Ueli Maurers 700-Millionen-Frage

Ueli Maurers 700-Millionen-Frage

Das für 700 Millionen Franken beschaffte Informationssystem für die Armee erreicht nur mit hohen zusätzlichen Investitionen Betriebstauglichkeit, wie eine Analyse des Projektleiters zeigt. Als Alternative bleibt Bundesrat Maurer der Übungsabbruch.
Ganze Hallen sind in Thun mit originalverpackten elektronischen Geräten für das Führungsinformationssystem Heer (FIS Heer) gefüllt. Ob sie je verwendet werden, ist fraglich. Weil das System den Anforderungen nicht genügt und nur mangelhaft funktioniert, steht Verteidigungsminister Ueli Maurer vor einer undankbaren Entscheidung: Entweder schreibt er die Investitionen von 700 Millionen Franken für Fahrzeuge, Container, Computer und Zubehör ab und verzichtet auf das FIS Heer, oder er wendet Dutzende von Millionen Franken für eine Rettungsaktion auf.
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Kommentar:
Überrascht? Vielleicht wäre es an der Zeit, Alternativen zu prüfen.

 

Kommentare: 9

  1. Brugger Kurt sagt:

    Grüezi Giardinos, wir sind gefordert, gestern die Kampfjet-Arena (dazu äussere ich mich im Moment nicht, obwohl aNR Jo Lang alias böfei-Jo und NR Galladé, SIKO Präs, einmal mehr eine Plattform hatten, um ihre absgtrusen Theorien zu verbreiten)heute FIS-Debakel. Alles Wasser auf die Mühlen der notorischen Armeeabschaffer. Wenn die Befürworter (im Volk) einer glaubwürdigen Landesverteidigung (mit bewaffneter Neutralität) jetzt nicht oeffentlich agieren, dann frage ich mich wann dies sein sollte.
    Das FIS-Debakel zu beurteilen (bzw Ursachen und Schuldfragen zu suchen) ist schwierig. Tatsache ist, eine moderne, kriegsgenübende Verteidigungs-Armee, muss nicht nur über Waffensysteme verfügen deren Kampfkraft diesen Anforderungen entspricht, sie muss auch über ein Informationssystem verfügen, welches effizient, ohne Zeitverzögerung alle Daten übermittelt, wo diese für die Führung des Abwehrkampfs benötigt werden. Das Zeitalter der “Schlachthörner des Uri-Stiers” und der “Rauchzeichen der Indianer” ist unwiderruflich hinter uns!
    Aus meiner (eher engen) Sicht, bleibt BR UM keine andere Wahl, als aus diesem Debakel an Hardware und Software zu retten, was in einem neu definierten FIS-Projekt noch brauchbar ist.
    Die vorhandene HW hat eine “Halbwärtszeit” von 10-15 Jahren und die SW (falls sie einsatz-tauglich sein sollte, jedoch ungenügend adaptiert) kann umprogrammiert und angepasst werden.
    In der Bundesverwaltung und/oder dem Bund nahe stehenden Betriebe (zB SwissPost) sind mE Spezialisten mit dem notwendigen KnowHow vorhanden, welche in einem solchen Projekt zugunsten des VBS und der Armee eine solches Revival-Projekt erfolgreich bearbeiten können.

  2. Franz Betschon sagt:

    Giardino hat schon verschiedentlich gezeigt, dass das was man sich unter FIS HE vorstellen könnte, mit wesentlich einfacheren Mittel erreicht werden könnte. Ein Pflichtenheft liegt unseres Erachtens nämlich immer noch nicht vor. Jedes grössere Transportunternehmen kann heute zeitverzugslos und mit grosser Genauigkeit jederzeit sagen, wo sich seine Fahrzeuge gerade befinden. Junge, noch aktive Offiziere haben Vorschläge gemacht, wie mit handeslsüblicher Software ein FIS HE light zu einem Bruchteul der Kosten dargestellt werden könnte. Ein Truppenversuch wurde ihnen untersagt. Vorschläge der Miliz waren nicht gefragt!
    Für kleinere Kostenüberschreitungen wurde früher eine stringente PUK veranstaltet. BR Maurer wollte ursprünglich eine Administrativuntersuchung veranstalten. Ausser dem Bericht des Inspektorates, der durch Zufall in die Öffentlichkeit geraten ist, und der verwaltungsintern offenbar massiv behindert worden ist, geschah nichts. Zwischenzeitlich hat er die Untersuchung mit Genehmigung der SiK unter den Tisch wischen können und man kann ruhig zur Tagesordnung übergehen.

