Bericht über die Besichtigung der zur Verschrottung bestimmten Spz 63/89

Bericht über die Besichtigung der zur Verschrottung bestimmten Spz 63/89

Eine auf 4 (vier) Teilnehmer limitierte, hoher Vertraulichkeit unterworfene und unter Zeitdruck zusammengestellte Delegation der Gruppe GIARDINO hatte am 18. April 2012 Gelegenheit, die Kavernen von Turtmann zu besichtigen und eine Besprechung mit einer hohen, unter Leitung des CdA stehenden Vertretung der Armee abzuhalten. Die Zusammensetzung der GIARDINO-Delegation litt darunter, dass – stets aus beruflichen Gründen – kein aktiver Einheits- oder Truppenkörperkommandant teilnehmen konnte.

  1. GIARDINO weiss das Angebot der Armeeleitung zu einer direkten Aussprache im Rahmen eines Augenscheines vor Ort in der Kaverne Turtmann sehr zu schätzen. Die Begegnung fand in offener und vom gegenseitigen Respekt geprägten Atmosphäre statt. Die Teilnehmer haben den Dialog damit intensiviert und wollen dies auch in Zukunft so tun.
  2. Die Armeeleitung räumt ein, dass in der Vergangenheit Fehler in der Kommunikation, insbesondere im Zusammenhang mit der Verschrottung der Schützenpanzer 63/89 gemacht worden sind.
  3. Die Vertreter der Armee halten fest, dass aus finanziellen und logistischen Gründen eine Verwendung der Spz 63/89 als Ergänzung der bei den Infanterie-Verbänden fehlenden “Geschützten Mannschafts-Transport-Fahrzeuge “(GMTF) nicht möglich ist. Eine Verwendung in den Mechanisierten Verbänden wurde infolge ungenügender Geschwindigkeit, Schutz und Feuerkraft  nicht in Erwägung gezogen. [GIARDINO bleibt hier anderer Meinung]
  4. Der CdA weist darauf hin, dass bei einer Verwendung dieser – aus Sicht der Armee – heute nicht mehr den Anforderungen genügenden Fahrzeuge, die Beschaffung weiterer GMTF finanzpolitisch nicht durchgesetzt werden kann.
  5. GIARDINO hält diese Argumente auch nach der Diskussion für nicht stichhaltig und beurteilt die Verschrottung dieses Waffensystems weiterhin für eine gravierende Fehlentscheidung. GIARDINO nimmt zur Kenntnis, dass sich die Armeeleitung der Konsequenzen bewusst ist.
  6. GIARDINO nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die Armeeleitung heute anders entscheiden würde, wundert sich aber, dass eine Umkehr nicht mehr möglich sein soll.
  7. Um kein Präjudiz zu schaffen wird die Armeeleitung erst dann wieder über die Ausserdienststellung von Fahrzeugen [warum nur Fahrzeuge?] entscheiden, wenn die anstehenden politischen Entscheide bezüglich Weiterentwicklung der Armee bzw. deren Finanzierung und Umfang gefallen sind.
  8. Die Verschrottung ist Ende November 2012 abgeschlossen. Sollte vor diesem Ultimo – nach einer Beurteilung der Lage – ein Szenario eintreten, welches den Einsatz dieses Waffensystems notwendig macht, wird die Armeeleitung nicht zögern, die Spz 63/89 einzusetzen.
  9. Die Armeeleitung weist darauf hin, dass noch 371 Fahrzeuge aus der Familie M-113 in der Armee eingeteilt bleiben.
  10. Die heute vorhandenen Lücken in der Ausrüstung der Infanterie-Verbände wird in 2 Tranchen [bis 2018!] mit 220 und 70 GMTF im Rahmen des bewilligten Rüstungsprogrammes verringert, aber nicht geschlossen. Von den 20 Infanteriebataillonen können somit auch nach der Beschaffung mehrere Bataillone nicht mit ausreichend geschützten Fahrzeugen ausgerüstet werden. Die Armeeleitung legt dar, dass sie, je nach Weiterentwicklung der Armee weitere 100 bis 200 Stück dieser neuen GMTF bekommen müsste, um die erwähnten Lücken schliessen zu können. GIARDINO erklärt sich bereit, diese Beschaffung zu unterstützen und zu diesem Zwecke v.a. gegenüber dem Eidg. Parlament aktiv zu werden.
  11. Die Armeeleitung hält der Gruppe GIARDINO zugut, dass sie durch deren Interventionen bezüglich Ausserdienststellung von Waffensystemen sensiblisiert worden ist und deshalb beschlossen hat, BISON und Fest Mw 12cm in den sog. “Hüte-Zustand” zu versetzen. GIARDINO wird die weitere Entwicklung sorgsam beobachten.
  12. Dieser Bericht ist von der Armeeleitung gegengelesen worden. Die von der Armeeführung eingebrachten Korrekturvorschläge sind weitgehend berücksichtigt.

