Stresstest offenbart Defizite bei Krisenstäben und Armeebestand

Stresstest offenbart Defizite bei Krisenstäben und Armeebestand

Alle Behörden und Organisationen, die mit Sicherheitspolitik zu tun haben, testeten vom 3. bis zum 21. November in der SUV 14 ihr Krisenmanagement und ihre Zusammenarbeit. Am Freitag wurden in Luzern erste Ergebnisse präsentiert.
Vertreter von Bund, Kantonen und Armee zogen vor den Medien ein positives Fazit. Die Übung habe Fragen und Schwachstellen aufgedeckt, mit denen sich die Krisenstäbe nun auseinandersetzen könnten, sagte der Tessiner Regierungsrat Norman Gobbi, Vorsitzender beim Sicherheitsverbund Schweiz (SVS) und Auftraggeber der Übung.
Armeechef André Blattmann bekräftigte nach der Übung die Notwendigkeit der Wiedereinführung der Mobilmachung. Damit sollten Armeekräfte rascher eingesetzt werden können.
Bericht auf blick.ch

 

Kommentare: 2

  1. Fritz Kälin sagt:

    Es ist richtig und überfällig, dass solche Übungen wieder stattfinden. Dass Defizite zu Tage kommen, ist Sinn und Zweck solcher Übungen. Es braucht heute keinen ‘totalen Krieg’, um die Mobilisierung nahezu aller staatlichen Ressourcen notwendig zu machen. Das vorstellbare Ausmass und die Intensität hat gegenüber früheren Bedrohungsbilder abgenommen, dafür hat die Störanfälligkeit des zu Schützenden stark zugenommen. Vieles ist durch den technischen Fortschritt bedingt. Aber auch die Arglosigkeit derjenigen, die für den Schutz des Landes verantwortlich wären, hat zur gestiegenen Verwundbarkeit beigetragen.
    “Die Kantone hätten im Übungsszenario für die Aufrechterhaltung der Telefonie, der Sicherheit und der Spitäler bei der Armee 10’000 Soldaten angefordert, sagte Blattmann. […]”
    Wobei die ‘Sicherheit’ in diesem Szenario nicht durch bewaffnete Kräfte in Frage gestellt wurde. Die Armee musste also kaum Kräfte zum Selbstschutz aufwenden.
    Eine im SVS (wieder) eingespielte Zusammenarbeit der Akteure ist KEIN Ersatz für Kapazitäten, sondern die Voraussetzung, dass diese zum Einsatz gebracht werden können. Hier muss folgende Aussage von Duvillard aufhorchen lassen: “[…] In der Vergangenheit seien viele Teile des öffentlichen Lebens privatisiert worden. Dem Umstand gelte es Rechnung zu tragen.” Nach dem Ende des Kalten Krieges nutzten die Dogmatiker eines ‘schlanken Staates’ die Gelegenheit, um jene in ihren Augen überflüssigen staatlichen Kapazitäten zu beseitigen/ privatisieren, welche für einen nicht mehr für möglich gehaltenen Kriegsfall vorgesehen waren. Ein allzu schlanker Staat bedeutet, dass im Kriegs- /Katastrophenfall die Zahl der Opfer und das Ausmass der Schäden beträchtlich höher ausfallen.
    Heutzutage verteilt unsere Regierung auf Konferenzen lieber Milliarden aus, um Kriege, Klimawandel, Bankencrashes und Völkerwanderungen angeblich ‘präventiv zu verhindern’. Für den Fall, dass die Prävention versagt, will man sich offenbar lieber auf andere ‘Partner und Freunde’ verlassen. Dumm nur, dass diese sich für dieselben Fälle ihrerseits wieder auf andere verlassen, statt selber vorzusorgen.
    Und wenn wir schon bei Kapazitäten sind: Natürlich betont der CdA im Sinne der WEA gerne, dass die Armee (wieder wie früher, aber nicht annähernd so) schnell mobilisieren Können muss. Die Einschätzung der vorhandenen bzw. notwendigen Durchhaltefähigkeit wird aber, wenn überhaupt, wohl höchstens in den vertraulichen Übungsberichten erwähnt werden.
    Dass die Übung ‘im Stillen’ stattfand, ist für die Aufbauphase des SVS berechtigt. Die Köpfe in den Stäben müssen sich erst wieder kennen lernen. Und von den früheren Kapazitäten ist nicht mehr viel übrig, das man für die Bevölkerung sichtbar beüben könnte. Bleibt zu hoffen, dass hier wieder so aufgebaut wird, dass man mit sichtbaren Übungen Öffentlichkeits- und Medienwirksam wieder Vertrauen in die Schweiz als ‘sicheres’ Land schaffen kann.

  2. Franz Betschon sagt:

    Eine solche Übung nannte man früher GVU (Gesamt Verteidigungs Übung) und wurde unter der Leitung des SCOS (Stabschef Operative Schulung)durchgeführt. Dieser war dem GSC (Generalstabschef)direkt unterstellt und im Range eines Divisionärs eigentlich der zweitwichtigste Mann in der Armeehierarchie. Auftraggeber war jeweils der Gesamtbundesrat. Nun scheint im Rahmen der Armee XXI ein Hickhack entstanden zu sein, weil sich einige HSO nicht mehr vom SCOS beüben lassen wollten. Folge scheint gewesen zu sein, das man dem SCOS nicht mehr den nötigen Rang und auch nicht den permanenten Stab zur Verfügung stellte. Seine Funktion wurde herabgestuft.
    Unter dem Vorwand, die neuen Stabsstrukturen müssten sich zuerst finden, wurden deshalb praktisch keine richtigen Übungen auf Armeestufe mehr durchgeführt. Auch sind wichtige Führungsreglemente und Dokumentationen seit sehr langer Zeit nicht mehr nachgeführt worden. So kam es wie es kommen musste: Die Führungsstäbe der Armee üben praktisch nicht mehr. Die einzigen bekannten derartigen Veranstaltungen waren die U STABILO 07 mit sehr schlechtem Resultat und die Nachfolgeübung STABILO 12. Über die letztere schrieb die NZZ am Sonntag (kein unbedingt armeefeindliches Blatt) am 1. November 2013 auf S. 24/25 “Totales Versagen der Armeeführung”. Nachdem die Abstände zwischen wirklichen Übungen (nicht einfach Workshops!)viel zu lange geworden sind, können die Stabsangehörigen nie die nötigen Lehren verarbeiten und beginnen jedes Mal wieder beim Stand Null.
    Das heisst also:
    – Unsere Armee ist nur noch zum kleineren Teil ausgerüstet.
    – die Truppe kann nicht mehr Schiessübungen durchführen, weil zu wenig Munition vorhanden ist.
    – Armeeimmobilien zerfallen.
    – die Armee kann auch nicht mehr Mobilmachen (weiss man zwar schon lange, oder hat jemand Armeeangehörige anlässlich der kürzlichen Unwetter in Altstätten oder im Tessin gesehen?)
    – Die Armee kann nicht mehr geführt und eingesetzt werden.
    – Das VBS weist zwar immer noch fast gleichviele Mitarbeiter auf wie früher, aber die Truppe wurde marginalisiert (mit Ausnahme der Anzahl Generalssterne)
    – Etc. Etc.
    Gottseidank hat man eine solche wichtige Übung nicht auch noch der Armee (wie früher) überlassen. Die Rolle der Armee im Rahmen unserer Sicherheitspolitik ist marginalisiert worden.

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