  3. Brugger Kurt sagt:

    Herr Betschon, besten Dank für die kurzgefassten Informationen zur Vorgeschichte. Diese waren mir so nicht bekannt. Wenn auf dieser “Baustelle” des VBS tatsächlich Mauscheleien, zusammen mit der SIKO, passiert sind, so ist das gelinde gesagt nicht nur ein Betriebsunfall, sondern ein handfester Skandal. Seinen Ursprung scheint dieser in der Zeit aBR Schmid (allenfalls noch früher ) zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen welche Gründe BR UM haben sollte, die Sache unter den Tisch zu wischen. Der VBS Vorsteher müsste zwingend angehalten werden, das Resultat der Administrativuntersuchung öffentlich zu machen, die Konsequenzen daraus zu publizieren. Weil dies noch nicht passiert ist, zur Zeit betretenes Schweigen herrscht, könnte ich mir auch vorstellen, der Fall FIS sei nicht an erster Stelle auf der Prioritätenliste aller dringenden VBS Pendenzen.
    Allerdings gestatte ich mir dazu zu bemerken, dass Aussagen von Informatik-Sachverständigen (wenn es um notleidende Projekte geht) mit Vorsicht entgegen zu nehmen sind. Oft nach genauerem Hinschauen (ganz speziell in komplexen Grossprojekten) sieht dann die Lösung doch komplizierter aus, als die ersten Prognosen. Zudem zeigt sich in der Praxis oftmals, dass umfangreiche Anpassungen von Standard-SW, sehr kostenintensiv sein kann und die Betriebssich-erheit nicht in allen Fällen gewährleistet ist.
    Was ich mir aber vorstellen kann, ist dieses Knowhow (der jungen Offiziere) zu nutzen, zB indem das Revival-Projekt (aufgrund vorhandener Infos: Pflichtenheft, vorhandene HW und SW)von den genannten Offizieren bearbeitet wird. Ziel: 1. Ermittlung der Fehlleistungen im Original-Projekt, erstellen von Mängellisten 2. Ausarbeiten von Verbesserungs- und Korrekturvorschlägen, erstellen von Massnahmen-Katalogen 3. Berechnen der Folgekosten, erstellen eines detaillierten Kostenvoranschlags 4. Planung der Einführung, erstellen eines Zeitplans, vorbereiten praktischer Uebungen für die Truppe (in Schulen und Kursen).
    Dafür müssten diese Of von ihren Stammeinheiten frei gestellt werden, für die Zeit dieser Dienstleistung mit Sonderauftrag.

  4. Für handelsübliche Flottenmanagementlösungen werden für die Ortung der Objekte das Global Positioning System (GPS) der USA (das europ. System GALILEO ist noch im Aufbau begriffen und das russische GLONASS kann wohl nicht in Frage kommen) im Verbund mit zivilen Kommunikationseinrichtungen verwendet. In der Regel via einem Provider (z.b. Swisscom) über TCP/IP Ports / GPRS-Datenpakete und einer Serverlösung. Eine solche Lösung ist, insbesondere was die Übertragung der Positionen angeht, nicht zuletzt aufgrund sicherheitspolitischen Überlegungen für militärische Zwecke natürlich nicht geeignet weshalb der direkte Kostenvergleich mit einer “zivilen Lösung” nicht möglich ist. Dort liegt die Krux der technischen Anforderungen an ein redundantes militärtaugliches System. Nicht zuletzt ist aus meiner bescheidenen Optik auch die Abhängigkeit vom amerikanischen GPS eine zu klärende Frage. In der Tat kann bei der aktuellen rasanten Entwicklung der Technik beim “Start” eines Projektes das “Ende” nicht immer vollumfänglich überlickt werden.

  5. Hans Ulrich Suter sagt:

    Also man kann das natürlich verschlüsseln, sollte einfach sein. Ich (als Soldat) würde natürlich alle elektronischen Geräte sofort rauswerfen um nicht ortbar zu sein, ausserdem sind sie sowieso störanfällig, aber ich bin ja auch nicht der “typische” Soldat. Ich finde es merkwürdig, dass der Generalstab wissen will wo die einzelnen Fahrzeuge sind, ich möchte das gar nicht wissen, aber deshalb war ich vielleicht auch “nur” Soldat.

  6. Alain Vincent sagt:

    Das ist wohl der Zeitgeist.
    Man will alle Informationen in Echtzeit, ob nötig oder nicht; egal ob man sie verarbeiten kann oder nicht;
    und egal ob man fähig ist aus diesen Informationen einen Schluss zu ziehen oder nicht.

