Tiger-Entscheid: Armee hat sich in die Ecke argumentiert

Tiger-Entscheid: Armee hat sich in die Ecke argumentiert

Der Schutz von Land und Leuten bedinge, dass sich die Armee nicht nur an herkömmliche Vorstellungen eines Konflikts klammern dürfe, betont der Armeechef André Blattmann.

Die Ukraine ist ein Pulverfass, auch andernorts in der Welt wird geschossen. Gleichzeitig will die Schweiz ihre Armee abbauen. Wie geht das zusammen?
Die Lage ist tatsächlich beängstigend, nicht nur in der Ukraine. Im Irak, in Syrien oder auch in Libyen ist die Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Offensichtlich wissen auch die Grossmächte nicht genau, was in nächster Zeit auf uns zukommen könnte. Daraus müssen wir lernen. Für die Schweiz kann das nur heissen, dass wir selber für unsere Sicherheit zu sorgen haben.
Sie fordern, die Truppe müsse endlich wieder vollständig ausgerüstet werden. Welche Lücken drücken am heftigsten?
Nach dem Nein des Souveräns zum Gripen haben wir in der Luftverteidigung eine grosse Lücke. Deshalb wollen wir jetzt die Modernisierung der Fliegerabwehr vorziehen.
Sie haben die Sicherheitslücke in der dritten Dimension angesprochen. Kann die Armee den Luftraum in den nächsten Jahren noch adäquat schützen?
Was wir vor der Gripen-Abstimmung gesagt haben, gilt immer noch. Wir haben 32 F/A-18, die für den Luftpolizeidienst zwar genügen. Aber in einer Krise haben wir eine geringe Durchhaltefähigkeit. Das ist das Risiko, das man damit eingeht. Deshalb werden wir gegen Ende des Jahrzehnts von neuem eine Ersatzbeschaffung evaluieren.
Bestehen Pläne, die alten Tiger-Kampfjets über 2016 weiterfliegen zu lassen?
Es wäre völlig unglaubwürdig, wenn die Armee den Kauf eines neuen Kampfjets fordert und nach dem Nein des Stimmvolks plötzlich sagt, der Tiger genüge jetzt trotzdem noch für irgendwelche Aufgaben. Der Tiger hat operationell keinen Nutzwert mehr. Deshalb dürfen wir nichts mehr in dieses Flugzeug investieren. Wenn schon, dann müssen wir nochmals den F/A-18 modernisieren. Im Übrigen wäre es unverantwortlich, wenn wir unsere Piloten in einem veralteten Jet in die Luft schicken.


Interview auf NZZ.ch
Kommentar:
Herr Blattmann, haben wir das richtig verstanden? In der Luftverteidigung lassen wir (mit dem Verkauf der Tiger für läppische USD 500’000/Stk) absichtlich bis zur nächsten Flugzeugbeschaffung in ca. 8-10 Jahren eine “grosse Lücke” zu weil die Luftwaffe in einer Krise eine geringe Durchhaltefähigkeit hat (Anm. Giardino: nach 2 Wochen ist Schluss – Quelle: VBS). Die Armeeführung will der Bevölkerung dieses Risiko zumuten (Sie wollen die Tiger ja verkaufen). Und Sie rücken vom Eentscheid nur nicht ab, weil Sie vor der Gripen-Abstimmung den Tiger so schlecht geredet haben und sich so in eine Ecke manöveriert haben, dass es heute und für die nächsten (sicherheitspolitisch heissen) Jahre “unglaubwürdig” wäre, die Tiger (ob massvoll kampfwertgesteigert oder nicht) für den Luftpolizeidienst, die Zieldarstellung und Miliz-Pilotenausbildung einzusetzen? Sie bürden lieber der Schweizer Bevölkerung ein sehr hohes Risiko auf, als Ihren Piloten das geringe Risiko zuzumuten, auf moderat angepassten Tigern zu fliegen? Legen Sie die Prioritäten richtig? Wem dienen Sie mit diesem Entscheid?

 

Kommentare: 19

  1. Urs Tischhauser sagt:

    Das Verhalten des CVBS wie auch des CdA ist nur noch als pubertär zu bezeichnen. Wenn ich nicht kriege was ich will, dann spiele ich eben nicht mehr mit! Dass aber schlicht das Material fehlt um überhaupt noch Piloten auszubilden, wird einfach ausgeblendet. Und, wenn es unverantwortlich wäre, die Piloten mit veralteten(?) Jets in Luft zu schicken, was ist es dann gegenüber den bodengebundenen AdA’s wenn über Ihnen der Himmel für jedermann offen ist? Ich glaub, ich bin im falschen Film!

