Alte Eisen schiessen gut

Alte Eisen schiessen gut

Noch [am 24.5.] hat sich erstmals nach allen diplomatischen Auftritten dann doch noch der Verteidigungsminister der Russischen Föderation, Sergej Schoigu, zu Wort gemeldet und Truppenmanöver nahe der Grenze zur Ukraine angekündigt. So weit, so bereits bekannt. Aber es gibt an diesem Auftritt noch etwas, das vielleicht ein Hinweis auf den Ernst der Lage sein kann.

Genau genommen handelt es sich um den fast 80-jährigen Mann auf dem folgenden Bild, der in Militäruniform an der gestrigen Beratung der Spitzen des Verteidigungsministeriums und des Generalstabs teilnahm: Dieser Mann ist Wladimir Lobow, der im Rang eines Generals in den aktiven Dienst zurückgekehrt ist.

Lobow war in späten Sowjetzeiten Chef des Generalstabs der Streitkräfte der UdSSR und stellvertretdender Verteidigungsminister. Bekannt ist er durch mehrere Armeereformen, durch das im Westen der Sowjetunion und in Polen durchgeführte, großangelegte Militärmanöver “Zapad-81” (sein “Kind”) und durch das zu der Zeit gefürchtete militärtheoretische Konzept eines sowjetischen Vorstoßes bis zum Atlantik, das dieses Ziel innerhalb einer Frist von zwei Wochen erreichen sollte.

Bericht auf chartophylakeion.de

 

Kommentare: 10

  1. Willy Stucky sagt:

    Auch dies hat Tradition in Russland. Es ist schon verblüffend, wie stabil die Volkscharaktere sind. An dieser Tatsache kann auch die Europäische Union nichts ändern. Jetzt ist Deutschland gefordert, das sich in den vergangen Jahren zur Führungsmacht des westlichen Teils von Kontinentaleuropa entwickelt hat. Es ist nun an Deutschland, den uralten europäischen West-Ost-Konflikt ohne Wenn und Aber zu respektieren und die ukrainischen Hasardeure zurückzupfeifen.
    Aus Sicht der Russen wird die EU allmählich zu einer bedrohlichen Grossmacht, wobei es keine Rolle spielt, ob dies objektiv zutrifft oder nicht. Entscheidend sind stets die realen Machtverhältnisse: z.B. die faktische Allianz zwischen Deutschland und den USA. Wenn sich diese beiden wirtschaftlichen Grossmächte nun unbedacht auf die Seite der ethnischen Ukrainer stellen, spielen sie mit dem Feuer, weil sie eine Binsenwahrheit verkennen, nämlich das die ethnischen Russen auch existieren.

  2. Walter Häcki sagt:

    Die Russen spielen mit dem Feuer , Herr Stucky, sie haben das Muskelspiel wieder gelernt. Von Russenethnien zu sprechen ist brandgefährlich, mit gleichen Argumenten könnte der Tessin von Italien beansprucht werden.
    Mir scheint Herr Stuckt, sie haben zuviel von der faktischen kommunistischen Binsenwahrheiten erwischt, dass sie von ukrainischen Hasardeuren sprechen.
    Es scheinen auch die USA und Deutschland zu ihren Feinden zu gehören.

    • Fritz Kälin sagt:

      Die USA scheinen der einzige Akteur in dieesr Krise zu sein, der ein Interesse an der erneuten Spaltung des Kontinents haben könnten. Auf jeden Fall haben die USA bei diesem Spiel am wenigsten zu verlieren. Falsche Freunde können zuweilen gefährlicher sein als echte/ klare Feinde…

  3. Willy Stucky sagt:

    Sehr geehrter Herr Häcki
    Ich habe persönlich keine Feinde. Weder die Russische Föderation noch die USA empfinde ich zurzeit als feindlich. Doch die diversen Feindbilder sind tatsächlich das Problem, weshalb ich ein Befürworter der (gut) bewaffneten Neutralität bin. Ferner empfehle ich den ukrainischen Hasardeuren – und bei diesem Begriff bleibe ich angesichts gewisser antirussischer Beschlüsse des Parlaments in Kiew – sich unseren Föderalismus zum Vorbild zu nehmen. Und schliesslich weiss ich, wie grosse Imperien wie Russland entstanden sind – gewiss nicht durch permanentes Nachgeben. Trotzdem wäre ich froh, wenn die Westmächte für einmal zur Kenntnis nähmen, dass es (auch) Russen gibt, genauso wie es Polen, Tschechen und Ukrainer gibt.

