«Der totale Widerstand» – Terror-Rezepte für jedermann
Der Berner Major Hans von Dach verfasste 1957 das Buch «Der totale Widerstand», um die Schweiz auf eine sowjetischeInvasion vorzubereiten. Von der Armeeführung geringgeschätzt, avancierte es weltweit zu einer «Bibel» für Terroristen. […]
Die offizielle Schweiz habe sich von diesem Handbuch distanzieren wollen, weil der darin postulierte Widerstandskampf von Zivilisten gegen eine Besatzungsmacht das Völkerrecht verletze, wird allenthalben als Begründung ins Feld geführt. Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Wichtige Exponenten der Armee sahen im Partisanenkampf – wie von Stahel angedeutet – einen vernachlässigbaren Aspekt der Gesamtverteidigung. Innerhalb der Armee sei man geteilter Meinung über Nutzen und Nachteil solcher Widerstandsformen gewesen, so erinnern sich mehrere ehemals hochrangige Militärangehörige im Gespräch. Über von Dachs Handbuch sei zwar diskutiert worden, und es sei in die Übungen kleiner Truppenverbände eingeflossen, auf die operative Doktrin der Armee habe es aber keinen Einfluss gehabt. Vielmehr träumten die hiesigen Strategen im Kalten Krieg von einer Grossmacht-Armee im Taschenformat – mit Kampfflugzeugen, Panzer- und mechanisierten Einheiten, die auch über Nuklearwaffen verfügen sollten. Ausdruck dieses Denkens wehreifriger Eidgenossen war der Kauf der Mirage-Kampfflugzeuge, der Mitte der sechziger Jahre in einem finanziellen und politischen Desaster endete. […]
Die Armeeführung habe von Dach nicht ernst genommen, kritisiert Stahel: «Die Nomenklatura hat ihn an den Rand gedrängt, statt seine Überlegungen in die allgemeine Armeestrategie einfliessen zu lassen.» Tatsächlich wurde 1974 eine geplante Veröffentlichung seiner bei Offizieren äusserst beliebten Guerilla-Fibel als reguläres Reglement verhindert – vom damaligen Generalstabschef höchstpersönlich. Eine bereits gedruckte Probeauflage liess man wieder einstampfen.
Beitrag auf NZZ.ch
Kommentare: 9
Das ist nun etwa der fünfte ähnliche Zeitungsartikel über das Buch „Der totale Widerstand“ von Major den ich lese. Es scheint, dass da einige Journalisten einander
willig abschreiben. Sommerloch, oder wahrscheinlicher, um der Armee und (damaligem) Widerstandswillen ein schlechtes Mäntelchen umzuhängen? Es sind denn auch vor allem linkslastige oder sonst willige Journalisten die im 2. Weltkrieg und im Kalten Krieg noch gierig an der Schoppenflasche sogen (siehe Bergier-Bericht), aber trotzdem alles viel besser wissen. Sie kennen gewisse ihnen passende Aspekte nur vom Hörensagen, interpretieren aus heutiger, ihnen passender Sicht. Sie blenden die damaligen akuten Bedrohungen und die gefährliche Situation gezielt aus. Zum Beispiel Kalter Krieg: 30`000 sowjetische Panzer standen bereit zum Überfall Europas. Nun, Major von Dach war ein echter Patriot. Er stand, im Gegensatz zum heutigen Zeitgeist gewisser billiger Ausverkäufer, mit grossem persönlichem Engagement zu seinem Land. Er hat die militärischen Erfahrungen und Lehren aus dem 2. Weltkrieg sorgfältig mit viel persönlichem Aufwand in seine Lehrschriften eingearbeitet. Sie treffen in gewisser Weise auch heute noch zu, selbst wenn gewisse Gegebenheiten natürlich etwas überholt sind. All seine Schriften, die Gefechtstechniken usw. die u.a. die Firma SAI, Loowiesenstr. 59, 8106 Regensdorf-Adlikon, vertreibt, sind trotz ihrem Alter immer noch durchaus zutreffend und lesenswert.
Für Truppenkommandanten gehörten die Bücher von von Dach schon ins Privatarchiv und, wie angedeutet, wurden sie für das Anlegen von Übungen auf tieferer Strufe (bis max. Kompanie) auch beigezogen. Natürlich gehörte es für das damalige EMD (heute VBS)auch in die Kathegorie „Not invented here“, aber immerhin gab es damals auch das Soldatenbuch, das für jeden AdA wertvolle Hinweise enthielt.