  2. Michael Waldvogel sagt:

    Die Tiger fliegen auch bei schlechtestem Hudelwetter, wie dies bei der Verlegungsübung REVITA im Mai 2014 (kurz vor dem Gripen-NEIN) auf der «Sleeping Base» in Buochs zu sehen war!
    – Ein F-5E Tiger II rollt im strömenden Regen zum Start: http://tinyurl.com/nbjmmct
    – Zwei Tiger mit angehobener Nase Startbereit: http://tinyurl.com/n7ag9ho
    – Selbst die LW verweist auf „missliche Wetterbedingungen“: http://tinyurl.com/kbpsd72
    – weitere REVITA-Übung schlecht Wetter Tiger Bilder http://tinyurl.com/njfhdlu
    Filme
    – Regenstart F-5 REVITA-Übung : http://www.youtube.com/watch?v=u6Ho833yeXk
    – Nachbrenner Regenstart F-5 in Meiringen: http://www.youtube.com/watch?v=uGNr3oJavqw
    – Regenlandung F-5 REVITA-Übung : http://www.youtube.com/watch?v=rfF5tijTwdQ
    – REVITA 2014: http://www.youtube.com/watch?v=VEpryp2l1D0
    Die Schweizer Tiger waren von Anfang an IFR zertifiziert und somit nachflugtauglich.
    Das VBS beschreibt das hier, aber nur auf der englischen Seite, ganz unten wie folgt:
    – „instrument and night-flight equipped“ (http://tinyurl.com/ml9chy)
    – Brasilianischer F-5M vor Nacheinsatz http://www.youtube.com/watch?v=sQbvRroYlzA
    Egal wie oft nun der Bundesrat seine Behauptung, „…die Tiger können nur bei Tag und gutem Wetter…“ auch wiederholt, sie wird nicht wahrer! Die Frage ist nur, wie lange wir uns von diesem Bundesrat noch anlügen lassen wollen?
    Modernisiert und kampfwertgesteigert sind die 54 Tiger dann auch nachtkampftauglich. Zusammen mit den 32 F/A-18 kann so wenigstens eine minimal Durchhaltefähigkeit unsere LW erhalten bleiben, und rascher eine 24-Stunden-Luftraumschutz umgesetzt werden!

  3. Ich wiederhole es gerne! Mit dem kampfwertgesteigerten Tiger F-5
    -schützen wir rund um die Uhr unseren Luftraum
    -bleiben wir in der 3. Dimension neutral
    -stoppen wir den Kollaps der Luftwaffe
    -bleibt unsere Luftwaffe miliztauglich
    -erhalten wir 200 qualifizierte RUAG Arbeitsplätze
    -fliegt die Patrouille Suisse weitere 15 Jahre
    -entlasten wir unser 32 F/A-18 Hornet.
    DESHALB:
    -Ja zur kosteneffizienten Modernisierung unserer TIGER
    -NEIN zur fahrlässigen Ausserdienststellung
    Notabene: Es geht überhaupt nicht darum, aus dem Tiger F-5 nun ein topmodernes Kampfflugzeug zu machen, aber dieses Flugzeug im obigen Sinne noch einige Jahre zu behalten ist schlauer, als jetzt alles zu verhökern – und das BEVOR wirklich glaubwürdiger Ersatz da ist. Wir erleben dieses VBS-Spiel zum xten Mal seit 1990! Da wurden und werden ganze Waffensysteme einfach verschrottet und weitere solche zur Verschrottung freigegeben (z.B. 162 Pz Haubitzen M 109 und 96 Pz 87 Leopard) – sie werden nicht einmal in die Reserve getan. und das alles BEVOR Realersatz da ist! BEVOR die Armee überhaupt weiss, was ihr wirklicher Sinn und Zweck und was ihr allererster Auftrag gemäss gültiger Bundesverfassung ist!! Es ist einfach unglaublich, wie da oben in “Bundesbern” mit der Sicherheits- und Armeepolitik gefuhrwerkt wird. Hermann Suter.

  4. Erwin Markus sagt:

    STRÄFLICH…!
    Wie lange wollen sich eigentlich Herr und Frau Schweizer noch von diesen Diletanten anschwindeln lassen…? Was diese Herrschaften da mit uns treiben, hiess früher einmal Landesverrat und wurde mit der Todestrafe belegt. Wer sind die eigentlich, um sich so schnodrig und wider jeglicher Logik über uns alle hinwegzusetzen – JETZT LANGT’S!
    Persönlich werde ich jegliches Nachgeben seitens der armeefreundlichen Kreise, als Schwäche- u. Armutszeugnis deuten. Was muss denn noch kommen, bis dieses Volk von Wohlstandsopfern endlich reagiert…? Diese Leute gehören Ihrer Positionen enthoben und entfernt; allen voran Maurer, Catrina u. Blattmann. A propos Maurer: wie verträgt sich eigentlich Seine mehr als fragwürdige Haltung in dieser Sache seit Seinem Amtsantritt 2009, mit dem zuletzt von Seiner Partei verabschiedeten Positionspapier…?
    Dies ist hier die Frage…!