Teilnehmer:
Vonseiten Armee:

  • KKdt André Blattmann, CdA
  • Div Jean-Jacques Chevalley, Berater C VBS
  • Div Daniel Baumgartner, C LBA
  • Br Hans-Peter Walser, C A Plan
  • Hr. Jean-Pierre Boudin, C ALC Grolley
  • Hr. Jean-Philipp Seydoux, C lh ALC Grolley

Vonseiten GIARDINO:

  • Hermann Suter, Präsident
  • Hans Schmid, Stabsmitglied (Pz Spezialist)
  • Peter Boesch, Berater Stab (Pz Spezialist)
  • Hans A. Kurmann, Stabsmitglied (Fotograph)

Der Präsident der Gruppe GIARDINO prüft die Fahrtüchtigkeit des bald vernichteten Spz 63/89

 

Kommentare: 10

  1. Y. Blau sagt:

    Es ist zu hoffen, dass das Umdenken noch ein wenig weiter geht und endlich die Mittel gesprochen werden, welche die Armee in den Stand versetzt wieder ihren primären Auftrag zu erfüllen.

  2. Knutti Walter sagt:

    Der CdA ist nicht zu beneiden! Er hat aber mit der Aussage recht, dass in diesem Lande keine Neubeschaffung von neuen GMTF möglich wäre, solange man einsatzfähige, wenn auch mit Mängeln aus Sicht VBS behaftete, Spz 63/89 im täglichen Einsatz stehen hat. Wir müssen damit leben, dass in der Schweiz mit seinem Parlament, Beschaffungen des VBS immer zu einem Zankapfel werden. Die Interessen in der Schweiz sind zu verschieden, die persönlichen Widerwahlkriterien verhindern, dass sich das Parlament für die Sicherheit seiner Bevölkerung, solange es um die Armee geht, überhaupt bewegt. Im Bundesrat ist das Problem noch akzentuierter, hier gibt es ein Departement gegen 6, und dabei ist die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs des Chefs VBS zum Vornherein eine fast unmögliche Aufgabe. Die Zeiten eines reinen FDP Bundesrates aus lauter Männern ist schon sehr lange vorbei. (Ob es damals aber für den Chef EMD einfacher war, ist mir nicht bekannt) – AHV, IV, Spitalwesen, Asylwesen, Entwicklungshilfe, Strassenbau, Eisenbahnausbau, Schulwesen, Umweltschutz usw. usw. sind politisch einträglicher als das Thema Armee. Es ist wohl eine sehr, sehr alte Tradition in diesem Lande, dass man erst zusammensteht, wenn das Feuer brennt. Trotzdem ist die Schweiz ein Erfolgsmodell auf das wir stolz sein dürfen. Es bleibt uns somit nichts Anderes übrig, als zusammen mit der Armeespitze und dem Chef VBS für eine glaubwürdige Armee zu “kämpfen”, wissend, dass wir nur mit kleinen Schritten und mit viel Gelassenheit vielleicht eines Tages zum Ziele kommen.

