Tiger-Entscheid: Armee hat sich in die Ecke argumentiert
Der Schutz von Land und Leuten bedinge, dass sich die Armee nicht nur an herkömmliche Vorstellungen eines Konflikts klammern dürfe, betont der Armeechef André Blattmann.
Die Ukraine ist ein Pulverfass, auch andernorts in der Welt wird geschossen. Gleichzeitig will die Schweiz ihre Armee abbauen. Wie geht das zusammen?
Die Lage ist tatsächlich beängstigend, nicht nur in der Ukraine. Im Irak, in Syrien oder auch in Libyen ist die Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Offensichtlich wissen auch die Grossmächte nicht genau, was in nächster Zeit auf uns zukommen könnte. Daraus müssen wir lernen. Für die Schweiz kann das nur heissen, dass wir selber für unsere Sicherheit zu sorgen haben.
Sie fordern, die Truppe müsse endlich wieder vollständig ausgerüstet werden. Welche Lücken drücken am heftigsten?
Nach dem Nein des Souveräns zum Gripen haben wir in der Luftverteidigung eine grosse Lücke. Deshalb wollen wir jetzt die Modernisierung der Fliegerabwehr vorziehen.
Sie haben die Sicherheitslücke in der dritten Dimension angesprochen. Kann die Armee den Luftraum in den nächsten Jahren noch adäquat schützen?
Was wir vor der Gripen-Abstimmung gesagt haben, gilt immer noch. Wir haben 32 F/A-18, die für den Luftpolizeidienst zwar genügen. Aber in einer Krise haben wir eine geringe Durchhaltefähigkeit. Das ist das Risiko, das man damit eingeht. Deshalb werden wir gegen Ende des Jahrzehnts von neuem eine Ersatzbeschaffung evaluieren.
Bestehen Pläne, die alten Tiger-Kampfjets über 2016 weiterfliegen zu lassen?
Es wäre völlig unglaubwürdig, wenn die Armee den Kauf eines neuen Kampfjets fordert und nach dem Nein des Stimmvolks plötzlich sagt, der Tiger genüge jetzt trotzdem noch für irgendwelche Aufgaben. Der Tiger hat operationell keinen Nutzwert mehr. Deshalb dürfen wir nichts mehr in dieses Flugzeug investieren. Wenn schon, dann müssen wir nochmals den F/A-18 modernisieren. Im Übrigen wäre es unverantwortlich, wenn wir unsere Piloten in einem veralteten Jet in die Luft schicken.
Interview auf NZZ.ch
Kommentar:
Herr Blattmann, haben wir das richtig verstanden? In der Luftverteidigung lassen wir (mit dem Verkauf der Tiger für läppische USD 500’000/Stk) absichtlich bis zur nächsten Flugzeugbeschaffung in ca. 8-10 Jahren eine “grosse Lücke” zu weil die Luftwaffe in einer Krise eine geringe Durchhaltefähigkeit hat (Anm. Giardino: nach 2 Wochen ist Schluss – Quelle: VBS). Die Armeeführung will der Bevölkerung dieses Risiko zumuten (Sie wollen die Tiger ja verkaufen). Und Sie rücken vom Eentscheid nur nicht ab, weil Sie vor der Gripen-Abstimmung den Tiger so schlecht geredet haben und sich so in eine Ecke manöveriert haben, dass es heute und für die nächsten (sicherheitspolitisch heissen) Jahre “unglaubwürdig” wäre, die Tiger (ob massvoll kampfwertgesteigert oder nicht) für den Luftpolizeidienst, die Zieldarstellung und Miliz-Pilotenausbildung einzusetzen? Sie bürden lieber der Schweizer Bevölkerung ein sehr hohes Risiko auf, als Ihren Piloten das geringe Risiko zuzumuten, auf moderat angepassten Tigern zu fliegen? Legen Sie die Prioritäten richtig? Wem dienen Sie mit diesem Entscheid?