  5. Michael Waldvogel sagt:

    Militärflugplatz Meiringen Unterbach / FR 29.01.10 / 10:45 Ortszeit
    WEF Einsatz:
    „Schneefall setzt wieder ein, die Sicht wird wieder schlechter. Ein Tiger kommt zurück – on glidepath, heading is good, hören wir am Funk, sehen ihn aber noch nicht.
    Da, im letzten Moment kommt er im downwind schemenhaft aus dem Grau hervor.“
    http://www.luftundlicht.de/images/Galerie/2010/Meiringen%20Januar%202010/Meiringen%2029.01.10/index.html# 

  6. Ich weiss es zu schätzen, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes Sorge um unsere Milizarmee und damit um die Sicherheit des Landes machen. Ich bitte aber inständig darum, sich im TON DER FORMULIERUNGEN NICHT ZU VERGREIFEN. Es muss immer gelten: “SCHARF IN DER SACHE, HÖFLICH IN DER FORM”. Mit bestem Dank und Gruss, Hermann Suter, Präsident Gruppe GIARDINO.

  7. Rolf Bosshard sagt:

    Mit der Modernisierung des Tigers ist das so eine Sache. Hätten wir diese vor etwa 5 bis sieben Jahre früher begonnen würden alle Argumente stimmen. Will man ihn aber jetzt aufrüsten, funktioniert das nicht wie wenn ich ein Autoradio in ein Auto baue. Es müssen die Bedürfnisse der Piloten abgeklärt werden. Danach wird der Markt auf Brauchbares durchforstet. Wir wollen ja nicht jetzt mit einer Neuentwicklung beginnen. Danach müssen alle Dokumente Erstellt und die Teile Beschafft werden. Erst jetzt kann mit dem Umrüsten begonnen werden. Und bis eine Flotte von 50 Flugzeugen umgebaut ist, kann das locker zirka 6 Jahre dauern. Inzwischen sind 7 bis 8 Jahre vergangen und wir sind am Zeitlichen Limit des Tigers. Da muss man kein Stratege sein, um festzustellen, dass die Investition dieser aufzuwenden Geldmittel wohl eher sinnlos gewesen ist.

