Armeereform stürzt im Nationalrat ab

Armeereform stürzt im Nationalrat ab

Nach über sieben Stunden Debatte stand der Nationalrat vor einem Scherbenhaufen. Die Rechtsgrundlagen zur Weiterentwicklung der Armee (WEA), die der Bundesrat gestützt auf den sicherheitspolitischen Bericht und den Armeebericht von 2010 aufgebaut hatte, wurden in der Gesamtabstimmung mit 86 zu 79 Stimmen bei 21 Enthaltungen abgelehnt. […]
Das letzte Wort in Sachen Armeereform ist damit noch nicht gesprochen. Der Entscheid des Nationalrats in der Gesamtabstimmung kommt dem Nichteintreten gleich, das die Grünen von Anfang an verlangt hatten. Nun geht die Vorlage wieder an den Ständerat. Hält dieser an seinem Eintreten fest, beginnt die Debatte im Nationalrat von vorne.
Wortprotokoll – Beiträge auf NZZ.chNZZ.chZeller-Kommentar NZZ.ch – 20min.chblick.chSRF.ch – Reaktion SOG.ch – GSoA.ch –  SVP – CVPFDP
Kommentar:
Die Gruppe Giardino ist erleichtert, dass das Lügenkonstrukt “WEA” die Schlussabstimmung im Nationalrat nicht überstanden hat. Unser Dank gilt insbesondere den Vertretern der SVP, welche den Mut aufgebracht haben, die Sachfrage stärker als die politischen Gepflogenheiten zu gewichten und sich sogar gegen ihren eigenen Bundesrat gestellt haben.
Wir können uns diesen Worten der GSoA anschliessen: “Mit dem heutigen Entscheid zu einem Marschhalt bei der Armeereform wurde offensichtlich, worauf die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) Giardino schon seit langem hingewiesen hat: Hinter der WEA steht weder eine adäquate Bedrohungsanalyse noch ein kohärentes Sicherheitskonzept. Im Versuch, es allen ein wenig Recht zu machen, hat sich Ueli Maurer total verspekuliert, und wurde nun vom Parlament zurückgepfiffen. Damit ist der Weg frei für eine Grundsatzdebatte über die Schweizer Sicherheitspolitik.
Die Gruppe Giardino ist bereit, bei den unbestrittenen Punkten der WEA Hand zu bieten und diesen im Sinne von Sofortmassnahmen zum Durchbruch zu verhelfen. Es sind dies mehrheitlich “Garantiearbeiten” an der Armee XXI (z.B. 2-Start-RS, Verbesserungen in der Kaderausbildung, Anstrengungen zur raschen Schliessung von Ausrüstungslücken).
Lügengeschichten wie etwa die “vollständige Ausrüstung” innert 2-3 Jahren (effektiv bis 2027), die stärkere “Regionalisierung” (durch Reduktion von Truppenkörpern und Grossen Verbänden?) oder die neue Mobilmachung von 8’000 AdA in 4 Tagen und 35’000 AdA in 10 Tagen (vs. 600’000 AdA innert 48 Stunden in der Armee 61) bekämpfen wir aber weiterhin vehement.
Sollte sich die Lage in Europa weiter verschlechtern (vermehrte Manöver, grosse Truppenbewegungen, wirtschaftliche und soziale Spannungen, anhaltende Flüchtlingsströme) ist hingegen die Reaktivierung der Reserveverbände ernsthaft zu prüfen.
Die fundamentalen Aspekte sind erst nach einer breiten Debatte über die Interessen der Schweiz und deren Bedrohungsarten neu anzudenken. Sobald die politische Mitte den Ernst der Lage erfasst, wird sich wieder eine Mehrheit für eine starke Schweizer Milizarmee finden, auf die auch wir wieder stolz sein dürfen.