Eine neue Legende in unserer Armee: Die Allwettertauglichkeit der F/A-18

Eine neue Legende in unserer Armee: Die Allwettertauglichkeit der F/A-18

Im Zusammenhang mit dem Abstimmungskampf um die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge haben die Befürworter sich freiwillig einer grossen Zurückhaltung unterzogen, um nicht das Projekt TTE zu gefährden. Bei der Allwettertauglichkeit geht es nicht nur um den fliegenden Teil des Systems und schon gar nicht nur um den F/A-18, sondern um das Gesamtsystem „Luftwaffe“ (LW). Dieses ist nur bedingt einsatztauglich, wie nachfolgend gezeigt wird.
Es setzt sich zusammen aus verschiedenen Teilsystemen:

  • Waffenträger (Flugzeug)
  • Bewaffnung
  • Pilot
  • Führungseinrichtungen (u.a. FLORAKO)
  • Airbase
    – Pisten- und Rollstrassen (Unterhalt, Schneefreiheit)
    – Unterstände, Kavernen, Magazine
    – Luftnahverteidigung (BODLUV)
    – Personal

Es soll einmal vorausgesetzt werden, dass die Luftwaffe einen Auftrag hat, diesen kennt und im Rahmen einer Luftverteidigungsdoktrin (Erdkampf, Luftkampf inkl. Luftpolizei, Luftaufklärung, Lufttransport) erfüllt  auch erfüllt.
Ebenso ist systemtechnisch nachvollziehbar, dass
LW = W x B x P x F x A ist.
Das heisst, dass bei Ausfall eines einzigen Elementes das Gesamtsystem ausfällt resp. wirkungslos ist. Im Rahmen der AXXI müssen zu jedem einzelnen Element Fragezeichen gemacht werden. Hier seien nur einige Anmerkungen gemacht:
Wenn hier die Allwettertauglichkeit auch der F/A-18 in Frage gestellt wird, so weil insbesondere die Allwettertauglichkeit der Pisten- und Rollstrassen nicht mehr gegeben ist. Das Inspektorat des VBS hat schon am 13.1.2012, möglicherweise irrtümlich, einen Bericht veröffentlicht zum Thema „Organisation der Militärflugplätze“ und dabei ein vernichtendes Urteil gefällt. Dieser attestiert u. a., dass eine Führung auf den Militärflugplätzen „unter erschwerten Bedingungen nicht möglich“ ist (siehe dazu auch blog.ggstof.ch). Insbesondere wird die Unterstellung der Logistik der Luftwaffe unter die LBA als verheerend erkannt, ein Umstand, der den Fachleuten stets klar war. Seither (Januar 2012 !) wird „abgeklärt“, es sind aber „noch keine Entscheide gefällt“ worden. Organisatorisch unmöglich geworden ist naheliegenderweise ein so banales Detail wie die reflexartige Pistenreinigung oder die Schneeräumung. Damit ist die Luftwaffe insgesamt nicht allwettertauglich, F/A-18 oder Tiger hin oder her. Dass immer noch „abgeklärt“ wird heisst nur, dass die Problemlösungsfähigkeit zuständigenorts abhanden gekommen ist. Im 100sten Jahr ihres Bestehens (Air14 Payerne!) bleibt die Schweizer Luftwaffe weiterhin und freiwillig gegroundet.
Legenden, das heisst unwahre Behauptungen der Verantwortlichen zur Verdeckung der wahren Sachverhalte, verbreiten sich innerhalb der Armee XXI wie Computerviren. Im Zusammenhang mit der Einsatztauglichkeit der Luftwaffe stellen sich noch viele weitere Fragen, u.a. nach der Flpl BODLUV (früher organisch den Flpl zugeteilt!), nach dem Unterhalt der Bodeneinrichtungen (früher eine Flieger Genie Kompanie organisch zugeteilt!). Spannend wird auch sein, wenn das Pilotenproblem endlich und neutral dargestellt wird, ebenso die Frage nach dem Verbleib der früher im Übermass vorhandenen Ersatzteile, Munition und Flugtreibstoff etc.
In der ASMZ 06/2014 wird vom seinerzeitigen Projektoberleiter Hans-Peter Hulliger, Oberst aD und Dipl. Ing. ETH, der 10-jährige Betrieb des FLORAKO (Luftraumüberwachungs-, Einsatzleit- und Flugsicherungssystem) beschrieben. Dies dürfte die letzte komplexe Beschaffung und Inbetriebnahme eines Informatiksystems und Nullfehlerübung der Armee gewesen sein. Anlässlich einer AWM Sitzung sind wir informiert worden, dass einzelne Sensoren dieses System (speziell zwei TAFLIRs) aus Kostengründen stillgelegt werden sollen. Hulliger schreibt, dass seit der Inbetriebnahme das FLORAKO während 24 Stunden und an 365 Tage ununterbrochen läuft. Stimmt, aber auch hier passiert mit den Sensorresultaten ausserhalb der Bürozeiten nichts!