  8. Beda Düggelin sagt:

    Das VBS soll nicht von Wunschwelten, sondern von der Realität ausgehen, dies sagt ein Experte!
    aus der NZZ am Sonntag vom 31. August 2014:
    Georges Bridel, 68, war als ETH-Ingenieur international tätig in der Entwicklung von Militärflugzeugen, unter anderem für die EADS (auch bei der letzten Beschaffung in der Schweiz), für Boeing, Dassault und Rolls Royce. Der frühere Luftwaffenoffizier arbeitet heute für ALR Aerospace, Zürich, und für ein europäisches Projekt in Frankreich.
    Bereits vor rund zehn Jahren wollte die damalige Armeeführung im Hinblick auf die Ablösung des F-5E Tiger neu 30 Kampfflugzeuge für 2,2 Milliarden Franken kaufen. Der Betrag war viel zu tief angesetzt. In der Folge wurden das Budget erhöht, die Anzahl auf 22 Flugzeuge reduziert und mit dem Gripen das vermeintlich preisgünstigste Flugzeug ausgewählt. Vermeintlich deshalb, weil Entwicklungskosten und -zeit sowohl vom Hersteller als auch von den Schweizer Beschaffungsinstanzen unrealistisch tief eingesetzt worden waren.
    Schon nach der Typenwahl im November 2011 wurde von unabhängigen Experten eine Reihe von Fragen aufgeworfen, deren Beantwortung unzureichend blieb beziehungsweise bis heute offen ist. Ungenügende Beschaffungsreife (vom Gripen E gibt es bis heute nur einen Demonstrator-Prototyp) und zu hohe Betriebskosten (parallel zum F/A-18) waren die zwei kritischsten Punkte.
    Der gesamte Beschaffungsprozess war wohl geleitet von wenig realistischen Wunschvorstellun-gen. Die solide und umfangreiche Arbeit der «Subkommission Flugzeugbeschaffung» der Sicher-heitspolitischen Kommission, geleitet von Nationalrat Thomas Hurter, floss leider nicht in den Beschaffungsprozess ein.
    Wo stehen wir heute? Eine nüchterne Beurteilung zeigt, dass die Lage – auch ohne Gripen E – nicht dramatisch ist. Die Sicherheit unseres Landes aus der Luft ist nicht gefährdet, weder in der Luftüberwachung noch in der Luftverteidigung. Die kürzlich umfassend modernisierten F/A-18 C/D, unterstützt durch die verbleibenden F-5E Tiger, reichen noch für 10 bis 15 Jahre.
    Was nachher geschehen soll, ist weit weniger klar. Aus dem Verteidigungsdepartement VBS vernehmen wir folgende Prioritäten:
    • Unbemannte Flugzeuge/Drohnen: Bedarf und operationelles Konzept sind unbekannt.
    • Weiträumige Flieger- und Flugkörper-abwehr: Welches sind die realistischen Szenarien, wie sieht der Bedarf aus? Zudem ist dies nur in grenzüberschreitender Zusammenarbeit machbar. Was denkt das VBS dazu?
    • Vorverurteilung eines Weiterbetriebs des modernisierten Tiger: Die Beschreibung «hoffnungslos veraltetes Gerät» ist nicht seriös, basiert nicht auf soliden operationell-technisch-finanziellen Analysen. Warum diese Eile?
    • Wiedereinführung des Erdkampfes, obwohl die Luftwaffe erdkampftaugliche F/A-18-C/D- Flugzeuge (A = Attack) vor zwanzig Jahren beschafft hatte und sie in dieser Mission nicht nutzt. Wo sind die Szenarien, welche eine Wiedereinführung erfordern?
    • Für den Ersatz der F/A-18 C/D und F-5E Tiger sollen ab 2022 offenbar 44 neue Flugzeuge beschafft werden. Die Gesamtkosten für so viele Flugzeuge werden zu hoch sein.
    Es braucht jetzt eine realistische sicherheitspolitische Auslegeordnung. Auf dieser Basis wären die für die Schweiz relevanten sicherheitspolitischen und militärischen Szenarien abzuleiten. Die militärisch-strategischen Varianten und Optionen wären danach einer Bewertung hinsichtlich finanzieller und politischer Realisierbarkeit und Wünschbarkeit zu unterziehen – mit ent-sprechender Priorisierung. Es ist wenig seriös, global auf Gefahrenpotenziale hinzuweisen und auf dieser Basis den Rüstungsbedarf zu definieren.
    Es gibt, wie immer, auch hier Sofortmassnahmen, deren Evidenz noch vor dem Vorliegen des Endresultats der Gesamtanalyse augenfällig ist. Dazu gehört der Weiterbetrieb beziehungsweise die technisch-operationelle Verbesserung der vorhandenen F-5E Tiger. Zu modernisieren sind im Wesentlichen Radar und Cockpit. Damit kann der Tiger in den drei zentralen Bereichen weiterhin eingesetzt werden: Unterstützung der F/A-18 im Luftpolizeidienst, kostengünstiges Einsatztraining sowie Zieldarstellung für die F/A-18 C/D und für die Fliegerabwehr.
    Finanziell und technisch sind die Abklärungen weitgehend gemacht. Die Modernisierung der Tiger ist realisierbar, und zwar zu weniger als der Hälfte der vom VBS genannten Kosten von einer Milliarde Franken. Die Betriebskosten von 30 F-5E Tiger liegen bei weniger als einem Drittel jener des F/A-18 C/D. Gemäss den Antworten auf die parlamentarischen Anfragen rechnet das VBS aber mit einem kompletten Umbau samt neuen Waffen. Das ist nicht erforderlich. Ein realistisch modernisierter Tiger wird nie gegen einen Hochleistungsjäger antreten, er hat andere Aufgaben (siehe oben). Ohne Weiterbetrieb der Tiger kommen zudem die F/A-18 C/D zu früh an ihr Lebensende.
    Die Stimmbürgerin und der Stimmbürger verfügen zwar nicht über die Expertise, einen derart komplexen und spezifischen Themenbereich zu analysieren und zu beurteilen. Sie merken aber sehr wohl im Verhalten und in der Diskussion der direkt Beteiligten, ob eine Vorlage Zustimmung verdient oder nicht – wie es eben am 18. Mai 2014 geschah. Das ist letztlich beruhigend.
    Bezüglich Tiger F5-E liegt Herr Bridel völlig richtig!
    Bei der Durchhaltefähigkeit kann man ihm nicht zustimmen, 32 F/A-18, die genügen nur für eine reduzierte Bürozeit im Ernstfall.

