Neue Turbulenzen bei Gripen-Beschaffung
«Ich gehe davon aus, dass es realistisch ist, diesen Flieger bis Ende dieses Jahrzehnts zu beschaffen», sagte am Dienstag Verteidigungsminister Ueli Maurer gegenüber «10vor10». Für Schweizer Beobachter kam diese Aussage überraschend, hatte man doch bis vor kurzem noch die Jahreszahl 2015 genannt. Befremden gab es auch vonseiten der Politik. Sicherheitspolitiker Peter Malama zeigte sich überrascht und wähnte sich «im falschen Film». Trotzdem werde man nun in diesen sauren Apfel beissen.
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Kommentar:
Dieser Vorgang hat zwar keine rüstungstechnische Bedeutung für die Schweiz, wohl aber wirft es erneut ein eigenartiges Licht auf die ARMASUISSE.
Dass die TIGER noch sehr wohl und länger fliegen können, wird jeder Ingenieur bestätigen, der sich mit der Lebensdauerüberwachung und der Flugzeugstatik dieses Flugzeugs befasst. Dem Bürger wollte man ja weismachen, der TIGER breche demnächst auseinander und sei eine Gefahr für die Piloten. Wohl möglich, dass unsere Cheftstrategen von der Logistik bereits vorausschauend die Ersatzteile vernichtet haben. Aber haben müsste man solche noch im Überfluss.
Dass der GRIPEN erst 2020 lieferbar sein würde, müsste in Bern bekannt gewesen sein. Jedenfalls stellen sich die Schweden auf diesen Standpunkt. Wahrscheinlich werden unsere Verhandler sich bisher einfach nicht dafür interessiert haben. Nachdem der GRIPEN ja noch nicht einmal bestellt ist, wäre eine Lieferfrist dieser Grössenordnung keine Ungeheuerlichkeit. Wer unbedingt auf einer früheren Lieferung beharrt, setzt sich dem Verdacht aus, das Geschäft durch diese Hintertüre torpedieren zu wollen.
Bleibt die Frage, ob durch diese Situation eine Lücke in der Luftverteidigung entsteht. Wenn ja, so wäre es sicher möglich bei SAAB oder den schwedischen Luftstreitkräften für die Brücke z.B. 10 GRIPEN einer älteren Version zu mieten um damit in aller Ruhe die Piloten zu trainieren. So hat dies seinerzeit Österreich mit der Miete von schweizerischen TIGERN getan. Ausserdem wäre eine vorausschauende Finanzierung sicher eher möglich. Genau so wäre ein sorgfältig geplantes industrielles Gegengeschäft möglich und sinnvoll und würde so die auch von der SP zu begrüssende Arbeitsplatzsicherung möglich machen.
Also: Woher die Aufregung? Diese entsteht ja erst, wenn man den Sachverhalt auf dieselbe Linie setzt wie das seinerzeitige Verwirrspiel über die Preise. Schon damals schien die ARMASUISSE nicht auf der Höhe ihrer Aufgabe. Was könnte nun das nächste Debakel sein? Da bleibt ja nur noch der Fall übrig, dass 2020 nicht das Flugzeug geliefert wird, das man glaubte bestellt zu haben.
Franz Betschon