  4. Johannes Fischer sagt:

    Ich möchte einfach noch ins Spiel bringen, dass die derzeitige ukrainische Regierung nicht durch demokratische Wahlen, sondern durch Umsturz ins Amt gekommen ist. Wie kommt die EU, die immer auf die Beachtung demokratischer Spielregeln verweist, dazu, mit dieser Regierung Verträge über finanziellen Beistand abzuschliessen? Sind die Absichten der EU wirklich so lauter, wie sie vorgibt?

  5. Kurt Anton Brugger sagt:

    Ich möchte nicht wiederholen, was ich zur Krim und der Ukraine schon geschrieben habe. Die stalinistische Sowjetunion hat mit provokantem Spiel, Machtdemonstrationen und erpresserischen Drohungen den Kalten Krieg provoziert, diesen 40 Jahre aufrecht erhalten. Meine Vorbehalte gelten heute noch diesen russischen Machtansprüchen, auch wenn das russische Reich zwischenzeitlich geschrumpft ist (russische Föderation). Mit grossen wirtschaftlichen Defiziten, aber rundum erneuertem militärischem Potential.
    Das Machtgehabe der Politokraten der EU, mit der Osterweiterung während der nach-sowjetischen Zeit, unter Mithilfe der NATO welche sich in der gleichen Zeit von einem Verteidigungsbündnis in eine Angriffsarmee mauserte, hat die Mächtigen der russischen Föderation vor den Kopf gestossen und deren Argwohn provoziert.
    Die EU-Angebote für finanzielle Unterstützung der maroden Ukraine, das Hofieren für eine Aufnahme in die EU und die NATO, das Aufwiegeln EU-freundlicher Kräfte, hat die russische Führung definitiv „aus den Socken“ gehauen. Nun wird auch auf deren Seite mit unlauteren Mitteln gekämpft.
    Was derzeit abläuft, sind undurchsichtige Machtspiele. Wir werden wohl nie erfahren, welche Seite sich der fieseren Methoden bedient. Das Chaos könnte kaum grösser sein. Die gesamte Palette unzulässiger Tricks machtbesessener Politiker (von Guerillas bis Geiselhaft) bekommen wir vorgeführt.
    Unter den Augen der seit Jahren geschundenen Bevölkerung, weiten sich die Spannungen täglich aus. Wird Angst und Leid verbreitet, steht das einst fruchtbare Land, unmittelbar vor einem Bürgerkrieg und dem Staatsbankrott. Hilflosigkeit und Betroffenheit, auch Arroganz und Sturheit hüben und drüben, wird uns stündlich via TV in die Wohnzimmer geliefert.
    Mitten drin, als Vorsitzender der OSZE, BRP Burkhalter. Anfänglich souverän, mit zunehmender Eskalation erscheint er hilfloser. Nicht nur er. In gleicher Gesellschaft die hohe Kurie in Rom, die den Frieden anmahnt. Dagegen ermuntert die elitäre Geistlichkeit der orthodoxen Christen, die politischen Führer in Russland, den Waffengang zu wagen, falls die Diplomatie versagt.
    Für uns Schweizer und die Classe Politique sollten bei genauem Hinsehen „alle Kontroll-Lampen auf rot schalten“, bei der Beantwortung kritischer Fragen, angesichts des ukrainischen Dramas.
    zB
    – muss die Aussenpolitik unseres Landes das Prinzip der bewaffneten Neutralität hoch halten, weder in wirtschaftlichen noch politischen Fragen für Drittstaaten Partei beziehen, oder aktive Neutralität (nach Vorstellung von aBR Calmy)praktizieren?
    – wie steht es um die Landesverteidigung, den Wehrwillen, dem Gedanken der wehrhaften Schweiz, die notfalls bereit ist ihre Werte und ihren Willen mit Waffen durch zu setzen?
    – was wäre wenn „Krim“ auch andernorts statt finden würde?
    – wie steht es um unser Verhältnis zur EU, wie soll dieses weiter entwickelt und optimiert werden? Was passiert wenn uns dieses von Brüssel diktiert wird, vor allem dann wenn die Kampfkraft unserer Armee derjenigen der Ukraine entspricht?
    Der Katalog solcher Fragen kann beliebig weiter geführt werden. Politiker, Armeekader, Bürger die Antworten suchen, vor dem Hintergrund unserer aktuellen Wehrbereitschaft, müssten zweifelsfrei zum Schluss kommen, es liege Einiges im argen. Abhilfe schaffen hat erste Priorität. Nur mangelndes Verantwortungsbewusstsein oder pazifistische Ideologien können diese Einsicht behindern.
    Dem Stimmbürger obliegt die Verantwortung Volksvertreter zu wählen, die vorbehaltlos eine verfassungskonforme Landesverteidigung unterstützen. Tests sind alle Abstimmungen im Parlament über politische Fragen zur Landesverteidigung. Auch wer sich „bürgerlich“ nennt, muss diese Voraussetzung erfüllen, ansonsten darf er die Stimme nicht erhalten, des verantwortungsvoll evaluierenden Bürgers.