  9. Konrad Alder sagt:

    In der Angelegenheit “Kampfwertsteigerung F-5E Tiger II” habe ich grösseres Vertrauen in unsere Regierung als in Experten mit ausgewiesenen Eigeninteressen. In diesem Sinne empfehle ich allen am Thema interessierten Personen Studium der ausführlichen Antwort des Bundesrates vom 27. August 2014 auf die Interpellation „Sicherstellung der Luftraumüberwachung – Ist die Ausserdienststellung des Tigers noch sinnvoll?“ von Ständerat und SiK-Mitglied Isidor Baumann sowie des Dokuments „Konzept zur langfristigen Sicherung des Luftraums“ gleichen Datums. Beide Stellungnahmen sprechen sich wegen den hohen Kosten, dem dafür notwendigen Zeitaufwand und dem fehlenden operationellen Nutzen unmissverständlich gegen ein Kampfwertsteigerungsprogramm für unserer F-5E Tiger II aus. Die Texte können auf der Homepage des VBS abgerufen werden. Im Übrigen halte ich die Überschrift „Das VBS soll nicht von Wunschwelten, sondern von der Realität ausgehen“ als im höchstem Mass unfair. Denn auch dort gibt es ausgewiesene Fachleute, die jeden Tag mit hohem Engagement und Professionalität am Ziel einer erfolgreichen Transformation und Weiterentwicklung unserer Armee arbeiten. Diese Intoleranz mit der man diesen Bemühungen begegnet, ist – auch wenn kritische Fragen in einigen Fällen durchaus angebracht sind – unerträglich und unserer gemeinsamen Sache für einen glaubwürdigen, leistungsfähigen Sicherheitsverbundes Schweiz für Schutz, Rettung und Verteidigung wenig dienlich.

  10. Alfred Ramseyer sagt:

    An Herr Michael Waldvogel,
    Zuviele Köche verderben den Brei, wie beim Gripen. Zu Ihren Aufzählungen folgendes:
    Der Tiger F-5E/F kann in seinem heutigen Zustand noch mehrere Jahre sicher fliegen, auch bei Nacht, in den Wolken oder bei schlechter Sicht. Ein (Kampf)Flugzeug ist aber primär ein Waffenträger, also ein Werkzeug des Piloten, um am richtigen Ort, zur richtigen Zeit seine Waffen einzusetzen und (hoffentlich) zu treffen. Und genau das kann der Tiger eben nur bei Tag, bei guter Sicht und ausserhalb von Wolken. Um seine beiden 20mm Kanonen einzusetzten muss der Pilot seinen Gegner sehen und sich in Schussposition (500-1000m) bringen. Dies gilt auch für die beiden mitgeführten Kurzdistanz-Infrarotlenkwaffen mit allerdings grösserer Schussdistanz (Tag, Sicht, nicht gegen Wolken und Sonne). Mit dieser doch nur schwachen Bewaffnung war der Tiger F-5E/F bereits bei seiner Einführung in der Schweiz vor über 30 Jahren kein echtes Kampfflugzeug. r wurde für Drittweltstaaten und Entwickungsländer gebaut.
    Er ist hervorragend für das Pilotentraining und für die Vorbereitung auf ein echtes Kampfflugzeug geeignet. Heute kann er als Zielflugzeug oder als Sparringpartner für die F/A-18 Piloten noch sehr gute Dienste leisten. Auch für die Patrouille Suisse könnte er noch einige Jahre dienen. Luftpolizeidienst bei Tag und gutem Wetter ist natürich auch möglich. Aber eben, für moderne Luftkriegszenarien ist er mit seiner mehr als schwachen Bewaffnung sowie den geschilderten Einschränkungen hoffnungslos unterlegen. Eben kein Kampfflugzeug.
    Ich bin froh, dass wir damals in zwei Tranchen 110 Stück erhalten haben. Wir haben für die Ausbildung von Piloten während all den Jahren sehr viel profitiert. Zum Glück blieb es beim Training.
    Was unsere Luftwaffe jetzt raschmöglichst braucht, ist ein modernes, echtes Kampfflugzeug, welches seine Waffen wetterunabhängig bei Tag und Nacht einsetzen und die entstandene Lücke zusammen mit den verbleibenden 32 F/A-18 schliessen kann. Alles andere ist Augenwäscherei.
    Es wäre schön, wenn eine kompetente und glaubwürdige Stelle in Bern (nicht die Medienschaffenden) die vielen Neinsager zum Gripen ehrlich aufklären würde, was der Tiger kann und was eben nicht.
    Unsere Militärpiloten sollen eine Chance haben im Ernstfall zu überleben. Das Flugzeug als Werkzeug zum Waffeneinsatz zu bringen, um das geht es. Fliegen allein ist zwar schön, aber es ist nur Mittel zum Zweck für eine Luftwaffe.

