WEA: Bankrotterklärung gegenüber unserer Verfassung
Doktrin: Die Verteidigung bleibt Kernaufgabe der Armee [Anm. Giardino: Ist das “Doktrin”?]. Allerdings wird sie auf den Erhalt der Verteidigungskompetenz reduziert, was den sicherheitspolitischen Vorgaben [Anm. Giardino: Aber nicht der Verfassung!] entspricht. Demgegenüber rückt die Unterstützung der zivilen Behörden noch stärker ins Zentrum (Naturkatastrophen, Schutz wichtiger Infrastrukturen, Terrorismus, subsidiäre Sicherungseinsätze, Cyberangriffe). Unverändert wahrzunehmen sind Einsätze im Rahmen der Friedensförderung.
Quelle: NZZ.ch
[…] Das hohe Reformtempo, dem die Schweizer Milizarmee in den letzten zwei Jahrzehnten unterworfen war, hat die Organisation wohl überfordert. In gleicher Weise trifft das auf die Politik zu. Die National- und Ständeräte, die auf der Grossbaustelle Armee noch den Überblick haben, sind zu einem sehr überschaubaren Grüppchen geschrumpft. […]
Die erarbeitete Konzeption zur Weiterentwicklung der Armee (WEA) ruft nach einschneidenden Gewichtsverlagerungen: Die Bereitschaft zur Verteidigung im Kriegsfall, einstmals unumstössliche Kernkompetenz der Armee, soll weiter gedrosselt werden. Ob schwere Waffensysteme wie die Panzertruppen oder die Artillerie in ihrer heutigen Form auf Schweizer Terrain noch Zukunft haben, wird ungeschminkt infrage gestellt. Handkehrum wird eine verstärkte Integration der Armee in den zivil-militärischen Sicherheitsverbund angepeilt. Neue Bedrohungsformen erfordern den Abschied von alten Denkmustern. So lautet die Devise. […]
Im Bundeshaus wird seit zwei Jahren eine sicherheitspolitische Scheindebatte geführt: Bundesrat und Parlament haben sich in der Frage, was die Armee noch kosten dürfe, heillos ineinander verkrallt. Die Reduktion der Sicherheit auf eine blosse finanzpolitische Angelegenheit ist blamabel. […]
Quellen: NZZ.ch
Alle Armeeangehörigen sollen gemäss dem Bericht wieder eine ganze Rekrutenschule von 18 statt 21 Wochen absolvieren. Grundsätzlich soll jeder Soldat sechs Wiederholungskurse zu je 13 Tagen leisten. Die Dienstpflicht für Soldaten wird von 260 auf 225 Tage reduziert. Der Sollbestand beträgt noch 100’000 Armeeangehörige, die Reserve soll abgeschafft werden.
Ändern wird auch die Doktrin: «Die Unterstützung der zivilen Behörden wird auf absehbare Zeit hinaus im Zentrum der von der Armee zu erbringenden Leistungen stehen», zitiert die «NZZ» den Bericht. Deshalb seien überzeugende Antworten auf Bedrohungsszenarien zu entwerfen, die «nicht sicherheitspolitischen Denkmustern entsprechen».
Die im VBS erarbeitete Neukonzeption der künftigen Armee basiert auf einem jährlichen Kostenrahmen von 4,7 Milliarden Franken. Angesichts der verfügbaren Mittel seien «grosse Einschnitte unausweichlich».
Quelle: blick.ch – Reaktionen auf blick.ch – blick.ch (mit Abstimmung!) – weiterer Bericht auf 20min.ch – tagesanzeiger.ch – tagesanzeiger.ch – tageswoche.ch – “Die Miliz nicht schocken” (NZZ.ch) – GSoA.ch
Kommentar:
Wenn aus den Kreisen der Armeeabschaffer eine Armeereform unterstützt und gelobt wird (Evi Allemann, SP/BE: “Die Reform geht in die richtige Richtung.”) müssen bei jedem Sicherheitspolitiker die Alarmglocken läuten! Aber viele schlafen weiter und glauben mit der WEA die Schweiz sicherer zu machen. Dabei war noch jede Armeereforn der letzten 20 Jahre ein Flop! Trotz kleinerer Bestände blieben die Probleme (z.B. zu wenig Kader) bestehen. In vielen Punkten will man zurück (z.B. “Mobilmachung”). Dabei hätte man diese Schlaufe vermeiden können, wenn man (mehr/überhaupt) auf die Milizverbände gehört hätte. Wird es dieses Mal besser? Die Erfahrungen aus den Miliz-Kommissionen sind eher ernüchternd.
Schon heute wird unsere Bundesverfassung mit Füssen getreten. Die Schweiz verfügt nicht mehr über eine Armee, die Land und Leute gegenüber einem militärischen Aggressor verteidigen kann. Mit der WEA (“Weiter Eliminierung der Armee”) geht man noch einen Schritt weiter: Selbst für Unterstützungseinsätze zugunsten der Behörden werden nicht mehr genügend Mittel zur Verfügung stehen (“Rumpfüberwachungsarmee”). Von einer dissuasiven Verteidigungsarmee kann man schon gar nicht mehr sprechen. Wir verweisen dazu auf unsere Dokumente:
Falls der Bundesrat als Exekutive einen neuen Auftrag will, so muss er zuerst das Volk fragen, z.B. so:
“Wollen Sie, Schweizerinnen und Schweizer, dass die Landesverteidigung mit Truppen gegen militärische Angriffe von aussen aus der Luft und auf dem Boden durch Bomben, Flugzeuge, Panzer oder Bodentruppen ganz aufgegegen wird und dass sich die Schweiz alles bestehende Material, das der Landesverteidigung dient, vernichtet und sich nur noch auf Angriffe auf elektronischem Weg (Cyberangriffe) und Terroranschläge vorbereitet und zudem subsidiäre Hilfseinsätzen in Katastrophensituationen (Lawinen etc.) leistet und Bewachungsaufgaben (von Botschaften etc.) übernimmt.?”
Begründung: “Ein militärischer Angriff auf die Schweiz ist mit allergrösster Wahrscheinlichkeit für alle Zeiten ausgeschlossen, ganz sicher aber für die nächsten zehn Jahre, und falls er doch erfolgen sollte, wird die Nato uns beschützen (Sicherheit durch Kooperation).”
Für Giardino steht fest: Diese Armeereform ist abzulehnen. Sie basiert auf einen unzureichenden Sicherheitspolitischen Bericht, ist ressourcengesteuert und verletzt die Verfassung grob. Einer solchen Reform können wir nicht zustimmen.
Giardino wird in den kommenden Monaten ihr Gegenkonzept vorstellen. Das Buch ist im Druck.