  7. Hans Ulrich Suter sagt:

    Wissen Sie Herr Vincent, wenn man im Generalstab weiss, was genau jeder einzelne tut, so kann es auch der Gegner wissen was genau geschieht und Gegenmassnahmen ergreifen. Wenn aber auf unterster Stufe jeder seinen Auftrag erfüllt und das individuell verschieden, so muss die Führung nicht wissen wie das passiert ist. Nur ob, ev. sogar nur mit welcher Wahrscheinlichkeit der Auftrag erfüllt wurde. In der Physik (oder Chemie) kennt man das als “atomistische” oder “thermodynamische” Betrachtungsweise. Bezeichnenderweise macht man heutzutage vor allem ersteres, schon wahr. Die atomistische Betrachtungsweise setzt aber zwingend voraus, dass es identische Atome gibt (meiner Meinung nach sogar sehr viele, aber das ist durchaus umstritten). Soldaten sind aber nicht identisch. daher müsste man ihnen in dieser Denkweise dauernd auf die Pelle rücken und korrigierend eingreifen. Ausserdem ist gerade der Vorteil der Milizarmee, dass diese aus kompetenten und fähigen Berufsleuten besteht, die ihren Job ohne Anweisung ausführen können. Im Idealfall gibt man ihnen doch nur die ungefähre Idee was zu tun ist (ich habe gedacht das nennt ihr “informelle Führung) und die tun dann hoffentlich das richtige. Weil früher dieselben Leute ausgebildet haben die dann später miteinander Dienstleistungen erbrachten, konnte das Kader ungefähr wissen, welcher Soldat oder welche Einheit wie gut und auf welche Weise dieser/diese Aufträge erfüllt, oder eben nicht…. Als Untergebener wiederum, konnte man sehr gut erraten, was die zum Teil nicht sehr logischen Befehle bedeuteten und was erwartet wurde. Weil man auch die Vorgesetzten und ihre Art gut kannte. Also alles im grünen Bereich. In der USArmy scheint man andere Führungsprinzipien zu leben… Who cares?

    • Alain Vincent sagt:

      Ja das kommt wohl von den vielen Akademikern an operativen Führungspositionen (sog. “gstudierti Tubble”), weil die von Praxis keine Ahnung haben und sich nicht vorstellen können, dass es eventuell nicht so einfach ist ihren so einfachen Befehl umzusetzen. Darum können die sich auch nicht vorstellen warum es im Alltag eben “qualifizierte Milizler” braucht.
      Aber wenn 12 (gerade nicht betrunkene und gerade nicht gelangweilte) Soldaten aus dem Zivilen soviel Knowhow haben wie ein einziger Offizier, dann hätte ich spätestens als Gst Of auch irgendwo ein schlechtes Gewissen.
      Obwohl es der CH Kultur widerspricht, tun wir überall möglichst viel Fachidioten züchten und das vernetzte Denken dezimieren. Vermutlich liegt der scheinbare Nutzen darin, dass die Konsum-Li(e)beralen so mehr Geschäfte mit dem doofen Volk machen können. Zynischerweise profitieren hier die Konsumkonzerne von der 68er-Liberalisierung. Die Jungfreisinnigen belegen mit ihren stetigen More-Shopping-Aktivitäten, dass der Zenit erreicht ist (aber noch nicht ausgeschöpft).

  8. Fritz Kälin sagt:

    Der Mujaheddin-Kdt im Panjshir Tal, Ahmad Shah Massud, bewältigte einen nicht unwesentlichen Teil seiner Führung mit handgeschriebenen Zettelchen, die durch Meldeläufer zwischen ihm und den diversen Detachementen ausgetauscht wurden. Seine militärische Bilanz gegen die Rote Armee der 1980er Jahre erweckt nicht gerade den Eindruck, dass er dringend auf Computermonitore und GPS angewiesen war.
    Heutige NATO-Offiziere können in ihren klimatisierten HQs hübsche Live-Bilder (z.B. von entführten Tanklastwagen) anschauen, aber was nützen ihnen solche Aufklärungsdaten, wenn es an Bodentruppen fehlt, mit denen sie auch ‘zur Tat’ schreiten könnten?
    Nun will ich moderne Führungssysteme nicht in Grund und Boden verteufeln oder unsere Armee dazu verdammen, auf Fresszettel ‘umzurüsten’. Bislang scheinen die Mehrkosten und neuen Verwundbarkeiten von FIS-Heer u.ä. nur teilweise durch militärischen Mehrwert wettgemacht worden zu sein. Zuweilen führen bessere vertikale Kommunikationstechnologien lediglich dazu, dass die unteren Führungsstufen jeglicher Eigeninitiative beraubt werden. Technisch wäre es Präsident Obama möglich, jeden Tag Stunden damit zuzubringen, seinen Soldaten wie bei der Bin Laden-Mission live über die Schultern zu blicken.
    Es wäre zu hoffen, dass unsere Armee mit gesundem Menschenverstand die modernen technologischen Gadgets evaluiert, welche ihr von einer unterbeschäftigten Rüstungsindustrie in den höchsten Tönen angepriesen werden. Die Realität sieht aber so aus:
    Soweit ich weiss, arbeitet die Luftwaffe schon länger erfolgreich mit einem ‘zeitgemässen’ Führungssystem. Bekanntlich ist dieselbe LW aber nur noch eine Luftpolizei, die keine Erdziele mehr bekämpfen kann…
    Dank FIS Heer wären unsere Stabsoffiziere in der Lage, in Echtzeit zu verfolgen, wie ihre Bataillone praktisch ohne geschützte Fz, PzAbwehrmittel, PzMinenwerfer und Luftunterstützung ‘den Kampf der verbundenen (aber nicht vorhandenen) Waffen’ führen. Notfalls könnte dank moderner SchiessKdtFz in kürzester Zeit Artilleriefeuer angefordert werden – aber natürlich ohne Kanistermunition.
    Ich für meinen Teil werde sicher ein paar Fresszettelchen in den nächsten WK mitnehmen. Nur für alle Fälle…

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