    • Beda Düggelin sagt:

      Herr Ramseyer, Ihre Einwände sind nicht stichhaltig! Warum hat man dann den Tiger vor dreissig Jahren trotzdem beschafft, wenn er ein Drittweltlandflugzeug war und kein vollwertiger Kampfflieger. Dann hat man dannzumal bei den verantwortlichen Stellen schlecht gearbeitet und um Volks ein X für ein U vorgemacht…..!
      Nach dem Verdikt gegen den Gripen werden mindestens fünf Jahre vergehen, bis zur nächsten Evaluation, dafür werden die Linksparteien sorgen! Also bitte etwas mehr Realitätsbewusstsein bei allen Beteiligten, auch bei der Armeespitze.
      Und übrigens, der Chef VBS und der CdA rechnen schon längst nicht mehr mit einem Ernstfall, sonst würden sie uns keine Miniarmee vorschlagen mit einer Luftwaffe, welche nur zu Bürozeiten arbeitet, aber nicht Sonntags.
      Der Artikel von Georges Bridel, auch an anderer Stelle ist hervorragend geschrieben. Insbesondere sein Kommentar zum Tiger.
      Wir brauchen den Tiger als Sofortmassnahme zur Überbrückung bis Ende 2024! Und dies mit einem geringen Aufwand von rund CHF 400 Mio., dies verteilt auf 10 Jahre. Dies gibt ein jahrlicher Aufwand von CHF 40 Mio., ein Klacks zum VBS-Budget von CHF 4,875 Mrd. jährlich in den nächsten fünf Jahren und CHF 5 Mrd. in den weiteren 5 Mrd. Dies gibt einen jährlichen Ausgabenposten von 0,81 Prozent.
      Und das VBS ist beileibe schon viel unachtsamer mit unserem Geld umgegangen!
      Unsere Armee braucht nicht zuviele Köche, aber Köche, welche ihr Handwerk verstehen und auf Volksverdikte adäquat reagieren und sich nicht von ihren voreiligen Sprüchen leiten lassen!
      Ende der Durchsage!

    • AW sagt:

      Man hat die 110 Tiger beschafft, weil aufgrund des Mirage-Skandals statt 100 nur 57 Mirage beschafft wurden. Als Ersatz hatte man den F-5 Tiger gekauft. Damit er einigermassen überlebensfähig ist, hatte man sie in grosser Stückzahl beschafft. Und zu dieser Zeit wurden Luftkämpfe noch auf Sicht geführt, während heutzutage diese in grösserer Distanz stattfinden. Nächstes Jahr werden die F-18 übrigens ihre neuen AMRAAMS erhalten (Mittelstreckenraketen).

  11. Hans Ulrich Suter sagt:

    @Ramseyer: Die Beschaffung eines neuen modernen Kampfflugzeuges, wurde vom Volk abgelehnt und selbstverständlich wird niemand von F-5E Kampfpiloten verlangen eine Staffel von F-22 anzugreifen, wobei ehrlich gesagt bin ich gar bicht so sicher wie das herauskommen würde. Sicher ist der Typhoon2 (Eurofigther) nicht so einsatzbereit wie er sein sollte. Man kann natürlich eine Neubeschaffung wieder anstreben, zum Beispiel mit einer Initiative, man könnte auch an eine Privatbeschaffung von Kampfflugzeugen denken, auch wenn das jenseits von meinem Budget ist, so ist es in der Tat nicht jenseits der Budgets von einzelnen Kantonen, bzw. der Budgets von grösseren Firmen.