  6. Kurt Anton Brugger sagt:

    Wenn die russische Armeeführung diese beiden Generäle aD, die den Niedergang der Sowjet-Union und deren Armee hinter sich bringen mussten, heute als konzentrierte 80er (ohne Alzheimer und Parkinson) zuhören, um nötigenfalls mit ihrer Erfahrung strategische und taktische Entscheide zu beeinflussen kann das sicher nicht falsch sein.
    Die Trickkiste dieser grauen Panther scheint jedenfalls die Gegenseite arg in Verlegenheit zu bringen. Nicht nur das, alle machen sie einen ziemlich überforderten Eindruck, samt OSZE, EU, NATO und der Ukraine.
    Sollte diese trickigste aller Machdemonstrationen der Russen, gegen den vereinigten Machtblock des Westens, auch nur teilweise ihrem taktischen Wissen entsprungen sein, wird ihnen der exKGB Of Putin noch einen weiteren Orden an die ohnehin schon reich dekorierte Brust hängen. Beim letzten Hauptverlesen müssen auch sie, die militäischen Ehrungen der Geschichte (oder den Enkeln) überlassen.

  7. Hans Ulrich Suter sagt:

    Man kann vermuten, dass es sich um eine Hindenburg/Ludendorff Doppel-Kombination handelt, ich würde das nicht weiter beachten. Es ist aber sicherlich interessant, dass nicht alle Gesellschaften in Europa dem Jugendlichkeitswahn nachhängen, wie er für Zentraleuropa und früher Nazideutschland typisch ist und war.

  8. Kurt Anton Brugger sagt:

    Wer auch immer diesen zwei grauen Panthern Pate gestanden hat! Erwähnenswert ist sicher, in der Kultur eurasischer Völker stützt sich die Gesellschaft gerne auf ältere Zeitgenossen, die ihre Erfahrungen dort einbringen, wo sie helfen können gute Lösungen voran zu bringen.
    In den USA hat der Jugendlichkeitswahn der 50er und 60er Jahre, in Politik und Wirtschaft ausgedient. Die Dynamik der Jugend birgt Gefahren. Eine ausgewogene Mischung von Dynamik und Erfahrung, Erneuerung und Konstanz ist keine Erfindung der Neuzeit.
    Die fragwürdige Frühpensionierung verdienter, hoher Armeekader, im Rahmen der Reorganisationen der Schweizer Armee, hat sichtbare Spuren hinterlassen. Das Frust-Potential bei ehemaligen Berufsoffizieren ist gross. Von den Politikern und den Medien im besten Fall negativ für die Betroffenen thematisiert. Eine gute Lösung sieht anders aus!

  9. Fritz Kälin sagt:

    Angesichts der Lage in der Ukraine macht es Sinn, ältere Offiziere anzuhören, welche damals mit den ukrainischen Genossen in der selben Armee dienten. Zumal die ukrainischen Streitkräfte seit dem Kalten Krieg weit weniger stark reformiert wurden, als die Russische Armee.

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