Die hier verunglimpften „hiesigen Strategen“ können immerhin im Nachhinein beweisen, dass sie damals den richtigen Krieg vorbereitet hatten. Für die zweite Stufe gab es dann auch noch die P-26, „erfunden“ und in die Realität (!) umgesetzt von denselben „Strategen“ (Matter: „P-26 – die Geheimarmee,die keine war, hier + jetzt 2012, ISBN 978-3-03919-247-2). Hobby-Strategen belieben heute noch die damaige Armee als „Giossmacht-Armee im Taschenformat“ zu verunglimpfen und die Miragebeschaffung hat weiterhin ein Skandal gewesen zu sein. Wie wir im Buch „Mut zur Kursänderung“ angedeutet haben, war die Miragebeschaffung die erfolgreichste Flugzeugbeschaffung aller Zeiten. Damals hatte man den Mut zu einer PUK wegen einem viel kleineren Fehlbetrag als etwa heute bei der „Beschaffung“ z.B von FIS HE. Die Folge war ein stringentes Projektmanagementsystem, das später in vielen Grossprojekten ebenso erfolgreich war und heute beim alten Eisen ist. Ich bin gerne bereit, nochmals zu zeigen, dass die Miragebeschaffung militärisch und industriell erfolgreich war.
Von Dach wurde ernst genommen, aber darauf gleich eine Doktrin für die Kampfführung einer ganzen Armee aufzubauen, wäre am damaligen (und heutigen) Problem vorbeigegangen. Das genannte Giardinobuch weist auf das heutige Kriegsbild hin, bei dem von Dach ebenfalls keinen Platz auf oberster Ebene hätte. Der Krieg der Zukunft gestattet keinen „free lunch“ (Gratis Mittagessen). Er muss nicht nur von Strategen sondern in Zusammenarbeit auch von sorgfältigen operativen Denkern und Taktikern neu konzipiert werden, nachdem das selbständige Denken nach dem Ende des ersten Kalten Kriegers abhanden gekommen ist.
Diejenigen, die den Widerstand der Bevölkerung gegen eine Beatzungsgsarmee als unnütz betrachten, lesen offenbar keine Zeitungen und haben nie Kriegsgeschichte studiert. Natürlich gewinnen Partisanen keine Feldschlachten gegen eine Panzerarmee, aber sie binden enorme Kräfte des Feindes und helfen so immens der regulären Armee im Abwehrkampf. Erinnert sich denn niemand, wieviele Divisionen Hitler in Frankreich und Norwegen, nach deren Eroberung belassen musste, die dann an der Ostfrobt fehlten. Oder in der neueren Geschichte musste die riesige rote Armee in Afghanistan wegen denRebellen das Land verlassen und auch der modernsten amerikanischen Armee ist es nicht gelungen Afghanistan wirklich zu beherrschen. Gerade die Schweiz, mit ihrem günstigen Abwehr – Gelände müsste doch, neben einer schlagkräftigen, modernen Armee, auch den zivilen Widerstand fördern.
Max Salm
Ist oben im Einführungstext irgendwie ein Verschreiber, haben mich meine Augen im Stich gelassen, oder bin ich „vom Aff gebissen“? Da steht doch „…weil der darin postulierte Widerstandskampf von Zivilisten gegen eine BESATZUNGSMACHT das Völkerrecht verletze,…“
Wenn der Widerstandskampf gegen eine BESATZUNGSMACHT, egal, ob von Zivilisten und/oder AdA ausgeführt, das Völkerrecht verletzt, dann heisst dies im Umkehrschluss, das jedwede fremde Macht irgendein Land BESETZEN kann, und dies somit in absolutem Einklang mit dem Völkerrecht ist.(?) Auch Zivilisten haben grundsätzlich das Recht ihr Land zu verteidigen.
Ob deren Einsatz erfolgversprechend sein kann, ist dann eine andere Frage. War denn damals die franz. Résistance völkerrechtswidrig? Ich hoffe, dass ich also etwas falsch gelesen oder falsch verstanden habe, denn sonst würde ein solcher Blödsinn wahrscheinlich Eingang in die Geschichtsbücher finden.