  12. Michael Waldvogel sagt:

    @Ramseyer
    Offensichtlich haben sie bei meinen Aufzählungen den wichtigsten Punkt übersehen:
    „Modernisiert und kampfwertgesteigert sind die 54 Tiger dann auch nachtkampftauglich. Zusammen mit den 32 F/A-18 kann so wenigstens eine minimale Durchhaltefähigkeit unsere LW erhalten bleiben, und rascher eine 24-Stunden-Luftraumschutz umgesetzt werden!“
    Kampfwertgesteigert verschiessen u.a. die brasilianischen F-5EM Rafael Python 4 AAM (s. Grafik):
    http://www.aereo.jor.br/2010/11/04/f-5em-com-missil-python-iv/
    Ebenfalls beherrschen die brasilianischen F-5EM BVR (mit Rafael Derby) und kämpfen erfolgreich gegen moderne Kampfflugzeuge:
    http://www.cruzex.aer.mil.br/index.php/en/news/447-cruzex-to-get-beyond-visual-range-combats
    http://www.aereo.jor.br/2008/08/24/as-garras-afiadas-do-f-5em/
    Des weiteren wurde in den F-5EMs Helmet Mounted Display(HMD) umgesetzt,
    Film: http://www.youtube.com/watch?v=XOdznLRyOSQ
    Somit verfügt die Força Aérea Brasileira über kampfwertgesteigerte Tiger auf 4. Generationen Waffensystem Niveau.
    Das die Bundeshaus-Köche hingegen auf viele Jahre hinaus lieber ein Bürozeiten-Luftraumschutz in Kauf nehmen wollen, ist schlicht grobfahrlässig. Deshalb fordert Giardino ein massvolles Upgrade der gesamten Tiger F-5E/F Flotte.

  13. Elmar Hutter sagt:

    Es ist angesichts der internationalen Lage richtig, dass nun die bodengestützte Luftraumverteidigung möglichst rasch modernisiert wird.
    Welches waren/sind die Begründungen, dass die F/A-18 Hornets unserer Flugwaffe nicht für den Erdkampf ausgerüstet wurden/werden? Die Bekämpfung wichtiger Bodenziele dürfte
    im Ernstfall die Hauptaufgabe unserer Kampfflugzeuge sein. Die Bekämpfung von Luftzielen (Flugzeuge, Raketen etc.) kann im Verteidigungsfall durch die Boden-Luft-Abwehr um einiges effizienter ausgeführt werden als durch bemannte Jets.
    Bis heute fehlt eine Diskussion um die Rolle der Flugwaffe im Verteidigungsfall.
    PS. Besteht eine neue Chance für eine CH-Eigenentwicklung im Bereich Erdkampf? (relativ kostengünstig, wendig, kurzstart- und landefähig (300m- Piste), allwetter- und tief-flugtauglich, geringe Lärmentwicklung (wichtiges Akzeptanzfaktum für Ersatz-Gebirgsflugplätze); evtl. Eignung für Luftpolizeidienst in “Friedenszeiten”)

  14. ralf vonarburg sagt:

    Ich habe ein Anliegen: Jeder Schreiber möge doch seine militärische Einteilung anfügen – und – wenn er es wagt – auch seinen erreichten Grad.
    Dann löst sich das Korn vom Streu ganz von selber.
    Meine rund 1’000 Diensttage (Hptm) verbrachte ich bei den PzTrpp und beim WD. Das Flugbrevet erflog ich bei den FlTrp vor 62 Jahren…..
    NB: Ueberzeugt hat mich ein Fachmann: Alfred Ramseyer am 5. September

