Bundesverfassung und Milizprinzip: Neue Erkenntnisse

Bundesverfassung und Milizprinzip: Neue Erkenntnisse

Wir haben am 22. Juli auf das Buch (Prädikat “summa cum laude“) “Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Milizprinzips der Schweizer Armee” von Herrn Gerhard M. Saladin hingewiesen. Nun lesen wir Zeilen, die uns – einmal mehr – in unserer Annahme bestätigen (Seite 436):

“Das Grundmodell [der Weiterentwicklung der Armee] geht den Weg, den schon die Armee XXI und der Entwicklungsschritt 2008/11 vorgespurt haben, konsequent weiter und führt damit eindeutig weiter weg vom Milizprinzip.
Die Eckwerte für die Weiterentwicklung der Armee gehen mit ihrer Bestandesreduktion bei gleichzeitiger Verlagerung des Aufgabenschwerpunktes hin zu Unterstützungsleitstungen in die genau falsche Richtung. Von den Wesenselementen, von denen schon in der heutigen Armee abgewichen wird, wird noch mehr abgewichen. Die ausdrückliche Vorgabe des Bundesrates, am Milizprinzip und der Wehrpflicht festzuhalten, wird zur Leerformel bzw. zum Widerspruch. Die vom selben Bundesrat vorgegebenen Eckwerte für die Weiterentwicklung der Armee weichen vom Milizprinzip weiter als bisher und mittlerweile massiv ab und führen weg von der Wehrpflicht hin zur Hilfeleistungspflicht an zivile Behörden.
(…) Die Weiterentwicklung der Armee birgt damit die Gefahr in sich, je nach konkreter Detailumsetzung verfassungswidrig zu werden. Die im Armeebericht 2010 und im Zusatzbericht zum Armeebericht 2010 vorgesehene praktische Umsetzung geht genau in diese falsche Richtung, da wehrpflichtige Milizsoldaten zwangsweise für Einsätze vorgesehen und eingesetzt werden, die vom Inhalt der Wehrpflicht abweichen. (…)
Die Entwicklung der Schweizer Armee zeigt seit der Ablösung der Armee 61 trotz immer wieder gegenteiliger Rhetorik des Bundesrates und des Parlaments eine klare und starke Tendenz, mit der Organisation der Armee immer mehr vom klassischen Milizprinzip abzuweichen. Das Milizprinzip ist mehr Mythos als Wirklichkeit.”

Quelle: cmva-abegglen.blogspot.ch

 

Kommentare: 7

  1. M. E. sagt:

    Guten Morgen Giardino…!
    BEDENKLICH… BEDENKLICH… aber es muss uns nicht erstaunen, das ist leider die heutige schweizer Realität, nicht nur bei der Armee. Ich habe seit über 33 Jahren die Ehre und auch das manchmal eher fragwürdig gewordene Vergnügen, bei einem sog. “bundesnahen” Betrieb zu arbeiten. Was man bei uns in den letzten ungf. 15-20 Jahren dort erlebt hat, passt auf keine Kuhhaut. Was oben sein sollte ist unten, und was sinngemäss unten sein sollte ist oben. Wie zum Teufel wollen Sie liebe Kameraden u. Mitstreiter, dass irgend etwas in einer solchen Upside Down Gesellschaft funktionieren sollte…?!
    Was wir gegenwärtig erleben ist ein Abspann, ein Sonnenuntergang. Genau wie vor fast hundert Jahren, sage ich heute mit den berühmt gewordenen Worten eines schon längst verblichenen Britischen Aussenministers: – “Die Lichter gehen aus in Europa, und keiner von uns wird Sie jemals wieder leuchten sehen…!”
    Lässt sich diesmal, ein Jahrhundert später, dieser Trend umkehren…? wenig wahrscheinlich. Zivilisationen u. Gesellschaftsordnungen sind sterblich meine Damen und Herren, vergesst das nicht.