Der Artikel stimmt im Subtext das altbekannte Lied an: der Kommunismus war gar nicht so gefährlich, ‚weil er uns ja nie angegriffen hat‘. Parallel dazu werden all diejenigen lächerlich gemacht, die tatsächlich einen Beitrag dazu geleistet haben, dass diese Ideologie nicht noch mehr Völker verschlungen hat. Hier von „Paranoia“ zu sprechen grenzt an Hohn gegenüber den Opfern des Kommunismus, insbesondere jenen von 1956 und 1968. Die kommunistischen Regimes hatten eine nicht minder ausgeprägte Angst vor ‚Subversion‘ als die Landesverteidiger im Westen. Nur baute die Landesverteidigung im Osten nicht auf „der Kraft des Herzens“ auf (vgl. Einleitung bei von Dach), sondern auf Mitläufern, Spitzeln, Drohung, Repression, staatlichen Terror, Lagerhaft, Atheismus etc.
Dass nicht alles im Westen rechtfertigbar oder harmlos war, ist klar. Wenn wir uns an die Fichenaffäre erinnern, sollten wir auch an die hochaktuelle NSA-Thematik denken… zwischen Paranoia, staatlicher Kontrollwut und ehrlicher Sorge um Demokratie und Freiheit sind die Grenzen fliessend.
Zurück in den Kalten Krieg, den ich derzeit erforsche: Der (militärische und der zivile) Widerstand war in der Gesamtverteidigungskonzeption von 1973 explizit aufgeführt, aber nur als ultima ratio, um die Dissuasionskulisse zu vervollständigen. So wie der Zivilschutz das physische Überleben der Nation ermöglichen sollte, hätte der Widerstand im feindbesetzten Gebiet (zusammen mit dem stark befestigten Alpenraum) dem politischen Überleben der Schweizerischen Demokratie gedient.
Dass die Schweizer Armee nur in begrenztem Masse den asymmetrischen Kampf übte, lag nicht einfach daran, dass ihre Generäle gerne ‚den grossen Krieg spielten‘. Es bestand ein ehrliches Bestreben, die Schweiz auch aus dem nächsten Krieg herauszuhalten. Zudem erlauben die knappen Ausbildungszeiten einer Milizarmee es ihr kaum, zwei sehr unterschiedliche Kampfformen zu üben. Ausserdem war sich die militärische und politische Führung voll bewusst, mit welchen Opfern ein Widerstandskampf verbunden wäre. Von Dach betont ja selber in seiner Schrift, dass man den Widerstand nicht propagieren dürfe, ohne seine blutigen Konsequenzen offen auszusprechen. Wer sich diese nicht selber vorstellen kann, werfe einen Blick auf die sowjetische Aufstandsbekämpfung in Afghanistan in den 1980ern…
Wem diese Überlegungen unheimlich sind, den wird es vielleicht im nachhinein beruhigen zu erfahren, dass die militärischen und erst recht die zivilen Landesverteidiger sich relativ wenig bis fast gar nicht auf den Widerstandskampf vorbereiteten. Besonders wenn man die Aktivitäten in diesem Bereich vergleicht mit der Akribie, mit der man den konventionellen Abwehrkampf, die Landesversorgung, den Zivilschutz und den Staatsschutz für den schlimmstmöglichen Kriegsfall vorbereitete. Dabei ging es nicht einfach um ‚arrogante Vernachlässigung‘ des Widerstandes oder um Rücksicht auf das ‚Völkerrecht’*. Vielmehr hatte man eine realistische Einschätzung der Chancen und Gefahren des Widerstandes und verliess sich aus Rücksichtnahme auf das eigene Volk nicht primär auf diese ‚billige‘ Form des Kampfes.
*Pescio Guido empört sich oben zu recht!
Dass die Armeeleitung trotz allen Unbehagens die P-26 ins Leben rief, könnte nicht nur mit ‚Antikommunismus‘ zu tun haben. Es könnte auch um staatliche Kontrolle gegangen sein. Eine vom Staat selber vorbereitete Widerstandsorganisation bedeutet nämlich, dass die in Friedenszeiten legitim gewählte politische Regierung und die Armeeleitung ihre Führung/Kontrolle/Legitimität auch in feindbesetzten Gebieten aufrecht erhalten könnten. Damit wäre ’selbsternannten Landesbefreiern‘ (wie z.B. de Gaulle 1940) vorgebeugt. Aber dies ist nur eine Vermutung meinerseits. Hoffentlich wird die im Entstehen begriffene Doktorarbeit über die P-26 möglichst viele der Fragen und Mythen zu dieser Thematik durch Fakten ersetzen können.