    • Hans Ulrich Suter sagt:

      Es stimmt natürlich, dass die Situation von Maurer und Blattmann sehr schwierig ist (und ein “Eissenfresser” niemals in diese Positionen gelangen würde), ich denke auch was Maurer mit dem Gripenentscheid erreicht hat ist unter diesen Umständen sensationell. Ich glaube aber nicht dass irgendeine Beschaffung vor dem Volk wirklich ein Problem darstellen würde. Die Akzeptanz von Geldern im Asylbereich dürfte hingegen extrem klein sein. Langfristig wird beim Volk und den Politikern die veränderte politische Lage ankommen, bei den Politikern später, die einen Wiederaufbau der Armee erzwingt, die Frage ist einfach, ob das rechtzeitig geschieht. Gelassenheit ist insofern sinnvoll, da die meisten hier ihren Beitrag (zum weltweiten Frieden…) geleistet haben und wie die Leistungen der jetzigen Generation beurteilt werden kann man dann schauen. Denn nicht nur die Armee scheint schlecht ausgerüstet zu sein, es gibt auch in all den von Ihnen erwähnten “Renommiergebiete” riesige Probleme, die auch bekannt sind: IV mit Betrugsraten im 2stelligen Prozentbereich, Schulen mit im internaitonalen Vergleich schlechten Erfolgen (das ist noch nicht wirjklich Allgemeinwissen), Finanzprobleme im Gesundheitswesen, das Misslingen der “Für Güter die Bahn”-Strategie im Verkehrsbereich. Die nicht erwähnte Aussenpolitik ist ein Witz und hängt wohl mit der ungenügenden Verteidigungsfähigkeit, bei der die Armee ein Teil ist, zusammen. Ein Wiederaufbau der Armee ist sogar in meinen Augen das politisch einfachst zu lösende Problem…..

  3. Michael sagt:

    Ich finde es super, dass sich Giardino so stark für die Armee einsetzt.
    Was ich aber nicht glauben kann ist die in der Überschrift erwähnte Aussage: “Die Zusammensetzung der GIARDINO-Delegation litt darunter, dass – stets aus beruflichen Gründen – kein aktiver Einheits- oder Truppenkörperkommandant teilnehmen konnte.”
    1. falls dies wirklich so ist, so sollte jedem Kdt das Kommando entzogen werden!
    2. vielmehr glaube ich jedoch, dass man sich als aktiver Kommandant nicht mit der Armeespitze anlegen möchte.
    Gruss

    • Hans Schmid sagt:

      Diese Vermutung kommt der Wahrheit sehr nahe, trotzdem trifft der Einschub “aus beruflichen Gründen” zu!

    • Michael sagt:

      Giardino hat viele aktive Kommandanten und Offizieren als Mitglieder. Wenn man halt nicht angefragt wird…..

    • Giardino Nof sagt:

      Das war unser Dilemma. Wir haben dem VBS strickte Vertraulichkeit zugesagt und standen zudem unter Zeitdruck. Da konnten wir nicht alle bei uns verzeichneten (Pz) Kdt anfragen.

  4. Kaufmann Gotthard sagt:

    Gratulation dem Stab Giardino, dass dieser von der Armeeleitung wahrgenommen und empfangen wurde,dass,die Bisons und die Fest Mw erhalten
    bleiben,ist ein bedeutender Teilerfolg.
    Dass jedoch die Armeeleitung betr. Spz 63/89,(auf der ganzen Welt immer noch im Einsatz) immer noch nicht über den Schatten springen kann, ist sehr bedenklich! (heute würde man anders enscheiden!)
    Das Argument,das bisherige Material zu vernichten,um dann leichter Neues zu erhalten,ist Blödsinn im Quadrat und eine der Fehlkonstruktionen
    de gescheiterten Armee 21.
    Gruss GK

  5. Hans Ulrich Suter sagt:

    Es scheint doch ein gewisses, wenn auch langsames Umdenken stattzufinden. Die Nachricht über die Festungsminenwerfer ist fast zu gut um wahr zu sein…..

  6. Gotthard Frick, z. Zt. Beijing sagt:

    Aus Griechenland erschallt der Ruf:
    BRAVO GIARDINO!
    Wer sich für meine Beiträge auf meinem Blog interessiert, findet ihn unter
    http://www.vimentis.ch.
    Mein Artikel unter dem Titel:
    “Abschreckungswirkung der Schweizer Armee im II.WK ein Mythos?”, den ich als Antwort auf einen Artikel unter gleichem Titel aber ohne Fragezeichen eines Herrn Lohmann schrieb, wurde schon 263 mal gelesen. Für diese kleine Webpage nicht schlecht.
    Mit freundlichen Grüssen Gotthard Frick

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