  2. Franz Betschon sagt:

    Geschätzte Freunde,
    geht doch endlich vom Sachverhalt aus, dass es hinter der ganzen VBS-Geschichte eine “Hidden Agenda” gibt, ein geheimes Drehbuch also, das vonm Gesamtbundesrat gestützt wird. Der Gesamtbundesrat minimiert damit den Ärger, den er sonst schon hat. Wen interessieren hier schon Verfassungsbrüche ausser Giardino? Mit den realen ca. 3 Milliarden CHF, die das VBS wirklich kostet, können wenigstens über 10’000 Arbeitsplätze gesichert werden und ein bestimmter Bevölkerungsteil zum Stillschweigen gebracht werden (9000 MA im VBS, einige hundert bei Gotthard Schnyder AG in Emmen und noch viele mehr bei Unterauftragnehmern, die sich rund um die Logistikbasis der Armee in Stellung gebracht haben). Ausserdem fliessen ja von den bewilligten Geldern ohnehin immer wieder jährlich einige 100 Millionen CHF ungebraucht in die allgemeine Bundeskasse zurück und wahrscheinlich erheblich mehr über die Verwertung von Armeematerial, Liegenschaften und Kampfunterständen. Also, was soll’s?
    In Deutschland nähert sich der sogemannte “Eurohawk-Skandal” dem Höhepunkt: 668 Mio Euro verschleudert und der Sitz des Ministers De Maizières in Gefahr. Bei uns gab es das zunm letzten mal im Zusammenhang mit der Mirage-Beschaffung: Ca. 330 Millionen CHF Kostenüberschreitungen, dafür sprangen der Kommandant der Fliegertruppe, der Generalstanschef und der Chf EMD über die Klinge. Deutschland könnte vom VBS ruhig auch einmal etwas lernen, nämlich wie man heute Milliardenbeträge (FIS HE, andere Informatikprojekte etc. ) versickern lässt ohne dass jemand (ausser Giardino) Fragen stellt.

  3. Johannes Fischer sagt:

    In der NZZ vom 23. Juli 2013 konnte Frau Magdalena Martullo-Blocher, Mehrheitsaktionärin und CEO der EMS-Gruppe, in einem ganzseitigen Artikel sich zu aktuellen Fragen aus Wirtschaft und Politik unter dem Titel “Einfach weiterwursteln hat keine Zukunft!” äussern. Der Artikel weist bemerkenswerte Aussagen auf, wie z.B. “Für Schweizer Unternehmer ist die derzeitige Weltlage höchst kritisch. Entsprechend sollte die Politik sie entlasten”; denn der Industriestandort Schweiz werde auch in Zukunft weiter einem massiven Druck standhalten müssen.
    Der Bundesrat habe verschiedene “Verhandlungen” mit anderen Staaten und der EU geführt. Wo sind hier die Gegenleistungen für die Schweiz? “Der vorauseilende Gehorsam der Bundesregierung allein verschafft uns keine Vorteile” und “Ich frage mich, wo sind die innovativen politischen Führungspersönlichkeiten der Schweiz?”.
    Diese Bemerkungen weisen auf Anpassertum und Orientierungslosigkeit in der Aussen- und Wirtschafts-Politik hin. Gleiches gilt für alle anderen Bereiche der eidgenössischen Politik, wo je länger je mehr nach gleichem Muster operiert wird. Denn nicht nur eine das Land gefährdende Aussen- und Wirtschaftspolitik ist zu verzeichnen, sondern z.B. auch die durch Bundesrat und Parlament verfolgte Sicherheitspolitik, die die Vorgaben der Bundesverfassung ignoriert. Man nehme die obigen 3 Beiträge zur Kenntnis. Ergänzend sei auf die manipulativ falsche Darstellung und die leeren Versprechungen hingewiesen, die man im Vorfeld zur Abstimmungen über die Armee XXI seitens Bundesrat, Parlament, Parteien und Verbänden vernehmen durfte. Alles Schall und Rauch.
    Ein Letztes: So, wie vorwiegend der Bundesrat und seine Verwaltungen, teilweise auch das Parlament im wahren Sinne des Wortes “hinter dem Rücken des Volkes” Massnahmen treffen, so werden Vorlagen, die dem Parlament und in einigen Fällen dem Volk zur Genehmigung vorgelegt werden, vorsätzlich im Sinne der Desinformation mit Angaben “frisiert”, die nicht den Tatsachen entsprechen. Das Handeln nach Treu und Glauben, in der Bundesverfassung festgelegt, findet nicht statt. Man lasse nur einmal Revue passieren, was in den verschiedensten wichtigen Bereichen im Staat nicht mehr im Lot ist und keine Anstrengungen unternommen werden, Korrekturen anzubringen. Dafür befasst man sich im Hinblick auf Wiederwahl populistisch mit Nebensächlichkeiten (z.B. Ansiedlung von Wolf und Bär)
    Wie lange wird es noch dauern, bis wir erwachen? “Worauf warten wir denn?” fragt Frau Martullo-Blocher am Schluss ihres Artikels. Recht hat sie, denn die Zeit kann uns davon laufen.