  15. Alfred Ramseyer sagt:

    Inzwischen habe ich sämtliche 17 Kommentare gelesen, auch diejenigen von “Experten”.
    Persönlich kenne ich nur einen der Votanten. Stellungnahmen von ehemaligen Militär und Tiger-Piloten vermisse ich.
    Pro Memoria: Am 9. September 1972 hat der Bundesrat den sogenannten “Nullentscheid” gefällt. Weder der A-7 “Corsair II” noch der “Mirage Milan” wurde dem Parlament zur Beschaffung vorgeschlagen. Ähnliche Situation wie nach dem Gripen-Nein. Nur war es diesmal ein Entscheid der Stimmbürger. Also ein Loch im Dach oder im Luftschirm.
    Nur rund ein halbes Jahr später, nämlich am 12. März 1973 beschliesst der Bundesrat den Kauf von 30 weiteren Occasions-Hunter-Flugzeugen.
    Am 16.März 1976 bewilligen die Eidg. Räte einen Kredit von 1170 Mio. für die Beschaffung von 72 Northrop Tiger F-5E/F. Eine zweite Serie folgte später.
    Diese Beschaffung war politisch eine Verlegenheitslösung. Ich bleibe dabei: Der Tiger war damals und ist auch heute kein Kampfflugzeug welches diesen Namen verdient. Zudem wird die Struktur nach über 30 Jahren Einsatz auch etwas abbekommen haben.
    Für die damaligen verantwortlichen der FF Trp war diese Beschaffung sehr willkommen, weil um vieles besser als NICHTS. Man konnte damit den Milizpiloten-Bestand halten und in der Ausbildung wesentliche Fortschritte verzeichnen.
    Über die Fähigkeiten der Tiger habe ich mich bereits am 5. September geäussert.
    Damals hat man den in internationalen Militärfliegerkreisen nicht bekannten Begriff
    “Raumschutz bei Tag” kreiert. Deshalb wurde der Tiger auch Raumschutzjäger genannt. Eine helvetische Lösung (oder politische Tarnung ?)
    Ich bin mit vielem nicht einverstanden was aus der Küche des VBS und dem CDA kommt.
    Auch wenn diese Gremien mit ihrem voreiligen Entscheid, den Tiger auf Ende 2016 auszumustern, heute in die Ecke gedrängt sind, wäre aus meiner Sicht logisch und sinnvoll, dieses sehr gute “Trainingsflugzeug” noch einige Jahre weiter zu betreiben. Damit könnte man wenigstens den Piloten-und Trainingsstand halten. Die Prognosen unserer Sicherheitspolitiker, welche mit einer Vorwarnzeit von mindestens 10 Jahren rechnen, müssten sich allerdings bewahrheiten.
    Wenn unbedingt Geld ausgegeben werden muss, finde ich es sinnvoller, ein weiteres “Upgrading” beim F/A-18 vorzunehmen, als den alten Tiger in ein (Kampf)flugzeug umzuwandeln zu wollen, welches dann vielleicht in 5 Jahren operationell wäre. Damit könnte man auch die RUAG, welche nach dem Gripen-Entscheid Arbeit sucht, befriedigen.
    Als ich vor 17 Jahren die Luftwaffe verliess habe ich mir vorgenommen: “Servir et disparaître”. Die zunehmend politische aber auch “Giardino”-interne Debatte hat mich (leider) dazu geführt, meine Meinung zu äussern.
    Dies ist meine letzte Stellungnahme auf dieser Plattform. Ich überlasse das gerne den Spezialisten und Experten, welche sich aufgrund ihrer grossen Erfahrung äussern.
    Dem Wunsch von Ralf Vonarburg von heute 12:56 entspechend:
    Ich war Berufsoffizier bei den FF Trp, heute Luftwaffe. Pilot und Fluglehrer, Kdt eines Flieger-Regiments (Hunter Mirage, Tiger), Kdt einer Brigade und zuletzt Stabschef der Luftwaffe. Seit 1998 im “Unruhestand”.
    NB: auf den Tiger F-5E/F habe ich 1980 umgeschult.

  16. Franz Betschon sagt:

    Lieber Alfred Ramseyer,
    ich habe mich über Deine Stellungnahmen stets sehr gefreut. Als mein ehemaliger Chef, der Du warst, weiss ich, dass Deine Voten stets ausgewogen sind. Eigentlich widersprechen wir uns praktisch in nichts, ausser, dass ich gewisse andere Aspekte etwas anders im Gesamtbild gewichte. Kleine Frage: Du hattest ja auch reine Milizpiloten in Deinem Korps. Haben diese systematische Schwachstellen gezeigt?
    Ich war stets der Meinung, was man hat, das hat man. Wir hätten sehr gerne das Zahlengerüst des VBS aus dem Jahre 2011 mit Konkurrenzofferten verglichen. Vorläufig sagen mir meine industrielle Erfahrung und Abklärungen, dass an den Zahlen des VBS etwas nicht stimmen kann. Behauptung: Die Kosten sind vom VBS um ca. Faktor drei zu hoch angegeben und dann macht eine Kampfwertsteigerung tatsächlich keinen Sinn. Hätte man uns jedoch vom VBS die Unterlagen zur Verfügung gestellt, mit denen ein Milizkonsortium Konkurrenzofferten hätten einholen können,so hätten wir entweder das VBS rechtfertigen, oder einen besseren Weg vorschlagen können. Das Resultat war aber eine komplette Transparenzverweigerung. Vorschläge von Milizlern werden in “Bern” nicht mehr gerne gesehen, L’ETAT C’EST Moi! Das VBS hat in den Zeiten der Armee XXI nicht viel getan, um die Sachkompetenz bei Zahlen aufzuzeigen.
    Persönlich unterscheide ich mich vom VBS in einer ganz anderen Sache: Dem Faktor Zeit! Zeit kann man nur verlieren, wenn man sie noch hat. Schon der Gripen wäre für die LW nur ein Strohhalm gewesen. Wenn schon gerüchteweise (Gerüchte stimmen meistens!) die sogenannte Vorwarnzeit neuerdings auf fünf Jahre zurückgenommen wird, so müsste in “Bern” grösste Hektik ausgebrochen sein. Aber nichts von alledem. Leider befürchte ich, dass uns die Realität bald zeigen wird, was wir mit einem sorgfältigeren Umgang mit dem Material hätten erreichen können und dass das Warten auf den ultimativen Jet tödliches Wunschdenken war.

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