 

Kommentare: 3

  1. Hohermuth sagt:

    Danke für den interessanten Artikel.
    Einfach unglaublich was da abgeht. Es müssten wirklich viele Köpfe rollen. Ein Sauladen seit Jahren! Dieser Eindruck zieht sich durch die meisten Artikel hier. Wie heisst es so schön: Der Fisch stinkt am Kopf zuerst – und mir scheint die Armee hat einen riesen Kopf. Hoffentlich wird gehandelt. Druck muss von aussen kommen, Selbstreinigung ist hier ausgeschlossen.

  2. Walter Knutti sagt:

    Achtung Herr Hohermuth
    Ihr Urteil von Sauladen und die weiteren Schlüsse sind schlicht unzulässig. Natürlich hat es Wahrheiten im Bericht von Herrn Betschon, er kennt die Organisation der Luftwaffe wie sie vor der Reformflut zu Zeiten des kalten Krieges funktionierte aus dem FF, in der Zwischenzeit hat sich aber so viel verändert, Ende des kalten Krieges, Friedenseuphorie der satten Schweizer, Spardruck beim Bund, der sich immer sofort besonders beim VBS zeigt, politische Parteien, die die Armee am Liebsten heute abschaffen würden als noch Geld dafür zu sprechen, massive Reduktion der Armeeangehörigen, massiver Druck auf Stäbe und deren Führungsfähigkeit, Schliessung von Standorten der Armee und insbesondere der Luftwaffe, Aufbau neuer Organisationen wie LBA und FUB und damit einhergehender Abbau bei der Luftwaffe, verbunden mit neuen Schnittstellen in den Führungsprozessen etc. etc. Das alles hat aber die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe nicht verunmöglicht, neue Prozesse versuchen verlorene Flexibilität wieder aufzufangen. Noch arbeitet man an der WEA, es könnte ja sein, dass man begangene Fehler in diesem Projekt wieder korrigiert, es kann aber durchaus anders kommen. Noch mehr Druck auf die Armee, noch mehr Diffamierungen der Leistung der Führung, noch mehr Sparauflagen, noch mehr Abbau.
    Es wäre der Sache wesentlich mehr gedient sich tatkräftig mit den Teilen unserer Bevölkerung zu solidarisieren, die noch eine starke Armee anstreben, sie dabei zu unterstützen als immer wieder Anschuldigungen vom Stapel zu reissen und so zu tun, als wäre jeder ein Idiot, der sich für das VBS und die Landesverteidigung einsetzt. Es nützt der Armee und unserem Lande überhaupt nichts, wenn wir auf das VBS schiessen, das VBS ist lediglich ein Spielball unserer Politiker in Bern. Hier gilt es anzusetzen.

  3. Urs Tischhauser sagt:

    Als wirklicher Insider legt Herr Knutti natürlich den Finger auf die wunden Punkte. Es sind die bürgerlichen Sicherheitspolitiker, welche sorglos mitanschauen, wie unsere einst funktionierende Armee durch Friedenseuphoriker demontiert wird. Blind lassen sie sich vom unbändigen Sparwillen leiten und machen sich so zum Handlanger der GSOA….. wann wird man je verstehen?

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