  4. Willy P. Stelzer sagt:

    Johannes Fischer hat eine vorzügliche Lage-Analyse vorgenommen. Es ist unverständlich, dass sich das Parlament, welches ein Armee-Budget von CHF 5 Milliarden und eine Truppenstärke von 100’000 Mann beschlossen, nicht durchsetzt. Dass diese 100’000 Mann für den durch die Verfassung erteilten Auftrag (BV Art. 58) nicht genügen, ist klar. Die geplante WEA (Weiter Entwicklung Armee) wird der Zustand verschärft. Die WEA ist konsequent, ohne Wenn und Aber, abzulehnen. Worauf warten wir? Die Armee, im jetzigen Zustand, kann ihren verfassungsmässigen Auftrag nicht erfüllen. Es ist nicht mehr fünf vor Zwölf – es hat zwölf Uhr geschlagen.

  5. Kaufmann Gotthard sagt:

    Mein Vorschlag zur WEA, die neue Armee besteht aus:
    104 Panzergrenadierbatallionen mit je 1095 Mann ergibt:113880 Mann Kampftruppen,4160 Spz 2000,1456 Pz Leo,1248 Mw Pz,1456 Aufkl Fz, Kdo Spz,Rdspz etc.
    diese Batallione auf und zugeteilt, verteilt an die Kantone, Mannschaften aus diesen Kantonen, pro Kanton je nach Grösse 2-6 Bat., unterstellt 4 Brigadestäben, West,Zentral,Ost und Südschweiz, ein Armeekdostab.,also insgesamt 4 Brigadekdt, 1 General dazu ein erheblich red.VBS max.2500 Mann.
    Dazu die entsprechenden Unterstützungstruppen Art, Flab usw.,Logistik,eine Fliegertruppe mit 50 Kampfflugzeugen 20 Kampfheli, 30 Heli Transport.
    Also insgesamt eine Armee von ca. 285000 Mann. Aus den heutigen noch vorhandenen Beständen auf-, ausgebaut, schrittweise entwickelt,nach einem klaren Konzept,
    eine Verteidigungsarmee, welche auch alle anderen Aufgaben erfüllen könnte.(Katastrophenhilfe usw.)
    Das wäre eine glaubwürdige Schweizerarmee, praktisch von keinem Staat mehr angreifbar, weil mit zu hohen Verlusten zu rechnen wäre.(politisch nicht mehr mögl)
    Die Schweiz würde an Ansehen und Prestige in der ganzen Welt gewinnen und dazu wären nur noch einige zZ. wurstelnde Bundespolitiker zu ersetzen.

  6. Hans Ulrich Suter sagt:

    Ein Milizsystem kann nur bedeuten, dass jeder und jede im Rahmen seiner Möglichkeiten Dienst tut (übrigens auch die Ausländer). Daher ist auch jede Diskussion in der Zahlen und Anzahl Soldaten erwähnt werden gegen die Milizarmee gerichtet. Wenn von der Schulpflege die Anzahl Klassen vorgeplant werden, können die auch nicht sagen wir in Hinterflüe haben genau 100 Primarschüler, also brauchen wir genau 5 Lehrer, sondern man richtet sich nach der Anzahl schulpflichtiger Kinder. Die Milizsoldaten, ergo alle Arbeitsfähigen im Alter 18-65 sind auszurüsten und einzuteilen (Die Zielgrösse der Armee kann man dann aus der Einwohnerstatistik ablesen). Danach hat man die anderen Einheiten bedrohungsgemäss zu organisiern und auszurüsten (das kann dann auch Berufsarmeeteile haben und sollte natürlich auf dem schon vorhanden grossen Potential and Soldaten aufbauen). Und da die Schweiz in der Mitte von Europa und nicht am Hindukusch liegt befürchte ich, dass man auch einiges an modernem Material braucht, zumindestens so viel um unsere ewigen Freunde, wie Deutschland, Frankreich, Gessler-Country Oesterreich, um uns herum abzuschrecken.

  7. Hans Ulrich Suter sagt:

    Noch eine Ergänzung: Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass die jetzige Handlungsweise des BR, die viele wahrscheinlich mit Landesverrat gleichsetzen (ich habe nicht die Kompetenz das zu beurteilen, aber melde mich vorsorglich schon mal freiwillig für allfällige Exekutionskommandos (war auch im richtigen Regiment!)) auf einer “hidden agenda” oder auf einem ominösen Plan basiert. Da fehlt es eindeutig an strategischer Intelligenz, sondern es handelt sich um Dummheit und Zwangsvorstellungen der beteilligten Behördenmitglieder, das ist häufig der Fall und war auch schon so um 1920-1944, oder vor 1798, 1870, usw. usf.

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