der Angriffskriege (!) vieler Polis gar nicht erst möglich gewesen. In Anbetracht dessen ist denn der im gleichen Atemzug genannte Satz: „[E]in Bürgerheer aus Wehrpflichtigen begrenzt zudem den aussenpolitischen Appetit der Regierung.“ schlichtweg faktisch falsch. Tja …

  2. Walter Häcki sagt:

    Ist schon wieder dieser Möchtegern – Lehrmeister Philipp Hofmann am Werk?
    Aus einem kleinen Nebensatz, noch getrennt mit einem Gedankenstrich, von Roger Klöppel macht er einen Hauptsatz und verdreht gekonnt die folgerichtigen Analysen im Editorial der Weltwoche, weil sie ihm nicht passen.
    Träumen Sie noch von einem Werktätigen-Paradies,?

    • Erwin Markus sagt:

      … Er träumt ganz sicher, da können Sie Gift darauf nehmen Herr Häcki!
      Da fragt man sich doch nur, was ihn in Seiner doch scheinbar schon etwas zurückliegenden Jugend gestochen hat? wie kann ein Mensch beim heranwachsen nur solche Ideen prägen, erklären Sie mir bitte wie?

  3. Hans Ulrich Suter sagt:

    Hopliten ist doch einfach die alte Bezeichnung für Pikeniere, also ich kann den Ausführungen hier nicht folgen. Köppel erwähnt ausdrücklich das Wort “Miliz” und darum geht es. Das moderne Beispiel dazu ist sicher der Vietnamkrieg, der nicht mit einer Bürgerarmee durchgeführt werden konnte, oder das diletantische Verhalten der “Homeguard” in Afghanistan. Die Armeen Spartas oder auch des alten Roms (Dienstzeit 20 Jahre) waren offensichtlich Berufsarmeen. Und um es hier nochmals in Erinnerung zu rufen, die ganze Ausrüstung, Ausbildung und Einsaatzdoktrin der “alten” Schweizerarmme, oder Armee 61, wie wir sagen, war nicht für Angriffskriege, oder Kolonialeinsätze gedacht. Dazu gehören auffälligerweise die festen Stellungen (Bunker mit Kanonen), das Sprengen von Brücken und Tuneln. Es geht aber auch bis in die Details runter, wo eine Mobilmachung lokal erfolgt und wenn man voll ausgerüstet in seinem Garten steht, ist es schwierig plötzlich ohne Transportmöglichkeiten der Schweizer Armee in Afghanistan aufzutauchen. Wir hatten auch bewusst keine Transportflugzeuge!

  4. Fritz Kälin sagt:

    Ja, der Hoplitensatz von Köppel meint den Zusammenhang zwischen politischer Mitsprache und Teilhabe am bewaffneten Schutz des Staates. Die athenische Demokratie von ca. 400v.Chr. muss natürlich nicht mit heutigen Massstäben gemessen werden. Dort liegen aber die Ursprünge der Vorstellungen, dass auch der ‘einfache Mann’ politische Rechte hat.
    Der nächste Satz Köppels bezieht sich dann auf die jüngere Zeitgeschichte. Konkret haben die USA lieber die Wehrpflicht aufgegeben, als dass sie auf ‘künftige Vietnamkriege’ verzichteten. Was diesbezügliche Kritik an den USA angeht, dürfen wir nie vergessen: in Europa sind wir alle spätestens seit 1945 Konsumenten (oder gar Schmarotzer) jener Weltordnung, die zu grossen Teilen von der militärischen Interventionsfähigkeit/-willigkeit der USA getragen wird.

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