Danke für den Hinweis, muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das Buch nicht kannte. Das Schlechtmachen von nur schon literarisch-theoretischen Versuchen, so etwas wie Widerstand anzureissen hat natürlich Tradition. Auch das Soldatenbuch von Bachmann wurde immer runtergemacht. Das habe ich übrigens als Soldat (RS205/84) gar nie zu sehen gekriegt, ich hatte es allerdings schon weit vor meiner RS in den Unterlagen meines Vaters gefunden und x-mal durchgelesen. Es war aber damals schon extrem veraltet. Ich würde es aber als Anregung empfinden, wenn solche Schriften (von mir aus auch in Comic-Form, wie bei der US Army…) den Weg zum gewöhnlichen Soldaten finden würden. Dass Hauptleute das durchlesen mag zwar für sie interessant sein, aber ist ja irgendwie nicht zielführend, wenn sie es nicht in die Ausbilduing hineintragen dürfen. Irgendwie wäre man ja im Ernstfall relativ schnell auf sich alleine gestellt. Wir haben als Infanterist damit gerechnet, dass wir etwa 2 Tage an „richtigen“ Operationen teilnehmen müssten und danach selbstständig Krieg führen würden, resp. tot oder gefangen wären. Ich zumindestens und ich denke auch andere die sich die Situation überlegt haben, waren da sehr Illusionslos.
Gehört eigentlich nicht hierhin, aber natürlich ist Widerstand oder Partisanenkrieg völkerrechtswidrig. Die Vergasung von Juden, aber zum Beispiel, wäre Völkerrechtskonform (Vertrag zwischen Staaten, z.B. Hitler-Deutschland-Mussolini-Italien) und diese dürften sich auch nicht wehren. Ich gebe zu, dass das meine persönliche Auslegung ist, aber es ist der Grund warum ich das Völkerrecht (das ja eigentlich Vertragsrecht ist und sowieso nicht bindend wäre, z.B. wenn es gegen andere Rechte, auch Gewohnheitsrechte verstösst) als solches von der Idee her, ablehne.
Das Gestrüpp von Begriffen über eine Kriegsführung ist in der Tat äusserst verwirrend. Da gibt es das Kriegsvölkerrecht, die Haager Landkriegsordnung, die Genfer Konvention, das Haager Abkommen etc. Alle bei der Auslegung garniert mit Begriffen wie Partisan» (nicht uniformiert) «Terrorist» «Freiheitskämpfer». «Widerstand»
Dazu: «Kombattant» «Nichtkombattant». Weiter: «Kriegserklärung» «Überfall» «Besatzung».
Zuletzt bestimmen immer die Sieger was zu gelten hat und was «recht» ist und Ihr RECHT wird in der Regel durchgesetzt. Auch die Geschichtsschreibung die in Schulen vermittelt wird kommt auch aus dieser Küche und darf nicht hinterfragt werden. Das ist die «Freiheit» die wir noch geniessen.
je länger ich die Infos von Giradino lese, desto mehr bestätigt sich mein Eindruck, dass die Armeeführung (inkl. Bundesrat) zu den „lieben und netten“ gehört und Weicheierstrategie lebt. Das Off.korps ist uneins. Es gibt keinen Corpsgeist mehr. So kann die Armee kein Vorbild sein und noch weniger etwas bewirken.
Klar und deutlich zur Armee stehen, intelligente Leute an die Spitze(nicht nur studierte, sondern auch Offiziere, die von der Pike/praxis her gelernt haben).
Nicht auf die linken und „lieben und netten“ Medien hören, sondern das eigene Ding durchziehen.
Nationalstolz wieder beschaffen und in der Bevölkerung zu aufleben erwecken!!!
Keine leichte Aufgabe. Sollte aber TEIL DER LANDESVERTEIDIGUNG sein. Die linken verstehen und unterstützen die Presse- und Meinungsfreiheit nur, solange sie ihnen dient. Dies müssen die bürgerlichen endlich begreifen und die Strategie ebenso leben. Zudem darauf hinwirken, dass die linke und kommunistische Medienmacht gebrochen wird.
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