«Der Westen braucht einen Bösewicht»
Die Idee, dass Frieden einkehrt und die gesellschaftliche Entwicklung vorangetrieben wird, wenn man einen Despoten eliminiert, ist ein grosser Irrtum. Gewalt führt nur zur Destabilisierung und zum Auseinanderbrechen der Region. Es ist naiv zu glauben, man könne den Irak bombardieren und dadurch der Demokratie zum Durchbruch verhelfen. Doch wir glauben noch immer fest daran. Denn wir Westler wollen die Rolle der Guten behalten. Dafür brauchen wir Feindbilder. Wenn der Feind bekannt ist, hat der Tag Struktur. Früher waren das die bösen Kommunisten. Dann die arabischen Diktatoren. Jetzt die militanten Islamisten. Dabei stellt man jedes Mal fest: Der eine Bösewicht wird einfach durch den nächsten ersetzt, von Milosevic über Bin Laden zu Saddam Hussein: immer das gleiche Spiel, das der Rüstungsindustrie Milliardenumsätze garantiert. […] Uns wird weisgemacht, der Westen fördere Demokratie und Menschenrechte. Das stimmt aber nicht. Spitzenpolitiker erzählen die Geschichte mit der Demokratieförderung nur als Vorwand, um knallharte Wirtschaftskriege zu führen. Es geht einzig um den Ressourcenzugang wie etwa zu Erdöl oder Erdgas und Macht.
Interview mit Daniele Ganser auf 20min.ch